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Kontra dem König

Demonstrationen in Bahrain am Jahrestag des Beginns der Protestbewegung *

Am Jahrestag des Beginns der Massenproteste in Bahrain hat die Polizei des Golfemirates Hunderte schiitische Demonstranten mit Gewalt auseinander getrieben.

»Nieder mit Hamad«, riefen die überwiegend jungen Demonstranten am Dienstag mit Blick auf König Hamad Ben Issa al-Chalifa. Sie waren einem Aufruf der radikalen Gruppe »Jugend des 14. Februar« zu einem »Tag der Rückkehr« gefolgt und versuchten, auf den von Sicherheitskräften abgeriegelten Perlenplatz in der Hauptstadt Manama zu gelangen. Die Polizei ging mit Tränengas- und Blendgranaten gegen die Demonstranten vor.

König Hamad rief Schiiten und Sunniten im Land in einer Rede zum Zusammenhalt auf. Laut der amtlichen Nachrichtenagentur BNA rühmte der König darin den »Geist des Zusammenhalts und der Wiedervereinigung« aller Teile des Volkes. Zugleich forderte er die Menschen zu »ernsthaftem und aufrichtigem Handeln im Interesse des Vaterlandes und der Bürger« auf. Das Land befinde sich noch immer im Reformprozess, sagte der Monarch und versprach künftig eine bessere Kontrolle der Regierung durch eine gewählte Versammlung. Den Jahrestag des Protestbeginns erwähnte er nicht.

Die schiitische Opposition in Bahrain fordert die Umwandlung des Golfemirates in eine konstitutionelle Monarchie. Der König leitete eine Reihe von Reformen ein, die der Opposition jedoch nicht weit genug gehen. Obwohl die Bevölkerung des Inselstaates mehrheitlich schiitisch ist, wird sie seit Jahrhunderten von einer sunnitischen Dynastie beherrscht. Die Schiiten klagen über vielfältige Benachteiligungen im Alltag. Die Proteste gegen das sunnitische Herrscherhaus hatten am 14. Februar 2011 begonnen. Einen Monat später wurden sie mit Hilfe saudi-arabischer Truppen blutig niedergeschlagen.

Bahrain hatte unmittelbar vor dem Jahrestag zwei US-Aktivistinnen ausgewiesen. Die Menschenrechtlerinnen wurden bereits am Sonntag mit Handschellen in ein Flugzeug gesetzt und abgeschoben. Die bahrainischen Behörden erklärten, die Anwältinnen hätten den Grund ihres Besuchs bei der Einreise nicht wahrheitsgemäß angegeben. Beide Frauen seien nach Bahrain gereist, um die Pro-Reform-Bewegung bei ihren Demonstrationen am Dienstag zu unterstützen, hieß aus Oppositionskreisen.

Unterdessen hat die US-Regierung einen Fonds in dreistelliger Millionenhöhe zur Unterstützung der Reformen in den Ländern des »Arabischen Frühlings« vorgeschlagen. Wie das US-Außenministerium mitteilte, ist der Fonds in Höhe von 770 Millionen Dollar Teil des Haushaltsentwurfs für 2013. Demnach sollen mit den Geldern Reformen in Politik, Wirtschaft und Handel unterstützt werden. Nach Angaben von Diplomaten könnte der Fonds Syrien, Jemen, Tunesien und Marokko zugute kommen.

Das Ministerium erklärte zudem, dass die Militärhilfe für Ägypten in Höhe von 1,3 Milliarden Dollar aufrecht erhalten werde. Die Unterstützung soll im Laufe des Jahres überprüft werden. Außenamtssprecherin Victoria Nuland sagte, Ägypten müsse garantieren, dass es eine Demokratie anstrebe. Derzeit ist das Verhältnis wegen des Vorgehens ägyptischer Behörden gegen Nichtregierungsorganisationen angespannt. Insgesamt sieht der Haushaltsentwurf für das Außenministerium und die Behörde für Entwicklungszusammenarbeit USAID einen Etat von 51,6 Milliarden Dollar vor. Die Aussichten auf Annahme im Kongress stehen indes in Wahlkampfzeiten schlecht.

* Aus: neues deutschland, 15. Februar 2012


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