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Euro-Geschwader

Österreichs SPÖ-Verteidigungsminister hat den Kampfbombervertrag unter Dach und Fach gebracht

Von Werner Pirker, Wien *

Die österreichischen Sozialdemokraten haben auch noch ihr letztes Wahlkampfversprechen – den Ausstieg aus dem Vertrag über den Ankauf von Eurofightern – gebrochen. Statt die rechtlichen Möglichkeiten einer Vertragsauflösung auszuschöpfen, hat Verteidigungsminister Norbert Darabos (SPÖ) mit dem Rüstungskonzern EADS einen neuen Vertrag ausgehandelt. Dieser sieht die Lieferung von 15 statt bisher 18 Abfangjägern vor, die als Instrumente zur Luftraumüberwachung ausgewiesen werden, in Wirklichkeit aber Kampfbomber sind. Die Unterzeichnung erfolgte in der vergangenen Woche noch bevor der parlamentarische Untersuchungsausschuß zum Beschaffungsvorgang seine Arbeit beendet hatte. Er wird nun, wie am Mittwoch bekannt wurde, keinen von den Vertretern aller Parlamentsparteien verfaßten Abschlußbericht mehr vorlegen, da die Regierungskoalition aus SPÖ und der konservativen ÖVP ihre eigene Ver­sion auf der Grundlage der durch den neuen Vertragsabschluß geschaffenen Fakten bereits festgeschrieben hat.

Verbotene Geschenke

Dabei waren in zwei Rechtsgutachten, das eine wurde vom Verteidigungsminister, das andere vom Untersuchungsausschuß in Auftrag gegeben, die Möglichkeiten für einen berechtigten Rücktritt vom Kaufvertrag als günstig eingeschätzt worden. Daß die Rechtsprofessoren gleichzeitig vor einem hohen Prozeßrisiko warnten, reichte der Regierungskoalition aber als Entscheidungsgrundlage zugunsten des Eurofighterankaufs. Obwohl es in dem von der Vorgängerregierung abgeschlossenen Vertrag klipp und klar heißt, die Eurofighter-Gesellschaft habe dafür zu sorgen, daß Personen, die ihrem Einfluß unterliegen, Beamten keine verbotenen Geschenke machen dürfe. Sollte das geschehen, dürfe die Republik vom Vertrag zurücktreten.

Nun konnte der Untersuchungsausschuß aber nachweisen, daß der EADS-Lobbyist Erhard Steininger der Ehefrau des Luftwaffengenerals Erich Wolf, der zu den maßgeblichen Entscheidungsträgern in Sachen Eurofighter zählte, 87000 Euro ohne geschäftliche Gegenleistung überwiesen hatte. Nicht minder seltsam mutet es an, daß eine in Diensten der Haider-Partei BZÖ stehende Werbefirma von EADS 120 000 Euro für eine Pressekonferenz zugesteckt bekam, deren realer Aufwand vom Wiener Bürgermeister Michael Häupl mit sieben Euro Bewirtungskosten beziffert wurde.

Die SPÖ hält sich zugute, durch die Reduzierung der Stückzahl des Kriegsgerätes 400 Millionen Euro eingespart zu haben. Das nimmt sich angesichts der Gesamtkosten von sechs Milliarden, die man sich ersparen hätte können, wäre die SPÖ ihren Wahlkampf-»Grundsätzen« treu geblieben, äußerst bescheiden aus. Zur sozialdemokratischen Beschwichtigungsrhetorik gehört auch die Behauptung, mit dem Ankauf der Tranche 1 habe man sich für die »neutralitätsverträgliche« Variante unter den Eurofightern entschieden, obwohl es unter Militärexperten unumstritten ist, daß auch dieser Fighter für Luft-Boden-Missionen, das heißt für offensive Kampfoperationen bestens geeignet ist. In einer Studie des Verteidigungsministeriums wird daraus auch gar kein Geheimnis gemacht. Die Beschaffung von deutschen Bombern diene der »stärkeren europäischen Einbindung Österreichs« durch »systemidentische Militärkapazitäten«, heißt es darin. Auch ist offen davon die Rede, man wolle als »Juniorpartner Deutschlands« bei der Aufstellung von EU-Streitkräften in Erscheinung treten.

Abrücken von Neutralität

Das in der Öffentlichkeit vorherrschende Bild, daß es sich bei der SPÖ um eine von der ÖVP getriebene Partei handle, die alles ihrem Machterhalt unterordne, ist nur bedingt richtig. An einen ernsthaften Bruch mit der Politik der rechtskonservativen Vorgängerregierung war nie gedacht. Dazu gehört auch das sukzessive Abrücken von der österreichischen Neutralität. In einem Artikel für Die Zeit hat SPÖ-Bundeskanzler Alfred Gusenbauer ein deutliches Bekenntnis zu westlichen Militärinterventionen abgelegt. Aus dieser Perspektive stellt die Rettung des Eurofighterdeals durch den sozialdemokratischen Verteidigungsminister keineswegs einen »Umfaller« dar. Der Bruch von Wahlkampfversprechen erweist sich aus der Logik der Machteliten als »zwingende Notwendigkeit«. Die von Brüssel vorgegebene Verpflichtung zur Militarisierung läßt sich demokratisch nicht vermitteln. Da fällt es dann gar nicht mehr auf, wenn ein ehemaliger Zivildienstleistender als Verteidigungsminister einen parlamentarischen Ausschuß handstreichartig außer Kraft setzt.

* Aus: junge Welt, 5. Juni 2007


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