Eurofighter werden in Österreich landen
Verteidigungsminister Norbert Darabos (SPÖ): Kein Ausstieg aus dem Vertrag
Von Hannes Hofbauer, Wien *
Der österreichische Verteidigungsminister Norbert Darabos (SPÖ) hat jetzt in Wien das von ihm in
Auftrag gegebene Gutachten zur juristischen Einschätzung des »Eurofighter«-Vertrags präsentiert.
Nach monatelangem Streit mit dem Koalitionspartner ÖVP und dem Hersteller EADS/Eurofighter
steht damit fest: Einen kompletten Ausstieg aus der Vereinbarung wird es nicht geben.
Die »Eurofighter« werden demnächst in Österreich landen. Gutachter Helmut Koziol riet auf der
Pressekonferenz am Montag von einem Ausstieg ab, »weil die Folgen einer allfälligen Auflösung«
des Vertrages wirtschaftlich nicht absehbar wären. Gemeint sind damit Kompensationsforderungen
von EADS, die einen Betrag erreichen könnten, »der dem Kaufpreis nahe kommt«. Gleichzeitig
schlug Koziol einen Vergleich zwischen der Republik Österreich und Europas größtem
Rüstungskonzern vor: »Es gibt ausreichende Gründe, Eurofighter an den Verhandlungstisch zu
bringen.« De facto verhandelt Darabos bereits seit Monaten mit EADS, bisher allerdings ohne
sichtbares Ergebnis. Beschlossen wurde die teuerste Anschaffung der Zweiten Republik, die je nach
Quelle mit zwei oder vier Milliarden Euro das Budget belastet, im Juli 2002 von der ÖVP-FPÖ-
Regierung unter Wolfgang Schüssel. Ursprünglich war der Ankauf von 24 Militärjets vereinbart
worden, später hat man die Stückzahl auf 18 reduziert. Die SPÖ kämpfte bereits in der Opposition
gegen den Milliarden-Deal, und zwar aus mehreren Gründen: weil schlicht die teuersten Abfangjäger
bestellt worden waren, diese eine dezidierte NATO-Kompatibilität aufweisen (was für ein formal
neutrales Land, dessen Luftwaffe bisher vom schwedischen Konzern Saab-Draken ausgerüstet
worden war, problematisch ist) und weil von Anbeginn an Korruptionsverdacht gegen FPÖ- und ÖVPParteigänger
bestanden hatte.
Nachdem die ÖVP abgewählt worden war, setzten SPÖ, Grüne und die erneuerte FPÖ am 30. Oktober 2006 gemeinsam einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss zum Thema
»Eurofighter« ein. Dieser tagt bis heute und zeichnete im Wochentakt ein grausiges Sittenbild
österreichischer Wirtschaftspolitik. Da warfen EADS-Lobbyisten nur so mit Millionen in parteinahe
Firmen um sich, da schwärzte das Außenministerium Steuerakten, die der Untersuchungsausschuss
zwecks Klärung gerade dieser Machenschaften angefordert hatte, da wurden Anträge auf Beugehaft
wegen Aussageverweigerung gestellt, Österreichs Luftwaffenchef wegen möglicher
Geschenkannahme durch EADS vom Verteidigungsminister suspendiert – nachdem seine Leute in
Feierlaune auf das Porträtbild eines früheren Finanzministers geschossen hatten, weil ruchbar
geworden war, dass sich dieser gegen die Abfangjäger-Anschaffung geäußert hatte usw. usw.
Gründe genug würde es für einen Vertragsausstieg geben, auch juristische. Am Montag hat sich
allerdings gezeigt, dass die SPÖ-ÖVP-Regierung unter Kanzler Alfred Gusenbauer nicht willens ist,
sich mit dem europäischen Rüstungsriesen anzulegen. Die Sozialdemokraten brechen lieber ihr
wichtigstes Wahlversprechen und lassen gleichzeitig den parlamentarischen
Untersuchungsausschuss ins Leere laufen. Dessen Aufgabe ist faktisch nutzlos geworden. Jetzt
geht es nur mehr darum, ein paar hundert Millionen Euro einzusparen und statt 18 Abfangjäger die
Stückzahl auf 14 oder 15 Stück herunterzuhandeln. Norbert Darabos meint dazu, dass diese
Gespräche mit EADS leichter seien als mit dem Koalitionspartner ÖVP.
* Aus: Neues Deutschland, 27. Juni 2007
Dokumentation:
Aus einem Aufruf der österreichischen Friedensbewegung zu einer Demonstration in Wien, die am 16. Juni 2007 stattfand.
Die Eurofighter sind Kampfbomber für aggressive EU-Militäreinsätze „bis weit hinunter nach Afrika, Naher Osten und Kaukasus" (Streitkräftekommandant des Bundesheeres Günter Höfler, Kleine Zeitung, 13.12.2005). Die Eurofighter kosten viele Milliarden Euro, die im Sozial-, Bildungs- und Gesundheitsbereich fehlen. Eine einzige Eurofighter-Flugstunde verschlingt fast das Dreifache einer durchschnittlichen Jahrespension einer Frau. Der geplante Ankauf der Eurofighter ist Bestandteil der Einbindung in die EU-Militarisierung, die auch von der neuen Regierung energisch vorangetrieben wird:
-
Teilnahme an der EU-Rüstungs/Verteidigungs-Agentur, die die Aufrüstung der EU-Staaten ankurbelt.
- Mitmarschieren bei den EU-Schlachtgruppen („battle-groups"), die für Kriegseinsätze im Umkreis von 6.000
Kilometer rund um die EU aufgebaut werden (erste Übungen mit österreichischer Beteiligung finden bereits statt)
- Erreichen des sog. EU-Planziels 2010, mit dem die EU bis 2010 durch Aufrüstung am Boden, zur See, in der Luft
und im Weltraum die Fähigkeit erlangen will, Kriege nach dem Muster der USA (Irak, Afghanistan) zu führen.
Alleine im Jahr 2007 steigt das österreichische Militärbudget um über 30%. Diese Entwicklung steht im diametralen
Gegensatz zur Neutralität, die zur Nichtteilnahme an Kriegen und Militärblöcken verpflichtet.
Wir fordern daher:
-
Eurofighter-Ausstieg sofort, wie das der Nationalrat bereits am 30.10.2006 beschlosssen hat! Angesichts
der immer offensichtlicher werdenden unsauberen Geschäftsmethoden des Eurofighter-Unternehmens
EADS kann die einzige Konsequenz nur sein, dass die Republik für diesen Ausstieg keinen Cent zu zahlen
hat.
- Ausstieg aus der EU-Rüstungsagentur und den EU-Militärinstitutionen! Keine Teilnahme an den EUSchlachtgruppen!
- Aktive Friedens- und Neutralitätspolitik statt Aufrüstung und Sozialabbau!
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