U-Boote für Australien
Thyssen-Krupp will zwölf neue U-Boote liefern, und die Bundesregierung setzt sich dafür nach Kräften ein
Von Bernd Müller *
Die australische Kriegsmarine soll modernisiert werden, und Thyssen-Krupp hofft auf den Zuschlag. Die Regierung von Ministerpräsident Tony Abbott will im Laufe der nächsten 20 Jahre gut 89 Milliarden australische Dollar (59 Milliarden Euro) dafür ausgeben. Um den Zuschlag zu bekommen, wird der deutsche Konzern nach einem Spiegel-Bericht massiv von der Bundesregierung unterstützt.
Rüstung ist für Abbott auch aktive Industriepolitik. So erhofft er sich von der Modernisierung der Flotte nach Angaben der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, die Wirtschaft im Bundesstaat Südaustralien ankurbeln zu können. Immer mehr Fabriken würden dort schließen, und die offizielle Arbeitslosenquote sei auf 8,2 Prozent geklettert – den höchsten Wert des ganzen Landes. Die Trendwende soll geschafft werden, und so hat die Regierung der Werft ASC in Adelaide die Aufträge für die Fregatten und Korvetten zugeschlagen. Für die nächsten zwei Jahrzehnte sollen so 2.500 Arbeitsplätze sicher sein, heißt es aus Regierungskreisen.
Auch der Bau von zwölf neuen U-Booten soll zumindest teilweise im Land erfolgen. Konzerne aus Japan, Frankreich und Deutschland wurden offiziell eingeladen, sich um das Geschäft im Wert von rund 50 Milliarden australischen Dollar zu bewerben. Thyssen Krupp Marine Systems (TKMS) konkurriert hier mit dem französischen Staatskonzern DCNS und einem japanischen Konsortium aus den Unternehmen Mitsubishi und Kawasaki.
Die Bieterschlacht ist noch nicht entschieden: Abbott hatte lange Zeit das japanische Konsortium bevorzugt. Dabei dürfte sein gutes Verhältnis zu Japans Ministerpräsident Shinzo Abe keine geringe Rolle gespielt haben, zumal beide im vergangenen Jahr eine engere Kooperation in Sicherheitsfragen vereinbart hatten. Doch der innenpolitische Druck auf Abbott aus der eigenen Partei ist groß, weil sich Japan schwer damit tut, einen Teil des Schiffbaus in Australien abzuwickeln.
TKMS dagegen hat eine Produktion vor Ort in Aussicht gestellt. Dabei bietet der Konzern unter anderem an, heimische Beschäftigte in deutsche Technologie einzuarbeiten. Die politische und wirtschaftliche Bedeutung Australiens könne dadurch auch erheblich steigen: Mit Hilfe des im U-Boot-Bau erfahrenen Konzerns könne der fünfte Kontinent zu einem zentralen Standort für den Marineschiffbau und die Wartung in der Pazifikregion werden.
Das Geschäft ist ein Politikum. Reuters hatte erst kürzlich berichtet, dass die Japaner versuchten, sich mit den Briten beim U-Boot-Bau zusammenzutun. So seien japanische Regierungsvertreter im Gespräch mit mindestens zwei englischen Unternehmen. Die Konzerne Babcock International und BAE Systems hätten bereits ihre Unterstützung angeboten, und weitere britische Firmen könnten hinzukommen.
Die deutsche Regierung ist nicht minder aktiv: Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) hat offiziell für das deutsche Angebot geworben, und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat sich während des G-20-Gipfels in Brisbane bei der australischen Regierung auch für das deutsche Angebot von TKMS eingesetzt.
Damit aber nicht genug: Einem aktuellen Spiegel-Bericht (32/2015) zufolge hilft die Deutsche Marine seit Jahren der deutschen Rüstungsindustrie, milliardenschwere Aufträge zu gewinnen. Die Grenzen zwischen Regierung und Unternehmen seien im aktuellen Fall derart verwischt, »dass der Eindruck entstehen könnte, die Interessen von TKMS seien ein Staatszweck der Bundesrepublik Deutschland«. So fordert beispielsweise die Botschaft in Canberra »eine deutliche Verstärkung des Militärattachéstabs«, um die Chancen von TKMS zu verbessern. Ein weiterer Marineattaché sowie ein wehrtechnischer Attaché aus dem Unterwasserbereich seien dafür unabdingbar. Der Vorstandsvorsitzende der Thyssen-Krupp AG, Heinrich Hiesinger, zeigte sich dankbar: In einem Schreiben an Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen bedankte er sich für die »hervorragende Flankierung des Projektes durch Ihr Haus«.
* Aus: junge Welt, Donnerstag, 6. August 2015
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