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Frust in Südostasien

Wegfallende Subventionen und Preissteigerungen bei Energieträgern: In Indonesien Malaysia und Kambodscha regt sich Protest gegen Teuerung

Von Thomas Berger *

Indonesien, Malaysia, Kambodscha: Gleich in mehreren Ländern Südostasiens verstärkt sich in diesen Tagen der Unmut der Bevölkerung über spürbare Preissteigerungen. Vor allem die Energiekosten sind zuletzt in die Höhe geschossen. Das bekommen vor allem die Bevölkerungsgruppen besonders zu spüren, die ohnehin kein überschüssiges Geld in der Tasche haben und kaum über die Runden kommen. Obwohl viele Menschen den Frust still in sich hineinfressen, regt sich anderenorts Protest. Und der wird auch auf die Straße getragen. Zum Beispiel bei einer Großkundgebung in der malaysischen Hauptstadt Kuala Lumpur am Silvesterabend. Während andere Landsleute sich darauf vorbereiteten, das neue Jahr willkommen zu heißen, hatten sich im Zentrum der Metropole zwischen 5000 (Polizeiangaben) und 15000 (Organisatoren) Regierungskritiker eingefunden. Zwar ging es bei der Aktion nicht ausschließlich um die Teuerung. Im Fokus der Proteste stand die Politik des bei den jüngsten Wahlen abgewatschten Premierministers Najib Razak und seinem seit Jahrzehnten herrschenden Koalitionsbündnis Nationale Front (BN).

Die Regierenden der Region stehen mehr oder weniger stark vor dem gleichen Problem: Die Masse der Bevölkerung sind Kleinverdiener, ob als Miniunternehmer, abhängig Beschäftigte oder Tagelöhner. Und sie sind auf niedrige Preise bei Grundnahrungsmitteln und vor allem Energieträgern angewiesen. Staatliche Subventionen sind deshalb unerläßlich. Kaum ein Staat der Region – von Singapur oder dem Ölsultanat Brunei einmal abgesehen – kann einen Etat aufstellen, ohne Schulden zu machen. Wie günstig das möglich ist, hängt nicht zuletzt vom Rating der großen US-Agenturen ab. Der Wegfall bzw. die Rückführung von Subventionen gehört dabei zu den Bedingungen, die für eine bessere Bonität – und damit Kreditaufnahme zu günstigeren Bedingungen – wichtig sind. Malaysias Regierung hatte im September eine Reduzierung der Preisstützungen, beispielsweise für Benzin und Zucker, beschlossen. Ergebnis: Die Preise stiegen, Wut und Ärger bei den Betroffenen ebenfalls. Premier Najib verwies zwar auf die wachsende Schuldenlast des Landes, die er so drücken wolle. Der erstarkten Oppositionsbewegung brachte das indes weiteren Zulauf.

Ähnlich sieht es in Kambodscha aus. Die dortige Regierung unter Premier Hun Sen kämpft seit Monaten gegen Vorwürfe der Opposition, die Parlamentswahl im vergangenen Jahr manipuliert zu haben. Doch neben diesem Thema und den inzwischen im Blut erstickten Streiks der Textilarbeiterinnen für einen Mindestlohn (jW berichtete), sind es im Land der Khmer die gestiegenen Benzinpreise, die die Menschen auf die Straße treiben. Vergangene Woche forderten Demonstranten ein Einfrieren der Preise an den Tankstellen bei 4000 Riel (umgerechnet etwa ein US-Dollar/0,73 Euro) pro Liter. Derzeit müssen 5000 Riel gezahlt werden. Nicht nur Privatleute, die ihre Fahrzeuge betanken wollen, trifft das hart. Schwer zu tragen an den gestiegenen Spritpreisen haben vor allem die Kleinstunternehmer der Transportbranche, also jene zahlreichen Tuk-Tuk- und Motorradtaxifahrer, die Personen ebenso wie Güter befördern.

»Seit Tanken so teuer geworden ist, kann ich nur noch meine Ausgaben decken, aber kein Geld mehr für meine Familie zurücklegen«, zitierte die Zeitung Phnom Penh Post den 28jährigen Srun Phalla, einen an den Protesten beteiligten Tuk-Tuk-Fahrer. Vorn Pao, Vorsitzender der Dachvereinigung des informellen Sektors, kündigte an, daß man einen offiziellen Brief an die Regierung vorbereite. Diese muß Benzin mangels eigener Ressourcen aus Thailand, Singapur und Vietnam importieren.

In Indonesien trat Präsident Susilo Bambang Yudhoyono die Flucht nach vorn an. Am Sonntag stellte er dem staatlichen Mineralölkonzern Pertamina ein 24-Stunden-Ultimatum, die Preiserhöhung für Flüssiggas zurückzunehmen. Seit 1. Januar wurden für einen Zwölf-Kilogramm-Behälter 117000 (ca. sieben Euro) statt bisher 70000 Rupien (4,21 Euro) verlangt. Da sich dies lediglich auf den Großhandelspreis bezieht und die Zwischenhändler noch ihre Gewinnspanne aufschlagen (die bei derartigen Gelegenheiten ebenfalls oft erhöht wurde), mußte der Endverbraucher in den vergangenen Tagen nicht selten fast doppelt soviel wie zuvor bezahlen. Pertamina verwies auf höhere Produktionskosten und den schlechten Wechselkurs der indonesischen Rupie. Tatsache ist auch, daß der Konzern zuletzt beim Flüssiggasverkauf ein jährliches Minus von 7,7 Billionen Rupien gemacht hat. Allerdings hat die Unternehmensspitze aufgrund des Ultimatums eingelenkt. Die Preissteigerung soll nun mit lediglich 17 Prozent wesentlich moderater ausfallen, hieß es am Montag (Ortszeit) aus Jakarta.

* Aus: junge Welt, Freitag, 10. Januar 2014


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