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Fracking entfacht Umweltdebatte in Argentinien

Proteste gegen Förderpläne von Chevron und des Staatskonzerns YPF in der Provinz Neuquén

Von Benjamin Beutler *

Ein argentinisches Provinzparlament erlaubt den unkonventionellen Gas- und Erdölabbau – gegen breiten Widerstand aus der Bevölkerung.

Auch in Argentinien sollen mithilfe der umstrittenen Fracking-Methode unkonventionelle Gas- und Ölvorkommen gefördert werden. Das Parlament der Provinz Neuquén im Südwesten des Landes stimmte kürzlich mit nur zwei Gegenstimmen dem Gesetz Nr. 2867 zu. Ein Abkommen vom Juli zwischen der Provinz und der staatlichen Energiefirma YPF ist damit ratifiziert. Sichtlich erleichtert zeigte sich der Gouverneur der 550 000-Einwohner-Provinz: »Das ist ein gutes Abkommen für die Region, und für Argentinien eine überaus wichtige Investition«, jubelte Jorge Sapag von der Volksbewegung Neuquén. Bereits im ersten Jahr würden Investitionen von 1,24 Milliarden US-Dollar in die wichtigste Erdöl- und Gasregion des Landes fließen. Auch das Parteienbündnis von Präsidentin Cristina Fernández de Kirchner gab ihr Placet.

In dem 395 Quadratkilometer großen Förderareal Loma Campana wird künftig ein Joint Venture von YPF und dem US-Konzern Chevron Öl und Gas fördern, wobei auch das »unkonventionelle« Fracking-Verfahren zum Einsatz kommt. Zunächst sollen hier 100 Testbohrungen vorgenommen werden. Im Falle eines Erfolges will Chevron über 16 Milliarden Dollar investieren. Der Präfektur winken Einnahmen von rund 1,25 Milliarden Dollar aus den Konzessionen, dazu 176 Millionen Dollar Steuereinnahmen. Zudem locken 1500 neue Arbeitsplätze. Der Gouverneur weist ferner darauf hin, dass YPF mit Chevron einen festen Gas-Abnahmepreis ausgehandelt habe, der doppelt so hoch wie in den USA sei. Auch die hohen Erdölpreise garantierten Mehreinnahmen für den Fiskus.

Kritiker sehen das anders. »Mit dem Abkommen liefern wir unsere Rohstoffe den USA aus und verwandeln YPF in ein die Umwelt verschmutzendes Unternehmen, das die Fracking-Methode anwendet«, bringt Friedensnobelpreisträger Adolfo Pérez Esquivel die Hauptargumente auf den Punkt. Mariano Féliz vom »Studienzen-trum für sozialen Wandel« verurteilt Fracking, das »wegen der hohen sozio-ökologischen Kosten in mehreren Ländern verboten ist«.

Zahlreiche Gemeinden in der Provinz sowie ein Bündnis aus Umweltorganisationen, Parteien, Gewerkschaften, Mapuche-Indigenen und Studenten wollen das Projekt verhindern. Während der Debatte zogen über 5000 Fracking-Gegner vor das abgeriegelte Provinzparlament. Nur mit Einsatz von Tränengas, Gummiknüppeln und Plastik-Schutzmauern gelang es den Sicherheitskräften, die Menge aufzuhalten. 28 Demon-stranten wurden verletzt, zwei von ihnen durch scharfe Munition.

* Aus: neues deutschland, Freitag, 6. September 2013


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