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Afrikas Wirtschaft wächst

Optimismus bei der Afrikanischen Entwicklungsbank

Von Armin Osmanovic *

Lange Zeit galten die Volkswirtschaften Afrikas nicht gerade als Motoren des Aufschwungs. Momentan jedoch entwickeln sie sich erstaunlich positiv - und weiteres Potenzial ist trotz vieler Probleme durchaus vorhanden.

Der Chefökonom der Afrikanischen Entwicklungsbank, Mthuli Ncube, gibt sich überaus optimistisch, was Afrikas Wirtschaftsentwicklung anbelangt. Die Volkswirtschaften des Kontinents entwickeln sich nach der globalen Wirtschaftskrise deutlich besser als die der Länder Europas. Für das laufende Jahr rechnet Mthuli Ncube mit einem Wirtschaftswachstum von 4,6 Prozent für den gesamten Kontinent. Für 2011 erwartet die Bank ein Wachstum von fünf Prozent, um dann in den folgenden Jahren zum Vorkrisenwachstum von jährlich sechs Prozent zurückzukehren. 2009 betrug das Wachstum wegen der Krise lediglich 2,5 Prozent.

Wachstumsmotoren sind für Ncube die Bergbauwirtschaft, die Bauwirtschaft und die Landwirtschaft, die auf große, wenig genutzte Flächen zurückgreifen könne. Die rasch wachsende junge Bevölkerung treibe ebenfalls das Wirtschaftswachstum an, da sie mit Gütern und Infrastruktur versorgt werden müsse. Zudem werde Wachstumsgeber China seine Afrikainvestitionen in den nächsten Jahren verdoppeln. Dabei rechnet die Entwicklungsbank damit, dass neben den traditionellen chinesischen Investitionen in die Ressourcenökonomie China nun verstärkt in die industrielle Entwicklung Afrikas investieren werde. Ncube prognostiziert die Errichtung von Industrieparks in Afrika durch chinesische Investoren.

Die Afrikanische Entwicklungsbank, aber auch die Weltbank und unabhängige Ökonomen machen für den raschen wirtschaftlichen Aufschwung Afrikas nach der Krise die stärkere wirtschaftliche Verflechtung mit den aufstrebenden Ökonomien, vor allem China, Indien und Brasilien, verantwortlich. Auch die bessere Regierungsführung in Afrika und die gestiegenen Investitionen in Bildung und Gesundheit werden als Ursachen der raschen Erholung genannt.

Trotz des erstarkten Wachstums bestehen aber große Probleme wie Armut, Arbeitslosigkeit und Hunger in Afrika fort. Südafrikas Wirtschaft, die größte des Kontinents, wuchs im ersten Quartal um immerhin 4,6 Prozent. Die Fußballweltmeisterschaft wird das Wachstum weiter befeuert haben. Man rechnet für das Gesamtjahr 2010 mit einem Wachstum von etwa 3,5 Prozent. Trotzdem sinkt gerade in Südafrika die Beschäftigung weiter: Nach 890 000 verlorenen Arbeitsplätzen im Krisenjahr 2009 gingen auch in den ersten drei Monaten des Jahres 2010 79 000 Arbeitsplätze außerhalb der Landwirtschaft im formellen Sektor verloren. Südafrikas offizielle Arbeitslosenrate betrug im ersten Quartal 2010 25,2 Prozent. Angesichts dessen wundert es nicht, dass der Binnenkonsum weiter zurückbleibt und das südafrikanische Wirtschaftswachstum immer noch weitgehend exportgesteuert ist. Südafrikas Ökonomen rechnen deshalb mit einer Leitzinssenkung von derzeit 6,5 auf wohl 6 Prozent noch im Juli.

Anlass zur Zuversicht gibt auch die Zunahme der afrikanischen Mittelklasse, also jener Familien, die zwar Mühe haben, allen Kinder eine gute Ausbildung zu ermöglichen, die aber deutlich mehr als nur einen oder zwei US-Dollar pro Tag zur Verfügung haben und sich daher beispielsweise Konsumgüter wie Fernseher und Mobiltelefone leisten können. Dieser gerne übersehene Teil der afrikanischen Gesellschaften ist heute bereits zahlenmäßig größer als die Mittelklasse Indiens - etwa 300 Millionen Afrikaner werden dazu gezählt. Die Industrieunternehmen Asiens, Europas und Amerikas werden diese Konsumenten in Zukunft mehr und mehr für sich erschließen.

Die globale Wirtschaftskrise hat aber auch gezeigt, wie anfällig viele afrikanische Länder weiterhin auf externe Schocks reagieren. In Ländern wie Angola, wo der Export einiger weniger Ressourcen die Wirtschaft bestimmt, hat der Preisverfall der Rohstoffe wegen des Nachfragerückgangs in den Industrieländern zu einer harten Krise geführt. Einen eventuellen neuerlichen Rückfall Europas in die Rezession sieht denn auch die Afrikanische Entwicklungsbank als größte Gefahr für den derzeitigen »afrikanischen Boom«.

* Aus: Neues Deutschland, 20. Juli 2010


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