Einheit in kleinen Schritten
Afrikanische Union einigte sich auf langsamen Prozess der Integration
Von Thomas Nitz *
Der Traum von der Einheit Afrikas dürfte sich sobald nicht erfüllen. Der Gipfel der Afrikanischen
Union (AU) in Accra hat entschieden, die Integration in kleinen Schritten voranzutreiben.
Große Enttäuschung herrschte bei den Präsidenten Libyens und Senegals, Muammar al Gaddafi
und Abdoulaye Wade, die für eine schnelle Einheit warben. Stattdessen einigte man sich in Accra in
der Nacht zum Mittwoch auf einen Kompromiss, der das Zusammenwachsen des Kontinents in
kleinen Schritten vorsieht. Damit folgten die Delegierten den Vorschlägen des südafrikanischen
Staatschefs Thabo Mbeki und des ehemaligen Präsidenten Nigerias Olusegun Obasanjo. Beide
Politiker sprachen sich für eine Stärkung der Institutionen der AU aus. Nach den Vorstellungen
Obasanjos könnten die Regierungen der 53 Mitgliedstaaten in einem Zeitraum bis 2015 Schritt für
Schritt ihre Staatsgewalt an ein AU-Parlament abgeben. Damit würde eine allmähliche Umwandlung
der AU in einen Bundesstaat erfolgen. Mbekis Entwurf sieht als Voraussetzung für die Einheit eine
bessere Zusammenarbeit in den Bereichen Justiz und Finanzen vor.
Gerade die Verwaltung der Finanzen weist erhebliche Defizite auf. Eine externe Analyse stellt der
Union ein schlechtes Zeugnis im Umgang mit ihren finanziellen Mitteln aus. Unter anderem heißt es
in dem Bericht, dass die AU nicht in der Lage sei, detailliert nachzuweisen, wie viel Geld an die
verschiedenen Gremien der Organisation und des Pan-Afrikanischen Parlaments geflossen ist.
Zudem hätten erst sieben der 53 Mitgliedstaaten ihren Finanzbeitrag an die Afrikanische Union
entrichtet.
Valerie Traore, Managerin der Pan-Afrikanischen Agentur für Kooperation, Forschung und
Entwicklung, betonte, dass erst Schritte in Richtung einer wirtschaftlichen Integration des Kontinents
unternommen werden müssten, bevor man über eine gesamtafrikanische Regierung entscheide.
Unmittelbar vor Beginn des Gipfels war Gaddafi in Westafrika unterwegs, um für die Idee der
Vereinigten Staaten von Afrika und einer zwei Millionen Mann starken gemeinsamen Armee zu
werben. Doch gerade einflussreiche Staaten wie Südafrika und Uganda ließen bereits zu Beginn des
Gipfels Zweifel an der Umsetzbarkeit dieser Pläne verlauten. Viel wichtiger als eine Armee sei ein
gemeinsames Konzept zur Armutsbekämpfung.
Auch Ghanas Präsident John Kufuor bremste den Enthusiasmus Gaddafis, indem er darauf hinwies,
dass man sich erst einmal über einen Strategieplan verständigen müsse. Zeitplan und Bedingungen,
die die Vereinigten Staaten von Afrika realisierbar machen könnten, sollen in den kommenden sechs
Monaten ausgearbeitet werden. Befürchtungen wurden laut, dass wegen der Einigungsdebatte
dringende Probleme wie die Krise in der sudanesischen Provinz Darfur, der Bürgerkrieg in Somalia
oder Simbabwes wirtschaftliche Talfahrt vernachlässigt würden. So war der südafrikanische
Erzbischof und Friedensnobelpreisträger Desmond Tutu federführend bei einer Petition, die Afrikas
Staatschefs eindringlich auffordert, ihre Aufmerksamkeit auf Sudan zu lenken.
* Aus: Neues Deutschland, 5. Juli 2007
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