Monokultur statt "Serengeti"
FAO-Vorschlag: Westafrikas Savanne soll zur landwirtschaftlichen Nutzfläche werden
Von Norbert Suchanek *
Eine neue Studie von Weltbank und Welternährungs- und
Landwirtschaftsorganisation FAO schlägt vor, die Savannen Afrikas in
großem Maßstab in Ackerflächen zu verwandeln.
Jeder kennt sie, die legendäre Serengeti, Heimat von Elefanten,
Nashörnen, Büffeln, Löwen, Leoparden und Nomadenvölkern. Diese
ostafrikanische Savanne ist Teil eines weit größeren, kontinentalen und
artenreichen Savannengürtels nördlich und südlich der tropischen
Regenwaldzone von West- bis Ostafrika, der sich von Guinea bis Somalia,
von Kenia, Tansania und Mosambik bis Angola erstreckt. 600 Millionen
Hektar Land, das Afrika zu einem »Global Player« in der
Nahrungsmittelproduktion machen könnte, so die FAO. Bisher werde erst
ein Zehntel des Areals landwirtschaftlich genutzt, obwohl 400 Millionen
Hektar dieser Guinea-Savannen-Zone aufgrund der Bodenbeschaffenheit und
des lokalen Klimas beste Nutzungseigenschaften aufwiesen.
Die Studie basiert auf Vergleichen mit Asien und Lateinamerika, wo die
Agrarindustrie Savannengebiete längst unter den Pflug genommen hat. Seit
den 1970er Jahren wird vor allem in Brasilien ein ähnliches Ökosystem
namens Cerrado - teils mit Hilfe von Weltbankgeldern und Steuervorteilen
- großflächig vernichtet und vor allem in Soja-Plantagen umgewandelt,
ohne Rücksicht auf in der Region lebende indigene Völker und
traditionelle Landnutzung und ohne effektiven Schutz von Biodiversität
oder Wasserressourcen. Vertreibung, Landflucht, Tausendfaches
menschliches Leid und ein kaum zu ermessender Verlust von kultureller
und biologischer Vielfalt, Verseuchung von Böden und Gewässern mit
Pestiziden und Dünger sind die Folge.
Die Savannen des Schwarzen Kontinents sind allen Studien zum Trotz wie
der Cerrado Brasiliens bewohnt und werden auch genutzt. Tatsächlich
liefern sie seit Jahrtausenden ihren Bewohnern vielfältige
Nahrungsmittel in Form von Wildfrüchten, Nüssen, Kräutern, Honig,
Wildfleisch und kleinräumiger Subsistenzlandwirtschaft. Nomaden nutzen
weite Savannengebiete außerdem traditionell als saisonale Viehweide. In
der von den Weltbank- und FAO-Experten vorgeschlagenen kommerziellen
Intensivlandwirtschaft haben diese Formen einer vielfältigen
Nahrungsmittelproduktion keinen Platz. Etliche neue Landkonflikte wie
heute schon in Ostafrika durch Ausweitung des Weizenanbaus drohen.
Doch auch global könnte die Umwandlung von 400 Millionen Hektar Savanne
negativ spürbar werden -- durch Anheizen des Weltklimas. In der
Vegetation und den Böden der Savannen ist doppelt soviel Kohlenstoff
gebunden wie in den Waldgebieten der gemäßigten Zonen. Als intensiv
genutzte Ackerbaufläche würden sie überdies sieben bis zehn mal mehr
klimaschädliche Stickoxide freisetzen als natürliche Savannenböden, so
eine 2007 veröffentlichte Studie von der Universität von Kalifornien.
Die Tradition falscher Ratschläge der Weltbank scheint sich mit ihrer
aktuellen Studie über die Landwirtschaft in der Savanne fortzusetzen.
Lexikon - Savanne
Das Wort Savanne wird heute in zweierlei Bedeutung benutzt. Zum einen
nennt man so einen Vegatationstyp der Tropen und Subtropen, bei dem
weite Grasfluren mit locker verteilten einzelnen Bäumen oder Baumgruppen
durchsetzt sind. Zum anderen hat sich die Bezeichnung Savanne für die
Zone zwischen tropischem Regenwald und Wüste eingebürgert. Ihre Lage im
Grenzbereich der Passatwinde gibt es einen Wechsel zwischen Regen- und
Trockenzeit. In Gebieten mit besserem Wasserangebot wachsen mehr Bäume,
während es in der Trockensavanne nur wenige gibt.
* Aus: Neues Deutschland, 6. Juli 2009
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