Chancen des Rohstoffbooms
OECD: Staaten in Subsahara-Afrika müssten Ausbildung stärker fördern
Von Thomas Nitz *
Die OECD stellt der Wirtschaft Afrikas eine positive Bilanz aus und bewertet die steigenden
Nahrungsmittelpreise längerfristig als Chance.
Es ist kein Zynismus, wenn die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
(OECD) in einem am Dienstag in Berlin vorgestellten Bericht die steigenden Nahrungsmittelpreise
als Chance für Afrika wertet. Zwar würden sich Armut und Hunger kurzfristig verschärfen, da
Subsahara-Afrika als Nahrungsmittelimporteur stark von den Weltmarktpreisen belastet wird, heißt
es in der Analyse. Hinzu komme, dass die landwirtschaftliche Produktion in Afrika im letzten Jahr
erheblich gesunken ist, was nicht zuletzt auf die Subventionspolitik des Nordens zurückzuführen ist.
Längerfristig aber dürfte die Erhöhung der Preise einen Anreiz für Produzenten darstellen. Denise
Wolter, Ökonomin am OECD-Entwicklungszentrum in Berlin, betonte, »das wirtschaftliche Potenzial
der afrikanischen Landwirtschaft ist längst noch nicht ausgeschöpft.« Um die Produktivität zu
steigern, sei eine massive Förderung der Landwirtschaft, insbesondere des privaten Sektors, sowie
Investitionen in die Transportinfrastruktur, in Forschung und Entwicklung und in Beratungsdienste
nötig.
Der Bericht bescheinigt Afrika ein robustes Wirtschaftswachstum. So ist das Bruttoinlandsprodukt
auf dem Kontinent 2007 im Durchschnitt um 5,7 Prozent gestiegen. Für 2008 wird ein Zuwachs von
5,9 Prozent erwartet. »Immer noch zu wenig, um die Millenniumsziele zu erreichen«, meint Denise
Wolter. Dazu sei ein Wirtschaftswachstum von 7 bis 8 Prozent nötig. Auch basiert die positive
wirtschaftliche Entwicklung in erster Linie auf dem Export von Öl und anderen natürlichen
Ressourcen. Rohstoffreiche Länder profitieren vom starken Preisanstieg und vom steigenden Bedarf
der großen Schwellenländer. Gleichzeitig spielt Afrika für die aufstrebenden asiatischen
Volkswirtschaften eine immer größere Rolle. 2007 war ein Rekordjahr im Hinblick auf ausländische
Direktinvestitionen in Afrika. Besonders China investiert in Infrastrukturprojekte. Helmut Reisen,
Leiter der OECD-Forschungsabteilung in Berlin, bewertet dieses Engagement positiv, fordert aber
mehr Transparenz. Die Frage, ob Afrika in eine neue Abhängigkeit gegenüber China und immer
tiefer in die Schuldenfalle gerate, beantwortet Reisen aber mit Nein. »China realisiert
Infrastrukturprojekte und erhält dafür Konzessionen beispielsweise an der Ölförderung.«
Besonderen Nachholbedarf gibt es laut dem Bericht bei der beruflichen Bildung. Hier betrage die
Einschulungsrate gerade einmal fünf Prozent. Ohne Ausbildung aber sind die Chancen auf dem
Arbeitsmarkt gering. Die Jugendarbeitslosigkeit in Subsahara-Afrika liegt bei über 20 Prozent.
Der Bericht bewertet berufliche Ausbildung als einen wichtigen Indikator zur Stabilisierung eines
Landes. So könnten Programme in diesem Bereich einen Beitrag etwa zur Wiedereingliederung von
ehemaligen Rebellen und auch zum Wiederaufbau leisten. Bisher stand aber nur die Grundbildung
auf der Agenda von Gebern und afrikanischen Regierungen.
Großen Handlungsbedarf sieht der Bericht in der Energieinfrastruktur. 25 Länder leiden unter
Energieengpässen, was die wirtschaftlichen Entwicklungsmöglichkeiten stark einschränkt. Aber auch
die politische Instabilität vieler Staaten stellt nach wie vor ein Entwicklungshemmnis dar. Zwar hätten
politische Unruhen in den letzten Jahren abgenommen, dafür aber sei die höhere Gewaltanwendung
von Regimen wie in Simbabwe zu verzeichnen. Eine weitere Herausforderung sei die Eindämmung
der Haushalts- und Handelsdefizite. Gerade die ölexportierenden Länder müssten Gewinne
produktiver und breitenwirksamer einsetzen sowie der Armutsbekämpfung Priorität einräumen.
* Neues Deutschland, 15. Mai 2008
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