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USA planen Drohnen-Einsatz in Westafrika

Von einer Militärbasis in Niger aus soll die Intervention in Mali unterstützt werden

Von Peter Dörrie, Ouagadougou *

Die USA haben ein strategisches Militärabkommen mit Niger geschlossen. Ihre Streitkräfte könnten dank dieser »sehr wichtigen Vereinbarung« nun eine Präsenz in dem westafrikanischen Land aufbauen, erklärte Pentagon- Sprecher George Little am Dienstag.

Als Reaktion auf die Aktivitäten terroristischer Gruppen in Westafrika wollen die USA in der Region eine Basis für unbemannte Flugzeuge, sogenannte Drohnen, errichten. Sie sollen die Überwachung der bewaffneten Gruppen in Mali und angrenzenden Staaten erleichtern – unbewaffnet, wie das Washingtoner Verteidigungsministerium versichert.

Die »New York Times« berichtete zuerst über die Pläne der USA-Regierung, die bald darauf vom Pentagon bestätigt wurden: Die USA werden im westafrikanischen Staat Niger einen Stützpunkt für den Betrieb von Drohnen zur Überwachung terroristischer und krimineller Gruppen installieren.

Nach der Eskalation der Lage in Mali und besonders der blutigen Geiselnahme auf einem Gasfeld im Osten Algeriens durch eine terroristische Gruppe aus dem Umfeld von Al Qaida vor zwei Wochen sei dies für die USA ein logischer Schritt, sagt der US-amerikanische Journalist David Axe, Spezialist für Militär und Drohnen, im Gespräch mit »nd«. »Drohnen sind für die USA sehr nützlich. Nur ein Dutzend kann Tausende Quadratkilometer auf einmal überwachen.« Aber, betont Axe, »Drohnen arbeiten nicht gut allein. Sie brauchen Satelliten und menschliche Agenten am Boden. Als Teil eines Systems sind sie dann sehr effektiv.«

Einen Strategiewechsel will der Journalist Axe in der neuen Basis nicht erkennen. Zwar gebe es bisher nur eine größere permanente USA-Basis auf dem Kontinent, Camp Lemonnier in Dschibuti am Roten Meer. Aber das Militär »verfügt jetzt schon über viele kleinere Anlagen in Äthiopien, Kenia, Burkina Faso und anderen Ländern«. Schon bisher hatten die USA in Burkina Faso, das südlich an Mali und Niger grenzt, eine Reihe von Spionageflugzeuge stationiert. Dabei handelte es sich um umgebaute zivile Flugzeugtypen, die mit hochmoderner Überwachungstechnologie ausgerüstet wurden. Gegenüber Drohnen haben sie aber Nachteile: Sie können wegen der Piloten nicht lange in der Luft bleiben. Außerdem scheinen die terroristischen Gruppen in der Region inzwischen so gut ausgerüstet zu sein, dass sie die Flugzeuge zumindest theoretisch abschießen und die Piloten als Geiseln nehmen könnten. Drohnen sind zwar ähnlich verletzbar, bieten aber weniger politische Risiken.

Für den Einsatz stehen den USA vor allem zwei Drohnentypen zur Verfügung: der »Predator« und das Nachfolgemodell »Reaper «. Ein dritter Typ mit noch größerer Reichweite, der »Global Hawk«, könnte laut David Axe zwar auch in der Region zum Einsatz kommen, würde aber vermutlich von Europa aus starten. Ganz risikofrei ist die Strategie der USA allerdings nicht. Wegen ihres Einsatzes für gezielte Tötungen in Afghanistan, Pakistan und in Jemen haben Drohnen den Ruf von Killermaschinen. Ihr Einsatz könnte in Westafrika auf breite Ablehnung in der Bevölkerung treffen – mit unübersehbaren Konsequenzen für das Ansehen und die Sicherheit von US-amerikanischem Personal in der Region. Zudem besteht durchaus die Gefahr, dass dies nur eine weitere Sprosse auf einer Leiter der Eskalation ist.

Die meisten Experten gehen davon aus, dass es selbst im besten Falle Jahre dauern wird, bis es gelingt, die Aktivitäten der terroristischen Gruppen in der Region zu unterdrücken. Irgendwann könnten die USA zu dem Schluss kommen, dass eine reine Überwachung durch Drohnen nicht ausreicht. Der Schritt zu einer gezielten Tötungskampagne wäre zumindest technisch nur ein kleiner, sagt David Axe: »Predators und Reapers können jederzeit mit Raketen und Bomben bewaffnet werden.«

* Aus: neues deutschland, Donnerstag, 31. Januar 2013


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