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Afrika wehrt sich gegen die Dollar-Dominanz

Mehrere Staaten wollen die eigene Währung und die heimische Wirtschaft stärken

Von Thomas Nitz *

Einige afrikanische Staaten wollen den US-Dollar als Schattenwährung verbannen, um die eigenen Finanzmärkte zu stärken sowie einen größeren Anteil aus den Gewinnen der Rohstoffexporte zu behalten.

In vielen Saaten der Welt ist der US-Dollar inoffizielle Zweitwährung. Wenn das landeseigene Geld starken Schwankungen unterliegt und die Inflation kaum zu kontrollieren ist, fordern internationale Konzerne und Investoren, dass eine harte Auslandswährung als Zahlungsmittel im Land akzeptiert wird. Das aber führt zur Abwertung der einheimischen Währungen, die wenig gehandelt werden. Besonders kleine Volkswirtschaften leiden darunter.

Einige afrikanische Regierungen haben jetzt Maßnahmen ergriffen, um die Dollar-Vorherrschaft in ihren Ländern zu brechen. So sollen in Mosambik Unternehmen künftig die Hälfte ihrer Exportgewinne mit Kohle und Gas in die nationale Währung Meticais tauschen, damit mehr Geld im Land bleibt und in die heimische Wirtschaft fließt. Die angolanische Regierung will die Landeswährung stützen, indem sie die Ölkonzerne zwingt, Löhne und Gehälter künftig in Kwanza auszuzahlen.

In Ghana müssen seit Mai alle Banken im Land ihre Einlagen in Cedi halten. Vorher war ein gewisser Dollaranteil üblich. So will das westafrikanische Land seine Währung stärken, nachdem der Cedi im ersten Halbjahr 2012 gegenüber dem Dollar um mehr als 17 Prozent nachgegeben hat. Die Geldwechselstuben im Land haben Hochkonjunktur, seit Unternehmen gezwungen sind, große Summen zu tauschen.

Neben einer Aufwertung der nationalen Währungen erhoffen sich die afrikanischen Staaten, durch diese Maßnahmen mehr Einfluss auf die Finanzpolitik zu gewinnen. Vor allem soll mehr Geld in die heimischen, weitgehend isolierten und wenig liquiden Finanzmärkte fließen.

Am härtesten geht Sambia gegen den Dollar vor. Wer in dem kupferreichen Land im Süden Afrikas mit US-Währung zahlt, dem droht eine Gefängnisstrafe von bis zu zehn Jahren. Davon ausgenommen ist lediglich die Visumgebühr an Flughäfen und Grenzübergängen. Bisher sei allerdings noch niemand belangt oder gar verhaftet worden, weil er gegen das Gesetz verstoßen habe, räumte ein Sprecher der Zentralbank ein.

Dennoch hat Sambia zumindest kurzfristig sein Ziel erreicht. Die Landeswährung Kwacha ist wegen der erhöhten Nachfrage von Unternehmen im Juli auf den höchsten Stand seit über einem Jahr geklettert. Allerdings klagten viele Firmen über teurer und schwieriger werdende Geschäfte und baten um ein Überdenken der neuen Währungspolitik sowie um eine Übergangsfrist. Auch bereiten den Betreibern der Kupferminen im Lande die Schwankungen der nationalen Währung Kopfschmerzen.

Ob die Maßnahmen langfristig greifen, bleibt fraglich. Investoren und Handelspartner dürften durch Kursschwankungen abgeschreckt werden. Gegen Spekulationen ist man kaum geschützt. Das Vertrauen in die afrikanischen Währungen ist entsprechend gering. Auch Touristen und Geschäftsreisende bevorzugen es, kein Geld tauschen zu müssen. Um ihre Währungen langfristig zu stärken, kommen die afrikanischen Staaten nicht umhin, für politische Stabilität und Rechtssicherheit zu sorgen sowie die Inflation unter Kontrolle zu halten.


Als Zweit- oder Komplementärwährung wird ein Zahlungsmittel verstanden, das neben der heimischen Währung in Handel, Gewerbe und Banken akzeptiert wird. Meist handelt es sichumeine harte Devise wie Dollar oder Euro. In Papua-Neuguinea hat das traditionelle Muschelgeld diese Funktion inne. Hierzulande gibt es kleine Regionalwährungen, die regionale Wirtschaftskreisläufebelebensollen. nd



* Aus: neues deutschland, Samstag, 1. September 2012


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