Beiträge zu Problemen Afrikas (II)
Diamanten im südlichen Afrika und die internationalen Konzerne
Am 3. Juli 2000 erschien der folgende Hintergrundbericht über die wahren Herrscher und Nutznießer der afrikanischen Diamanten. Wir entnahmen ihn der jungen welt.
De Beers verteidigt Herrschaft über die Rohstoffe im südlichen Afrika - keine Chance für Mugabe und Kabila.
Von Roswitha Reich
Britische und südafrikanische Konzerne, unangefochtene Ausbeuter der Rohstoffe des afrikanischen Kontinents seit mehr als hundert Jahren, sehen sich derzeit einem neuen schwarzen Anspruchsdenken gegenüber. Die »Übeltäter« sind Robert Mugabe in Simbabwe und Laurent Kabila im Kongo, die im globalen Neuaufteilungspoker um die Reichtümer der Erde auch für ihre Länder einen Platz an der Sonne einfordern.
Die Konzerne hatten sich nach den gescheiterten sozialistischen Versuchen sicher gefühlt, all das an wirtschaftlichen Verlusten wieder einsammeln zu können, was nach dem Bankrott aller Utopien den Afrikanern in vielen Ländern als nationalisierte Ruinen zurückblieb. Sie hatten auch unangefochten vom Kriegschaos profitiert, als Rebellen Diamanten aus der Erde gruben, um dafür Waffen zu kaufen.
Mit Nelson Mandela in Südafrika funktionierte das Spiel der Versöhnung. Die schwarze Machtübernahme 1994 bedeutete mehr billige Arbeitskräfte und öffnete die Tore zu Fusionen und Aufkäufen in der großen weiten Welt. Anglo American/De Beers konnte nun endlich seine Gewinne wieder international transferieren und verlegte sein Hauptquartier rasch von Johannesburg in die britische Hauptstadt. Der mächtigste Konzern Südafrikas mit einigen hundert Tochtergesellschaften und noch mehr Beteiligungen und Vernetzungen in vielen anderen Ländern heute auch einer der großen dieser Welt, hatte ein ähnliches Wohlverhalten wie von Mandela wohl auch von Mugabe und Kabila erwartet. Doch diese legten sich quer.
So geriet Oryx Diamonds, eine eher unbekannte Firma auf dem von der südafrikanischen De-Beers-Gruppe weltweit kontrolliertem Diamantenmarkt, in die Schlagzeilen der internationalen Big-Business-Presse. Grund: Sie hat Geschäftskontakte zu Simbabwes Präsident Robert Mugabe und wollte sich über die Londoner Börse Kapital beschaffen, um im Gebiet von Mbuji Mayi in der Demokratischen Republik Kongo schürfen zu können. Staatschef Laurent Kabila bezahlt für den Einsatz der simbabweschen Truppen zur Bekämpfung der Rebellen mit diesen Schürfkonzessionen. Doch die Londoner Börse hat die Auflistung der Firma erst einmal aufgeschoben und einen Nachweis verlangt, daß Oryx nichts mit dem Handel der von der UN geächteten »blutigen Diamanten« aus Spannungsgebieten zu tun hat.
De Beers, wenig erfreut über den neuen Konkurrenten, profiliert sich derzeit als Vorreiter fürs »saubere« Geschäft. Für Juli hat er zu einem Weltdiamantenkongreß nach Antwerpen gerufen. Dort will der Konzern ein Sechs-Punkte- Programm durchsetzen, nach dem bei Diamantengeschäften ein Ursprungsnachweis der Steine verlangt werden soll und Strafen für Falschdeklarationen vorgesehen sind.
Welche Wege gingen die »blutigen Diamanten«?
Das ist schon eine edle Idee, denn die UNITA von Jonas Savimbi in Angola, die blutige Truppe von Foday Sankoh in Sierra Leone und auch die verschiedenen Rebellen im Kongo wären schon lange am Ende, wenn sie nicht Diamanten gegen Waffen eintauschen könnten. Im Jahre 1999 wurden für 396 Millionen US-Dollar Diamanten aus dem südlichen Kasai (Mbuji Mayi) aufgekauft, wobei diese Statistik nicht zwischen den Diamantenverkäufen der legalen Regierung Kabila und dem illegalen Handel der Rebellen unterscheidet. In Angola und Sierra Leone dagegen werden nur die Verkäufe der UNITA (150 Millionen) bzw. der Sankoh-Rebellen (70 Millionen) schwarz gelistet.
Kongo ist eines der wenigen afrikanischen Länder, das seine Bodenschätze nationalisiert hat, was allerdings schon unter Diktator Mobutu geschehen ist. Das war möglich, weil die USA die damals übermächtige belgische Bergbaugesellschaft Union Miničre zerschlagen wollten. Mobutu kündigte der Union Miničre, die 85 Jahre lang die alleinige Besitzerin aller Bergbaurechte im Kongo war. Über eine eigene staatliche Konzessionsgesellschaft wurden dann die Karten neu gemischt. So konnten die Amerikaner ihre damals noch nicht zu ersetzenden Uranimporte aus dem Kongo der belgischen Kontrolle ein für allemal entziehen.
Mobutu vergab die Rechte auf die Rohstoffvorkommen Kupfer, Kobalt, Diamanten, Gold, Zink, Zinn und Mangan an eine neue Generation belgischer, britischer und amerikanischer Konzerne, die sich nicht mehr dem Geist des belgischen Königs Leopold verpflichtet fühlten.
Kabila hat diese Lizenzen bei Machtübernahme nicht automatisch übernommen, sondern von allen ausländischen Bergbaugesellschaften neue Anträge gefordert. Die Diamantenschürfrechte will die Regierung allerdings in eigener Kontrolle behalten und auch über eine eigene Edelsteinbörse verkaufen. Das wird aber erst dann möglich sein, wenn die Rebelleninvasion im südlichen Kasai gestoppt werden kann. Er versucht das mit Hilfe der simbabweschen Truppen. Nach Angaben des kongolesischen Bergbauministeriums erreichen derzeit nicht einmal sechs Prozent der registrierten Diamantenerlöse die Staatskasse. Nur ein Viertel der ausgeführten Edelsteine geht über die belgisch-kongolesische Bergbaugesellschaft Miba. Das bedeutet, daß nicht die Regierungen Kabila und Mugabe, sondern immer noch die Rebellen den Diamantenprofit einfahren. Sie müssen einen Käufer gefunden haben.
Was den Ankauf von Diamanten aus den afrikanischen Kriegsgebieten betrifft, so war De Beers bis jetzt nicht zimperlich. Der schon von Cecil Rhodes nach den ersten südafrikanischen Diamantenfunden im südafrikanischen Kimberley 1870 aufgebaute Weltkonzern behauptete stets, daß man einem Paket Rohdiamanten nicht ansehen könne, woher es komme. Erst zu Beginn dieses Jahres wurde De Beers von einem UNO-Expertenteam unter Leitung des kanadischen UN-Botschafters Robert Fowler nachgewiesen, daß nahezu alle Rohdiamanten, die in den 30 Jahren Bürgerkrieg in Angola von der UNITA illegal auf den internationalen Markt gebracht worden sind, von dem südafrikanischen Bergwerksgiganten De Beers angekauft wurden. Wahrscheinlich sind das auch die Diamanten der Rebellen von Sierra Leone und des Kongo. Hier fehlen nur die Beweise.
Bei den UNITA-Steinen ging der Deal über die südafrikanischen Waffenhändler Joe und Ronnie De Decker. Die Brüder, die Waffen - Bomben, Raketen, Handgranaten, Munition und Gewehre aller Art - vorwiegend aus Osteuropa beziehen, haben an die UNITA gegen Diamanten verkauft. Diese Steine wurden zu 99 Prozent an De-Beers- Tochtergesellschaften in Europa und Israel weiterverkauft. Die Deckers beteiligten sich mit anderen Partnern auch am Diamantenabbau in den von Savimbi besetzten Landesteilen Angolas.
Wie überall schützt der Staat die Mächtigen
De Beers' Sprecher Tom Tweedy, von der Presse zu seinen Geschäften mit Deckers befragt, zeigte sich überrascht, daß die Firma im UN-Bericht als Sanktionsbrecher aufgeführt ist. »Die De Deckers gelten in Südafrika als ein Unternehmen mit Reputation. Wir sind schockiert über diese Nachricht«, sagte er. De Decker hat nachweislich zwischen 1993 und 1997 an De Beers eine bisher unbekannte Zahl Diamantenpakete verkauft, jedes im Werte von mindestens vier bis fünf Millionen US-Dollar. Südafrikas Außenministerin Nkosazana Dlamini-Zuma, von Journalisten in Pretoria zu dem Skandal befragt, sagte, daß die südafrikanische Regierung nur schwer gegen private südafrikanische Firmen vorgehen könne.
Ganz anders verhielt sich der südafrikanische Staat dagegen im Fall des Aufsteigers Billy Rautenbach, dem Newcomer unter den Multimillionären im südlichen Afrika, der ebenfalls versucht hatte, als Strohmann für Kabila und Mugabe Geschäfte im Kongo zu machen. Südafrikas Oberster Staatsanwalt, Bulelani Ngcuka, und die Scorpions (die nach FBI-Vorbild geschaffene Behörde zur Eindämmung von Gewaltverbrechen und Verbrechen gegen den Staat) haben in dieser Firma Berge von Akten beschlagnahmt, um ihr unlautere Machenschaften nachzuweisen. Johannesburger Zeitungen wollen sogar wissen, daß Rautenbachs südafrikanische Hyundai-Vertretung hinter dem schon seit zwei Jahren unaufgeklärten Mord an dem Chef der Johannesburger Daewoo-Niederlassung stecke.
Rautenbach hat inzwischen die südkoreanische Hyundai- Vertretung im gesamten südlichen Afrika verloren, und auch seine in Botswana ansässige Fahrzeugmontage- und Vermarktungsfirma von Hyundai ist gerade mit einem Minus von 1,3 Milliarden Rand in die Liquidation gegangen. Die Hyundai-Vertretung wird nun wohl an Anglo American fallen, der mit den südkoreanischen Mutterkonzern schon in Verhandlungen steht.
Wie die in Harare erscheinende Oppositionszeitung The Zimbabwe Standard berichtete, hatte Rautenbach über seine Company Ridgepoint exklusive Rechte an der Kbabankola Kupfer- und Kobaltmine und den Kakanda- und Shituru- Verarbeitungsanlagen erworben, die alle in der Katanga- Provinz Kongos liegen. Ihm war es auch gelungen, die früher Gecamides gehörende Centre Mining Group (CMG) zu achtzig Prozent seinem Ridgepoint-Unternehmen einzuverleiben, der 49 Kupfer- und Kobaltlagerstätten in Katanga gehören.
Der gebürtige Simbabwer war von Kabila auch mit dem Vorsitz der staatlichen Kupfer- und Kobalt-Gesellschaft Gecamines betraut worden, eine Position, die er inzwischen an den im Kongo ansässigen belgischen Geschäftsmann Georges- Arthur Forrest verloren hat. Forrest International ist ein seit Jahrzehnten in der Katanga-Provinz operierender Bergbau- und Ingenieurkonzern, der mit der Staatsfirma schon zu Zeiten von Diktator Mobutu über Joint Ventures verbunden war.
Hier sind Erzlagerstätten noch billigst zu haben
»Geschäfte in Afrikas Krisengebieten erfordern Nerven aus Stahl«, sagte Bergwerksmanager Kalaa Mpinga von Anglo American der südafrikanischen Zeitschrift Financial Mail. Sie lohnten sich jedoch, denn hier gäbe es die großen Erzlagerstätten billigst zu haben. Im Jahre 1996 habe der Konzern noch von Mobutu eine Bergbaukonzession über ein Gebiet von 20 000 Quadratkilometer erhalten, die Kabila dann auf 13 000 Quadratkilometer reduzierte. Kabila habe die Verträge mit America Mineral Fields (AMF) und der hauptsächlich kanadischen Banro Ressources Corporation dann annulliert.
Auch die zu Anglo gehörende südafrikanische Iscor Ltd. mußte ihre Schürfarbeiten vorerst auf Eis legen. Die Geldgeber für die Bergbauoperationen der amerikanischen Konzerne im Kongo sind die Chase Manhattan und die Citybank.
Die ebenfalls in Südafrika ansässige Oryx-Gruppe des erst 34jährigen arabischen Geschäftsmannes Thamer bin Saeed al- Shanfari aus Oman, dem man als Absolventen der Colorado School of Mining bisher eher amerikanische Konzernverbindungen nachgesagt hatte, hat sich wohl bei De Beers unbeliebt gemacht, weil sie den während der Apartheidjahre unabhängig von De Beers operierenden staatlichen Aufkäufer an Diamanten, die Petra Diamonds Ltd., kaufen wollte. Die südafrikanische Regierung hat diese Gesellschaft mit Beteiligungen an Bergbauunternehmen in Namibia und Botswana zur Privatisierung ausgeschrieben.
Über Petra wäre Oryx an die Londoner Börse gekommen, denn sie ist dort schon lange auf dem Alternativen Investment Market der Londoner Börse registriert, der es nie aufgefallen war, daß es ein Unternehmen des Apartheidregimes war.
Der Einfluß von Anglo American/De Beers reicht so weit, daß es ihr gelungen ist, den ghanaischen Geschäftsmann Dr. Moses Anafu, der zur Commonwealth-Delegation zählte, die die Parlamentswahlen in Simbabwe beobachtet hatte, aus Harare abberufen zu lassen, bevor diese Wahlen überhaupt begannen. Anafu ist Aufsichtsratsmitglied von Oryx Diamonds und wohl über Mugabes Geschäftsverbindungen zu Ghana, ein Erbe seiner verstorbenen ersten Frau Sally, zu diesem hohen Firmenposten gekommen.
Bei all dem Druck auf Mugabe wundert es eigentlich nicht, daß ihm hinsichtlich der Landreform und nun auch ausländischer Bergbauunternehmen kein Pardon gegeben wird. Großbritannien besitzt in Simbabwe rund 400 Firmen, nahezu alle Firmen, die es überhaupt in diesem Lande gibt. Den Bergbau, etwa 1 000 Unternehmen, die hauptsächlich Gold, Steinkohle, Kupfer, Nickel, Chrom, Eisenerz und Asbest fördern, teilen sich die britischen Konzerne mit Anglo American. Der südafrikanische Konzern besitzt 500 000 Hektar Land, unter dem Bodenschätze vermutet werden und das deshalb schon seit Jahrzehnten brach liegt. Der Staat möchte es enteignen und für die Landreform nutzen.
Bei Gold machten die Anglo-Töchter Rio Tinto, Lonmine und Ashanti Goldfields in Simbabwe im letzten Jahr 450 Millionen US-Dollar Gewinne. Der Bergbausektor in Simbabwe trägt mit acht Prozent zum Bruttosozialprodukt des Landes bei. Etwa 40 Prozent der Exporterlöse werden über den Bergbau erwirtschaftet.
Aus: junge welt, 03.07.2000
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