Afrikanische Union feiert – trotzdem
Nach 50 Jahren weist das Staatenbündnis eine durchwachsene Bilanz auf
Von Philipp Hedemann, Addis Abeba *
Die Afrikanische Union, vormals Organisation
für Afrikanische Einheit,
feiert ihren 50. Geburtstag. Wunsch
und Realität klaffen beim Staatenbund
jedoch noch weit auseinander,
doch die OAU/AU hat in fünf Jahrzehnten
dazu beigetragen, Armut und
Krieg zu bekämpfen. Zukünftig auch
mit deutscher Unterstützung.
Addis Abeba hat sich herausgeputzt.
Auf dem Grünstreifen der
neuen Prachtstraße wurden Blumen
und Palmen gepflanzt, an den
Brücken »Happy Birthday«-
Transparente angebracht. Am
heutigen Sonnabend soll alles
strahlen, wenn die afrikanischen
Staats- und Regierungschefs auf
dem Boulevard zum neuen Hauptquartier
der Afrikanischen Union
in der äthiopischen Hauptstadt
rollen. Sie kommen, um den 50.
Geburtstag der AU-Vorgängerin
Organisation für Afrikanische Einheit
zu feiern. Das Gipfeltreffen
steht unter dem Motto »Panafrikanismus
und die afrikanische Renaissance«.
Ob es allerdings wirklich Grund
zum Feiern gibt, wird von einigen
Beobachtern bezweifelt. »Ja, es
gibt Grund zu feiern«, sagt Dr. Solomon
Ayele Dersso von der panafrikanischen
Denkfabrik Institute
for Security Studies. »Die Zahl der
Konflikte auf dem Kontinent geht
zurück, bei der Bekämpfung der
Armut werden große Erfolge erzielt,
viele Länder legen wirtschaftlich
stark zu, die afrikanische
Integration schreitet schneller
voran als in der Vergangenheit.
Afrika kann hoffnungsvoll in die
Zukunft schauen.« Trotzdem
räumt der Politikwissenschaftler
ein, dass auf die AU noch Mammutaufgaben
warten und nicht alle
Ziele, die der Staatenbund sich
vor 50 Jahren gesetzt hat, erfüllt
wurden.
So hatte Kwame Nkrumah, der
damalige Präsident Ghanas, beim
Gründungsgipfel der OAU gefordert:
»Wir müssen uns jetzt vereinigen
– oder wir gehen zugrunde.«
Gemessen an den pathetischen
Worten gibt es 50 Jahre, nachdem
32 afrikanische Staaten sich zum
Staatenbündnis zusammengeschlossen
haben, kaum Grund für
Champagner. Noch immer besteht
Afrika aus 54 unabhängigen Staaten,
die in den vergangenen Jahrzehnten
meist ihr eigenes Süppchen
kochten, teilweise sogar
Krieg gegeneinander führten.
Das hehre Ziel einer politischen
und wirtschaftlichen Einheit
des Kontinents ist einer pragmatischen
Kooperation auf stark ausbaufähigem
Niveau gewichen.
Ausgerechnet der inzwischen gestürzte
libysche Machthaber Muammar
al-Gaddafi wollte nach dem
Ende des Ost-West-Konflikts aus
der schwachen OAU einen starken
Staatenbund schaffen. Er propagierte
die Idee der Vereinigten
Staaten von Afrika mit gemeinsamer
Armee, Währung und zentraler
Führung. Unter anderem auf
Grund seiner Initiative wurde so
vor elf Jahren die AU, die Nachfolgeorganisation
der OAU, gegründet.
Die Institutionen der Europäischen
Union dienten dabei als
Vorbild. Im Gegensatz zur EU verfügt
die AU mit dem Friedensund
Sicherheitsrat sogar über ein
zentrales Organ der Friedenssicherung.
Die von diesem mandatierten
Truppen haben schon in
mehrere Konflikte auf dem Kontinent
eingegriffen und den Frieden
zumindest teilweise wieder herstellen
können.
Was die AU beschließt, bleibt
für die Bürger der Staaten bislang
oft ohne konkrete Bedeutung. Doch
das soll sich ändern. »Wir können
von der Europäischen Union lernen.
Die EU hat Instrumente geschaffen,
die dafür sorgen, dass
ihre Beschlüsse tatsächlich umgesetzt
werden«, sagte AU-Kommissionspräsidentin
Nkosazana Dlamini-Zuma
beim Besuch ihres europäischen
Amtskollegen José
Manuel Barroso in Addis Abeba im
April. Bislang fehlt es oft an Geld,
an der Expertise, dem Personal
oder dem politischen Willen, um
die AU-Entscheidungen umzusetzen.
Damit sich dies ändert, unterstützt
Deutschland die AU durch
die Deutsche Gesellschaft für Internationale
Zusammenarbeit (GIZ). »Die Institutionen der AU-Gründungsakte
existieren teils noch nicht, teils benötigen sie noch
Konkretisierung, um die Handlungsfähigkeit
der AU zu erhöhen«, sagt Dr. Mechthild Rünger,
Leiterin des GIZ-Verbindungsbüros
zur Unterstützung der AU in
Addis Abeba.
* Aus: neues deutschland, Samstag, 25. Mai 2013
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