Westafrikas Bauern fordern mehr Schutz
Höhere Importzölle sollen Nahrungsmittelselbstversorgung und Entwicklung fördern
Von Brahima Ouédraogo, Ouagadougou *
Das Netzwerk westafrikanischer Bauern und Erzeuger landwirtschaftlicher Produkte hat die 15
Regierungen der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft aufgefordert, zum Schutz der
regionalen Landwirtschaft die gemeinschaftlichen Importzölle auf mindestens 50 Prozent zu
erhöhen.
Westafrika hat im Prinzip ausreichend landwirtschaftliche Flächen, um sich selbst mit
Nahrungsmitteln versorgen zu können. Faktisch
ist die Region auf Importe angewiesen, weil die einheimischen Bauern mit den Dumpingexporten
aus den USA und der EU nicht mithalten können und deswegen ihre Produktion einschränken. Nach
Angaben der UN-Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation importiert Westafrika jährlich
Lebensmittel im Wert von umgerechnet mehr als vier Milliarden US-Dollar. Von den rund 197
Millionen Hektar landwirtschaftlich nutzbaren Flächen der Region werden nur 54 Millionen Hektar
bestellt. 120 Millionen Hektar sind Weideland.
Das Netzwerk westafrikanischer Bauern und Erzeuger landwirtschaftlicher Produkte (ROPPA)
plädiert deshalb für höhere Zölle, um die interne Produktion anzukurbeln und fordert eine Erhöhung
der Importzölle auf mindestens 50 Prozent. Die von einem gemeinsamen Ausschuss der
Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft (ECOWAS) und der Westafrikanischen Wirtschafts- und
Währungsunion (UEMOA) vorgeschlagenen Einfuhrzölle von 35 Prozent, genügen nach Ansicht der
Bauern nicht, um die Selbstversorgung zu gewährleisten und darüber hinaus die Entwicklung des
Agrarsektors voranzubringen.
Auf einer Konferenz in der zweiten Februarwoche in Ouagadougou, der Hauptstadt von Burkina
Faso, verwiesen Vertreter des Netzwerks auf die ostafrikanischen Länder, die Milchimporte mit 60
Prozent besteuern sowie auf die in der Europäische Union geltenden Importzölle für
Grundnahrungsmittel wie Getreide, Fleisch und Milchprodukte von mindestens 50 Prozent. »Mit den
bislang in der UEMOA erhobenen Einfuhrzöllen von höchstens 25 Prozent lässt sich unsere
Landwirtschaft nicht schützen und an den Aufbau regionaler Märkte ist auch nicht zu denken«,
begründete Bassi Ka Dao, der Präsident der burkinischen Bauernvereinigung, die Forderung von
ROPPA.
Eine Untersuchung des Netzwerks hat ergeben, dass sich lebenswichtige regionale Agrarprodukte
wie Getreide, Ölfrüchte und Fleisch nur mit Zöllen in Höhe von mindestens 50 Prozent vor
konkurrierenden Importen schützen lassen. »Wir brauchen höhere Importzölle für bestimmte Waren,
die unsere eigenen Erzeugnisse auf unseren Märkten unfair unterbieten und unsere Bemühungen
um Selbstversorgung, ländliche Entwicklung und die Bewahrung unserer kulturellen Werte
einschränken«, betonte der ROPPA-Berater Babacar Ndao.
Die ECOWAS-Staaten Benin, Burkina Faso, Côte d'Ivoire, Gambia, Ghana, Guinea, Guinea-Bissau,
Kapverden, Liberia, Mali, Niger, Nigeria, Senegal, Sierra Leone und Togo exportieren innerhalb der
Gemeinschaft Baumwolle, Kaffee, Hülsenfrüchte, Hirse und Tomaten.
Nach Ansicht der regionalen Bauernverbände könnten bei der von ihnen verlangten Anhebung der
regionalen Importzölle mehr als 60 Prozent der Lebensmittel und mehr als 80 Prozent der aus
Getreide bestehenden Grundnahrungsmittel vom Freihandel ausgenommen werden.
Zusätzlich zur Anhebung der regionalen Einfuhrzölle fordert das Netzwerk westafrikanischer
Agrarverbände eine auf mehr als zehn Jahre ausgedehnte Anpassung an den Abbau von
Schutzsteuern innerhalb der ECOWAS sowie Maßnahmen, die bei konjunkturellen Schwierigkeiten
greifen. Auf diese Weise ließen sich regionale Märkte für einheimische Erzeugnisse etablieren,
erklärte Ousséni Ouédraogo, Programmkoordinator bei ROPPA. »Ohne eigene Märkte kann sich
Landwirtschaft nicht entwickeln«, betonte der Experte. »Deshalb braucht man innerhalb der
Gemeinschaft Präferenzzölle, unter deren Schutz sich die Landwirtschaft entwickeln kann.«
IPS
* Aus: Neues Deutschland, 24. Februar 2009
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