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Protest gegen Petersberg II?

Kritischer Blick von Pax Christi auf die geplante Afghanistan-Konferenz *


Christine Hoffmann ist Generalsekretärin der Deutschen Sektion von Pax Christi, der katholischen Friedensbewegung.

In drei Monaten, am 5. Dezember, wollen sich die Außenminister der in Afghanistan Krieg führenden westlichen Staaten auf dem Petersberg bei Bonn treffen, um über das weitere Vorgehen in dem Land am Hindukusch zu beraten. Warum engagiert sich Pax Christi gegen die Petersberger Konferenz?

Wir treten seit Beginn des Afghanistan-Krieges mit Erklärungen an die Öffentlichkeit, kritisieren diesen Krieg und setzen uns für einen anderen Weg ein, Frieden herzustellen. An den Protesten beteiligen wir uns, weil diese Konferenz wieder ein Teil der Beschönigungs- und Vertuschungsrhetorik sein wird. Sie reden vom Frieden und führen Krieg. Obwohl rund 70 Prozent der Bundesbürger ein Ende des Krieges wollen. Die Proteste schaffen den Rahmen dafür, dass dies deutlich auf die Straße gebracht wird. Wir wollen eine andere Außenpolitik, wir wollen Frieden für Afghanistan.

Was genau kritisieren Sie am Vorgehen der Bundesregierung?

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat im November beim NATO-Gipfel in Lissabon bereits angekündigt, dass auch über 2014 hinaus deutsche Soldaten in Afghanistan bleiben werden. Der aktuelle Fortschrittsbericht zu Afghanistan macht in einer Fußnote bereits auf der ersten Seite des Papiers deutlich, dass es sich nicht um zivile Aufbautrupps, sondern um bewaffnete Militärangehörige handelt, deren Auftrag allerdings noch offen ist. Es wird immer gesagt, dass es um den zivilen Aufbau Afghanistans geht, aber das wird nicht in Politik umgesetzt. Der Vorrang des Zivilen wird nicht praktiziert.

Der Bericht der Bundesregierung sagt auch, dass der Krieg mit militärischen Mitteln nicht zu gewinnen ist.

So steht es im Fortschrittsbericht vom Dezember vorigen Jahres.

Warum wird dieser Krieg Ihrer Meinung nach dann trotzdem weitergeführt?

Wir wissen alle, dass es dafür wirtschaftspolitische Hintergründe gibt. Die Exil-Afghanen sprechen da eine deutliche Sprache. Die Transportwege von Energieressourcen durch Afghanistan sind von großem Interesse.

Für den Krieg werden aber immer andere Argumente ins Feld geführt. Wenn man jedoch weiß, dass dieser Krieg militärisch nicht zu gewinnen ist, leuchtet es überhaupt nicht ein, ihn weiterzuführen. Außerdem und nicht zuletzt verbietet es das deutsche Grundgesetz, dass für wirtschaftliche Interessen Krieg geführt wird.

Welche Lösungsvorschläge bietet die Friedensbewegung?

Wir brauchen einen Waffenstillstand. Wo einem Kugeln um die Ohren fliegen, kann nicht verhandelt werden. Natürlich gibt es von verschiedenen Experten unterschiedliche Szenarien, wie es in Afghanistan weitergehen soll. Wir wollen das Land auf jeden Fall dabei unterstützen, partizipative und demokratische Strukturen aufzubauen.

Auf dem Weg dorthin könnte es auch blutige Auseinandersetzungen geben. Doch die internationale Allianz kann von außen keine Lösungen hereintragen, dass haben die letzten zehn Jahre gezeigt. Da muss man zulassen, dass andere Lösungen finden.

Was erhoffen Sie sich von der geplanten Demonstration und der Gegenkonferenz?

Wir wollen immer wieder darauf aufmerksam machen: Deutschland führt Krieg. Und wir müssen uns endlich von der militärischen Logik verabschieden – die Proteste in der Öffentlichkeit sollen das zur Diskussion bringen.

Fragen: Antje Stiebitz

* Aus: Neues Deutschland, 7. September 2011


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