NATO vor Offensive - Taliban verstärken Angriffe
Um Mardschah werden Tausende Soldaten für die Operation "Muschtarak" in Stellung gebracht
Vor der angekündigten Großoffensive gegen die Taliban im Süden Afghanistans nehmen die
Aufständischen die anrückenden Soldaten ins Visier.
Am nordöstlichen Stadtrand von Mardschah in der Unruheprovinz Helmand
wurden US-Marineinfanteristen am Mittwoch von Rebellen beschossen. Diese griffen die
anrückenden US-Truppen unmittelbar nach der Landung ihrer Hubschrauber mit
Scharfschützengewehren an, ihr mit Sandsäcken geschütztes Lager wurde mit
Panzerabwehrraketen attackiert. Die US-Soldaten forderten Kampfhubschrauber vom Typ Cobra an,
um die Stellungen der Aufständischen zu bombardieren.
Rund um die Stadt Mardschah bringen sich derzeit Tausende US-Soldaten in Stellung, die dort
zusammen mit anderen NATO-Soldaten und afghanischen Sicherheitskräften die größte Offensive
seit Beginn des Afghanistan-Einsatzes im Jahr 2001 vorbereiten. Ziel der Operation »Muschtarak«
(Gemeinsam) ist es, die von den Taliban kontrollierten Gebiete unter die Kontrolle der afghanischen
Regierung zu stellen. Die Provinz Helmand ist nach NATO-Darstellung eines der letzten Gebiete
unter der Kontrolle der Taliban.
Aus Furcht vor den Kämpfen waren in den vergangenen Tagen zahlreiche Bewohner aus der
Region geflohen. Nach Behördenangaben ließ die Flüchtlingsbewegung mittlerweile aber wieder
nach. »Wir haben den Leuten gesagt, dass sie ihre Häuser nicht verlassen sollen«, sagte ein
Sprecher von Provinzgouverneur Mohammad Gulab Mangal. Der Einsatz sei gut geplant und richte
sich nicht gegen die Zivilbevölkerung, sondern ausschließlich gegen »den Feind«. Seinen Angaben
zufolge haben mittlerweile fast 240 Familien Mardschah verlassen.
Der Zivilbeauftragte der NATO in Afghanistan, Mark Sedwill, riet den Bewohnern, in Deckung zu
bleiben. Der Verlauf der Offensive hänge davon ab, ob die Gegner Widerstand leisteten oder ihre
Waffen niederlegten.
Unterdessen wird die Anbaufläche für Schlafmohn in Afghanistan 2010 nach UNO-Schätzungen
gleich groß bleiben. Wie das Büro für Drogen und Kriminalität der Vereinten Nationen mitteilte, hat
dies die Winterstudie 2010 ergeben, die auf Befragungen von Bauern basiert. Sollte sich das
bestätigen, »würde das den in jüngster Vergangenheit erzielten Fortschritt verfestigen«.
Möglicherweise werde die Menge des Opiums, das aus dem Schlafmohn gewonnen wird, in diesem
Jahr wegen schlechten Wetters zurückgehen. Afghanistan ist der mit weitem Abstand größte
Produzent von Rohopium. In den vergangenen Jahren stammten weltweit über 90 Prozent des
Grundstoffes für Heroin vom Hindukusch. Anbau und Produktion von Drogen in Afghanistan hatten
2007 ihren Höchststand erreicht.
Zwischen 2007 und 2009 hatte die Anbaufläche von Schlafmohn nach UNO-Angaben um über ein
Drittel auf 123 000 Hektar abgenommen. Im selben Zeitraum sank die Menge des aus dem
Schlafmohn gewonnenen Opiums.
* Aus: Neues Deutschland, 11. Februar 2010
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