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Chronik Afghanistan

Juli 2011


Freitag, 1. Juli, bis Sonntag, 3. Juni
  • Bundesverteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) hat den Verdacht geäußert, dass die Taliban bei dem schweren Anschlag auf ein Hotel in Kabul am 28. Juni Helfer unter den Sicherheitskräften des Hotels hatten. "Es könnte sein, dass im Inneren der Sicherung Täter beteiligt waren. Auch die Bundeswehr muss darauf achten, dass die Taliban die afghanischen Streitkräfte nicht weiter unterwandern", sagte der Minister der "Bild"-Zeitung (Ausgabe vom 1. Juli). Er fügte hinzu: "Gegen manche Anschläge sind Sie niemals ganz gefeit. Weder in Kabul, noch in Mumbai und - ohne das vergleichen zu wollen - noch nicht einmal in Berlin."
    Mit Blick auf die allgemeine Sicherheitslage in Afghanistan sagte der CDU-Politiker: "Die Rückschläge sind bitter. Aber die neue Strategie zeigt im Großen und Ganzen Erfolge: nämlich ganze Regionen freizukämpfen, die Taliban militärisch zurückzudrängen."
  • Bei einer Reihe von Bombenanschlägen und Angriffen von Aufständischen sind in Afghanistan insgesamt 18 Menschen getötet worden. Eine am Straßenrand versteckte Bombe kostete am 2. Juli in Südafghanistan 13 Menschen das Leben. Die Detonation in der Provinz Sabul zerstörte einen Kleinbus, wie das Innenministerium erklärte. Unter den Todesopfern waren vier Frauen und zwei Kinder.
    In der benachbarten Provinz Kandahar wurden am Abend des 1. Juli zwei Menschen auf ihrem Esel getötet, als das Tier auf einen versteckten Sprengsatz trat, wie Polizeichef General Abdul Rasik erklärte. Als die Leichen geborgen werden sollten, explodierte eine weitere Bombe und tötete zwei Menschen.
    In der Provinz Helmand im Süden des Landes erschossen nach Angaben des Innenministeriums zwei Bewaffnete am 2. Juli ein Mitglied des Gemeinderats des Distrikts Nahri Sarradsch.
  • In der Hauptstadt Kabul demonstrierten am 2. Juli) 500 Menschen gegen Raketenangriffe, bei denen im Grenzgebiet zu Pakistan in den vergangenen Wochen 36 Zivilisten getötet wurden. Sie riefen "Tod dem pakistanischen Militär" und "Lang lebe Afghanistan". Die Organisatoren forderten die internationale Gemeinschaft auf, Druck auf Pakistan auszuüben, die Angriffe zu stoppen.
    Die pakistanischen Streitkräfte haben erklärt, sie hätten die Raketen nicht absichtlich auf die afghanischen Provinzen Nangarhar und Kunar abgefeuert. Möglicherweise seien jedoch einige Geschosse bei Kämpfen mit Extremisten im Grenzgebiet versehentlich in Afghanistan eingeschlagen.
  • Die NATO meldete am 2. Juli den Tod von zwei Soldaten bei Bombenanschlägen. Einer sei am 2. Juli im Westen von Afghanistan getötet worden, der andere am 1. Juli im Süden. Einzelheiten wurden nicht genannt. Das italienische Verteidigungsministerium erklärte jedoch, bei dem im Westen getöteten Soldaten handele es sich um einen Italiener.
  • Die Bundesregierung erwägt, das Afghanistan-Kontingent der Bundeswehr zur Jahreswende um rund 500 Soldaten zu reduzieren. Dies sei der "Rahmen, an dem man sich orientieren kann", sagte Bundeswehr-Generalinspekteur Volker Wieker am 3. Juli im Deutschlandfunk. Damit würde die Bundeswehr jene Zahl an Soldaten wieder zurückholen, die sie im vergangenen Jahr zusätzlich nach Afghanistan entsandt hatte. Nach Angaben der internationalen Afghanistan-Truppe ISAF sind derzeit etwa 4800 Bundeswehrsoldaten vor allem im Norden des Landes stationiert.
    Die Anschläge der vergangenen Wochen seien "immer auch Rückschläge und lösen große Betroffenheit aus", sagte Wieker, aber es gebe dennoch Erfolge. Es gebe keine "komplexen Angriffe" gegen die ISAF und die afghanischen Streitkräfte mehr. Wieker bezeichnete das Ziel der USA, bis zum Sommer 2012 rund 33.000 Soldaten vom Hindukusch abzuziehen, dennoch als ambitioniert. "Man hätte vielleicht ein etwas gestreckteres Zeitfenster erwarten können." Auch die Reduzierung des Bundeswehrkontingents hänge noch davon ab, was die USA aus dem Norden abzögen und wie sich die Partnerländer verhielten, mit denen die Bundeswehr in der Region zusammenarbeite.


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