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Chronik Afghanistan

Mai 2010


Samstag, 1. Mai, bis Sonntag, 2. Mai
  • Knapp vier Monate nach dem angeblichen Tod des pakistanischen Taliban-Chefs Hakimullah Mehsud ist im Internet eine Videobotschaft des Extremistenführers aufgetaucht. Wie das auf die Auswertung islamistischer Websites spezialisierte IntelCenter in Alexandria bei Washington am 2. Mai mitteilte, droht Mehsud darin mit Anschlägen in den USA. Die Aufnahme ist nach Angaben Mehsuds am 4. April entstanden. «Die Zeit ist sehr nah, dass unsere Freiheitskämpfer den amerikanischen Staat in seinen wichtigsten Städten angreifen werden», erklärt der Chef der Tehrik-e-Taliban Pakistan (TTP) in dem knapp neunminütigen Video. Die Experten des IntelCenters stuften die Aufzeichnung als authentisch ein.
  • Mit der Verstärkung der internationalen Truppen in Afghanistan und der Ausweitung der Kämpfe gegen die radikalislamischen Taliban steigt die Zahl der zivilen Opfer. Zwischen dem 21. März und dem 21. April seien 173 Zivilpersonen getötet worden, erklärte am 2. Mai das Innenministerium in Kabul. Das seien 33 Prozent mehr als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Auch kürzlich von den US-Streitkräften vorgelegte Zahlen zur Zahl der Opfer in den ersten drei Monaten des Jahres bestätigten den Anstieg.
    Aus den vorgelegten Zahlen geht allerdings nicht hervor, wer für die gestiegene Zahl der zivilen Opfer verantwortlich war - die ausländischen Truppen oder die Islamisten. Da aber auch immer wieder Unbeteiligte durch Schüsse oder Bombenangriffe der alliierten Truppen ums Leben, hat der Kommandeur der Truppen, US-General Stanley McChrystal, deswegen die Bestimmungen für den Einsatz von Waffengewalt im vergangenen Jahr verschärft.
    Jedes zivile Opfer schwächt den Rückhalt in der Bevölkerung, den die internationalen Truppen aber unbedingt brauchen, um erfolgreich gegen die Taliban vorgehen zu können. Für den Sommer geplant ist eine Offensive im Raum von Kandahar, einer der Hochburgen der Taliban.
  • New York ist nur knapp einem Terroranschlag entgangen. An dem von zahlreichen Touristen besuchten Times Square fand die Polizei am 2. Mai in einem geparkten Auto eine Bombe, die von Spezialisten unschädlich gemacht wurde. Der US-Metropole habe ein "sehr tödliches Ereignis" gedroht, sagte Bürgermeister Michael Bloomberg. Zu dem versuchten Anschlag bekannte sich eine pakistanische Taliban-Gruppe.
Montag, 3. Mai, bis Sonntag, 9. Mai
  • Bei einem Selbstmordanschlag vor einem Stützpunkt des US-Geheimdienstes CIA in Afghanistan ist am 3. Mai eine Zivilperson getötet worden. Zwei afghanische Wachleute wurden nach Angaben des Innenministeriums in Kabul verletzt. Der Selbstmordattentäter habe sich in der östlichen Provinz Chost in einem Auto in die Luft gesprengt. Der Anschlag ereignete sich vor Camp Chapman, wie ein Sprecher des Gouverneurs sagte. Dort wurden im Dezember bei einem Selbstmordanschlag sieben Mitarbeiter des US-Geheimdienstes sowie ein jordanischer Agent getötet.
  • Islamische Extremisten im Grenzgebiet zwischen Pakistan und Afghanistan waren das Ziel massiver Angriffe, bei denen am 3. Mai mehr als 30 Menschen getötet wurden. In der Stammesregion schlugen erneut Raketen ein, die vermutlich von den US-Streitkräften abgefeuert wurden. Die USA nehmen zu diesen fortgesetzten Militäraktionen offiziell nicht Stellung. Die Raketen trafen ein Fahrzeug in der Nähe von Marsi Khel in Nord-Waziristan, wie aus Geheimdienstkreisen verlautete. Vier mutmaßliche Extremisten wurden demnach getötet. In zwei anderen Gebieten der Stammesregionen kam es zu heftigen Gefechten zwischen pakistanischen Soldaten und Untergrundkämpfern. Dabei wurden nach Militärangaben 29 Extremisten und zwei Soldaten getötet.
  • Im Norden Afghanistans sind erneut Bundeswehrsoldaten von Aufständischen beschossen worden. Die Soldaten der Internationalen Afghanistantruppe (ISAF) wurden laut Einsatzführungskommando der Bundeswehr in Potsdam am Nachmittag des 3. Mai rund zehn Kilometer westlich von Kundus entfernt mit Handwaffen und Panzerabwehrwaffen angegriffen. Sie hätten das Feuer erwidert.
  • Einer der meistgesuchten deutschen Islamisten, der 22-jährige Eric Breininger aus Neunkirchen, ist offenbar am Hindukusch getötet worden. Das Bundesamt für Verfassungsschutz hält die entsprechende Internet-Mitteilung einer Splittergruppe der Islamischen Dschihad Union (IJU) für authentisch. Zwar könne die behauptete Tötung nicht abschließend bestätigt werden. «Insgesamt werden auf der Basis unserer Erkenntnisse die Inhalte der Erklärung als glaubhaft angesehen», erklärte die Behörde am 3. Mai in Köln. Die ursprünglich auf Türkisch verbreitete Meldung, wonach Breininger am Abend des 30. April bei Kämpfen mit pakistanischen Sicherheitskräften ums Leben gekommen sein soll, stammt demnach von der militant-islamischen Organisation Taifatul Mansura. Laut Bundesamt wurde Breininger in der Vergangenheit auf Videos mit dem Führer dieser Organisation gezeigt, wie das ARD-Hauptstadtstudio weiter berichtete. Der seit Jahren per Haftbefehl gesuchte und aus zahlreichen Terror-Videobotschaften bekannte deutsche Islamist Breininger soll sich im afghanisch-pakistanischen Grenzgebiet «Abdul Ghafar der Deutsche» genannt haben.
  • Bei Kämpfen in Afghanistan sind nach Angaben der Streitkräfte vom 4. Mai fünf Extremisten und ein NATO-Soldat getötet worden. Truppen der NATO und der afghanischen Streitkräfte gingen im Bezirk Geseb in der Provinz Dajkundi gemeinsam gegen Aufständische vor. Dabei wurden auch sieben Verdächtige festgenommen, die Straßenbomben gelegt haben sollen. Bei der Explosion einer solchen Bombe kam im Süden des Landes ein NATO-Soldat ums Leben. Ein zweiter wurde bei einem Unfall seines Fahrzeugs tödlich verletzt, wie die NATO mitteilte.
  • Neuseeland will sein Kontingent von 140 Soldaten für ein weiteres Jahr in Afghanistan belassen. Anders als ursprünglich geplant, werde der Truppenabzug erst 2011 beginnen, sagte der neuseeländische Ministerpräsident John Key am 4. Mai. Demnach sollen zivile Aufbauhelfer die Soldaten in der zentralen Provinz Bamian danach allmählich ablösen. Außerdem könnten 70 Elitesoldaten einer Spezialeinheit, die in Kabul stationiert ist, ebenfalls länger in dem Land bleiben. Der Ankündigung war ein dreitägiger Afghanistanbesuch Keys vorausgegangen. Dort traf er zu Gesprächen mit dem afghanischen Präsidenten Hamid Karsai und dem NATO-Kommandeur Stanley McChrystal zusammen.
  • Um Engpässe bei der Ausbildung afghanischer Soldaten und Polizisten zu vermeiden, schicken die USA vorübergehend etwa 850 zusätzliche Soldaten an den Hindukusch. US-Verteidigungsminister Robert Gates ordnete den Einsatz von 150 Marineinfanteristen und einem Bataillon der Bodentruppen in Afghanistan an, wie sein Sprecher Geoff Morrell am 4. Mai in Washington der Nachrichtenagentur AFP sagte. Der 90 bis 120 Tage lange Einsatz der zusätzlichen Soldaten solle den Verbündeten der USA mehr Zeit verschaffen, um die von ihnen zugesagten Ausbilder nach Afghanistan zu schicken.
  • Bei einem Angriff von Aufständischen auf einen Stützpunkt der internationalen Truppen in Afghanistan sind elf dänische Soldaten und zwei einheimische Übersetzer verletzt worden. Lebensgefahr bestehe bei keinem der Verletzten, erklärte die dänische Kommandozentrale am 5. Mai. Der Angriff ereignete sich am späten Dienstagabend (4. Mai) in der südafghanischen Provinz Helmand. Dänemark hat bislang 29 Soldaten im Einsatz in Afghanistan verloren.
  • Die afghanische Polizei hat nach Regierungsangaben am 5. Mai einen Selbstmordanschlag im Westen des Landes verhindert. Polizisten erschossen in der Provinz Nimros fünf Attentäter, bevor diese ihre Sprengsätze zünden konnten, wie das Innenministerium mitteilte. Bei einem Überfall Aufständischer in der südlichen Provinz Helmand wurden nach Angaben der dänischen Streitkräfte elf ihrer Soldaten verwundet. Auch zwei einheimische Dolmetscher erlitten am Dienstagabend Verletzungen, wie das Einsatzkommando in Kopenhagen erklärte. Seit Beginn des dänischen Militäreinsatzes in Afghanistan im Jahr 2002 kamen dort 29 dänische Soldaten ums Leben.
  • Der neue Inspekteur des Heeres, Generalleutnant Werner Freyrs, hat Ausrüstungsmängel bei der Bundeswehr beklagt und will die Strukturen der Truppe stärker am tatsächlichen Einsatz orientieren. «Die Bundeswehr muss so ausgestattet sein, dass sie eng dran ist an den technologischen Entwicklungen», sagte Freyrs am 5. Mai in Berlin. Die Soldaten dürften nicht das Gefühl vermittelt bekommen, sie erhielten Material zweiter Klasse.
    Nach dem Tod von sieben Soldaten in Afghanistan im April war Kritik laut geworden, die Bundeswehr sei nicht gut genug für den Einsatz in dem Land ausgerüstet. Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) hatte darauf hin angekündigt, zwei Panzerhaubitzen, zusätzliche «Marder»-Schützenpanzer sowie Panzerabwehrraketen in das Krisengebiet zu verlegen. Der hochmoderne Kampfhubschrauber Tiger kann derweil vorerst nicht in Afghanistan eingesetzt werden.
    Freyrs beklagte zudem Nachholbedarf bei der Durchhaltefähigkeit im Einsatz und der Attraktivität des Dienstes, insbesondere für jüngere Menschen, sowie der Stärke der Infanterie. «Die Stabilisierung der Infanterie muss im Vordergrund stehen.» Dies gelte wegen der «größten Hebelwirkung» besonders für Afghanistan. Für diese Umorientierung sollten unter anderem Ressourcen innerhalb des Heeres umgeschichtet werden. «Dort tut es uns besonders weh, wenn wir zu wenig Leute haben», sagte Freyrs. Bei der Auswahl des Material dürfe zudem nicht nach dem Maßstab des geringsten finanziellen Einsatzes geurteilt werden. «Ich bin jedoch froh, dass wir eine politische Führung haben, die die Tore aufstoßen will zu einer größeren Einsatzorientierung.» Der Fokus dürfe sich nicht nur an bürokratischen Vorgaben orientieren.
  • Die zunehmend schlechtere Sicherheitslage erschwert die humanitäre Hilfe in Afghanistan. Die Hälfte des Landes sei deswegen nicht mehr zugänglich, sagte am 5. Mai der UN-Hochkommissar für Flüchtlinge, António Guterres, in Genf. Zehntausende Flüchtlinge könnten daher nicht mehr von ausländischen Helfern des Flüchtlingshilfswerks (UNHCR) erreicht werden. Die UN-Organisation sei daher auf örtliche Mitarbeiter und afghanische Partner angewiesen, sagte Guterres. Wegen der wachsenden Bedrohung habe das UNHCR seinen Einsatz in Afghanistan von Grund auf umgestaltet, erklärte der Hochkommissar. So sei etwa die Verwaltung nach Bangkok verlegt worden. Die Organisation investiere zwar in zusätzliche Sicherheitsvorkehrungen. Mehr Stacheldraht, Betonmauern und Wachleute seien aber kaum wirksam, wenn nicht die örtliche Bevölkerung überzeugt werden könne, dass das UNHCR unabhängig von der internationalen Militärpräsenz in Afghanistan sei.
  • Bei einem Schusswechsel im Süden von Afghanistan ist ein NATO-Soldat getötet worden. Nähere Einzelheiten zu dem Gefecht am 5. Mai oder zur Nationalität des Soldaten teilte das Militärbündnis am 6. Mai zunächst nicht mit. Damit wurden in diesem Monat bereits sieben NATO-Soldaten in Afghanistan getötet.
    Am 6. Mai wurde ein weiterer NATO-Soldat getötet. Er fiel der Explosion eines am Straßenrand versteckten Sprengsatzes zum Opfer. Zur Nationalität des Soldaten machte die NATO-Truppe ISAF keine Angaben.
  • Die schwarz-gelbe Koalition will die Kampftruppen in der Bundeswehr verstärken. "Wenn die Einsatzrealität den Kampf beinhaltet, dann muss die Bundeswehr auch genug Kampftruppen vorhalten", sagte der verteidigungspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Ernst-Reinhard Beck, der in Halle erscheinenden "Mitteldeutschen Zeitung" (Ausgabe vom 6. Mai). Man halte einen entsprechenden Vorstoß des neuen Heeres-Inspekteurs Werner Freyrs "deshalb für richtig". Die FDP-Verteidigungsexpertin Elke Hoff erklärte: "Die Einsatzrealität in Afghanistan zeigt, dass wir einen Mangel an Infanteriefähigkeiten haben. Das schränkt die Durchhaltefähigkeit der Bundeswehr ein und hat Konsequenzen für die Sicherheit unserer Soldaten. Sie müssen in Gefechtssituationen auch in der Lage sein, ihre Kameraden rauszuhauen." Das gehe nur, wenn die richtigen Fähigkeiten vorhanden seien, so Hoff.
  • Im Gegenzug für einen Friedenspakt will die afghanische Regierung einem Zeitungsbericht zufolge den Anführern der radikalislamischen Taliban den Gang ins Exil ermöglichen. Wie der britische "Guardian" am 6. Mai berichtete, soll dieser Plan bei einer Friedenskonferenz mit Stammesführern Ende Mai vorgestellt werden. Der Vorschlag werde auch bei einem Treffen zwischen Afghanistans Präsident Hamid Karsai und US-Präsident Barack Obama kommenden Mittwoch (12. Mai) in Washington zur Sprache kommen.
  • Der im Januar in Pakistan festgenommene Militärchef der afghanischen Taliban, Mullah Abdul Ghani Baradar, hat den USA offenbar nützliche Informationen über die Struktur seiner Organisation gegeben. Er habe an "Überlegungen" teilhaben lassen, die zum Wissen über die Taliban in Afghanistan beitrügen, sagte ein mit dem Fall befasster US-Verantwortlicher am 6. Mai der Nachrichtenagentur AFP. Er bestätigte damit einen Bericht der "New York Times".
  • In Afghanistan sind nach Regierungsangaben im vergangenen Monat 16 Verdächtige festgenommen worden, die Anschläge in der Hauptstadt Kabul geplant haben. Sechs von ihnen stammten aus Pakistan, teilte das afghanische Innenministerium am 6. Mai mit. Laut Polizei gestanden die Festgenommenen Verbindungen zu zwei Gruppen mit Verbindungen zum Terrornetzwerk Al-Kaida.
  • Führende Sicherheitsberater haben US-Präsident Barack Obama in seiner Afghanistan-Strategie bestärkt. Die Entscheidung, das US-Kontingent am Hindukusch um 30.000 Soldaten zu verstärken, bringe einen "langsamen, aber steten" Fortschritt, sagte der US-Befehlhaber in Afghanistan, Stanley McChrystal, nach Angaben des Weißen Hauses am 6. Mai bei einem Treffen Obamas mit seinen wichtigsten Sicherheitsberatern in Washington. Dies werde wahrscheinlich auch für den Rest des Jahres gelten.
  • Die ausländischen Truppen in Afghanistan sind nach Einschätzung des afghanischen Präsidenten Hamid Karsai noch weit von einem Erfolg entfernt. Afghanistan und seine internationalen Verbündeten hätten zusammen schon einen weiten Weg zurückgelegt, von einem Erfolg seien sie aber noch "meilenweit" entfernt, schrieb Karsai in einem Beitrag für die Zeitung "Washington Post" vom 8. Mai. Weite Teile des Landes seien weiterhin unsicher. Problematisch sei auch, dass radikalislamischen Taliban-Kämpfern und anderen Rebellen außerhalb Afghanistans Unterschlupf gewährt werde.
  • Die Bundeswehr will die Soldaten im Afghanistan-Einsatz besser ausrüsten. Neben Panzerhaubitzen sollten weitere 15 Schützenpanzer vom Typ "Marder", Brückenlege- und Pionierpanzer an den Hindukusch verlegt werden, bestätigte Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) in einem am 8. mai vorab veröffentlichten Interview im Magazin "Focus". Die Bundeswehr rüste nicht generell auf, sondern reagiere "auf die jeweilige Notwendigkeit vor Ort". Es gebe auch Orte, wo keine Schützenpanzer gebraucht würden, "aber mehr ziviles Engagement".
  • Afghanische und US-Truppen haben im Westen Afghanistans zehn Taliban-Kämpfer getötet. Die Aufständischen hätten zuvor vier afghanische Wachmänner im Distrikt Schindand enthauptet, sagte der Kommandeur für die afghanischen Truppen im Westen Afghanistans, Sainudin Scharifi, am 9. Mai der Nachrichtenagentur AFP. Weitere Details nannte er zunächst nicht.
  • Radikalislamische Taliban in Pakistan waren nach Erkenntnissen der US-Regierung die Drahtzieher des gescheiterten Autobombenanschlags auf dem New Yorker Times Square. «Wir haben Beweise, die zeigen, dass die pakistanischen Taliban hinter der Attacke stecken», sagte US-Justizminister Eric Holder dem US- Fernsehsender ABC am 9. Mai. Die Extremisten hätten den Anschlagsversuch vom 1. Mai «dirigiert» und möglicherweise auch finanziert, sagte er ferner dem Sender NBC. Sie seien in das Komplott «eng verstrickt».
    Als mutmaßlichen Täter nahmen die US-Behörden den gebürtigen Pakistaner Faisal Shahzad fest, der erst seit einem Jahr einen US-Pass hat. «Wir wissen, dass er auf ihre Anweisung hin gehandelt hat», sagte Justizminister Holder. Der stellvertretende Sicherheitsberater im Weißen Haus, John Brennan, nannte die Gruppe Tehrik-e-Taliban Pakistan (TTP) als Drahtzieher. «Diese Gruppe hat enge Verbindungen mit Al Kaida. Das ist etwas, was wir sehr ernst nehmen», sagte Brennan dem Fernsehsender CNN.
    Shahzad beharrte bisher darauf, allein gehandelt zu haben. Er gab bei Vernehmungen aber auch an, im vergangenen Sommer bei einem Urlaub in seinem Heimatland an einem Bombentraining teilgenommen zu haben. Der Sohn eines pensionierten Luftwaffen-Generals hielt sich in den vergangenen Jahren häufig in Pakistan auf.
Montag, 10. Mai, bis Sonntag, 16. Mai
  • Am 9. Mai wurde ein NATO-Soldat bei einem Anschlag im Osten des Landes getötet, wie die Allianz am 10. Mai mitteilte. Genauere Angaben wurden nicht gemacht. Damit steigt die Zahl der seit Monatsanfang in Afghanistan getöteten NATO-Soldaten auf zwölf.
    Bei einem anderen Anschlag in der Provinz Helmand seien vier Polizisten getötet worden, teilte das Innenministerium mit. Eine Bombe hatte den Polizeiwagen erfasst.
  • Neun Soldaten und 37 Aufständische sind nach Angaben eines Regierungssprechers am 10. Mai bei Gefechten zwischen pakistanischen Streitkräften und Taliban-Kämpfern ums Leben gekommen. Den Angaben zufolge hat eine Gruppe von mehr als 200 Aufständischen einen Kontrollposten in der Stammesregion Orakzai nahe der Grenze zu Afghanistan angegriffen. Die Regierungstruppen wollen mit ihrer Präsenz in der Region verhindern, dass Taliban einer Offensive in der Provinz Süd-Waziristan nach Afghanistan ausweichen.
  • Zum Auftakt des USA-Besuchs des afghanischen Präsidenten Hamid Karsai bemüht sich die Regierung in Washington um Harmonie. Die beiderseitigen Interessen seien "nie besser aufeinander abgestimmt" gewesen, sagte der US-Botschafter in Kabul, Karl Eikenberry, der Karsai begleitet, am 11. Mai. Von Karsais Besuch verspreche er sich, dass sie "sogar noch besser aufeinander abgestimmt" würden, fügte Eikenberry hinzu. Afghanistan sei ein "enger Freund und Verbündeter", sagte Eikenberry, der Karsais Zuverlässigkeit vormals offen in Frage gestellt hatte. Auch der US-Sonderbeauftragte für Afghanistan, Richard Holbrooke, dem ein gespanntes Verhältnis zu Karsai nachgesagt wird, begrüßte den Gast aus Kabul persönlich. Wenn es einst so gewesen sei, dass die Beziehungen "getrübt" waren, so wolle er nun "kategorisch" festhalten, dass "diese Periode abgeschlossen" sei, sagte Holbrooke.
    Karsai wurde von US-Außenministerin Hillary Clinton im Blair House, dem offiziellen Gästehaus der US-Regierung, mit einem Diner begrüßt.
  • US-Außenministerin Hillary Clinton hat dem afghanischen Präsidenten Hamid Karsai die anhaltende Unterstützung ihres Landes auch nach Beginn des Truppenabzugs im kommenden Jahr zugesagt. "Während wir einen verantwortungsvollen und geordneten Übergang des internationalen Kampfeinsatzes in Afghanistan anstreben, werden wir das afghanische Volk nicht im Stich lassen", sagte Clinton am 11. Mai bei einem Treffen mit Karsai in Washington. "Wir werden unser ziviles Engagement bis weit in die Zukunft fortführen."
  • Bei Drohnen-Angriffen auf mutmaßliche Stellungen radikal-islamischer Extremisten sind im pakistanischen Grenzgebiet zu Afghanistan mindestens 21 Menschen getötet worden (Zahl wurde später auf 24 erhöht). Wie am 11. Mai aus Sicherheitskreisen verlautete, starben 14 Menschen, als von US-Drohnen - unbemannten Flugzeugen - abgefeuerte Raketen ein Gehöft im Stammesgebiet Nord-Waziristan zerstörten. «Fünf bis sechs Drohnen haben 18 Raketen auf zwei Häuser und einige Fahrzeuge abgefeuert», sagte ein Geheimdienstmitarbeiter, der anonym bleiben wollte.
    Andernorts in Nord-Waziristan kamen sieben weitere Extremisten bei einem zweiten US-Raketenangriff ums Leben. Auch dabei sei ein von den Aufständischen als Stützpunkt genutztes Gehöft zerstört worden, hieß es. Die Stammesregion gilt als Rückzugs- und Trainingsgebiet der Taliban und mit ihnen verbündeter Al-Kaida-Terroristen, die von dort aus immer wieder Sicherheitskräfte in Afghanistan angreifen.
  • Die in Nordafghanistans militärisch engagierten Staaten haben sich bei einer Konferenz in Berlin übereinstimmend zur weiteren Unterstützung des Landes bekannt. "Wir haben mit diesem Treffen ein Zeichen der Geschlossenheit und Entschlossenheit gesetzt", sagte der deutsche Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) nach den informellen Gesprächen am 11. Mai. Die beteiligten Minister und Generalstabschefs sagten Afghanistan in einer gemeinsamen Erklärung auch erneut langfristige Hilfe über das in einigen Jahren angestrebte Ende ihres militärischen Engagements hinaus zu.
  • Nachdem zahlreiche Schulmädchen im Norden Afghanistans an mysteriösen Beschwerden erkrankt sind, hat die UNO am 12. Mai eine Untersuchung eingeleitet. Nach Angaben des UN-Gesandten für Afghanistan, Staffan de Mistura, wurde einigen Mädchen Blut abgenommen und zur Untersuchung ins Ausland geschickt. Den Mädchen ginge es jetzt schon besser. Am 11. Mai waren mehrere Schulkinder in Kabul und Kundus in Krankenhäuser eingeliefert worden. Die lokale Presse machte dafür die Taliban verantwortlich, die in der Vergangenheit Giftgasanschläge auf Schulen verübt haben sollen. Ähnliche Krankheitsfälle gab es demnach auch schon in den vergangenen Wochen.
    Das afghanische Gesundheitsministerium teilte mit, Untersuchungen in Kabul hätten ergeben, dass den Mädchen wegen einer kaputten Gasleitung schlecht geworden sei. In Kundus sei die Ursache für die Krankenhausaufenthalte "Massen-Hypochondrie" gewesen, die Mädchen hätten sich die Krankheit nur eingebildet. Es gebe keinen Anzeichen für eine Vergiftung. Das Büro von Präsident Hamid Karsai erklärte jedoch, die Mädchen sollten besser geschützt werden. Ein Armeeangehöriger der ausländischen Truppen sagte, Massenhysterie verbunden mit Erbrechen ohne ersichtlichen Grund sei unter jungen Mädchen in Afghanistan nicht unüblich.
    Laut einer Studie der Menschenrechtsorganisation Care, der Weltbank und des afghanischen Bildungsministeriums vom vergangenen November ist es in Afghanistan besonders für Mädchen gefährlich, in die Schule zu gehen. Obwohl nur 19 Prozent aller Schulen in Afghanistan reine Mädchenschulen sind, gelten demnach 40 Prozent der Angriffe ihnen. Im Jahr 2008 gab es 670 Übergriffe auf Schulen, dabei wurden auch Lehrer und Schüler ermordet.
  • Nach massiven Belastungen ihrer Beziehungen blicken die USA und Afghanistan jetzt wieder nach vorn. US-Präsident Barack Obama und der afghanische Präsident Hamid Karsai kündigten nach einer Unterredung am 12. Mai in Washington eine enge Zusammenarbeit im Kampf gegen Taliban und Al-Kaida an.
    Angesichts der komplizierten Lage in Afghanistan könnten Spannungen nicht ausbleiben, sagte Obama. «Sowohl Afghanen als auch Amerikaner erbringen enorme Opfer», fügte der US-Präsident hinzu. Er sei weiter zuversichtlich, das Ziel zu erreichen, ab Juli 2011 mit einem schrittweisen Rückzug der US-Truppen beginnen zu können.
    Karsai sagte, es könne die Beziehungen nur stärken, wenn bestehende Probleme offen angesprochen würden. Der afghanische Präsident dankte Obama für die Ausweitung der militärischen Offensive gegen die Aufständischen.
  • Der Kampf gegen die in Afghanistan grassierende Korruption wird nach Einschätzung von Präsident Hamid Karsai noch Jahre dauern. Die Bekämpfung von Bestechung und Käuflichkeit sei "etwas, das wir jeden Tag tun, aber man sieht die Ergebnisse hier in Amerika oder im Rest der Welt nicht jeden Tag", fügte Karsai am 12. Mai in Washington hinzu. "In einigen Jahren" werde "vielleicht" ersichtlich sein, dass sich Afghanistan entwickelt habe.
  • Der Chef des ISAF-Stabs im Hauptquartier in Kabul, Bruno Kasdorf, hat die Sicherheitslage im Norden Afghanistans als "sehr angespannt" bezeichnet. Es werde dort sicherlich einen Einsatz wie die NATO-Großoffensive in der südlichen Provinz Helmand geben, um die Sicherheitslage zu verbessern, sagte der deutsche Bundeswehrgeneral am 12. Mai in Kundus.
  • Bei Gefechten mit internationalen und einheimischen Soldaten sind in Afghanistan 40 Aufständische getötet worden. In der nördlichen Provinz Kundus wurden nach Polizeiangaben in der Nacht zum Donnerstag (13. Mai) 26 Rebellen der radikalislamischen Taliban getötet; in der zentralafghanischen Provinz Ghasni 14 weitere.
    Kundus gehört zum Einsatzgebiet der Bundeswehr in Afghanistan. An den dortigen Kämpfen waren nach Angaben des Einsatzführungskommandos in Potsdam aber keine deutschen Soldaten beteiligt. Ein Sprecher des Kommandos nannte die Zahl von 28 getöteten Aufständischen.
  • Die ehemalige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Margot Käßmann, hat ihre Kritik am Bundeswehreinsatz in Afghanistan erneuert. Auch nach der geänderten Strategie des Einsatzes könne sie den von der evangelischen Kirche immer geforderten Vorrang für Zivilisten nicht erkennen, sagte Käßmann am 13. Mai bei ihrem ersten großen öffentlichen Auftritt seit ihrem Rücktritt. "Wo sind denn da Visionen für ein Leben nach der Sintflut?", kritisierte Käßmann auf dem zweiten Ökumenischen Kirchentag in München.
  • Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) hat mehr Mitgefühl und Solidarität mit den Soldaten der Bundeswehr gefordert. «Ein riesiges Problem ist das mangelnde Verständnis und die mangelnde Empathie.» Die Gesellschaft müsse sich mehr für Soldaten im Auslandseinsatz, ihre Familien und deren schwierige Situation interessieren, sagte sie bei einer Podiumsrunde zum Thema «Soldatenfamilien und Einsatzbelastung» am 13. Mai auf dem 2. Ökumenischen Kirchentag in München. «Ehrlich gesagt: Ich erwarte das auch von denen, die den Einsatz in Afghanistan ablehnen», betonte Schröder. «Wir brauchen mehr als die freundliche Distanz». Die deutsche Gesellschaft könne sich bei der Solidarität für die Bundeswehrkräfte im Auslandseinsatz die USA zum Vorbild nehmen. Es müsse möglich sein, etwa bei Sportereignissen «unsere Soldaten zu grüßen», forderte die Familienministerin.
  • Der Krieg in Afghanistan ist nach den Worten von US-General Stanley McChrystal noch lange nicht entschieden. Der Oberbefehlshaber der Internationalen Afghanistan-Schutztruppe ISAF sagte in einem Interview des amerikanischen Fernsehsenders PBS: «Im Moment würde ich sagen, dass niemand dabei ist, zu gewinnen.» McChrystal wertete dies allerdings als Fortschritt. Noch vor einem Jahr «dachten die Aufständischen, sie seien auf dem Vormarsch, ich glaube, das ist vorbei», sagte der US-General. Den Plan von Präsident Barack Obama, ab Juli 2011 die Zahl der US-Soldaten in Afghanistan zu reduzieren, halte er für «sehr realistisch», erklärte McChrystal. Allerdings werde die Präsenz amerikanischer Truppen in Afghanistan noch weit über diesen Termin hinaus erforderlich sein, um die einheimischen Truppen zu unterstützen. (AP, 13. Mai)
  • US-Außenministerin Hillary Clinton hat angemahnt, dass im Falle einer Versöhnung zwischen der afghanischen Regierung und den radikalislamischen Taliban die Frauenrechte nicht geopfert werden dürften. "Wir wissen, dass Frauen sehr wichtig sind für langfristige Stabilität und unsere Strategie der Förderung von Sicherheit, guter Regierungsführung sowie wirtschaftlicher und sozialer Entwicklung in Afghanistan", sagte Clinton am 13. Mai bei einem Treffen mit mehreren afghanischen Ministerinnen in Washington.
  • Mehr als 500 Menschen haben am 14. Mai im Osten Afghanistans gegen einen Militäreinsatz der NATO-Truppen protestiert. Sie warfen den Soldaten vor, bei einer nächtlichen Razzia in der Provinz Nangahar neun Zivilpersonen getötet zu haben. Die NATO erklärte hingegen, die Soldaten seien von Aufständischen angegriffen worden. In dem darauffolgenden Feuergefecht seien acht Extremisten ums Leben gekommen.
    Ein Regierungsvertreter im Bezirk Surch Rod sagte, bei den Toten handle es sich um einen Vater, seine vier Söhne sowie vier Mitglieder einer anderen Familie. »Sie waren unschuldig. Sie waren weder Aufständische noch Extremisten«, sagte Mohammed Arish der Nachrichtenagentur AP. Wütende Demonstranten errichteten am Freitag Straßenblockaden und setzten Autoreifen in Brand. Nach Einschätzung von US-General Stanley McChrystal ist der Krieg noch lange nicht entschieden. »Im Moment würde ich sagen, daß niemand dabei ist zu gewinnen», sagte der ISAF-Oberbefehlshaber dem US-Fernsehsenders PBS.
  • Fünf private Sicherheitsleute sind im Osten Afghanistans einem Angriff von Aufständischen zum Opfer gefallen. Wie das Innenministerium am 15. Mai in Kabul mitteilte, begleiteten die Männer am Freitag (14. Mai) einen Konvoi von Tanklastwagen in der Provinz Ghasni, als sie in einen Hinterhalt gerieten. Drei Tanklastwagen gingen in Flammen auf.
  • Bei Razzien in vielen Teilen Afghanistans sind nach amtlichen Angaben vom 15. Mai mindestens 30 Aufständische getötet worden. Bei den Aktionen, die am 14. Mai ausgeführt worden seien, sei in der Provinz Helmand auch ein örtlicher Taliban-Führer festgenommen worden, hieß es weiter. Die Razzien seien von afghanischen und internationalen Truppen durchgeführt worden.
  • In der nordafghanischen Provinz Kundus sind erneut Bundeswehrsoldaten angegriffen worden. Eine unbekannte Anzahl Aufständischer habe am 15. Mai etwa zwölf Kilometer vom Bundeswehrstützpunkt in Kundus entfernt deutsche Infanteriesoldaten mit Handwaffen und Panzerfäusten beschossen, erklärte das Einsatzführungskommando in Potsdam. Kurze Zeit später sei im selben Gebiet ein Polizeihauptquartier attackiert worden, in dem sich zu diesem Zeitpunkt auch deutsche Kräfte aufgehalten hätten. Die Militärs gingen den Angaben zufolge gemeinsam mit US-Soldaten und afghanischer Polizei gegen die Aufständischen vor. Als sie danach ihre Suche nach Sprengsätzen fortsetzten, sei es zu weiteren Kampfhandlungen gekommen.
  • Der neue britische Premierminister David Cameron und Afghanistans Präsident Hamid Karsai wollen die Beziehungen zwischen den beiden Ländern «weiter stärken». Das sagte Cameron am 15. Mai nach einem Besuch Karsais auf dem Landsitz des britischen Premiers bei London. Der afghanische Präsident war der erste führende Politiker aus dem Ausland, der Cameron seit dessen Amtsantritt am Dienstag (18. Mai) einen Besuch abstattete. Karsai hatte auf dem Rückweg aus den USA einen Zwischenstopp in Großbritannien eingelegt. Cameron und Karsai hätten über die Chancen eines Friedensprozesses in Afghanistan gesprochen, hieß es in einer Mitteilung der Downing Street.
    Außenminister William Hague von den konservativen Tories sagte am 15. Mai nach einem Treffen mit seiner US-Kollegin Hillary Clinton, Cameron habe Afghanistan zur «Top-Priorität unserer Außenpolitik» gemacht. «Dieses Jahr könnte das entscheidende in Afghanistan sein», erklärte er in einem Interview mit dem Sender BBC.
    Tory-Verteidigungsminister Liam Fox kündigte an, dass er mehr Druck auf andere europäische Länder machen werde, den Kampf in Afghanistan zu unterstützen. Großbritannien hat derzeit mehr als 9000 Soldaten am Hindukusch. «Wir sind in Afghanistan wegen unserer nationalen Sicherheit», sagte Fox in einem Interview mit der Zeitung «The Sun». «Wir müssen dort Erfolg haben, wenn wir die Terrorbedrohung kontrollieren wollen.»
  • Bei einem vermutlich von den USA ausgeführten Raketenangriff sind am 15. Mai nach Angaben aus pakistanischen Geheimdienstkreisen im Grenzgebiet zu Afghanistan mindestens fünf Menschen getötet worden. Andere Quellen sprachen sogar von 15 Toten. Anders als bei früheren Angriffen dieser Art lag das Ziel diesmal nicht in der Stammesregion von Waziristan, sondern in der Khyber-Region. Dort seien ein Haus und zwei Lastwagen von zwei Raketen getroffen worden, teilten die Gewährsleute mit.
  • Die Bundeswehr in Afghanistan soll einem Zeitungsbericht zufolge eine deutlich verstärkte Unterstützung durch Kampfhubschrauber der US-Armee erhalten. Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg sagte der "Bild am Sonntag" (vom 16. Mai), ab Juni würden mehr als 50 US-Helikopter im unter deutschem Kommando stehenden Norden Afghanistans im Einsatz sein. "Bis vor kurzem verfügten wir nur über sechs bis acht Hubschrauber", sagte Guttenberg.
  • Die pakistanischen Streitkräfte haben am 16. Mai nach eigenen Angaben im Nordwesten des Landes 58 mutmaßliche Extremisten getötet. Kampfjets und Helikopter griffen demnach Stellungen der Aufständischen in der gebirgigen Stammesregion Orakzai an. Dorthin waren Taliban-Kämpfer im vergangenen Jahr vor einer Offensive der Regierungstruppen in Süd-Waziristan geflüchtet. Wie ein hochrangiger Regierungsmitarbeiter berichtete, griffen die Streitkräfte zunächst mit Flugzeugen und Hubschraubern drei Dörfer an, die sie als Rückzugsorte der Extremisten ansehen. Dabei seien 40 mutmaßliche Aufständische getötet worden. Später hätten die Regierungssoldaten Verstecke in einem weiteren Ort attackiert, wobei 18 mutmaßliche Taliban-Kämpfer getötet worden seien. Seit Mitte März haben die pakistanischen Streitkräfte in der Region mehrere hundert mutmaßliche Aufständische getötet.
  • In Südafghanistan wurden zwei italienische NATO-Soldaten getötet worden, teilte das italienische Außenministerium mit. Die Soldaten kamen bei der Explosion einer Bombe am Wegesrand am 16. Mai in der Nähe von Herat ums Leben. Zwei weitere Soldaten wurde verletzt.
  • Am 16. Mai wurde ein US-Soldat bei einem Angriff im Süden des Landes getötet. Ein weiterer US-Soldat erlag am 16. Mai seinen Verletzungen vom Vortag.
    Seit Monatsbeginn sind damit insgesamt 26 NATO-Soldaten in Afghanistan getötet worden.
Montag, 17. Mai, bis Sonntag, 23. Mai
  • Im Osten Afghanistans ist ein prominenter muslimischer Geistlicher ermordet worden, der sich für Frieden eingesetzt hatte. Rahman Gul wurde zusammen mit seinem Bruder und einem weiteren Verwandten am 16. Mai auf dem Heimweg im Distrikt Chapa Dara in der Provinz Kunar aus dem Hinterhalt erschossen, wie der Polizeichef der Provinz Kunar am 17. Mai mitteilte. Gul war Mitglied eines geistlichen Rats in Ostafghanistan und hatte in den vergangenen Tagen für Frieden und Stabilität geworben. Die Taliban sind für die gezielte Tötung von Personen bekannt, die entweder mit der Regierung zusammenarbeiten oder von ihrer radikalen Auslegung des Islams abweichen. Zu dem Attentat bekannte sich zunächst niemand.
  • Afghanische Soldaten haben am 17. Mai fünf einheimische UN-Mitarbeiter im Norden des Landes befreit. Nach Angaben von General Murad Ali Murad umstellten afghanische Truppen einen Taliban-Stützpunkt und befreiten die in einem Keller festgehaltenen Geiseln. Zwei Soldaten und mehrere Aufständische seien bei der Aktion getötet worden. Ein Sprecher der Vereinten Nationen in Kabul, Dominic Medley, bestätigte die Befreiungsaktion. Die fünf Afghanen waren am 15. April bei Baghlan im Nordosten Afghanistans entführt worden.
  • Drei Selbstmordattentäter haben im Süden Afghanistans einen koordinierten Anschlag auf ein Hauptquartier der Polizei verübt. Nachdem in der Nacht zum Montag (17. Mai) der erste Angreifer vor dem Gebäude in der südlichen Stadt Kandahar auf seinem Motorrad eine Bombe gezündet hatte, stürmten nach Polizeiangaben zwei weitere Aufständische auf das Gelände des Hauptquartiers und eröffneten das Feuer. Sie seien während eines langen Schusswechsels erschossen worden, sagte ein ranghoher Polizist der Nachrichtenagentur AFP. Seinen Angaben zufolge wurden bei dem Gefecht vier Polizisten verletzt.
  • Ein Passagierflugzeug mit 43 Menschen an Bord ist am 17. Mai in Afghanistan abgestürzt. Neben 38 Passagieren seien fünf Besatzungsmitglieder an Bord gewesen, sagte Gouverneur Mohammad Omar aus der nordafghanischen Provinz Kundus. Unter den Passagieren seien sechs Ausländer gewesen, darunter ein türkischer und ein pakistanischer Staatsbürger. Die Nationalität der anderen Ausländer war zunächst unklar.
  • Beim schwersten Anschlag in Kabul seit mehr als einem Jahr sind in der afghanischen Hauptstadt 18 Menschen ums Leben gekommen, darunter sechs NATO-Soldaten. 47 Zivilisten seien bei der heftigen Explosion verletzt worden, teilte das afghanische Innenministerium am 18. Mai mit. Die Taliban bekannten sich zu dem Selbstmordanschlag, der sich gegen die "Invasoren der NATO" gerichtet habe.
    Das Attentat ereignete sich am 18. Mai während des morgendlichen Berufsverkehrs im Westen der Hauptstadt, in der Nähe eines Krankenhauses und einer Anwerbestelle der afghanischen Armee. Zwölf Zivilisten seien getötet und 47 weitere, darunter auch Kinder, verletzt worden, sagte Innenministeriumssprecher Semarai Baschari. Auch sechs Soldaten der NATO-Truppe ISAF wurden getötet, wie das Bündnis mitteilte. Fünf von ihnen waren US-Soldaten. Ein Attentäter hatte demnach sein Auto in der Nähe eines ISAF-Konvois in die Luft gesprengt. Mehrere Soldaten seien verletzt worden.
    Seit Beginn des Jahres starben insgesamt mindestens 208 ausländische Soldaten in Afghanistan.
    Zu der Tat bekannten sich die radikalislamischen Taliban. Das Ziel des Selbstmordattentäters seien die "Invasoren der NATO" gewesen, sagte der Taliban-Sprecher Sabihullah Mudschahid der Nachrichtenagentur AFP am Telefon.
  • Die Internationale Schutztruppe ISAF teilte in der Nacht zum 19. Mai mit, im Süden Afghanistans seien am 18. Mai zwei Soldaten getötet worden. Einer der Soldaten sei bei einem Anschlag gestorben, der zweite bei einem Gefecht. Die Schutztruppe machte keine Angaben zur Nationalität der Opfer.
  • Für einen dauerhaften Frieden in Afghanistan muss die internationale Gemeinschaft nach Einschätzung der fünf deutschen Friedensforschungsinstitute Abstriche bei ihren Forderungen nach Demokratie und Menschenrechten machen. Ein dauerhafter Frieden sei nur in Zusammenarbeit mit afghanischen Stammesführern zu erreichen, heißt es in dem am 18. Mai in Berlin vorgelegten Friedensgutachtens 2010. Dazu gehöre, die am Hindukusch fest verankerten Machtstrukturen und «Regelsysteme» zu respektieren.
  • NATO-Kräfte und afghanische Regierungstruppen haben eine einmonatige Offensive im Norden Afghanistans abgeschlossen, bei der im April auch vier Bundeswehr-Soldaten getötet worden waren. Das Ziel des Einsatzes "Taohid II" (zu deutsch: "Gemeinsam") in der Provinz Baghlan sei gewesen, die Kontrolle über wichtige Brücken über den Fluss Kundus zu gewinnen und den Einfluss der Taliban zu mindern, teilte das Einsatzführungskommando der Bundeswehr in Potsdam am 18. Mai mit. Insgesamt seien bis zu 1500 afghanische Sicherheitskräfte und bis zu 500 Soldaten der NATO-Truppe ISAF beteiligt gewesen, darunter 280 Deutsche.
  • Einen Tag nach dem verheerenden Selbstmordanschlag mit 18 Toten in Kabul haben radikal-islamische Aufständische am 19. Mai die größte US-Basis in Afghanistan angegriffen. Der Stützpunkt Bagram rund 75 Kilometer nördlich der Hauptstadt Kabul sei unter anderem mit Raketen und Panzerfäusten beschossen worden, teilte das US-Militär mit. Sieben Angreifer seien getötet, fünf Soldaten verletzt worden. Ein Gebäude auf der Basis sei leicht beschädigt worden. Die Truppen hätten sofort auf den Angriff reagiert, sagte ein US-Militärsprecher.
    Später hieß es: Zehn Angreifer seien getötet worden, teilte US-Militärsprecher Tom Clementson mit. Keiner sei auf das Gelände des Stützpunkts 50 Kilometer nördlich von Kabul vorgedrungen und keiner habe seine Sprengstoffweste gezündet. Ein US-Bürger sei getötet und neun US-Soldaten seien verwundet worden, hieß es weiter. (AP, 19. Mai)
  • Bei Gefechten zwischen Aufständischen und Sicherheitskräften in Pakistan sind 62 Menschen ums Leben gekommen. Nach Regierungsangaben wurden am 19. Mai in der nordwestlichen Stammesregion Orakzai 60 pakistanische Taliban-Kämpfer und zwei Soldaten getötet. Allein im vergangenen Monat wurden mehrere hundert Extremisten in dem Grenzgebiet zu Afghanistan bei Kämpfen getötet.
  • Obwohl die Zahl der durch den Afghanistan-Einsatz traumatisierten deutschen Soldaten ständig steigt, fehlt es bei der Bundeswehr nach wie vor an Psychiatern und Psychotherapeuten. Das berichtet die «Mitteldeutsche Zeitung» am 20. Mai unter Berufung auf einen ihr vorliegenden Bericht des Verteidigungsministeriums an den Verteidigungsausschuss des Bundestages. Demnach sind von 42 Dienstposten in diesem Bereich derzeit lediglich 24 besetzt. Dabei wuchs die Zahl der Fälle von Soldaten mit Posttraumatischen Belastungsstörungen (PTBS) laut Bericht von 121 im Jahr 2005 auf 446 im Jahr 2009.
    Geradezu explodiert sei die Zahl jener, die nach einem Auslandseinsatz eine dreiwöchige Präventiv-Kur absolvieren. Habe sie 2005 noch bei 100 gelegen, so sei sie im Jahr 2009 auf 1441 Fälle hochgeschnellt. Der verteidigungspolitische Sprecher der SPD- Bundestagsfraktion, Rainer Arnold, forderte in der Zeitung, das Ministerium müsse hier «in die Puschen» kommen. Allerdings sei es objektiv schwierig, Fachpersonal zu gewinnen. Er verwies auf den laufenden Aufbau eines eigenen PTBS-Zentrums auf Initiative des Parlaments.
  • Im Norden Afghanistans sind erneut Soldaten der Bundeswehr beschossen worden. Eine deutsche ISAF-Patrouille sei am Abend des 20. Mai südlich von Faisabad von Aufständischen mit Handwaffen und Panzerabwehrwaffen angegriffen worden, teilte das Einsatzführungskommando der Bundeswehr am 21. Mai in Potsdam mit. Es sei aber kein deutscher Soldat verletzt worden. Auch habe es keinen Sachschaden gegeben. Die Patrouille habe das Feuer erwidert.
  • Der neue Wehrbeauftragte des Bundestages, Hellmut Königshaus (FDP), hat seine umstrittene Forderung nach dem Einsatz von Kampfpanzern des Typs Leopard II in Afghanistan verteidigt. Königshaus verwies am 20. Mai in Berlin auf positive Erfahrungen kanadischer und dänischer Einheiten, die geleaste deutsche Panzer einsetzen. Wenn diese etwa in einer Gefechtssituation als Verstärkung geschickt würden, "dann ist in der Regel das Gefecht beendet, weil die Gegner die Auseinandersetzung mit diesem System scheuen". Dies sei "keine Wirkung, die schlecht ist".
  • Zum dritten Mal in dieser Woche haben Aufständische in Afghanistan Bundeswehrsoldaten angegriffen. Bei einer Patrouillenfahrt wurde ein Soldat leicht verletzt, als ein Fahrzeug vom Typ Dingo nördlich von Kundus auf eine selbst gebastelte Sprengfalle fuhr. Dies sagte ein Sprecher des Einsatzführungskommandos in Potsdam am 20. Mai dem DAPD.
    Am Vortag hatte eine unbekannte Anzahl Aufständischer bereits westlich von Kundus deutsche Soldaten beschossen, aber niemanden verletzt. Auch die Fahrzeuge blieben unbeschädigt. Ebenfalls westlich von Kundus wurde an diesem Tag ein gepanzerter Geländewagen des Typs Wolf in einen Verkehrsunfall verwickelt, bei dem vier deutsche Soldaten nicht lebensgefährlich verletzt wurden.
    Am Dienstag (18. Mai) hatten Aufständische deutsche ISAF-Kräfte westlich von Kundus mit Handwaffen und vermutlich Panzerabwehrwaffen beschossen. Dabei waren keine Soldaten verletzt worden. Auch die Fahrzeuge blieben unbeschädigt.
  • Die Fortsetzung des Bundeswehreinsatzes in Afghanistan kostet Deutschland nach einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) deutlich mehr als bisher bekannt. Mit jedem weiteren Jahr, das deutsche Soldaten am Hindukusch stünden, erhöhten sich die Kosten um etwa 2,5 bis 3 Milliarden Euro, heißt es in dem Bericht. Das Institut bestätigte am 20. Mai eine entsprechende Vorabmeldung des Hamburger «Manager Magazins». Die Zahlen stehen im Widerspruch zum offiziellen Budget der Verteidigungsministeriums, das sich in diesem Jahr auf rund 785 Millionen Euro beläuft. (Lesen Sie hierzu: Afghanistan-Krieg kostet das Dreifache
    DIW-Studie deckt Etat-Täuschungen auf / Wehrbeauftragter will weiter "Leoparden" schicken / Artikel und Erklärung des DIW im Wortlaut)
  • Vor der geplanten Afghanistan-Friedenskonferenz sind mehrere afghanische Politiker mit Vertretern von Aufständischen zu Sondierungsgesprächen auf den Malediven zusammengekommen. Die Teilnehmer seien etwa 50 einflussreiche Personen, «die eine wichtige Rolle in Afghanistan spielen», sagte Humajun Dschareir von der Führung der Milizorganisation Hesb-i-Islami. Ziel der Zusammenkunft am 20. Mai sei es, Ideen für eine Friedenslösung in Afghanistan zusammenzutragen, sagte Dschareir, der auch Schwiegersohn von Hesb-i-Islami-Führer Gulbuddin Hekmatyar ist. Die geplante Friedenskonferenz in Form einer Versammlung (Dschirga) von Stammesführern soll eine Lösung für den Konflikt in Afghanistan herbeiführen.
  • Bundespräsident Horst Köhler hat die deutschen Soldaten in Afghanistan überraschend besucht. Wie ein Sprecher des Verteidigungsministerium in Berlin am 21. Mai dem DAPD bestätigte, ist der Bundespräsident sicher auf dem Flugplatz des Bundeswehrcamps nahe Masar-i-Scharif im Norden des Landes gelandet. Der auf zwei Stunden angelegte Kurzbesuch war aus Sicherheitsgründen bis zuletzt geheim gehalten worden.
    Es ist der erste Besuch Köhlers in Afghanistan. Er befindet sich auf der Rückreise von einem Besuch in China. (Lesen Sie hierzu: "Sie sind bereit, das Höchste, Ihr Leben, für unsere Werte, für Frieden, Recht und Freiheit einzusetzen"
    Rede von Bundespräsident Horst Köhler vor deutschen Soldaten in Maza-e-Sharif / Köhler im Deutschlandfunk: Deutsche Interessen mit "militärischen Mitteln" wahren.)
  • Ein US-Berufungsgericht hat den Insassen des Gefangenenlagers Bagram in Afghanistan das Recht auf Prüfung ihrer Haftgründe durch die US-Justiz verwehrt. In einem einstimmigen Urteil hoben die drei Richter des Washingtoner Gerichts einen Spruch aus unterer Instanz auf, das den in Bagram inhaftierten ausländischen Terrorverdächtigen dieses Recht eingeräumt hatte. Die Gefangenen des US-Lagers Guantanamo auf Kuba haben seit einem Urteil des Obersten US-Gerichts aus dem Jahr 2008 das Recht auf Prüfung ihrer Haftgründe vor der US-Justiz. Es ist denkbar, dass auch der Fall der Gefangenen in Bagram vor den Supreme Court kommt. In dem Rechtsstreit geht es um die sogenannte Habeas-Corpus-Klausel. Darunter wird in der angelsächsischen Justiz das Recht eines jeden Gefangenen verstanden, die Gründe für seine Inhaftierung gerichtlich prüfen zu lassen. Im Fall der Gefangenen in Guantanamo haben US-Gerichte dabei bei mehreren Dutzend Insassen befunden, dass die Gefangenschaft nicht ausreichend begründet sei. Das Washingtoner Gericht begründete seine Entscheidung im Fall Bagram damit, dass sich das Lager auf afghanischem Territorium befindet und sich dadurch fundamental von Guantanamo unterscheidet, das seit etwa einem Jahrhundert unter US-Hoheit steht. Kläger waren in diesem Verfahren zwei Jemeniten und ein Tunesier, die in dem von der US-Armee unterhaltenen Lager in der Nähe von Kabul festgehalten werden. (AFP, 21. Mai)
  • Bei einem vermutlich von den USA verübten Raketenangriff im pakistanischen Grenzgebiet zu Afghanistan sind zehn Menschen getötet und sieben weitere verletzt worden, darunter Frauen und Kinder. Der Angriff am Abend des 21. Mai habe einem Haus in der Ortschaft Boya in Nord-Waziristan gegolten, verlautete aus Geheimdienstkreisen. Bei den Todesopfern handelt es sich demnach um zwei mutmaßliche ausländische Extremisten und acht Pakistaner, fünf Frauen und zwei Kinder erlitten Verletzungen. Die USA haben mehrfach Drohnenangriffe in pakistanischen Stammesgebieten verübt. Beobachter gehen davon aus, dass sie von der Regierung in Islamabad trotz offizieller Kritik zumindest toleriert werden.
  • Der neue britische Außenminister William Hague ist zu einem Blitzbesuch nach Afghanistan gereist. Hague traf am 22. Mai in Begleitung von Verteidigungsminister Liam Fox und Entwicklungsminister Andrew Mitchell zu dem unangekündigten Besuch in Kabul ein, wie das Außenministerium in London mitteilte. Die neue britische Regierung aus Konservativen und Liberaldemokraten unter Premierminister David Cameron von den Tories hatte erst in dieser Woche ihre Arbeit aufgenommen.
  • Die britische Regierung setzt nach den Worten des neuen Verteidigungsministers Liam Fox auf einen schnellen Rückzug ihrer Soldaten auf Afghanistan. Es müsse akzeptiert werden, dass die Grenze einer Bereitstellung von Truppen erreicht sei, "und ich möchte, dass die Einheiten so schnell wie möglich zurückkommen", sagte Fox der Londoner "Times" vor seinem Blitzbesuch am Hindukusch am 22. Mai. "Wir müssen die Erwartungen und die Zeitpläne überprüfen." Das Augenmerk liege nun auf der nationalen Sicherheit, Großbritannien sei keine "Weltpolizei". Die Soldaten seien in Afghanistan, um Gefahr für die britische Bevölkerung und die "internationalen Interessen" Großbritanniens abzuwenden", sagte der Minister weiter.
  • Im Süden Afghanistans sind am 22. Mai drei Soldaten und ein ziviler Mitarbeiter der internationalen ISAF-Truppe getötet worden. Zwei der Soldaten seien bei einem Angriff von Aufständischen ums Leben gekommen, teilte die NATO in Kabul mit. Die beiden anderen Opfer seien bei der Explosion eines selbstgebauten Sprengsatzes getötet worden, wie er für gewöhnlich von den aufständischen Taliban eingesetzt wird.
  • US-Präsident Barack Obama setzt bei der Befriedung Afghanistans auf die fortgesetzte Unterstützung der Verbündeten. «Die Lasten dieses Jahrhunderts können nicht allein von amerikanischen Schultern getragen werden», sagte er am 22. Mai bei der Abschiedsfeier der Absolventen der Militärakademie West Point, von denen fast alle nach Irak und Afghanistan versetzt werden. «Wir werden uns anpassen, wir werden nicht lockerlassen und ich habe keinen Zweifel, dass wir zusammen mit unseren afghanischen und internationalen Partnern in Afghanistan Erfolg haben werden.» Obama betonte die gemeinsame internationale Anstrengung in Afghanistan in einer Zeit, in der einige Verbündete einen schnelleren Rückzug ihrer Truppen prüfen. Die Niederlande wollen ihre Truppen im Sommer aus Afghanistan zurückholen, in Kanada und Großbritannien sind ähnliche Diskussionen im Gang.
  • Talibankämpfer haben am 22. Mai den wichtigsten Stützpunkt der NATO-Truppen im Süden Afghanistans angegriffen. Bei der Raketenattacke auf den Stützpunkt in Kandahar wurden mehrere NATO-Soldaten und Zivilisten verletzt, teilte das Militärbündnis mit. Fünf Raketen seien auf das Lager abgefeuert worden. Mehrere Rebellen hätten versucht, von Norden her in den Stützpunkt einzudringen, seien aber von Soldaten abgewehrt worden. Der Stützpunkt Kandahar ist ein wichtiger Flugplatz der internationalen Truppen. Er liegt am Rande der Stadt Kandahar, der drittgrößten des Landes.
  • In Afghanistan sind fünf Zivilisten bei der Explosion einer Mine ums Leben gekommen, die noch aus den Zeiten der sowjetischen Invasion 1979 stammte. Wie das Innenministerium in Kabul am 23. Mai mitteilt, ereignete sich das Unglück in Chum-e-Sargar in der nordöstlichen Provinz Kapissa. "Fünf unschuldige Zivilisten wurden durch die Mine getötet, die seit den Kriegsjahren liegengeblieben war", hieß es in der Erklärung.
  • Der radikale Prediger Anwar al Aulaqi hat alle Muslime in den US-Streitkräften dazu aufgerufen, Kameraden zu töten, die auf dem Weg in den Irak oder nach Afghanistan sind. In einem Video, das das auf die Beobachtung islamistischer Internetseiten spezialisierte Unternehmen SITE am 23. Mai veröffentlichte, erwähnte Aulaqi erneut die Tat des US-Offiziers Nidal Hassan, der 2009 am Stützpunkt Fort Hood 13 Soldaten getötet hatte. Dies sei eine "heldenhafte" Tat gewesen, so Aulaqi. "Ich rufe alle Muslime, die in den US-Streitkräften dienen, dazu auf, dem Beispiel von Nidal Hassan zu folgen, der Soldaten tötete, die auf dem Weg nach Afghanistan und in den Irak waren", heißt es in dem als Interview präsentierten Video.
  • Bundespräsident Horst Köhler hat bei seinem Blitzbesuch am 21. Mai (siehe oben) im Feldlager Masar-i-Scharif in Afghanistan für Irritationen bei den deutschen Soldaten gesorgt. Nach einem Bericht von "Bild am Sonntag" (vom 23. Mai) zog Köhler in einem Gespräch mit den Soldaten indirekt deren Siegeszuversicht in Zweifel. Er habe einige Soldaten gefragt, wie zuversichtlich sie seien. Auf das Schweigen der Soldaten hin habe Köhler einen neben ihm stehenden US-Presseoffizier gefragt: "What do you think about Afghanistan?" (Was denken Sie über Afghanistan?). Der Offizier habe geantwortet: "I think we can win this" (Ich glaube, wir können das gewinnen). Daraufhin habe sich Köhler wieder den deutschen Soldaten zugewandt und gesagt: "Warum höre ich das nicht von Ihnen?" Der Vorfall habe sich im Feldlager schnell herumgesprochen. Viele Soldaten seien seither enttäuscht und frustriert, dass der Präsident an ihrem Willen zum Erfolg zweifle.
  • Die sogenannte Friedens-Dschirga in Afghanistan ist zum zweiten Mal verschoben worden. Als neuen Termin der Stammesversammlung, bei der über die Wiedereingliederung der Taliban und Verhandlungen mit den Aufständischen beraten werden soll, nannte Konferenzsprecher Gul Agha Ahmedi am 23. Mai den 2. Juni. Ursprünglich sollte die Konferenz bereits Anfang Mai stattfinden. Der Termin wurde dann auf Ende Mai verlegt, weil Präsident Hamid Karsai seinen Friedensplan erst mit der US-Regierung absprechen wollte. Ein Grund für die neuerliche Verschiebung wurde nicht genannt. Vertreter der Taliban nehmen an der Stammesversammlung nicht teil.
Montag, 24. Mai, bis Montag, 31. Mai
  • Im Zuge der Truppenaufstockung in Afghanistan sind dort nun erstmals mehr US-Soldaten stationiert als im Irak. Wie das Pentagon am 24. Mai in Washington mitteilte, befinden sich derzeit rund 94.000 US-Soldaten in Afghanistan, während es im Irak nunmehr 92.000 sind. Seit dem Amtsantritt von US-Präsident Barack Obama im Januar 2009 hat sich die US-Truppenstärke in Afghanistan damit verdreifacht.
  • Die US-Streitkräfte ermitteln gegen etwa zehn Soldaten wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen. Die Verdächtigen sollen für den Tod dreier Zivilpersonen in Afghanistan und weitere Vergehen verantwortlich sein, wie ein hochrangiger Militärverantwortlicher am 24. Mai der Nachrichtenagentur AP sagte. Demnach richtet sich der Verdacht gegen eine Einheit des Heeres mit Sitz in Fort Lewis im US-Staat Washington. Die Brigade hat im Kampf gegen die Taliban in der afghanischen Provinz Kandahar schwere Verliste erlitten.
  • Angesichts der Sparpläne der Bundesregierung wehrt sich der Bundeswehrverband gegen mögliche Kürzungen beim Militär. Es bestehe die Gefahr, dass die Bundeswehr künftig nicht mehr in Lage sei, ihre Aufgaben zu erfüllen, sagte Verbandschef Ulrich Kirsch am 25. Mai in Berlin. Schon jetzt gebe es viele «Mängel» in der Ausstattung. Zum Beispiel fehle es an Munition für die Ausbildung und an Hubschraubern für den Einsatz in Afghanistan. Derartige Lücken seien «unverantwortlich». Kirsch betonte: «Wir warnen vor Schnellschüssen, die dem Sparzwang geschuldet sind.» Die Zeiten seien «zu ernst für kurzfristige Formelkompromisse». Deutschland befinde sich an einer «Wegscheide», sagte der Verbandschef. Das Land müsse sich entscheiden, ob es seine ganze außenpolitische Handlungsfähigkeit behalten wolle oder nicht. Kirsch räumte ein, bei den großen Rüstungsprojekten sei es zum Teil möglich, zu sparen und andere Wege zu gehen - etwa beim internationalen Flugabwehrsystem MEADS. Die Strukturkommission, die für eine effizientere Organisation der Bundeswehr sorgen soll, bezeichnete er als «große Chance». Der Bedarf der Soldaten im Einsatz dürfe aber nicht in den Hintergrund rücken. Sie hätten Anspruch auf alles, was zur Erfüllung ihrer Aufgaben und zur Wahrung ihrer Sicherheit nötig sei.
    Der Bundeswehrverband vertritt die Interessen von rund 210 000 Mitgliedern - darunter Wehrpflichtige, aktive und ehemalige Soldaten sowie Familienangehörige und Hinterbliebene.
  • Der Besuch von Bundespräsident Horst Köhler bei den deutschen Soldaten in Afghanistan hat für Irritationen bei der afghanischen Regierung gesorgt, berichtet dpa am 25. Mai. Die afghanische Regierung wurde demnach kaum 48 Stunden vorher von dem geplanten Besuch informiert. Vor allem reiste Köhler entgegen den protokollarischen Gepflogenheiten nicht in die Hauptstadt Kabul, um Präsident Hamid Karsai zu treffen. Er beschränkte seinen Aufenthalt auf das Bundeswehr-Feldlager in Masar-i-Sharif. In Kabul hieß es, selbst der Besuch von US-Außenministerin Hillary Clinton bei der Afghanistan-Konferenz in der Hauptstadt am 20. Juli sei schon jetzt angekündigt. Auch US-Präsident Barack Obama sei bereits in Kabul gewesen. Im übrigen sei Köhlers Visite vergleichbar mit einem Besuch Obamas in einer US-Kaserne in Deutschland, ohne Bundeskanzlerin Angela Merkel zu treffen.
    Die afghanische Regierung wertet reine Truppenbesuche von Staats- und Regierungschefs als Geringschätzung der afghanischen Souveränität. Die ausländischen Truppen bemühen sich, den von den Taliban verbreiteten Eindruck einer Besatzer-Armee zu verhindern. Ein Besuch Köhlers bei Karsai in Kabul hätte die einmalige Chance geboten, die bilateralen Beziehungen deutlich zu verbessern, hieß es weiter. Eine solche Visite wäre von der afghanischen Seite angesichts der schwierigen Lage am Hindukusch - und auch angesichts der historischen Beziehungen beider Länder - sehr anerkannt worden.
    Bei ihrem zweiten und bislang letzten Afghanistan-Besuch im April 2009 hatte Bundeskanzlerin Merkel ebenfalls nur die deutschen Truppen im Norden besucht, ohne Karsai ihre Aufwartung zu machen. Auch damals hatte die afghanische Regierung irritiert reagiert.
  • Im Norden Afghanistans hat es am 25. Mai mehrstündige Gefechte zwischen Bundeswehrsoldaten und Aufständischen gegeben. Wie das Einsatzführungskommando der Bundeswehr in Potsdam mitteilte, wurden deutsche Soldaten am frühen Morgen rund fünf Kilometer westlich des Regionalen Wiederaufbauteams in Kundus von Aufständischen beschossen. Sie erwiderten das Feuer und lieferten sich Feuergefechte. Deutsche Soldaten wurden den vorliegenden Informationen zufolge nicht verwundet, auch Fahrzeuge der NATO-Truppe ISAF wurden nicht beschädigt.
  • Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz hat seine Erste-Hilfe-Kurse für Taliban-Kämpfer in Afghanistan gegen Kritik verteidigt. IKRK-Sprecher Marçal Izard sagte am 26. Mai in Genf, damit erfülle die neutrale Organisation ihr humanitäres Mandat gemäß der Genfer Konventionen, die eine Gleichbehandlung von allen Verletzten in einem Krieg verlange. Im April wurden nach IKRK-Angaben «mehr als 70 Mitglieder der bewaffneten Opposition» in Erster Hilfe ausgebildet. Außerdem wurden Erste-Hilfe-Pakete an Kämpfer und auch an Bewohner in Konfliktzonen verteilt. Die britische Zeitung «Guardian» zitierte am Dienstag (25. Mai) einen nichtgenannten Beamten der Lokalregierung von Kandahar mit der Meinung, die Taliban hätten es «nicht verdient, wie Menschen behandelt zu werden».
  • Vier Tage nach dem Angriff auf den Militärflugplatz Kandahar ist erneut ein Anschlag auf einen NATO-Stützpunkt in Afghanistan verübt worden. Auf einem Parkplatz vor Camp Nathan Smith in Kandahar explodierte am 26. Mai eine Autobombe. Nach Polizeiangaben wurden zwei Menschen verletzt. In Camp Nathan Smith sind einige hundert kanadische Soldaten, US-Polizisten, sowie amerikanische und kanadische Verwaltungsangestellte untergebracht. Zunächst war unklar, wer für den Anschlag verantwortlich war.
  • Die Kosten des deutschen Afghanistan-Einsatzes sind einer Studie zufolge weit höher als von der Bundesregierung angegeben. Selbst im Falle eines frühzeitigen Abzugs schon im nächsten Jahr würde der Einsatz insgesamt zwischen 18 und 33 Milliarden Euro kosten, ermittelte das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin auf der Basis vorläufiger Schätzungen. Jedes weitere Jahr koste etwa drei Milliarden Euro, obwohl das Budget im Bundeshaushalt dafür nur rund ein Drittel davon betrage. Bleibe die Bundeswehr noch einige Jahre in dem Land am Hindukusch, dann sei sogar von Gesamtkosten zwischen 26 und 47 Milliarden Euro auszugehen. (Siehe: Afghanistan-Krieg kostet das Dreifache)
  • Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International fürchtet in Afghanistan einen Rückfall in alte Zeiten. Im neuesten Jahresbericht warnt Amnesty davor, bei den Bemühungen für ein Ende des Bürgerkriegs Zugeständnisse an die radikal-islamischen Taliban zu machen. Die deutsche Amnesty-Generalsekretärin Monika Lüke hielt auch der Regierung von Präsident Hamid Karsai vor, die Menschenrechte zu missachten. Die Bundeswehr dürfe deshalb bei ihrem Einsatz am Hindukusch keine Gefangenen überstellen. Mit Blick auf Afghanistan warnte Amnesty davor, im Interesse einer nationalen Aussöhnung faule Kompromisse zu machen. «Es darf beim Bemühen, den Bürgerkrieg zu beenden, keinen Ausverkauf der Menschenrechte geben», sagte Lüke. «Die Menschenrechte werden von den Taliban grundsätzlich und auch von der Regierung (Karsai) mit den Füßen getreten.» Karsai bemüht sich derzeit um eine Aussöhnung mit gemäßigten Taliban. Dabei wird auch über eine Amnestie gesprochen. Auch Deutschland unterstützt ein «Wiedereingliederungs-Programm». (dpa, 27. Mai)
  • Die afghanischen Behörden gehen Berichten über den Tod eines pakistanischen Talibanführers in einer abgelegenen Bergregion im Osten des Landes nach. Demnach wurde Maulana Faslullah bei heftigen Kämpfen in der Provinz Nuristan getötet, wo Hunderte Aufständische seit knapp einer Woche versuchen, den Bezirk Barg-e-Matal an der Grenze zu Pakistan zu erobern. Faslullah, der wegen seiner radikalen, antiwestlichen Rundfunkansprachen den Spitznamen «Radio Mullah» hat, war Taliban-Kommandeur im Swat-Tal in Pakistan, bis das Militär die radikalen Islamisten dort im vergangenen Jahr vertrieb. (AP, 27. Mai)
  • Bundespräsident Horst Köhler ist mit seiner Begründung von Auslandseinsätzen der Bundeswehr auf zum Teil harsche Kritik gestoßen. Er hatte unter anderem gesagt, dass «im Notfall auch militärischer Einsatz notwendig ist, um unsere Interessen zu wahren». Grünen-Fraktions-Vize Frithjof Schmidt erklärte am 27. Mai: «Die Äußerungen von Bundespräsident Köhler sind brandgefährlich. Sie entsprechen weder der Rechtsgrundlage noch der politischen Begründung des Afghanistan Einsatzes. Sie offenbaren ein für das Präsidentenamt inakzeptables Verständnis von Verteidigungs- und Sicherheitspolitik.» (Siehe unsere Berichte: Militär im Außenhandelseinsatz und "Sie sind bereit, das Höchste, Ihr Leben, für unsere Werte, für Frieden, Recht und Freiheit einzusetzen".)
  • Bundespräsident Horst Köhler hat nach seinen umstrittenen Äußerungen zur wirtschaftlichen Bedeutung von Bundeswehr-Einsätzen Unterstützung von Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) bekommen. Im ARD-Morgenmagazin hob der Minister am 28. Mai hervor, der Afghanistan-Einsatz selbst begründe sich nicht auf wirtschaftliche Interessen. Es handle sich um ein UN-Mandat, das sich auf den Kampf gegen den Terrorismus und die Stabilisierung in der Region begründe. Allerdings könnten Wirtschaftsinteressen und Sicherheitspolitik in Verbindung stehen, wenn es etwa um die Sicherung von Seehandelswegen gehe, sagte Guttenberg mit Blick auf den Einsatz der deutschen Marine gegen Piraten am Horn von Afrika.
  • Der US-Senat hat zusätzliche Milliardenmittel für den Einsatz der Armee in Afghanistan und andere Vorhaben bewilligt. Für die Zusatzmittel im Umfang von 60 Milliarden Dollar (49 Milliarden Euro) stimmten am 27. Mai in Washington 67 Senatoren, dagegen 28. Mit 33,4 Milliarden Dollar soll der Großteil der Summe an das Verteidigungsministerium gehen. Davon sind 24,6 Milliarden Dollar für Instandhaltung und Einsätze vorgesehen und 4,9 Milliarden Dollar für den Erwerb neuen Materials. Für den Wiederaufbau Afghanistans und den Aufbau der dortigen Sicherheitsapparate sind 1,48 Milliarden Dollar eingeplant.
  • Im Afghanistan-Krieg ist am 28. Mai nach Zählung der Nachrichtenagentur AP der tausendste US-Soldat getötet worden. Der Soldat kam nach Angaben eines Militärsprechers bei der Explosion eines an einer Straße versteckten Sprengsatzes im Süden des Landes ums Leben. Die Liste der im Afghanistan-Krieg getöteten amerikanischen Soldaten beginnt mit Oberfeldwebel Nathan Ross Chapman, der am 4. Januar 2002 nach einem Treffen mit Stammesführern in der Provinz Chost überfallen wurde.
    Die AP-Statistik bezieht sich auf alle in Afghanistan, Pakistan und Usbekistan eingesetzten Einheiten der US-Streitkräfte und beruht auf Angaben aus dem Verteidigungsministerium in Washington. Der Zählung zufolge wurden allein seit dem Amtsantritt von US-Präsident Barack Obama im Januar vergangenen Jahres mehr als 430 amerikanische Soldaten am Hindukusch getötet. Im Irak-Krieg kamen seit März 2003 fast 4.400 US-Soldaten ums Leben. Während dort die Zahl der Angriffe auf US-Soldaten aber in den vergangenen Jahren zurückging, hat sie in Afghanistan zugenommen.
    Mit der steigenden Zahl getöteter Soldaten dürfte die Ablehnung des Afghanistan-Kriegs in der Bevölkerung weiter zunehmen. Laut einer Umfrage der Zeitung «Washington Post» und des Fernsehsenders ABC sind mehr als die Hälfte der US-Bürger (52 Prozent) inzwischen der Meinung, dass der Krieg in Afghanistan die Opfer nicht wert ist. In einer GfK-Erhebung im Auftrag der Nachrichtenagentur AP im März erklärte jeder zweite, er lehne den Krieg ab. 46 Prozent waren für den Militäreinsatz.
    Die USA haben zurzeit mehr als 94.000 Soldaten in Afghanistan stationiert. Obama hatte im Dezember eine Verstärkung der Truppe um 30.000 Mann angekündigt. Ab Juli 2011 soll die Truppenpräsenz aber wieder verkleinert werden.
  • Bei einem Luftangriff der NATO im Norden Afghanistans sind mindestens 25 Taliban-Kämpfer getötet worden. Nach Angaben eines afghanischen Regierungssprechers vom 29. Mai sind unter den Toten auch zwei Anführer der Aufständischen. Der Angriff erfolgte am Abend des 28. Mai im Bezirk Dana Ghori in der Provinz Baghlan. Hier und in der Nachbarprovinz Kundus, in der die Bundeswehr stationiert ist, haben die NATO-Truppen zusammen mit afghanischen Streitkräften eine Offensive gegen die Taliban gestartet.
  • Der Tod von 23 Zivilisten bei einem US-Luftangriff in Afghanistan im Februar ist einem Untersuchungsbericht zufolge auf unzureichende Informationen und Fehlschlüsse zurückzuführen. Schwere Vorwürfe erhebt der am 29. Mai veröffentlichte Bericht gegen Luftwaffenoffiziere, die das Geschehen in Afghanistan mithilfe von Aufnahmen eines unbemannten Flugzeugs aus den USA beobachteten. Die Crew auf dem Luftwaffenstützpunkt in Nevada habe Hinweise darauf, dass der bombardierte Konvoi ungefährlich sein könnte, ignoriert. Der Luftangriff am 21. Februar richtete sich gegen einen Fahrzeugkonvoi in der Nähe des Dorfes Chod in der Provinz Urusgan, wo sich zu diesem Zeitpunkt US-Spezialkräfte schwere Gefechte mit Aufständischen lieferten. Der Angriff wurde in der Annahme befohlen, dass in dem Konvoi weitere Aufständische zur Verstärkung anrückten.
    Dem Untersuchungsbericht zufolge beruhte diese Annahme indes auf ungenauen Informationen. Weder die Gefechtsstände vor Ort noch die Luftwaffenoffiziere in Nevada hätten dem zuständigen Kommandeur Hinweise darauf übermittelt, dass die Fahrzeuge möglicherweise keine Bedrohung darstellten. Dem Team in Nevada sei «ungenaue und unprofessionelle Berichterstattung» vorzuwerfen.
    Der Oberbefehlshaber der US- und NATO-Truppen in Afghanistan, General Stanley McChrystal, rügte aufgrund des Berichts sechs Offiziere in Afghanistan. Zudem forderte er die Luftwaffe auf, die Vorwürfe gegen die Offiziere in Nevada zu prüfen.
    Der Angriff vom 21. Februar war von der afghanischen Regierung scharf kritisiert worden. Mit 23 zivilen Opfern war es der folgenschwerste Zwischenfall seit dem von der Bundeswehr angeforderten Luftangriff auf zwei Tanklaster in Kundus am 4. September 2009. Bei dem Angriff in Kundus kamen 142 Menschen ums Leben, darunter zahlreiche Zivilisten.
  • Der Oberbefehlshaber der US- und NATO-Truppen in Afghanistan, General Stanley McChrystal, rechnet mit nur langsamen Fortschritten im Kampf gegen die Taliban. Der Krieg werde sich weit über den von US-Präsident Barack Obama anvisierten Beginn des Truppenabzugs im Juli 2011 hinziehen, sagte McChrystal am 30. Mai vor Journalisten in Kabul. Erfolge würden sich «eher nach Monaten als nach Tagen» bemessen. Obama habe gegenüber dem afghanischen Präsidenten Hamid Karsai mehrfach die strategische Partnerschaft beider Staaten über Juli kommenden Jahres hinaus betont, erklärte McChrystal. Seine Entscheidung, im Jahr 2011 damit zu beginnen die Truppen nach Hause zu holen, «muss in diesem Kontext gesehen werden».
  • Der Oberkommandeur der kanadischen Streitkräfte in Afghanistan, Brigadegeneral Daniel Menard, ist gefeuert worden. Wie das kanadische Verteidigungsministerium am 30. Mai mitteilte, verloren seine Vorgesetzten das Vertrauen in ihn. Der Grund dafür sei "unangemessenes Verhalten" in Bezug auf die Richtlinien für Beziehungen des kanadischen Armeepersonals. Weitere Details wurden zunächst nicht bekannt.
  • Es gibt nach den Worten des NATO-Befehlshabers in Afghanistan, General Stanley McChrystal, klare Hinweise darauf, dass einige der Taliban-Kämpfer im Iran ausgebildet werden. Im Allgemeinen helfe der Iran zwar der afghanischen Regierung bei der Bekämpfung von Aufständischen, andererseits gebe es aber Hinweise, dass Taliban mit Waffen und Ausbildung unterstützt worden seien, sagte McChrystal am 30. Mai. Die NATO versuche, sowohl den Waffenschmuggel als auch die Ausbildung von Kämpfern zu unterbinden. McChrystal hatte im vergangenen Monat erklärt, dass offenbar nicht viele Taliban-Kämpfer seien, die im Iran ausgebildet würden, und dass es wohl auch nicht Teil der Politik der iranischen Regierung sei.
  • Bundespräsident Horst Köhler hat am 31. Mai als erster deutscher Bundespräsident seinen Rücktritt vom Amt erklärt. Hintergrund sind umstrittene Äußerungen des Staatsoberhaupts über den Bundeswehreinsatz in Afghanistan. Die Unterstellung, er habe einen grundgesetzwidrigen Einsatz der Bundeswehr zur Sicherung von Wirtschaftsinteressen befürwortet, entbehre jeder Rechtfertigung, sagte Köhler am Montag in Berlin. Das lasse den notwendigen Respekt vor dem höchsten Staatsamt vermissen. Köhler sagte, er habe Bundesratspräsident Jens Böhrnsen (SPD) über seinen Schritt informiert. Der Bremer Regierungschef übernimmt vorübergehend die Amtsgeschäfte, bis ein neuer Bundespräsident gewählt ist.
  • Der neue Wehrbeauftragte des Bundestags, Hellmut Königshaus (FDP), ist zu seinem Antrittsbesuch nach Afghanistan gereist. Königshaus flog bereits am Sonntag nach Afghanistan und besuchte dort das Regionale Wiederaufbauteam der Bundeswehr in Kundus, wie das Einsatzführungskommando der Bundeswehr in Potsdam am 31. Mai mitteilte. Dort unterrichtete ihn Kommandeur Reinhardt Zudrop über die aktuelle Lage in der Provinz.
  • Zwei christliche Hilfsorganisation dürfen in Afghanistan vorläufig nicht mehr arbeiten, weil sie missioniert haben sollen. "Wenn herausgefunden wird, dass sie missioniert haben, was nach unseren Gesetzen ein Verbrechen ist, dann werden sie bestraft", sagte ein Sprecher des Wirtschaftsministeriums am 31. Mai in Kabul. Bei den Organisationen handelt es sich demnach um Kirkens Noedhjelp aus Norwegen und Church World Service aus den USA. Die norwegische Hilfsorganisation, die seit 1979 in Afghanistan arbeitet, erklärte, sie missioniere nicht, sondern habe nur helfen wollen.
  • Der Finanzchef des Terrornetzwerks Al-Kaida ist bei einem US-Luftangriff in Pakistan getötet worden. Mustafa Abu al Jasid sei zusammen mit seiner Frau, drei Töchtern, einem Enkel und anderen Personen ums Leben gekommen, erklärte das Terrornetzwerk am 31. Mai auf seiner Website. Al Jasid galt hinter Osama bin Laden und Ajman al Sawahri als Nummer drei der Al-Kaida. Sein Tod wäre der wohl größte Erfolg der USA seit Beginn des Kampfes gegen Al-Kaida. Die Al-Kaida bezeichnete ihn als ihren Oberbefehlshaber in Afghanistan.
    In US-Regierungskreisen hieß es, al Jasid sei innerhalb der vergangenen zwei Wochen bei einem Angriff mit einer Drohne in den Stammesgebieten im Grenzgebiet zu Afghanistan ums Leben gekommen. Die Al-Kaida nannte in ihrer Erklärung weder Ort noch Zeit des Angriffs. Ein US-Gewährsmann, der anonym bleiben wollte, sagte, die Nachricht vom Tod Al Jasids verbreite sich in Extremistenkreisen. Die US-Regierung habe gute Gründe zu glauben, dass die Information der Wahrheit entspreche.


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