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Chronik Afghanistan

Januar 2008


Dienstag, 1. Januar, bis Sonntag, 6. Januar
  • Bei Kämpfen und Explosionen sind in Afghanistan mindestens 13 Kämpfer der radikalislamischen Taliban getötet worden. Das hat das Verteidigungsministerium in der Hauptstadt Kabul am 2. Jan. mitgeteilt. Seit Anfang 2007 sind in Afghanistan bei Kämpfen und Anschlägen mehr als 6.400 Menschen ums Leben gekommen, so viele wie in keinem anderen Jahr seit dem Sturz der Taliban Ende 2001.
  • Bei einem Bombenanschlag auf ein Fahrzeug der US-geführten Truppen in Afghanistan sind am 2. Jan. ein Soldat und ein afghanischer Dolmetscher getötet worden. Der Zwischenfall ereignete sich nach Angaben der Koalition in der östlichen Provinz Chost. Die Nationalität des Soldaten wurde nicht mitgeteilt, die meisten dort eingesetzten Soldaten kommen aus den USA.
    Insgesamt kamen damit nach offiziellen Angaben seit Jahresbeginn bei Bombenanschlägen und Militäraktionen 21 Menschen ums Leben, darunter 14 Taliban-Kämpfer.
  • Der Kommandeur der Internationalen Schutztruppe ISAF rechnet 2008 mit einem Anstieg des Drogenanbaus in Afghanistan und mehr Selbstmordanschlägen der radikalislamischen Taliban. Es gebe einen Zusammenhang zwischen dem illegalen Handel mit Opium, dem Grundstoff für Heroin, und der zunehmenden Gewalt, sagte US-General Dan McNeill am Mittwochabend (2. Jan.) in der Hauptstadt Kabul. Bis zu 30 Prozent des Profits aus dem Rauschgifthandel gehe an die Extremisten. «Wenn ich blühende Schlafmohnfelder sehe, sehe ich Sprengfallen, Maschinengewehre und Mörsergranaten», sagte McNeill.
    Gleichzeitig geht der Kommandeur der NATO-geführten ISAF davon aus, dass die Taliban die direkte Konfrontation mit afghanischen und ausländischen Sicherheitskräften zunehmend vermeiden. Um eigene Verluste zu minimieren, würden sie verstärkt ferngezündete Bomben und Selbstmordattentäter einsetzen. McNeill forderte die internationale Gemeinschaft auf, die Schlagkraft der afghanischen Sicherheitskräfte im Kampf gegen die Extremisten weiter zu stärken.
    Die afghanische Regierung rief der General dazu auf, konsequent gegen den illegalen Drogenanbau vorzugehen. Die ISAF-Truppen hätten andere Aufgaben und könnten die Afghanen dabei allenfalls unterstützen. Afghanistan ist nach Angaben der Vereinten Nationen für 93 Prozent der globalen Opiumproduktion verantwortlich und weltweit größter Heroin-Lieferant. Im Jahr 2007 war die Opium-Produktion trotz massiver internationaler Anstrengungen um mehr als ein Drittel auf insgesamt 8200 Tonnen gestiegen.
  • Bei einem Selbstmordanschlag auf einen Konvoi indischer Straßenarbeiter und deren Polizeieskorte sind am 3. Jan. in Afghanistan mindestens sieben Menschen getötet und weitere zwölf verletzt worden. Der Konvoi wurde Behördenangaben zufolge bei der Stadt Khasch Rod in der südwestlichen Provinz Nimros von einer ersten ferngezündeten Explosion getroffen. Dabei wurde ein Polizist verletzt. Als die Wagenkolonne stoppte, zündete eine Selbstmordattentäter eine weitere Bombe. Sechs Polizisten und ein indischer Arbeiter kamen ums Leben. Neun weitere Beamte und zwei Inder wurden dabei verletzt.
    2007 wurden in Afghanistan mehr als 6.300 Menschen bei Anschlägen und Kämpfen getötet. Das war die höchste Zahl seit dem Sturz der Taliban im Herbst 2001
  • Die US-Streitkräfte haben den Leichnam eines Guantanamo-Häftlings nach Afghanistan übergeführt, der in dem Lager auf Kuba an Krebs gestorben ist. Der 68-jährige Afghane war nach Militärangaben der erste Terrorverdächtige, der in Guantanamo einer Krankheit erlag. Vier Insassen haben Selbstmord begangen. Im September sei bei dem Mann Krebs diagnostiziert worden, ab Oktober sei er mit Chemotherapie behandelt worden, erklärte ein Militärsprecher am 3. Jan. Der Afghane war Anfang 2003 nach Guantanamo gebracht worden und starb am Sonntag. Derzeit werden auf Guantanamo noch rund 275 Männer festgehalten, denen die USA Verbindungen zu Al Kaida oder den Taliban vorwerfen.
  • In Afghanistan droht nach Regierungsangaben eine extreme Nahrungsmittelknappheit, die zu einer Hungersnot führen könnte. "Die Lage ist ernst", sagte der afghanische Handels- und Industrieminister Amin Farhang der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Ausgabe vom 4. Jan.). Es fehlten 400.000 Tonnen Weizen, um die Bevölkerung im Winter ausreichend versorgen zu können. Zudem mangele es an an Öl, Zucker und Mehl. Präsident Hamid Karsai habe deshalb eine Sonderkommission gegründet, die das Problem lösen solle, sagte Farhang.
    Die Regierung in Kabul rechnet mit Kosten von mindestens 80 Millionen Dollar (rund 54 Millionen Euro), falls sie das fehlende Getreide auf dem freien Markt kaufen muss, wie Farhang erklärte. "Wir appellieren an das World Food Programm, an die Welthungerhilfe sowie an befreundete Regierungen, uns in dieser Krise zu helfen", sagte Farhang. Ein Grund für die Nahrungsmittelknappheit seien die Unruhen in Pakistan, durch das eine wichtige Transitstrecke führe. Auch die gestiegenen Weltmarktpreise für Getreide seien dafür verantwortlich. Gleichzeitig räumte Farhang Fehler von Seiten afghanischer Stellen ein, die es im Frühjahr versäumt hätten, die Reservelager aufzufüllen.
  • Die Bundesregierung rechnet nach der Wahl eines neuen US-Präsidenten mit Forderungen aus Washington nach einem stärkeren Engagement der Bundeswehr in Afghanistan. Es werde der Wunsch kommen, dass die Bundeswehr in Afghanistan noch mehr tue und auch im Süden eingreife, sagte der Koordinator für die deutsch-amerikanische Zusammenarbeit, Karsten Voigt (SPD), der "Berliner Zeitung" (5. Jan.). Dies sei unabhängig davon, wer im November als neuer US-Präsident in das Weiße Haus gewählt werde, erklärte Voigt in der "Frankfurter Rundschau". Voigt dämpfte Erwartungen, nach dem Abtreten von Präsident George W. Bush werde die Zusammenarbeit mit den USA leichter. Selbst der demokratische Senator Barack Obama, der die ersten Vorwahlen im Bundesstaat Iowa gewonnen hatte, schließe Militäreinsätze der USA ohne UN-Votum nicht aus. Trotz der gemeinsamen Interessen und Werte dürften transatlantische Konflikte nicht geleugnet werden, sagte Voigt in der "Berliner Zeitung".
Montag, 7. Januar, bis Sonntag, 13. Januar
  • Bei einer Bombenexplosion in der südafghanischen Provinz Helmand sind laut Polizei zwei afghanische Sicherheitskräfte und zwei Zivilisten ums Leben gekommen. Vier weitere Zivilisten wurden den Angaben zufolge verletzt. Laut dem örtlichen Polizeichef entdeckten die Sicherheitskräfte den Sprengsatz am Straßenrand, konnten die Gegend aber nicht rechtszeitig evakuieren, bevor er ferngezündet explodierte. Die Opium-Provinz Helmand gilt als besonders gefährlich. Immer wieder kommt es zu blutigen Zusammenstößen zwischen Islamisten und NATO-Soldaten.
    Bei einem Unfall südwestlich der Stadt Kandahar kamen zwei kanadische Soldaten ums Leben. Ihr Armeefahrzeug habe sich am Sonntagabend (6. Jan.) auf unebenem Boden überschlagen, teilte das kanadische Verteidigungsministerium am 7. Jan. mit. Einen Angriff auf die Soldaten, die an einem gemeinsamen Einsatz der internationalen Afghanistan-Schutztruppe ISAF und afghanischen Streitkräften gegen Aufständische in der Region teilnahmen, habe es nicht gegeben.
  • Zur Aufklärung eines tödlichen Zwischenfalls in Afghanistan haben die US-Marines am . Jan. zum ersten Mal seit über 50 Jahren ein spezielles Untersuchungsgericht eingerichtet. Dabei geht es darum, die Schuld von zwei leitenden Marine-Infanteristen am Tod von 19 afghanischen Zivilpersonen zu klären. Nach einem Sprengstoffanschlag auf ihren Konvoi hatten Soldaten der Einheit in der Provinz Nangahar am 4. März 2007 über eine Strecke von 16 Kilometern mutmaßlich wahllos auf Zivilpersonen gefeuert. Dabei sollen auch mindestens 50 Menschen verletzt worden sein.
    Der Zwischenfall erregte in Afghanistan große Aufmerksamkeit. Die 120 Mann starke Spezialeinheit der US-Marines wurde aus dem Land abgezogen, nun müssen sich ihre Chefs verantworten. Zuletzt hatte die Marine-Infanterie 1956 ein solches Untersuchungsgericht eingerichtet, damals ging es um das Fehlverhalten eines Vorgesetzten, das sechs Soldaten das Leben kostete.
  • Mehrere Elitesoldaten der Bundeswehr sollen 2002 in Afghanistan mit Wissen ihrer Vorgesetzten außerhalb des vorgeschriebenen Mandatsgebietes operiert und damit gegen Vorgaben des Bundestages verstoßen haben. Dies behauptet der frühere Bundeswehr-Elitesoldat Achim Wohlgethan, aus dessen Buch das Magazin "Stern" am 9. Jan. vorab berichtete. Das Verteidigungsministerium zweifelte den Bericht des Mannes an und wertete die Angaben eher als "Erlebnisbericht". Die Angaben würden aber überprüft, sagte ein Sprecher.
    Wohlgethan, ein Fallschirmjäger aus der "Division Spezielle Operationen" der Bundeswehr, sei im Jahr 2002 bei der Kabul-Brigade der internationalen Afghanistan-Schutztruppe ISAF für Sonderaufgaben eingesetzt worden, berichtete der "Stern". Der heute 41-Jährige, der im Januar 2006 aus dem Militärdienst ausgeschieden sei, habe selbst "mindestens ein Dutzend Mal" außerhalb der so genannten Area of Responsibility operiert. Dazu sei er etwa von einem Bundeswehr-Major der Abteilung J2 aufgefordert worden, die bei ISAF für militärisches Nachrichtenwesen zuständig war. Der "Division Spezielle Operationen" (DSO) ist auch das 1996 gegründete Kommando Spezialkräfte (KSK) der Bundeswehr zugeordnet.
    Weitere Einsätze außerhalb des Mandatsgebiets hätten Wohlgethan und andere Bundeswehrsoldaten an der Seite der niederländischen "Korps Commandotroepen" (KCT) gehabt. Zu dieser Spezialeinheit wurden laut "Stern" der Fallschirmjäger Wohlgethan und deutsche Fernspähsoldaten abgestellt. Dies belegten Dokumente der Bundeswehr und des niederländischen Heeres. Wohlgethan bestätige demnach überdies, dass er mit niederländischen Spezialkräften vor Ort war, als Anfang August 2002 südlich von Kabul zwölf Afghanen unter ungeklärten Umständen erschossen wurden. Wolgethan berichtete demnach auch von Minenüberprüfungen im Gelände, indem afghanische Kinder auf ein Feld gelockt werden sollten.
    Zudem berichtet der Ex-Stabsunteroffizier, wie er in Afghanistan für den Militärischen Abschirmdienst (MAD) der Bundeswehr eingesetzt wurde. MAD-Operationen im Ausland seien aber erst seit 2004 gesetzlich erlaubt. Wohlgethan arbeitet dem Magazinbericht zufolge heute als Sicherheitsberater. Er ist Autor eines Buches mit dem Titel "Endstation Kabul", das am 10. Jan. in Berlin vorgestellt wird.
    Der Sprecher des Verteidigungsministeriums in Berlin zweifelte am 9. Jan. die Vorwürfe in dem Bericht an, machte aber zugleich deutlich, dass der Einsatz des Mannes geprüft werde.
  • Der Bericht zweier 2002 in Afghanistan eingesetzter Bundeswehrsoldaten über Verstöße gegen das Bundestagsmandat werden den Verteidigungsausschuss des Bundestages beschäftigen. Nach Angaben aus der Bundeswehr in Berlin bereitet das Verteidigungsministerium eine Stellungnahme für die Sitzung in der nächsten Woche vor. Die FDP forderte die Regierung zur sofortigen Aufklärung auf. Die Soldaten schildern in ihrem Buch "Endstation Kabul", dass Soldaten im Jahr 2002 aus Aufklärungsgründen die Mandatsgrenzen überschritten hätten. (dpa, 10. Jan.)
  • Vor der Entscheidung über die Aufstockung der US-Truppen in Afghanistan hat sich US-Verteidigungsminister Robert Gates besorgt über die mögliche Reaktion der NATO-Verbündeten gezeigt. "Es beunruhigt mich, dass damit womöglich der Druck auf unsere Verbündeten nachlassen würde, ihre Zusagen einzuhalten", sagte Gates am 10. Jan. in Washington. Sollte er sich dafür entscheiden, 3000 zusätzliche US-Soldaten an den Hindukusch zu schicken, entbinde dies die NATO nicht von ihrer Verpflichtung, sich in Afghanistan stärker zu engagieren.
    Gates wollte nach eigenen Angaben "in den nächsten Tagen" über die Entsendung zusätzlicher Truppen nach Afghanistan entscheiden. Er habe einige Fragen gestellt und wolle die Antworten abwarten, bevor er sich äußere. Er sorge sich einerseits um die Folgen einer Verstärkung in Afghanistan für die US-Armee, die durch den Krieg im Irak schon stark belastet sei. Andererseits müsse die erfolgreiche Strategie in Afghanistan fortgesetzt und die Taliban-Rebellen in der Defensive gehalten werden, betonte Gates.
    Die USA haben rund 26.000 Soldaten in Afghanistan im Einsatz, die meisten stehen unter dem Kommando der NATO-geführten Schutztruppe ISAF mit insgesamt 40.000 Streitkräften. Andere NATO-Staaten haben ihre Zusagen bislang nicht eingehalten, wegen der Zunahme von Taliban-Angriffen mehr Streitkräfte zu schicken.
  • In Südafghanistan ist ein NATO-Soldat bei einer Minenexplosion ums Leben gekommen. Ein weiterer erlitt Verletzungen, wie ein Sprecher der Schutztruppe ISAF am 10. Jan. mitteilte. Wo genau sich der Zwischenfall am 9. Jan. ereignete, wurde ebenso wie die Nationalität der Opfer nicht mitgeteilt. Im Osten des Landes erschossen Aufständische bei einem Überfall ebenfalls am Mittwoch einen Polizisten, mehrere Rebellen wurden bei einem anschließenden Gefecht im Bezirk Nurgaram in der Provinz Nuristan verletzt. Der Gewalt in Afghanistan sind nach einer Zählung der Nachrichtenagentur AP im vergangenen Jahr mehr als 6.500 Menschen zum Opfer gefallen.
  • Japan nimmt seine logistische Unterstützung des US-geführten Einsatzes in Afghanistan wieder auf. Das Parlament stimmte am 11. Jan. einem Gesetz zu, das die Betankung von US-Schiffen im Indischen Ozean erlaubt. Die ersten Schiffe würden Ende des Monats auslaufen, erklärte Ministerpräsident Yasuo Fukuda. Die Opposition hatte am 1. November eine Verlängerung des 2001 begonnenen Einsatzes im Rahmen der "Operation Enduring Freedom" zum Kampf gegen die Taliban und das Terrornetzwerk Al Kaida blockiert. Das jetzt verabschiedete Gesetz beschränkt die Mission japanischer Schiffe auf das Betanken und die Wasserversorgung von US-Schiffen, die nicht direkt in Kampfhandlungen in Afghanistan eingesetzt werden. Das Oberhaus in Tokio hatte die Regelung zunächst abgelehnt, wurde mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit im Unterhaus jedoch überstimmt.
  • Am sechsten Jahrestag der Belegung des US-Gefangenenlagers Guantánamo haben am 11. Jan. in aller Welt hunderte Menschen für die Schließung der umstrittenen Einrichtung demonstriert. Auf Initiative der Menschenrechtsorganisation Amnesty International (ai) demonstrierten in Washington rund 200 Menschen für die Schließung des Gefangenenlagers, in London versammelten sich rund hundert Guantánamo-Gegner vor der US-Botschaft. Auch in anderen europäischen Städten wie Kopenhagen, Rom, Athen und Istanbul fanden Protestaktionen statt.
    (Siehe auch: Sechs Jahre Guantánamo.)
  • In einem eindringlichen Appell hat UN-Generalsekretär Ban Ki Moon vor einem Abzug der internationalen Truppen aus Afghanistan gewarnt. Das wäre ein "Fehler", der zu "schrecklichen Konsequenzen" führen würde, schreibt Ban Ki Moon in einem exklusiven Gastbeitrag für den Berliner "Tagesspiegel" (Ausgabe om 12. Jan.): "Wir dürfen das Land nicht gegen die unmenschliche Gewalt der Aufständischen verlieren". Ban wandte sich entschieden gegen Forderungen auch in westlichen Ländern, das Engagement im Land zu beenden. Dies sei eine "Fehleinschätzung der historischen Verhältnisse", schreibt Ban weiter. Afghanistan sei "ein Symbol für den Preis, der gezahlt werden muss, wenn man eine Nation den gesetzlosen Kräften der Anarchie überlässt".
    Hier geht es zu dem ganzen Artikel: "Wir dürfen das Land nicht gegen die unmenschliche Gewalt der Aufständischen verlieren"
  • Eine Kältewelle mit heftigen Schneefällen hat im Westen Afghanistans bereits mehr als 80 Todesopfer gefordert. Nach Regierungsangaben starben in den vergangenen Tagen allein in der Provinz Herat 52 Menschen durch Unterkühlung und Lawinen. "Wir haben Rettungsmannschaften in die betroffenen Regionen entsandt und befürchten, dass die Opferzahlen weiter steigen", sagte die Sprecherin des Gouverneurs von Herat, Farzana Ahmadi, am 14. Jan. Auch internationale Hilfsorganisationen seien auf dem Weg in die schwer zugänglichen Bergregionen an der Grenze zu Iran. Aus den benachbarten Provinzen Ghor und Farah wurden bislang mehr als zwölf Tote gemeldet. In der südlichen Provinz Urusgan starben nach offiziellen Angaben mindestens 20 Menschen durch die Wetterkapriolen.
  • Bei Gefechten im Süden Afghanistans sind zwei NATO-Soldaten aus den Niederlanden ums Leben gekommen, wie das Verteidigungsministerium in Amsterdam am 13. Jan. mitteilte. Die Männer im Alter von 20 und 22 Jahren wurden demnach am Samstagabend (12. Jan.) bei Kämpfen mit Extremisten in der Provinz Urusgan getötet. Die Niederlande haben im Rahmen der NATO-Mission rund 1.650 Soldaten in Urusgan stationiert. Seit Beginn des Einsatzes im vergangenen Jahr sind 14 Soldaten ums Leben gekommen.
    In der Provinz Helmand riss ein Selbstmordattentäter am Sonntag einen Polizisten mit in den Tod. Acht Menschen, darunter zwei Kinder, wurden nach Polizeiangaben bei dem Anschlag in der Stadt Lashkar Gah verletzt. Der Attentäter versuchte demnach, das Haus des örtlichen Polizeichefs zu betreten und zündete seinen Sprengsatz, als er von Wachleuten aufgehalten wurde.
  • Bei schweren Kämpfen im Nordwesten Pakistans sind nach Militärangaben mindestens 40 Extremisten getötet worden. Ein Armeesprecher sagte am 13. Jan., bis zu 300 den radikalislamischen Taliban nahestehende Aufständische hätten bereits Mitte der Woche im halbautonomen Stammesgebiet Süd-Wasiristan einen Stützpunkt der Armee angegriffen. Daraufhin hätten die Sicherheitskräfte eine Gegenoffensive gestartet, bei der "40 bis 50" Extremisten getötet worden seien. Der Sprecher berief sich bei der Opferzahl auf Geheimdienstberichte. Die Region im Grenzgebiet zu Afghanistan gilt als Rückzugsraum für Taliban-Kämpfer und El-Kaida-Terroristen.
  • Die internationale Afghanistan-Mission kann nach Einschätzung des britischen Verteidigungsministers Des Browne noch mehrere Jahrzehnte dauern. "Wir dürfen nicht riskieren, dass Afghanistan wieder zu einem Trainingslager für Terroristen wird, die Großbritannien bedrohen", sagte er der Wochenzeitung "The People". Das Engagement könne noch Jahrzehnte dauern, selbst wenn die multinationalen Truppen nach und nach abgezogen würden, sagte Browne. Er bekräftigte damit Armee-Angaben und Aussagen von Ex-Premierminister Tony Blair, nach denen der "Anti-Terrorkampf" noch Generationen dauern könne. Derzeit sich rund 60.000 ausländische Soldaten in Afghanistan stationiert, darunter etwa 8000 Briten. (AFP 13. Jan)
  • Niederländische NATO-Soldaten in Afghanistan haben versehentlich zwei ihrer Landleute sowie zwei befreundete afghanische Rekruten getötet. Dies teilte das Verteidigungsministerium in Amsterdam am Sonntagabend (13. Jan.) mit. Stabschef General Dick Berlijn sprach von einer "schrecklichen Nachricht". Demnach kam es zu dem Zwischenfall am Samstagabend (12. Jan.) bei Kämpfen in der südlichen Provinz Urusgan. Wegen der Dunkelheit und schlechten Wetters hätten die Schützen ihre eigenen Kameraden mit Aufständischen verwechselt. Die befreundeten Afghanen seien getötet worden, weil sie aufgrund ihrer Zivilkleidung für Angreifer gehalten worden seien. Bei einem weiteren Zwischenfall sei auch noch ein niederländischer Soldat verwundet worden.
  • In der Provinz Helmand riss ein Selbstmordattentäter am 13. Jan. einen Polizisten mit in den Tod. Acht Menschen, darunter zwei Kinder, wurden nach Polizeiangaben bei dem Anschlag in der Stadt Laschkar Gah verletzt. Der Attentäter versuchte demnach, das Haus des örtlichen Polizeichefs zu betreten und zündete seinen Sprengsatz, als er von Wachleuten aufgehalten wurde.
Montag, 14. Januar, bis Sonntag, 20. Januar
  • Bei einem Angriff mutmaßlicher Taliban-Rebellen auf ein Luxushotel in der afghanischen Hauptstadt Kabul sind nach Regierungsangaben sechs Menschen getötet und sechs weitere verletzt worden. Zum Zeitpunkt des Anschlags hielt sich auch der norwegische Außenminister Jonas Gahr Störe im Hotel auf, blieb aber laut seiner Sprecherin unverletzt. Dagegen seien ein Mitglied der norwegischen Delegation sowie ein norwegischer Journalist verletzt worden. Ein westlicher Sicherheitsvertreter berichtete, unter den Toten sei auch ein "Nordamerikaner". Ein Taliban-Sprecher übernahm die Verantwortung für den Angriff.
    Laut dem Sprecher des afghanischen Innenministeriums ereignete sich a 14. Jan. am Eingang des Fünf-Sterne-Hotels Serena ein Selbstmordattentat, dem eine zweite Explosion sowie Gewehrfeuer folgten. Ob die Schüsse von den Angreifern abgegeben wurden oder von den Hotelwachen, sei unklar. Berichten zufolge hielten sich einige der Angreifer noch in dem Hotel auf. Alle Räume seien durchsucht worden und würden weiter durchsucht, versicherte Baschari. "Die Lage ist unter Kontrolle."
    Nach Informationen der NATO-Geführten Schutztruppe ISAF waren drei bewaffnete Kämpfer an dem Angriff beteiligt. Der Taliban-Sprecher sprach von vier Angreifern, darunter einem Selbstmordattentäter mit einem Sprengstoffgürtel. Berichte des westlichen Sicherheitsvertreters, wonach einer der Toten aus Nordamerika stammt, wurden von den Botschaften der USA und Kanadas zunächst nicht bestätigt.
    Die norwegische Zeitung "Dagbladet" berichtete auf ihrer Website, einer der Verletzten sei ihr Korrespondent. Dieser sowie das verletzte norwegische Delegationsmitglied würden in einem tschechischen NATO-Krankenhaus nahe dem Kabuler Flughafen behandelt.
    Das im November 2005 eröffnete Hotel Serena liegt im Zentrum der afghanischen Hauptstadt und ist schwer bewacht, da es oft als Tagungsort für Regierung, ausländische Diplomaten und Geschäftsleute dient. Die Zufahrt zu dem Gebäude ist mit Betonblöcken gesichert, bewaffnete Wachen kontrollieren den Eingang. Laut einem westlichen Sicherheitsvertreter war für den Abend des 14. Jan. ein Essen mit dem norwegischen Außenminister, Nichtregierungsorganisationen und Spendern geplant. Norwegen hat rund 500 Soldaten in Afghanistan stationiert.
    Die Gäste seien nach dem Angriff in den Keller in Sicherheit gebracht worden, berichtete Störes Sprecherin. Die Polizei riegelte die Umgebung, in der sich auch mehrere Regierungsgebäude befinden, weiträumig ab.
  • Im Zusammenhang mit dem Anschlag auf ein Luxushotel in Kabul hat der afghanische Geheimdienst einen mutmaßlichen Attentäter festgenommen. Geheimdienstchef Amrullah Saleh erklärte am 15. Jan., der Mann in einer Polizeiuniform habe offenbar beschlossen, seinen Sprengsatz nicht zu zünden. Er sei kurz nach dem Anschlag, der acht Menschen das Leben kostete, festgenommen worden.
  • Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier reagierte erschüttert auf den Anschlag auf das Hotel. Der SPD-Politiker verurteilte die Tat am 15. Jan. auf das Schärfste. Mit diesem Anschlag richteten die Attentäter sich gegen die Staatengemeinschaft und deren Hilfen für den Wiederaufbau Afghanistans.
  • Norwegens Außenminister Jonas Gahr Störe ist am 15. Jan. - zwei Tage früher als geplant - aus der afghanischen Hauptstadt Kabul abgereist, nachdem auf seine Delegation ein Anschlag verübt worden war.
  • UN-Generalsekretär Ban Ki Moon und der Weltsicherheitsrat haben den Selbstmordanschlag auf ein Luxushotel in Kabul verurteilt, bei dem am 14. Jan. acht Menschen getötet wurden. Die Hintermänner müssten vor Gericht gebracht werden, hieß es in einer am 15. Jan. in New York veröffentlichten Erklärung. Der Weltsicherheitsrat betonte, dass auch eine solche Bluttat die Fortschritte in Afghanistan nicht aufhalten könne. Ban erklärte laut seiner Sprecherin Michele Montas, die internationale Gemeinschaft werde mit ihrem Engagement in Afghanistan nicht nachlassen.
  • Die Bundeswehr plant offenbar die Entsendung eines Kampfverbands nach Nordafghanistan mit bis zu 250 zusätzlichen Soldaten. "Diese Aufgabe wird im Sommer auf Deutschland zukommen", sagte der verteidigungspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Rainer Arnold, der "Passauer Neuen Presse" (16. Jan.). Damit werde eine "neue Qualität" des Bundeswehr-Engagements in Afghanistan erreicht. Bisher seien im nordafghanischen Masar-i-Scharif nur "Stabilisierungstruppen", aber keine "Kampfverbände" stationiert, führte Arnold aus. Diese unterschieden sich durch Ausrüstung, Ausbildung und Auftrag und könnten "auch zur Jagd von Terroristen" eingesetzt werden. Der Verband soll laut Arnold eine schnelle Eingreiftruppe mit rund 350 norwegischen Soldaten ersetzen, die bisher im deutschen Verantwortungsbereich im Norden stationiert ist. Norwegen wolle diese Truppe im Juli zurückziehen, erklärte Arnold. Da sie die bereits vorhandene Logistik der Bundeswehr in Nordafghanistan nutzen könnten, reichten bis zu 250 deutsche Soldaten aus, um die Norweger zu ersetzen. Ein Sprecher des Bundesverteidigungsministeriums sagte der Zeitung dazu nur: "Die Planungen sind noch nicht abgeschlossen." Eine Entsendung des Kampfverbandes bliebe im Rahmen des vom Bundestag beschlossenen ISAF-Mandats.
    Siehe hierzu unsere Berichte und Stellungnahmen:
  • Der britische Politiker und frühere Marineinfanterist Paddy Ashdown soll als neuer Sondergesandter der Vereinten Nationen die Demokratisierung und den Aufbau einer Verwaltung in Afghanistan voranbringen, wie aus Diplomatenkreisen verlautete. Ein schwieriger Einsatz für den 66-Jährigen, denn das zerrissene Land ist durch den Aufstand der radikalislamischen Taliban weit von einer Befriedung entfernt. Ashdown folgt auf den deutschen Grünen-Politiker Tom Koenigs, der Afghanistan nach knapp zwei Jahren auf eigenen Wunsch verlässt. (AFP, 17. Jan.)
  • Der Chef der Schnellen Eingreiftruppe (QRF) der NATO in Afghanistan, Rune Solberg, hat die Bundeswehr aufgefordert, sich auf Opfer in Afghanistan einzustellen. Bei dem bevorstehenden Kampfeinsatz müssten die Soldaten darauf "vorbereitet sein, Krieg zu führen, vorbereitet sein, das eigene Leben zu verlieren", sagte der norwegische Oberstleutnant dem Tagesspiegel (18. Jan.). Seine Truppe sei bestens trainiert, aber diese mentale Vorbereitung habe ihnen gefehlt. Er habe viel Zeit damit verbracht, darüber mit seinen Leuten zu sprechen. Die Bundesregierung rief Solberg dazu auf, die deutsche Bevölkerung rechtzeitig zu informieren. "Die deutsche Regierung sollte jetzt anfangen, den Menschen zu erklären, warum es (der Kampfeinsatz) wichtig ist", erklärte er. "Wenn die Mehrheit der deutschen Bevölkerung dagegen ist, wird es sehr schwer für einen deutschen Soldaten mitzumachen."
  • Bei der Bundeswehr in Afghanistan bestehen offenbar erhebliche Ausrüstungsmängel. Unter anderem gebe es nicht genügend gepanzerte Fahrzeuge, berichtet der "Spiegel" am 19. Jan. unter Berufung auf einen vertraulichen Bericht des Generals Dieter Warnecke, der bis vor kurzem Kommandeur der Soldaten am Hindukusch war. Es fehlten auch Störsender gegen ferngesteuerte Sprengfallen sowie Fernmelde-Ausrüstung. Mit Blick auf die mögliche Beteiligung an einer schnellen Eingreiftruppe weise der General darauf hin, dass dringend Hubschrauber benötigt würden, die auch nachts fliegen könnten. Ein Sprecher des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr bei Potsdam lehnte eine Stellungnahme zu dem internen Bericht ab.
    Die NATO berät derzeit darüber, welche Nation ab der Jahresmitte die bisher von Norwegen kommandierte schnelle Eingreiftruppe Quick Reaction Force im Norden Afghanistans stellen soll. Die Bundeswehr richtet sich daher auf den möglichen Einsatz eines zusätzlichen Kampfverbandes ein. Dabei geht es um rund 240 Soldaten, die Anschläge verhindern und kritische Situationen beruhigen sollen.
  • Der Gewalt in Afghanistan sind am Wochenende (19./20. Jan.) wieder zahlreiche Menschen zum Opfer gefallen. Bei der Explosion einer am Straßenrand versteckten Bombe wurden in der Provinz Kandahar im Süden des Landes fünf Zivilpersonen getötet. Drei weitere Menschen wurden verletzt, wie die Behörden im Bezirk Pandschwaji am 20. Jan. mitteilten. Die Sprengfalle habe vermutlich afghanischen oder NATO-Soldaten gegolten, sagte der Chef der lokalen Verwaltung, Schah Baran. Sie wurde jedoch ausgelöst, als am Samstagabend (19. Jan.) ein Taxi darüber fuhr. Minen dieser Art würden gewöhnlich von den Taliban ausgelegt, um afghanische Soldaten oder NATO-Truppen zu treffen, sagte Baran. Aber dieses Mal habe es Zivilpersonen getroffen.
    Nach einem Bericht der afghanischen Nichtregierungsorganisation Safety Office wurden allein im vergangenen Jahr 1.977 Zivilisten als Folge der Kämpfe in Afghanistan getötet. Davon gingen mehr als 900 Todesfälle auf das Konto der Aufständischen.
    In Helmand, einer Nachbarprovinz von Kandahar, griffen Aufständische am 20. Jan. einen Lkw-Konvoi an, der mit Kies zu einem NATO-Stützpunkt im Bezirk Sangin unterwegs war. Die Angreifer töteten vier Fahrer und zwei Sicherheitsleute, wie der Chef der Sicherheitsfirma mitteilte, für den die beiden getöteten Begleiter tätig waren. Zwei der Lastwagen seien durch Sprengsätze zerstört worden, sechs andere seien von den Angreifern in Brand gesteckt worden.
    Amerikanische und afghanische Soldaten töteten bei einem fast ganztägigen Gefecht im Osten Afghanistans mehr als zwei Dutzend Taliban-Kämpfer. Das teilte die internationale Schutztruppe ISAF in Kabul mit. Das Gefecht habe am 18. Jan. begonnen, als eine aus afghanischen und US-Soldaten bestehende Einheit eine Gruppe Aufständischer angegriffen habe, die einen ISAF-Stützpunkt in den Bergen der Provinz Kunar angreifen wollten. Daraus habe sich ein 21-stündiges Gefecht entwickelt, das bis Samstag (19. Jan.) gedauert habe.
  • Der Gewalt in Afghanistan sind am Wochenende (19./20. Jan.) wieder zahlreiche Menschen zum Opfer gefallen. Bei der Explosion einer am Straßenrand versteckten Bombe wurden in der Provinz Kandahar im Süden des Landes fünf Zivilpersonen getötet. Drei weitere Menschen wurden verletzt, wie die Behörden im Bezirk Pandschwaji am 20. Jan. mitteilten. Die Sprengfalle habe vermutlich afghanischen oder NATO-Soldaten gegolten, sagte der Chef der lokalen Verwaltung, Schah Baran. Sie wurde jedoch ausgelöst, als am Abend des 19. Jan. ein Taxi darüber fuhr. Minen dieser Art würden gewöhnlich von den Taliban ausgelegt, um afghanische Soldaten oder NATO-Truppen zu treffen, sagte Baran. Aber dieses Mal habe es Zivilpersonen getroffen.
    Nach einem Bericht der afghanischen Nichtregierungsorganisation Safety Office wurden allein im vergangenen Jahr 1.977 Zivilisten als Folge der Kämpfe in Afghanistan getötet. Davon gingen mehr als 900 Todesfälle auf das Konto der Aufständischen.
    In Helmand, einer Nachbarprovinz von Kandahar, griffen Aufständische am 20. Jan. einen Lkw-Konvoi an, der mit Kies zu einem NATO-Stützpunkt im Bezirk Sangin unterwegs war. Die Angreifer töteten vier Fahrer und zwei Sicherheitsleute, wie der Chef der Sicherheitsfirma mitteilte, für den die beiden getöteten Begleiter tätig waren. Zwei der Lastwagen seien durch Sprengsätze zerstört worden, sechs andere seien von den Angreifern in Brand gesteckt worden.
    Amerikanische und afghanische Soldaten töteten bei einem fast ganztägigen Gefecht im Osten Afghanistans mehr als zwei Dutzend Taliban-Kämpfer. Das teilte die internationale Schutztruppe ISAF in Kabul mit. Das Gefecht habe am Freitag begonnen, als eine aus afghanischen und US-Soldaten bestehende Einheit eine Gruppe Aufständischer angegriffen habe, die einen ISAF-Stützpunkt in den Bergen der Provinz Kunar angreifen wollten. Daraus habe sich ein 21-stündiges Gefecht entwickelt, das bis Samstag gedauert habe.
    Man habe aus Geheimdienstberichten gewusst, dass die Taliban einen Großangriff in der Region planten, hieß es weiter. Die Unzugänglichkeit des Gebiets habe es schwierig gemacht, die genaue Zahl der getöteten Aufständischen festzustellen. Die amerikanischen und afghanischen Truppen hätten keine Verluste erlitten.
Montag, 21. Januar, bis Sonntag, 27. Januar Die Fraktion DIE LINKE hat am 21. Jan. eine Aktuelle Stunde zu den Planungen für den Einsatz von Bundeswehr-Kampfeinheiten als Quick Reaction Force in Afghanistan beantragt. Dazu erklärt Ulrich Maurer, Parlamentarischer Geschäftsführer: "Der Bundestag muss umgehend über den Einsatz von Bundeswehr-Kampftruppen in Afghanistan debattieren. Wenn deutsche Soldaten ab Sommer unmittelbar in den Anti-Terror-Krieg in Afghanistan eingreifen sollen, in dem bisher schon Tausende unschuldiger Zivilisten ermordet worden sind, ist das eine neue Qualität der Beteiligung. Der Kommandeur der norwegischen Einheiten, die durch deutsche abgelöst werden sollen, fordert zudem, die Soldaten darauf vorzubereiten, Krieg zu führen und das eigene Leben zu verlieren. Mit dem Austausch der norwegischen Quick Reaction Force (QRF) durch eine Kampftruppe der Bundeswehr überdehnt die Bundesregierung erneut das Bundestagsmandat für den Afghanistan-Einsatz und versucht wieder einmal, die Grenzen zwischen ISAF und OEF aufzuheben. Die Bundeswehr versinkt so immer tiefer im afghanischen Kriegssumpf: Die Entsendung einer deutschen QRF bedeutet nicht nur eine neue Qualität der Beteiligung, sondern droht auch zum Türöffner für die landesweite Beteiligung an schweren Kämpfen zu werden."
  • Bei der seit Wochen andauernden Eiseskälte und heftigen Schneefällen sind in Afghanistan nach neuen Behördenangaben bisher mehr als 320 Menschen ums Leben gekommen. Auch fast 10.000 Tiere seien in der Kälte verendet, teilte die Behörde für Katasthrophenschutz am 21. Jan. in Kabul mit. Die Schneefälle der jüngsten Zeit seien die schlimmsten seit 15 Jahren, hieß es. Besonders stark betroffen seien die westliche Provinz Herat und die benachbarten Provinzen in der Bergregion nahe der iranischen Grenze. Den Angaben zufolge fielen mancherorts bis zu zwei Meter Schnee, mehrere Straßen seien blockiert, ganze Ortschaften von der Außenwelt abgeschnitten.
  • Mit scharfem Protest haben internationale Journalistenverbände auf das Todesurteil gegen einen afghanischen Reporter reagiert. Das Provinzgericht von Balch im Norden Afghanistans befand den 23-jährigen Perwis Kambachsch für schuldig, in einem Artikel den Islam "beleidigt" und Koranverse "falsch ausgelegt" zu haben, wie am 23. Jan. erklärt wurde. Die Vereinigung unabhängiger afghanischer Journalisten in Kabul rief daraufhin internationale Medienverbände zu Protesten gegen das Urteil auf.
  • Kampfeinsätze der Bundeswehr in Afghanistan rücken offenbar immer näher. Wie die "Bild"-Zeitung am 23. Jan. berichtet, steht eine Anforderung der NATO für 250 Soldaten einer schnellen Eingreiftruppe "unmittelbar bevor". Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) wolle das Begehren Anfang kommender Woche bekannt geben. Der SPD-Verteidigungspolitiker Jörn Thießen vermutet laut "Bild", dass die Bekanntgabe des neuen Einsatzes bewusst nach den Landtagswahlen in Hessen und Niedersachsen am Sonntag erfolgen wird. Thießen sagte dem Blatt: "Eine Anfrage der NATO kommt dann, wenn man sie haben will. Dahinter kann auch politisches Kalkül stecken."
    Das Bundesverteidigungsministerium hatte vergangene Woche erklärt, die Bundeswehr prüfe derzeit eine Anfrage der Nato, im Norden Afghanistans von Norwegen das Kommando über die dortige "schnelle Eingreiftruppe" zu übernehmen. Regierungssprecher Ulrich Wilhelm hatte mitgeteilt, die NATO werde Ende Januar entscheiden, welches Land die so genannte Quick Reaction Force stellen solle.
  • Zur logistischen Unterstützung des US-geführten Einsatzes in Afghanistan ist am 24. Jan. ein japanisches Kriegsschiff in Richtung Indischer Ozean ausgelaufen. Der Zerstörer «Murasame» verließ am Donnerstagmorgen den Hafen Yokosuka südlich von Tokio. Ein Tankschiff soll nach Regierungsangaben in Kürze folgen. Damit beteiligt sich Japan weiterhin an der 2001 begonnenen «Operation Enduring Freedom» zum Kampf gegen die Taliban und das Terrornetzwerk Al Kaida.
    Die Opposition im japanischen Parlament hatte am 1. November 2007 eine Verlängerung der Mission vorerst blockiert. Am 11. Januar billigten die Abgeordneten dann die Fortsetzung. Allerdings wurde der Einsatz japanischer Schiffe ausschließlich auf das Betanken und die Wasserversorgung von US-Schiffen beschränkt, die nicht direkt für Kampfhandlungen in Afghanistan verwendet werden. Das Oberhaus in Tokio hatte diese Regelung zunächst abgelehnt, wurde mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit im Unterhaus jedoch überstimmt.
  • Bei neuen Kämpfen in Afghanistan sind mindestens neun afghanische Polizisten und zwei Zivilpersonen ums Leben gekommen. Die Polizisten seien in der zentralen Provinz Ghasni im Rahmen der US-geführten "Operation Enduring Freedom" zu einer Razzia im Einsatz gewesen, teilte ein Regionalbeamter am 24. Jan. mit. Dabei seien auch zwei Einwohner des durchsuchten Dorfes Ghariban ums Leben gekommen, darunter eine Frau.
  • Bis zur Aufklärung von Foltervorwürfen übergeben die kanadischen Einheiten der internationalen Afghanistan-Truppe keine Häftlinge mehr an die dortigen Behörden. Am 5. November 2007 sei die kanadische Regierung "glaubwürdig" über die Misshandlung eines Gefangenen informiert worden, der von den kanadischen Einheiten an die afghanischen Sicherheitskräfte übergeben worden war, heißt es laut AFP vom 24. Jan. in einem Schreiben des Justizministeriums in Ottawa an Menschenrechtsgruppen. "Als Konsequenz daraus wurden seither keine Gefangenen an die afghanischen Behörden ausgeliefert."
    Die kanadische Sektion von Amnesty International (ai) und die Menschenrechtsgruppe British Columbia Civil Liberties Association (BCCLA) erklärten, sie seien von der Regierung kurz vor einer gerichtlichen Untersuchung wegen derartiger Vorfälle informiert worden.
    "Bislang hielt die Regierung die Entscheidung geheim", heißt es in einer Erklärung der beiden Organisationen. Derzeit stehen 2500 kanadische Soldaten in Afghanistan im Einsatz gegen die radikalislamischen Taliban. Kanadische Medien hatten in den vergangenen Monaten wiederholt über Vorwürfe berichtet, Gefangene würden in afghanischen Gefängnissen gefoltert.
  • Ein möglicher Kampfeinsatz der Bundeswehr in Afghanistan ist nach Ansicht von Staatssekretär Thomas Kossendey aus dem Verteidigungsministerium vom bereits bestehenden Bundestagsmandat gedeckt. Im ARD-Morgenmagazin erklärte der CDU-Politiker am 24. Jan., er gehe davon aus, dass die Bundeswehr auf Anforderung Kampftruppen entsenden wird. "Die, die dort hin sollen, sind eine Art militärische Feuerwehr. Die werden im Norden Afghanistan dann eingesetzt, wenn es brenzlig wird oder wenn wir eine besondere Sicherheitssituation schaffen wollen." Die Norweger hätten diese Aufgabe "in den letzten beiden Jahren sehr gut gemacht". Sie hätten dort "keinen Menschen verloren, weil sie sehr vorsichtig agiert haben. Das soll dann auch die deutsche 'Quick Reaction Force' ab Sommer tun".
    Für die neue Truppe gelte das gleiche Mandat, das im Bundestag bereits beschlossen worden sei. Sie werde regional im gleichen Gebiet eingesetzt, sie werde vom Ziel her den Aufbau Afghanistans zu sichern haben. Die Zahl der Soldaten bleibe auch unter der Obergrenze von 3.500 Soldaten, die das Parlament bewilligt habe. "Und sie werden außerhalb des Nordens nur dann eingesetzt in den Sonderfällen, die jetzt das Mandat für die Soldaten auch vorsieht und das auch nur nach Absprache mit der politischen Führung." Politisch könne das Mandat, das bis Oktober gilt, vom Bundestag nicht gestoppt werden, sagte Kossendey. (Kossendey vertrat die Regierungsposition auch am Mittag im Bundestag.)
  • Das Auswärtige Amt hat deutschen Hilfsorganisationen eine Million Euro für lebensrettende Winterhilfsprojekte in Afghanistan zur Verfügung gestellt. Das Land werde derzeit von dem härtesten Winter seit mehr als zehn Jahren heimgesucht. Das treffe "die Schwächsten der Schwachen", erklärte Außenminister Frank-Walter Steinmeier am 24. Jan. in Berlin. Besonders betroffen seien schwer erreichbare Dörfer sowie Rückkehrer und Binnenvertriebene. "Vor allem Kinder und ältere Personen brauchen jetzt unsere Hilfe."
    Im zentralen Hochland, wo viele Täler in den Wintermonaten von der Außenwelt abgeschnitten und ohne medizinische Versorgung sind, finanziert das Auswärtige Amt sechs Gesundheitsstationen zur Sicherung der Basisversorgung von über 100.000 Menschen. Das Personal bezieht mitsamt der erforderlichen Materialien bereits zum Zeitpunkt des Wintereinbruchs in den Tälern Quartier.
    In Zusammenarbeit mit verschiedenen Hilfsorganisationen stattet das Auswärtige Amt Bedürftige mit Decken, warmer Kleidung und Grundnahrungsmitteln aus. Auch Schulkinder erhalten wärmende Kleidung, um den Schulbesuch in ungeheizten Klassenräumen zu ermöglichen. Seit 2001 hat das Auswärtige Amt damit für Humanitäre Hilfe und Humanitäre Minenräumung in Afghanistan etwa 68 Millionen Euro zur Verfügung gestellt.
  • Bei Kämpfen im pakistanischen Grenzgebiet zu Afghanistan sind nach Militärangaben 40 Aufständische getötet worden. Pakistanische Soldaten hätten am 23. Jan. und am frühen Morgen des 24. Jan. mutmaßliche Stellungen der Rebellen in Süd-Waziristan mehrfach angegriffen, teilte ein Militärsprecher mit. Dabei seien auch mindestens acht Soldaten ums Leben gekommen. 30 Extremisten wurden den Angaben zufolge gefangengenommen.
    Der frühere Ministerpräsident Nawaz Sharif kritisierte Präsident Pervez Musharraf unterdessen für den Umgang mit den Extremisten in den quasiautonomen Gebieten Nord- und Süd-Waziristans. "Das Problem in den Stammesgebieten wird nicht durch den Einsatz von Kugeln, Gewehren und Kampfhubschraubern zu gewinnen sein", sagte der Oppositionspolitiker. Es müsse darum gehen, die Herzen und Köpfe der Bevölkerung dort zu gewinnen.
    In der Region werden viele Kämpfer der afghanischen Taliban und des Terrornetzwerks Al Kaida vermutet. Angriffe auf Stützpunkte der Streitkräfte deuteten zuletzt darauf hin, dass die Extremisten dort die Kontrolle immer mehr an sich ziehen. Auch der mutmaßliche Drahtzieher des Anschlags auf Oppositionsführerin Benazir Bhutto, der islamischen Extremist Baitullah Mehsud, wird dort vermutet.
  • Für den möglichen Einsatz einer Kampftruppe der Bundeswehr in Nordafghanistan hat die Bundesregierung am 24. Jan. vom Bundestag Rückendeckung erhalten. Abgeordnete von Union und SPD betrachteten es in einer Debatte am Donnerstag als selbstverständlich, dass die Bundeswehr auch für die Sicherheit der deutschen ISAF-Soldaten sorge. Die FDP forderte, dass die neue Qualität der Aufgabe dabei klar benannt werde. Die Grünen hielten Fragen nach einer schleichenden Eskalation für berechtigt. Eine Entscheidung der NATO wird Anfang Februar erwartet.
    Die Debatte war von der Linksfraktion beantragt worden. Deren Vorsitzende Oskar Lafontaine und Gregor Gysi forderten erneut ein Ende des Afghanistan-Einsatzes. Mit der schnellen Eingreiftruppe werde die Truppe "immer mehr in den Krieg einbezogen", sagte Lafontaine. Von den Rednern aller anderen Fraktionen wurde ihnen dafür Populismus im Zuge der hessischen Landtagswahlkampfes vorgeworfen.
    Hier geht es zur Bundestagsdebatte.
  • Die USA haben Afghanistan um die Aufhebung des Todesurteils gegen einen Journalisten ersucht, dem Beleidigung des Islams vorgeworfen wird. "Wir sind besorgt über das Urteil, das letztlich deshalb verhängt wurde, weil der Reporter seinem Beruf nachgegangen ist", erklärte Außenamtssprecher Tom Casey am 25. Jan. in Washington. Die Freiheit des Ausdrucks sowie die Pressefreiheit müssten gewahrt bleiben. Laut Casey wird der US-Botschafter in Kabul, William Wood, den Fall mit der afghanischen Regierung erörtern.
    Der 23-jährige Parwez Kaambachsch wurde am 22. Jan. in der nordafghanischen Stadt Maser-i-Scharif zum Tode verurteilt. Er hatte sich einen Bericht aus dem Internet ausgedruckt und an Journalismus-Studenten an der Universität Balch verteilt. Dem US-Auslandssender Radio Free Afghanistan zufolge enthielt der Artikel Kommentare zu Koranversen über die Rolle der Frau. Gegen das Todesurteil soll ein Berufungsverfahren laufen. Die USA erhoffen sich davon eine Umwandlung der Strafe, wie Casey betonte.
  • Im pakistanischen Grenzgebiet zu Afghanistan ist erneut ein ranghoher Taliban-Vertreter getötet worden. Wie die US-geführten Truppen am 26. Jan. in Kabul mitteilten, wurde Darim Sedgai am 16. Januar in einem Hinterhalt von unbekannten Bewaffneten getötet. Sedgai stand an zwölfter Stelle der US-Terrorliste, auf ihn war ein Kopfgeld von 50.000 Dollar ausgesetzt. Nach Angaben der US-geführten Truppen in Afghanistan gehörte Sedgai zu den Aufständischen um den Taliban-Kommandeur Siradsch Hakkani. Er und seine Leute waren dafür zuständig, Material für die Herstellung von Sprengsätzen und Sprengstoffgürtel aus dem pakistanischen Grenzgebiet nach Afghanistan zu schmuggeln. Sedgai sei bereits der dritte hochrangige Vertreter von Hakkanis Gruppe, der in den vergangenen Monaten getötet wurde.
  • Bewaffnete Männer haben in Afghanistan eine US-Bürgerin entführt. Die Frau sei in der Stadt Kandahar im Süden des Landes verschleppt worden, teilte das Innenministerium am 26. Jan. in Kabul mit. Sie habe für eine Hilfsorganisation gearbeitet. Der Gouverneur von Kandahar, Assadullah Khaled, sagte, die Frau sei bei ihrer Entführung mit einer Burka bekleidet gewesen. Das traditionelle Ganzkörpergewand lässt nur die Augen offen und macht eine Identifizierung der Frauen schwer. Die Motive der Täter und ihre mögliche Zugehörigkeit zu einer Gruppe blieben zunächst unklar. "Wer auch immer es war, die Entführer sind Feinde Afghanistans", sagte Khaled. Entführungen von Ausländern hat es in Afghanistan immer wieder gegeben, dahinter stecken meist radikalislamische Gruppen oder Lösegeld-Erpresser.
  • Für die mögliche Entsendung einer Kampftruppe nach Nordafghanistan fehlt es der Bundeswehr offenbar noch an der nötigen Ausrüstung. Der Vorsitzende des Bundeswehrverbandes, Bernhard Gertz, forderte eine zusätzliche Milliarde Euro Haushaltsmittel, um etwa gepanzerte Fahrzeuge und Kommunikationsmittel für den gefährlicheren Einsatz anzuschaffen. Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums sagte am 26. Jan. in Berlin, man befinde sich noch im Planungsstadium.
  • Der britische Politiker Paddy Ashdown hat seine Bewerbung um den Posten des UN-Sondergesandten in Afghanistan zurückgezogen. Dies gab Ashdown am 27. Jan. in London bekannt. "Es ist klar, dass zumindest in Afghanistan die notwendige Unterstützung ... nicht vorhanden ist", sagte der Liberaldemokrat, der bereits UN-Sondergesandter in Bosnien-Herzegowina war. Der afghanische Präsident Hamid Karsai hatte zuvor seine Ablehnung der Kandidatur des Liberaldemokraten zu verstehen gegeben. "Diese Arbeit kann nur auf der Grundlage einer internationalen Übereinstimmung und mit der klaren Unterstützung der Regierung von Afghanistan erfolgreich ausgeführt werden", begründete Ashdown seinen Rückzug. "Daher habe ich mich widerstrebend dazu entschlossen, meinen Namen von der Liste zurückzuziehen", fuhr der Politiker fort. Afghanistans UN-Botschafter Sahir Tanin hatte in einem Interview mit der britischen Rundfunkanstalt BBC Presseberichte bestätigt, wonach Präsident Karsai gegen Ashdowns Ernennung war. Tanin sagte, Kabul bevorzuge den britischen NATO-General John McColl, der derzeit der Vizekommandeur der NATO-Streitkräfte in Europa ist.
    Die britische Tageszeitung "The Times" hatte berichtet, Karsai sei gegen Ashdown, weil dieser zu weit gehende Kompetenzen gefordert habe. Der afghanische Staatschef habe US-Außenministerin Condoleezza Rice beim Weltwirtschaftsforum in Davos darüber informiert, dass er sich gegen Ashdowns Entsendung stellen werde.
  • Die geplante Kommando-Übernahme Deutschlands bei der "schnellen Eingreiftruppe" im Norden Afghanistans ist nach Einschätzung von Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) keine "grundstürzende Veränderung" des bisherigen Engagements Deutschlands am Hindukusch. Die Entwicklung der Sicherheitslage in Afghanistan sei "keineswegs so, wie wir es uns gewünscht hätten", sagte Steinmeier am 27. Jan. im Deutschlandfunk. Wenn die Bundeswehr im Norden des Landes von Norwegen das Kommando über die Eingreiftruppe übernehme, so sei die "in der Tat eine Veränderung", die jedoch nicht als "völlige Veränderung der Aufgaben der Bundeswehr" wahrgenommen werden sollte. "Wir wollen keine Besatzungsmacht sein", betonte Steinmeier. Wenn es nicht anders gehe, müssten Soldaten aber auch "Gebrauch von Schusswaffen" machen, um die Sicherheit zu erhöhen. Montag, 28. Januar, bis Donnerstag, 31. Januar
    • Kanada wird den Afghanistan-Einsatz seiner rund 2.500 Soldaten nur verlängern, wenn andere NATO-Partner mindestens 1.000 zusätzliche Soldaten in den umkämpften Süden des Landes entsenden. Das erklärte der kanadische Ministerpräsident Stephen Harper am 28. Jan. in Toronto. Vor dem nächsten NATO-Gipfeltreffen im April wolle er mit anderen Staaten darüber verhandeln. Die zusätzlichen Truppen sollten wie die kanadischen in Kandahar stationiert werden. Eine Untersuchungskommission hatte der kanadischen Regierung in der vergangenen Woche empfohlen, den Einsatz nur über das Jahr 2008 hinaus zu verlängern, wenn andere NATO-Partner mehr Truppen in den gefährlichen Süden des Landes schicken würden. Seit Beginn des Afghanistan-Einsatzes kamen 78 kanadische Soldaten ums Leben.
      Die USA, Kanada, Großbritannien und die Niederlande haben Soldaten in den gefährlichen Provinzen des Südens. Andere europäische NATO-Staaten, darunter Deutschland, haben sich wiederholt Forderungen verwehrt, Soldaten in den Süden und Südosten des Landes zu schicken. Insgesamt sind in Afghanistan rund 42.000 Soldaten unter dem Kommando der NATO im Einsatz.
    • Bundesverteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) ist am 28. Jan. überraschend zu einem Besuch in Afghanistan eingetroffen. In Kabul traf der Minister mit Präsident Hamid Karsai und Verteidigungsminister Abdul Rahim Wardak zusammen. Das Verteidigungsministerium in Berlin wollte aus Sicherheitsgründen keine näheren Angaben zur Dauer und zum Verlauf der Reise sowie zu den Gesprächspartnern Jungs machen. In Afghanistan sind derzeit mehr als 3000 Bundeswehrsoldaten stationiert.
    • Die Bundeswehr ist von der NATO offiziell um die Bereitstellung von 250 Soldaten für Kampfeinsätze der schnellen Eingreiftruppe in Nordafghanistan gebeten worden. Das Verteidigungsministerium sagte der Nachrichtenagentur AP am 29. Jan., eine NATO-Anfrage auf Zuteilung der schnellen Eingreiftruppe sei eingegangen. Die so genannte Quick Reaction Force hat die Aufgabe, die ISAF-Stabilisierungstruppe in Afghanistan abzusichern. Die Bundesregierung will Anfang Februar über die NATO-Anfrage entscheiden. Der Einsatz würde im Sommer beginnen, wenn Norwegen seine Soldaten der schnellen Eingreiftruppe abzieht.
    • "Die Bundesregierung verstrickt Deutschland endgültig in den völkerrechtswidrigen Krieg in Afghanistan, wenn sie weitere Kampftruppen nach Afghanistan entsendet. Die Bundesregierung muss deshalb die NATO-Anforderung nach einer deutschen Quick Reaction Force in Nord-Afghanistan ablehnen", fordert der Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE, Gregor Gysi am 29. Jan.
    • Die kirchliche Hilfsorganisation Caritas international hat zu Spenden für die Betroffenen der Kältewelle in Afghanistan aufgerufen. Durch die Kältewelle seien bislang 300 Menschen ums Leben gekommen, teilte die Organisation am 29. Jan. in Stuttgart mit. Besonders betroffen seien Bewohner der Bergdörfer in den Regionen Bamiyan, Daikundi, Ghor und Herat sowie in Zelten lebende Nomaden. Für die Bewohner von 240 Dörfern versuchten Caritas-Mitarbeiter derzeit, die Zufahrtsstraßen von Schnee zu befreien. Besonders prekär ist die Lage nach Angaben des Caritas-Büros in Kabul für Tausende abgeschobene afghanische Rückkehrer aus dem Iran, die zum Großteil in schlecht ausgestatteten Transitlagern im Grenzgebiet zum Iran untergebracht sind. Die Hilfsorganisation versuche derzeit, den Zugang zu den meist in Zelten lebenden Menschen zu ermöglichen und auch diese Kälteopfer mit Heizöfen, Kohle und Lebensmitteln zu versorgen.
    • Die Friedensbewegung kritisierte am 30. Jan. die von der Bundesregierung geplante Entsendung einer Schnellen Eingreiftruppe in scharfer Form. Der Bundesausschuss Friedensratschlag warf der Regierung in einer Erklärung vor, dass sie "lüge und trickse", um die Aufstockung der Bundeswehr ohne Zustimmung des Bundestags durchzusetzen. Die Soldatenvereinigung "Darmstädter" Signal verlangt anstelle der neuen Truppe eine "Großoffensive des zivilen Wiederaufbaus".
      (Hier geht es zu den Erklärungen aus der Friedensbewegung..)
    • Der afghanische Präsident Hamid Karsai hat sich skeptisch über die geplante Verstärkung der Präsenz ausländischer Truppen in seinem Land geäußert. "Ich bin nicht sicher, ob die Entsendung weiterer Truppen die richtige Antwort wäre", sagte Karsai der Tageszeitung "Die Welt" (Ausgabe vom 30. Jan.). "Für uns findet der Krieg nicht hier, sondern anderswo statt", sagte der Präsident. Wichtiger als das militärische Vorgehen gegen Terroristen sei es, sich auf die Zufluchtsstätten und Ausbildungslager zu konzentrieren. "Afghanistan ist keine Zufluchtsstätte. Es war eine, aber wir haben es uns zurückgeholt", sagte Karsai. Mehr als alles andere brauche sein Land Hilfe beim Aufbau "unseres Humankapitals und unserer Institutionen", so Karsai. Es gehe etwa um die Armee, die Polizei, die Beamten und Richter. "Wir müssen unseren institutionellen Standard heben", sagte Karsai.
    • Nach der Anfrage nach deutschen Kampftruppen für Afghanistan hat Grünen-Chef Reinhard Bütikofer die Regierung davor gewarnt, "durch die Hintertür" das vom Bundestag beschlossene ISAF-Mandat zu verändern. Der in Essen erscheinenden Neuen Ruhr/Rhein Zeitung (Ausgabe vom 31. Jan.) sagte Bütikofer, der Bundestag müsse genau prüfen, ob die Nato -Anfrage durch das ISAF-Mandat gedeckt sei. "Ich verlasse mich nicht darauf, was der Verteidigungsminister versichert. Ich habe zu viel Unbedachtes von Herrn Jung gehört", sagte er. Wenn der Einsatz durch das Mandat gedeckt sei, sehe er prinzipiell "keine neue Situation", so Bütikofer. Seine Partei wisse, dass ISAF notwendig sei, "einschließlich der militärischen Komponente", fügte Bütikofer hinzu.
    • Der Deutsche Bundeswehrverband hat schwere Mängel beim Aufbau der Polizei in Afghanistan beklagt. "Deutschland und die europäischen Partner müssen wesentlich mehr in den Polizeiaufbau in Afghanistan investieren", forderte der Vorsitzende des Verbandes, Bernhard Gertz, im Gespräch mit der in Hannover erscheinenden "Neuen Presse" (Ausgabe vom 31. Jan.). Auch die 195 Polizeiausbilder, die bis Ende März in Kabul eintreffen sollten, seien nur ein Tropfen auf den heißen Stein, wenn flächendeckend eine funktionierende Polizei aufbauen werden solle. "Wenn man diese Mängel nicht beseitigt und hier nicht mehr Personal einsetzt, verrät man die deutschen Soldaten, die dort ihren Dienst tun", kritisierte Gertz.
    • "Tritt Deutschland wirklich in diesen Krieg in Afghanistan ein, wird es verlieren, Afghanistan verlieren und die Aussicht auf Frieden wird weiter weg rücken, als sie es war." Mit diesem Statement beteiligt sich am 31. Jan. der Autor Roger Willemsen an der Diskussionsplattform dieGesellschafter.de. Im Online-Tagebuch verfassen wechselnde Autoren Einträge zu tagespolitischen Anlässen oder Ereignissen ihrer Wahl: subjektiv, persönlich, direkt. Alle Einträge können kommentiert und diskutiert werden. Willemsen bezieht sich auf die aktuelle Diskussion um die Entsendung von 250 Soldaten für Kampfeinsätze nach Afghanistan. Der Moderator und Bühnen-Erzähler weiter: "Hierzulande wird uns das Sterben deutscher und afghanischer Soldaten und Bürger durch propagandistische Sätze plausibel gemacht werden, wie: ,Die deutsche Freiheit wird am Hindukusch verteidigt.' Dort hat sie längst kapituliert."
    • Einer der höchsten Al-Kaida-Kommandeure in Afghanistan, Abu Laith al Libi, ist offenbar getötet worden. Dies geht aus einer Meldung auf einer Website hervor, die von militanten Islamisten genutzt wird, wie das auf die Beobachtung von Al-Kaida-Botschaften spezialisierte SITE-Institut in Washington am 31. Jan. berichtete. Der Wahrheitsgehalt der Meldung konnte zunächst nicht von unabhängiger Seite bestätigt werden. Al Libi war nach Ansicht von Antiterror-Experten ein wichtiges Bindeglied zwischen dem Terrornetzwerk und der Taliban. Er leitete Ausbildungslager der Al Kaida und erschien in mehreren im Internet verbreiteten Videos. Al Libi soll hinter einem Anschlag auf die US-Militärbasis in Bagram im vergangenen Februar stecken, bei dem während des Besuchs von US-Vizepräsident Dick Cheney 23 Menschen getötet wurden. Wie aus pakistanischen Geheimdienstkreisen verlautete, wurde Al Libi bei einem Raketenangriff nahe der Stadt Mir Ali in der pakistanischen Region Nord-Wasiristan getötet. Bei dem Angriff am Montagabend (28. Jan.) oder Dienstagmorgen (29. Jan.) sollen etwa ein Dutzend Menschen ums Leben gekommen sein, darunter örtliche Taliban-Mitglieder.


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