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Chronik Afghanistan

Juni 2007


Freitag, 1. Juni, bis Sonntag, 3. Juni
  • In Afghanistan ist erneut ein NATO-Soldat getötet worden. Bei Kämpfen seien am 1.Juni ein Soldat getötet und drei weitere verletzt worden, teilte die Internationale Afghanistan-Schutztruppe (ISAF) am 1. Juni mit. Zu der Nationalität der Opfer wurden keine Angaben gemacht. Ein Mitarbeiter des NATO-Pressebüros für Ostafghanistan sagte, es habe sich um einen Bombenanschlag in der Nähe von Mehtarlam, rund 100 Kilometer östlich von Kabul, gehandelt. Die Zahl der in diesem Jahr in Afghanistan umgekommenen ausländischen Soldaten stieg damit auf 74. Bei dem mutmaßlichen Abschuss eines NATO-Hubschraubers waren am Mittwochabend fünf US-Soldaten, ein britischer Soldat sowie ein kanadischer Armee-Fotograf ums Leben gekommen.
  • Dänemark will seine Militärpräsenz in Afghanistan um etwa ein Drittel erhöhen. Im Gegenzug soll das Heereskontingent im Süden Iraks durch eine kleinere Anzahl Angehörige der Luftwaffe und vier unbewaffnete Beobachtungshubschrauber ersetzt werden. Die entsprechende Entscheidung der Regierung zu Afghanistan billigte das Parlament in Kopenhagen am 1. Juni mit 99 zu 12 Stimmen, 68 Abgeordneten waren nicht anwesend. Demnach will Dänemark im Herbst etwa 200 weitere Soldaten nach Afghanistan entsenden, wo bereits 440 stationiert sind, die meisten von ihnen in der Provinz Helmand.
  • Schweden erhöhte am 1. Juni die Obergrenze für die Zahl seiner Soldaten in Afghanistan von 375 auf 600. Derzeit tun etwa 330 schwedische Soldaten dort Dienst, die meisten im Raum Masar-i-Scharif im Rahmen der Internationalen Schutztruppe (ISAF).
  • Der EU-Außenbeauftragte Javier Solana hat sich gegen einen Abzug deutscher Soldaten aus Afghanistan ausgesprochen. "Nach den jüngsten Todesfällen gilt unser tiefes Mitgefühl in der EU natürlich Deutschland", sagte Solana der "Bild am Sonntag" (3. Juni) zufolge. Aber ein Abzug von Soldaten wäre nicht die richtige Antwort. Deutschlands Beitrag in Afghanistan sei unverzichtbar. «Deutsche Soldaten, Polizisten und Aufbauhelfer machen einen großartigen Job», wird er zitiert. Solana ließ erkennen, dass sich Deutschland auf einen langen Einsatz einstellen muss. "Der Wiederaufbau muss als langfristige Aufgabe begriffen werden", sagte er.
  • Bei einem Angriff aus dem Hinterhalt sind in Afghanistan ein NATO-Soldat der Internationalen Schutztruppe für Afghanistan (ISAF) und ein Übersetzer ums Leben gekommen. Zudem seien sieben Soldaten verletzt worden, teilte die ISAF am 3. Juni mit. Ein ISAF-Konvoi sei mit Gewehren und Panzerabwehrraketen angegriffen worden, hieß es. Die ISAF machte keine Angaben über den Ort, in afghanischen Kreisen hieß es allerdings, der Angriff habe sich in der Provinz Nuristan an der Grenze zu Pakistan ereignet.
  • In Afghanistan sind bei einem Bootsunglück rund 60 mutmaßliche Taliban-Kämpfer ums Leben gekommen. Alle an Bord des Bootes seien Mitglieder der radikalislamischen Taliban gewesen und bei dem Unglück auf einem Fluss im Süden des Landes umgekommen, sagte ein Sprecher des afghanischen Verteidigungsministeriums am 3. Juni in Kabul. Das Boot war demnach bereits am 1. Juni gesunken, nachdem Taliban-Kämpfer damit vor der afghanischen Armee fliehen wollten. Nun werde geprüft, wo sich ihre Leichen befänden, sagte der Sprecher weiter. Zuvor hatte er gesagt, an Bord des Bootes auf dem Fluss Helmand in der gleichnamigen südlichen Provinz seien mehr als 60 Menschen gewesen, als es aus unbekanntem Grund sank.
  • Die radikalislamischen Taliban in Afghanistan haben mit der Ermordung von vier afghanischen Geiseln gedroht. Der Arzt und die drei Krankenschwestern würden hingerichtet, wenn die Regierung den Taliban nicht die sterblichen Überreste Mullah Dadullahs übergebe, sagte Taliban-Sprecher Schohabudin Atal am 3. Juni. Afghanische und NATO-Truppen hatten den Militärchef der Taliban Anfang Mai bei einem Gefecht in Helmand getötet. Die Taliban, die Rache für den Tod Dadullahs geschworen hatten, hatten sich zu der Entführung des Mediziners, der Krankenschwestern und ihres Fahrers Ende März in Kandahar bekannt.
  • Trotz der anhaltenden Angriffe von Aufständischen sieht US-Verteidigungsminister Robert Gates Afghanistan auf dem richtigen Weg. Die Strategie der USA und ihrer Verbündeten trage langsam Früchte, sagte Gates zu Beginn eines unangekündigten Besuchs in Kabul am 3. Juni. Er wolle sich einen Überblick über die Zusammenarbeit der Koalition und der Hilfsorganisationen beim Wiederaufbau des Landes machen. Die Staatengemeinschaft müsse alles dafür tun, dass die Entwicklung in Richtung mehr Sicherheit und Wohlstand weitergehe. Gates kam aus Singapur, wo er an einer Sicherheitskonferenz teilgenommen hatte.
Montag, 4. Juni, bis Sonntag, 10. Juni
  • Bundesverteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) hat vor einer erneuten Debatte über einen möglichen Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan gewarnt. "Wer jetzt den Rückzug der deutschen Soldaten fordert, der spielt damit den Taliban in die Hände", zitierte die "Leipziger Volkszeitung" Jung in ihrer Ausgabe vom 4. Juni. Jung äußerte sich am Rande einer Sicherheitskonferenz in Singapur. Der Bundesverteidigungsminister versicherte, bei dem Treffen habe kein Land mehr einen Einsatz deutscher Truppen im stark umkämpften Süden Afghanistans gefordert. Dieser Sinneswandel sei besonders durch den erfolgreichen Einsatz der sechs deutschen Tornado-Jets zu erklären.
  • US-Verteidigungsminister Robert Gates hat bei seinem Besuch in Afghanistan am Montag mögliche Waffenlieferungen aus dem Iran an die islamistischen Taliban-Kämpfer angesprochen. "Es gibt Informationen, dass in den vergangenen Monaten Waffen aus dem Iran eingetroffen sind", sagte Gates bei einer Pressekonferenz mit dem afghanischen Präsidenten Hamid Karsai am 4. Juni in Kabul. Über eine Verwicklung der iranischen Regierung lägen aber keine Informationen vor. Karsai lobte die Beziehungen zum Iran. "Der Iran und Afghanistan waren niemals so gute Freunde wie heute". Der Staatschef erwähnte insbesondere die Wiederaufbauhilfen aus dem Nachbarland.
  • Nach einer Anhörung im Gefangenenlager Guantanamo hat ein US-Militärrichter die Anklage gegen einen Terrorverdächtigen fallenlassen, der zum Zeitpunkt seiner Festnahme erst 15 Jahre alt war. Die Anklage habe nicht hinreichend belegen können, dass der kanadische Staatsbürger Omar Khadr bei seiner Festnahme in Afghanistan ein "feindlicher Kämpfer" gewesen sei, urteilte Militärrichter Peter Brownback am 4. Juni in dem auf Kuba gelegenen Gefangenenlager. Die Anklage wegen Mordes, versuchten Mordes, Verschwörung und Unterstützung des Feindes ließ Brownback fallen.
    Ein anderer Militärrichter hat auch die Anklage gegen den ehemaligen Fahrer von Terrorchef Osama bin Laden fallen gelassen. Dem 20 Jahre alten Omar Khadr sollte wegen Mordes, versuchten Mordes und Unterstützung des Terrornetzes El Kaida der Prozess vor einem Militärtribunal gemacht werden. Der in Toronto geborene Khadr gilt als der jüngste Häftling in Guantánamo Bay.
    Die beiden Angeklagten, der Bin-Laden-Fahrer Salim Ahmed Hamdan und der jetzt 20 Jahre alte Kanadier Omar Ahmed Khadr, werden aber nicht freigelassen.
    Das Urteil der beiden Richter könnte weit reichende Folgen haben und der von Bush beabsichtigen schnellen Verurteilung von Mitgliedern des Terrornetzwerkes El Kaida und der afghanischen Taliban-Milizen einen Strich durch die Rechnung machen. Sollte die Anklage mit ihrer Berufung keinen Erfolg haben, müssten etwa die rund 380 Gefangenen von Guantánamo Bay erneut vor Militärkommissionen erscheinen, damit ihr Gefangenenstatus neu festgelegt wird. Die Militärrichter Peter Brownback und Keith Allred ließen die Anklagen nämlich nicht aus Mangel an Beweisen, sondern aus formalen Gründen fallen. US-Militärkommissionen hatten sowohl Hamdan als auch Khadr als so genannte "feindliche Kämpfer" und nicht als "ungesetzliche feindliche Kämpfer" eingestuft. Nach einem neuen US- Gesetz zur Aburteilung von Guantánamo-Häftlingen können aber nur "ungesetzliche Kämpfer" vor Sondergerichte gestellt werden. Die Genfer Konventionen zum Umgang mit Kriegsgefangenen kennen den Begriff "ungesetzliche feindliche Kämpfer" nicht. Die USA verstehen darunter jene Personen, die gegen das Kriegsrecht verstoßen und beispielsweise keine Uniformen mit Diensträngen sowie ihre Waffen nicht offen tragen. Laut US-Rechtssprechung haben die "ungesetzlichen Kämpfer" weniger Rechte als Kriegsgefangene.
  • Im Kampf gegen Drogen aus Afghanistan will die Europäische Union fünf Millionen Euro für den Grenzschutz in Tadschikistan bereitstellen. Mit dem Geld sollen neue Patrouillen finanziert und die Grenze zwischen den zentralasiatischen Ländern verstärkt werden, wie der Leiter der dortigen Delegation der EU-Kommission, Adriaan van der Meer, am 4. Juni erklärte. Die EU-Staaten und die tadschikische Regierung müssen der Initiative noch zustimmen. Das gebirgige Tadschikistan ist eine wichtige Schneise für Opium und Heroin aus dem angrenzenden Afghanistan nach Russland und Europa.
  • Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy hat einen baldigen Abzug der französischen Truppen aus Afghanistan ausgeschlossen. "Unsere Mission ist es nicht, dort endlos zu bleiben, aber ein Abzug jetzt würde fehlende Einigkeit mit unseren Alliierten zeigen", sagte Sarkozy in einem Interview der "New York Times" vom 5. Juni. Vor gut einem Monat hatte der Konservative im Wahlkampf gesagt, die Entsendung der französischen Truppen im Rahmen des Anti-Terror-Kampfes nach dem 11. September 2001 sei "sicher nützlich" gewesen. "Aber die langfristige Präsenz französischer Soldaten in diesem Teil der Welt scheint mir nicht entscheidend zu sein."
  • Im Osten Afghanistans ist am 5. Juni nach Militärangaben ein NATO-Soldat getötet worden. Die NATO-geführte Internationale Schutztruppe für Afghanistan (ISAF) nannte keine näheren Einzelheiten. In der Region an der Grenze zu Pakistan sind US-Streitkräfte stationiert. Damit stieg die Zahl der in diesem Jahr in Afghanistan getöteten ausländischen Soldaten auf 77, die Hälfte von ihnen stammte aus den USA.
  • In Afghanistan ist erneut eine einheimische Journalistin getötet worden. Unbekannte erschossen Sakia Saki vom privaten Friedensradio am späten Abend des 5. Juni in ihrer Wohnung rund sechzig Kilometer nördlich von Kabul, wie das Innenministerium am Mittwoch mitteilte. Saki war Chefin des Sender und als sehr kritische Journalistin bekannt, die mit ihrer Berichterstattung insbesondere den afghanischen Kriegsfürsten die Stirn bot, wie der Vorsitzende des unabhängigen afghanischen Journalistenverbandes, Rahimulla Samander, der Nachrichtenagentur AFP sagte. Die Enddreißigerin war zudem Schuldirektorin.
  • Das Bundeskabinett hat die Beteiligung Deutschlands an der EU-Mission zur Ausbildung afghanischer Polizisten beschlossen. Regierungssprecher Thomas Steg sagte am 6. Juni in Berlin, die Beteiligung sei die Fortsetzung der bisher allein Deutschland obliegenden Polizeiausbildung in Afghanistan, die vor fünf Jahren begonnen wurde. Seit dem Sturz des Taliban-Regimes wurden 16.000 Führungskräfte ausgebildet, was nach Ansicht von Kritikern zu wenig ist. Aus Deutschland kommen den Angaben zufolge 60 von insgesamt 160 Beamten.
  • Bei Kämpfen mit afghanischen Rebellen im Süden des Landes sind am 6. Juni zwei NATO-Soldaten ums Leben gekommen. Die Angehörigen der Internationalen Schutztruppe (ISAF) waren an unterschiedlichen Einsätzen gegen Taliban-Kämpfer beteiligt, wie die Militärführung mitteilte. In der Provinz Urusgan kam es zu Gefechten mit internationalen Truppen der "Operation Enduring Freedom" (OEF). Nach Angriffen von Rebellen forderte die US-Militärführung Luftunterstützung an. Zwei mutmaßliche Taliban-Kämpfer wurden getötet und neun gefangen genommen, wie das OEF-Kommando am Mittwoch mitteilte.
  • Bei einem Truppenbesuch in Afghanistan hat Bundesverteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) die Notwendigkeit des deutschen Engagements in dem ehemaligen Bürgerkriegsland bekräftigt. "Wir dürfen jetzt nicht abziehen und den Taliban dieses Land überlassen", sagte Jung am 7. Juni beim Besuch von Regionalen Wiederaufbauteams (PRT) in Kundus und Faisabad. Bei Rückkehr der Taliban drohe der Rückfall Afghanistans zu einem Ausbildungszentrum des Terrorismus, warnte er. Jung erkundigte sich in Kundus nach der Lage seit dem Anschlag vom 19. Mai, bei dem drei Bundeswehrsoldaten getötet und fünf weitere verletzt worden waren. Dabei forderte er die Soldaten auf, weiterhin mit Entschlossenheit ihren Einsatz fortzusetzen.
  • Die Taliban ließen im Austausch gegen die Überlassung der Leiche ihres getöteten Anführers Mullah Dadullah am 7. Juni vier afghanische Geiseln frei. Die Entführten wurden im Bezirk Gereschk in der Provinz Helmand auf freien Fuß gesetzt.
  • Vor dem Besuch von US-Präsident George W. Bush am 10. Juni in Tirana haben US-Menschenrechtler angeprangert, dass mehrere freigelassene Guantánamo-Gefangene nur im aufnahmebereiten Albanien Zuflucht gefunden haben. Dagegen säßen mindestens 30 Häftlinge weiter in dem US-Gefangenenlager auf Kuba fest, obwohl die US-Armee sie gehen ließe, erklärte die Menschenrechtsgruppe Zentrum für Verfassungsrechte (CCR) am 9. Juni. Weil ihnen jedoch in ihren Heimatländern Misshandlungen drohten, sei dies nicht möglich. "Die USA haben keinen Anlass, diese Männer in Haft zu lassen, aber die Untätigkeit der internationalen Gemeinschaft lässt sie im Stich", kritisierte eine CCR-Anwältin. Bislang habe allein Albanien, "das ärmste Land Europas", einige dieser gefährdeten Gefangenen aufgenommen: fünf Chinesen, einen Algerier, einen Usbeken und einen Ägypter, teilte CCR weiter mit. Die Ex-Häftlinge seien als Flüchtlinge anerkannt worden, dürften aber nicht arbeiten oder Familienbesuch empfangen.
  • Bei Kämpfen im Süden Afghanistans ist am 9. Juni ein britischer NATO-Soldat getötet worden. Seine Patrouille sei außerhalb von Sangin in der Provinz Helmand von den radikalislamischen Taliban angegriffen worden, teilte das britische Verteidigungsministerium weiter mit. Die Internationale Schutztruppe für Afghanistan (ISAF) hatte zunächst lediglich bekannt gegeben, ein NATO-Soldat sei ums Leben gekommen, ohne Angaben zu dessen Staatsangehörigkeit zu machen. Den britischen Angaben zufolge wurden vier weitere Soldaten bei dem Überfall verletzt, konnten jedoch nach kurzer Behandlung wieder aus dem Krankenhaus entlassen werden.
  • Im Nordwesten Afghanistans griffen Aufständische in der Provinz Badghis am 9. Juni nach Polizeiangaben drei Polizeiposten an. Die Sicherheitskräfte hätten die Angriffe zurückgeschlagen, Verstärkung in die Region entsandt und die Aufständischen zur Flucht gezwungen. 20 der Angreifer und zwei Polizisten seien bei den sechsstündigen Gefechten ums Leben gekommen, erklärte Polizeichef Mohammad Ajub Naisjar.
  • In der südafghanischen Provinz Sabul kam es nach Angaben des Verteidigungsministerium vom 10. Juni zu Kämpfen zwischen afghanischen und NATO-Truppen einerseits und Aufständischen andererseits. Die Sicherheitskräfte hätten Luftunterstützung angefordert. 27 mutmaßliche Taliban-Kämpfer seien getötet worden.
  • Taliban-Kämpfer haben am 10. Juni in Afghanistan Raketen auf eine Versammlung mit Präsident Hamid Karsai abgefeuert. Verletzt wurde nach Regierungsangaben niemand. Der Angriff ereignete sich während einer Rede Karsais vor Bewohnern des Bezirks Andar in der Provinz Ghasni. Die Raketen hätten ihr Ziel verfehlt, und Karsai habe seine Rede fortgesetzt. Anschließend sei er nach Kabul zurückgekehrt. Ein Taliban-Sprecher sagte der Nachrichtenagentur AP, die Taliban seien Urheber des Angriffs.
  • Das Auswärtige Amt will einen Zeitungsbericht, nach dem das Ministerium weitere Anschläge in Afghanistan befürchtet, nicht im Einzelnen kommentieren. "Wir diskutieren die Sicherheitslage nicht in der Öffentlichkeit", sagte ein Sprecher des Außenministeriums am 10. Juni in Berlin. Vor Ort werde die bestmögliche Vorsorge getroffen, um den Schutz der deutschen Soldaten, Entwicklungshelfer und Diplomaten zu gewährleisten und die Entwicklung der Sicherheitslage genau beobachtet.
Montag, 11. Juni, bis Sonntag, 17. Juni
  • US-Präsident George W. Bush wird am 11. Juni seine achttägige Europareise in Bulgarien beenden. In Sofia sind Gespräche mit Staatspräsident Georgi Parwanow und Regierungschef Sergej Stanischew vorgesehen. Der Besuch gilt auch als Anerkennung für Bulgariens Beitrag in den Kriegsgebieten im Irak und Afghanistan. Am 9. Juni hatten einige hundert Menschen in Sofia gegen die "kriegerische Außenpolitik" Bushs protestiert. Bush war am Abend des 10. Juni bereits in der bulgarischen Hauptstadt eingetroffen.
    Der US-Präsident will am Abend des 11. Juni nach Washington zurückkehren, nachdem er vor Bulgarien in Tschechien, in Deutschland beim G8-Gipfel sowie in Polen, Italien und Albanien gewesen war.
  • Die Vereinten Nationen haben sich besorgt über den steigenden Handel mit Waffen in Afghanistan geäußert. Betroffen von den verstärkten Rüstungslieferungen sei vor allem der Norden des Landes, der bislang als relativ friedlich galt, sagte der Chef der UN-Mission in Kabul, Tom Koenigs, am 11. Juni in der afghanischen Hauptstadt. "Dass die Menschen sich dafür entscheiden, Waffen zu kaufen, zeugt vom Klima der Unsicherheit in diesem Land", fügte der deutsche Grünen-Politiker hinzu. "Ich weiß nicht, woher diese Waffen kommen und wohin sie gehen. Eines aber ist sicher: Das ist nicht gut für die Stabilität des Landes."
  • Die Regierungschefs von Kanada und den Niederlanden haben über die Zukunft ihres Afghanistan-Einsatzes beraten. Der niederländische Ministerpräsident Jan Peter Balkenende sagte am 11. Juni bei einem Besuch in Toronto, seine Regierung wolle im August entscheiden, ob sie das Mandat für die 2.000 Soldaten der ISAF-Schutztruppe verlängern wolle. Der kanadische Ministerpräsident Stephen Harper äußerte sich besorgt, dass bei einer negativen Entscheidung die Belastung für die 2.500 kanadischen Soldaten im Süden Afghanistan weiter zunehmen werde. Dort kommt es besonders häufig zu Angriffen von Taliban-Kämpfern.
  • Bei einer Explosion im Süden Afghanistans ist am 11. Juni ein kanadischer Nato-Soldat getötet worden. Zwei weitere Kanadier wurden verletzt, wie das kanadische Außenministerium mitteilte. Den Angaben zufolge explodierte die Bombe am Straßenrand rund 40 Kilometer nördlich von Kandahar, als das Fahrzeug der Soldaten vorbeifuhr. Die Internationale Schutztruppe für Afghanistan (ISAF) hatte den Vorfall kurz zuvor ohne Angaben über die Nationalität der Getöteten in Kabul bekannt gegeben.
  • Bei einem Gefecht mit US-Soldaten im Osten Afghanistans sind sieben afghanische Polizisten getötet worden. Wie das Innenministerium in Kabul am 12. Juni mitteilte, waren die Umstände der Schießerei unklar. Soldaten der westlichen Koalitionstruppen hätten aus einem Missverständnis heraus eine Polizeiwache in der Provinz Nangarhar angegriffen. Ein Koalitionssprecher bestätigte, dass es im Distrikt Schersad Zusammenstöße gegeben habe.
  • Der britische Premierminister Tony Blair hat vor einem Abgleiten Afghanistans in eine ähnliche Spirale der Gewalt wie im Irak gewarnt. "Wir müssen aufpassen, dass es in Afghanistan nicht dieselben Versuche gibt, die Unterstützung für die Demokratie zu unterlaufen und zu zerstören", sagte Blair am 12. Juni vor Journalisten. Blair, der engste Verbündete von US-Präsident George W. Bush, verteidigte die britische Unterstützung für die US-geführten Militäreinsätze in Afghanistan und im Irak. Mehrere Grünen-Kreisverbände wollen einen Bundesparteitag zum Bundeswehr-Einsatz in Afghanistan erzwingen. Bundesgeschäftsführerin Steffi Lemke bestätigte am 12. Juni der Nachrichtenagentur AFP, dass mehr als 30 Kreisverbände einen entsprechenden Aufruf unterstützten. Das notwendige Quorum von einem Zehntel der Verbände wurde damit aber bislang nicht erreicht. Notwendig wären 44 oder 45 Kreisverbände; die genaue Zahl ist aufgrund einer Kreisgebietsreform noch unklar. "Wenn das notwendige Quorum erreicht wird, dann gibt es eine Bundesdelegiertenkonferenz, sonst nicht", sagte dazu Lemke. Die Parteispitze möchte das Thema lieber auf einem kleinen Parteitag, einem Länderrat, beraten, der voraussichtlich am 15. September stattfindet.
  • Die Bundeswehr hat während des G-8-Gipfels Aufklärungsdaten über Demonstranten gesammelt und dabei ein Protest-Camp mit Tornado-Kampfjets in geringer Höhe überflogen. Das bestätigte das Verteidigungsministerium in Berlin am 12. Juni in seiner Antwort auf eine Anfrage des Grünen-Abgeordneten Hans Christian Ströbele. Demnach überflogen zwei Tornados am 5. Juni vormittags den Bereich der Ortschaft Reddelich, wo sich ein großes Zeltlager der Gipfelgegner befand. Die Flughöhe habe 150 Meter betragen, was dem niedrigsten zulässigen Wert entsprach. Der Flug sei im Rahmen der technischen Amtshilfe auf Antrag des Organisationsstabes G-8-Gipfel des Landes Mecklenburg-Vorpommern hin ausgeführt worden, hieß es weiter.
  • US-Außenstaatssekretär Nicholas Burns hat dem Iran vorgeworfen, Waffen an die radikalislamischen Taliban in Afghanistan zu liefern. Zudem unterstütze die Regierung in Teheran mehrere radikale Bewegungen im Nahen Osten, sagte die Nummer Drei im Außenministerium der Vereinigten Staaten am 12. Juni in Paris bei einer Konferenz. "Der Iran überführt nun sogar Waffen an die Taliban in Afghanistan", hob Burns hervor. Der islamische Gottesstaat bleibe "ein Land, das Hauptfinanzier der Hamas, der Hisbollah und des palästinensischen Islamischen Dschihad" sei. Zugleich wiederholte Burns den Vorwurf Washingtons an Teheran, schiitische Aufständische im Irak zu unterstützen.
  • Der Wehrbeauftragte des Bundestages, Reinhold Robbe (SPD), hat Zweifel hinsichtlich der Zukunft des Afghanistan-Einsatzes der Bundeswehr geäußert. "Die Einschätzung ist außerordentlich schwierig", sagte Robbe am 13. Juni in der ARD. Die Lage sei unübersichtlich, "und die afghanischen Sicherheitskräfte sind kopflos", berichtete Robbe weiter nach einem Truppenbesuch vor Ort. Er sei nicht sicher, ob angesichts dieser Verhältnisse der Einsatz der Bundeswehr im Herbst vom Parlament verlängert werden könne. Derzeit halten sich die deutschen Soldaten im nordafghanischen Kundus demnach überwiegend in ihrem Camp auf, um Gefahren zu minimieren. Im Mai waren in Kundus bei einem Anschlag drei Bundeswehr-Soldaten getötet worden.
  • In Afghanistan tätige deutsche Hilfsorganisationen haben einen Kurswechsel in der Afghanistan-Politik und eine klare Trennung von Militär und Entwicklungshilfe gefordert. "Humanitäre Hilfe darf nicht für militärische Zwecke missbraucht werden", sagte der Leiter von Caritas international, Oliver Müller, am 13. Juni in Berlin. "Es ist oftmals kaum mehr zu unterscheiden, wer Militär und wer neutraler Helfer ist." Entsprechende Klage hatte bereits die Deutsche Welthungerhilfe geführt.
    "Wenn Soldaten als Helfer auftreten, kann dies die Neutralität der humanitären Hilfe gefährden - und somit auch das Leben der Helfer", erklärte der Präsident des Deutschen Roten Kreuzes, Rudolf Seiters. Müller zeigte zwar Verständnis dafür, dass die Bundeswehr Lebensmittel verteile und Wasserleitungen repariere, um das Vertrauen der afghanischen Bevölkerung zu gewinnen. Die Soldaten instrumentalisierten humanitäre Hilfe so jedoch für militärische Zwecke. Dies habe dazu geführt, dass Entwicklungshelfer zunehmend zwischen die Fronten gerieten: In den vergangenen Jahren seien zehn Mitarbeiter von Caritas-Projektpartnern in Afghanistan ums Leben gekommen. "Früher war die Caritas-Fahne oder die des Roten Kreuzes in Kriegsgebieten ein Schutz. Heute bleibt man als Hilfsorganisation besser unsichtbar", sagte der Chef des Caritas-Hilfswerks.
  • Ein wegen des Betreibens eines illegalen Gefängnisses in Afghanistan verurteilter US-Bürger ist drei Jahre nach seiner Festnahme vorzeitig freigelassen worden. Nach seiner Begnadigung durch Präsident Hamid Karsai im März sei der als "Tora-Bora-Jack" bekannte Jonathan Idema "vor zehn oder zwölf Tagen" aus der Haft entlassen worden, teilte der für die Aufsicht der afghanischen Gefängnisse verantwortliche Mitarbeiter des afghanischen Innenministeriums, Abdul Salam Asmat, am 13. Juni in Kabul mit. Idema sei zu einem Flughafen gebracht worden und dort in eine Maschine eingestiegen, die ihn außer Landes brachte.
  • Das Bundesverfassungsgericht wird einem Pressebericht zufolge seine Entscheidung über den Tornado-Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan am 3. Juli verkünden. Das berichtete die "Berliner Zeitung" vorab aus ihrer Donnerstagausgabe (14. Juni).
  • Der Befehlshaber des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr in Potsdam, Generalleutnant Karlheinz Viereck, warnt vor einem Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan. Wenn man jetzt das Land sich selbst überließe, wären die bisherigen Investitionen falsch gewesen, sagte Viereck am 14. Juni im Deutschlandradio Kultur. Viereck forderte, dass die Soldaten mehr über die Hintergründe des Selbstmordanschlags von Kundus erfahren müssten, sie müssten besser mit den Afghanen ins Gespräch kommen. «Wenn wir uns einigeln würden, dann sollten wir lieber abziehen», sagte Viereck. Nach dem Selbstmordanschlag habe sich die Qualität der Sicherheitslage im Norden des Landes geändert. Die Bundeswehr könne sich nicht mehr hundertprozentig auf die einheimischen Sicherheitskräfte verlassen. Es gebe im Norden aber keine neue Taliban-Front. Viereck geht davon aus, dass der Einsatz der Bundeswehrsoldaten noch Jahre dauern wird. "Ich möchte mich nicht festlegen auf 10, 20 oder 30, aber es wird noch ein paar Jahre dauern", fügte er hinzu. Viereck bezweifelte, ob ein Protektorat in Afghanistan der richtige Weg sei. Mit einem Protektorat könne man zwar schneller und effektiver die Vorgaben der internationalen Gemeinschaft durchsetzen. Es sei aber fraglich, ob das sinnvoll sei, wenn man einen Staat aufbauen wolle.
  • Der afghanische Verteidigungsminister Abdul Rahim Wardak hält US-Informationen über Waffenlieferungen des Irans an die Taliban für abwegig. "Wir haben immer gute Beziehungen zum Iran gehabt und wir glauben, dass die Sicherheit und Stabilität Afghanistans auch im Interesse des Irans liegen", sagte Wardak am 14. Juni in einem AP-Interview am Rande des NATO-Verteidigungsministertreffens in Brüssel. Er vermute eher, dass die Waffenlieferung "von Al Kaida oder der Drogenmafia" kämen.
  • Die NATO und die Bundeswehr müssen sich nach Ansicht des NATO-Generals Egon Ramms verstärkt auf Kampfhandlungen in Afghanistan einstellen. "Es muss allen politischen und militärischen Entscheidungsträgern eindeutig klar sein, dass die ISAF-Mission in Afghanistan - und damit meine ich das ganze Land - gefährlich ist", sagte Ramms, der als Befehlshaber des Allied Joint Force Command im niederländischen Brunssum den Einsatz der internationalen Afghanistan Schutztruppe ISAF leitet, der Düsseldorfer "Rheinischen Post" (Ausgabe vom 15. Juni). Kampfhandlungen könnten überall erforderlich werden. Im Land gebe es erste Erfolge, sagte Ramms. »Sie müssen weiter ausgebaut werden, auch gegen Widerstände, die in der Konsequenz Kampf bedeuten können", fügte er hinzu. Zugleich mahnte der Bundeswehrgeneral an, dass die Teilnehmerstaaten ihre Zusagen einhalten und die versprochenen Soldaten auch zur Verfügung stellen sollten. Die Zusammenstellung der Kräfte sei oft langwierig und zeitweise frustrierend. Einerseits werde der politische Wille zum ISAF-Einsatz proklamiert. Der konkrete militärische Beitrag entspreche dem dann aber nicht immer.
  • Die NATO-Führung dringt auf verstärkte Bemühungen beim Aufbau der afghanischen Streitkräfte. Beim NATO-Verteidigungsministertreffen in Brüssel kündigten am 15. Juni sieben Mitgliedstaaten die Entsendung weiterer Militär-Ausbilder nach Afghanistan an, wie NATO-Sprecher James Appathurai mitteilte. Dies reiche aber nicht aus: "Wir haben noch nicht, was wir brauchen", sagte Appathurai. Bislang sind bei den afghanischen Streitkräften 20 Teams von NATO-Ausbildern im Einsatz. Benötigt würden mindestens 46, sagte der Sprecher. Bei dem Treffen am Freitag sagte Frankreich die Aufstellung von drei weiteren Teams zu. Auch Italien, Kanada, Lettland, Polen, Rumänien und die Slowakei wollen einen Beitrag zur Ausbildung der afghanischen Streitkräfte leisten. Deutschland hat in Nordafghanistan bereits rund 50 Ausbilder im Einsatz und trainiert zudem ein afghanisches Panzerbataillon.
    Die afghanischen Streitkräfte sollen nach den Plänen der NATO eine Stärke von 70.000 Soldaten erreichen. Bislang gibt es nach NATO-Angaben 35.000. Aus Diplomatenkreisen in Brüssel hieß es, einsatzfähig seien nur rund 20.000 afghanische Soldaten.
  • Bei einem Selbstmordanschlag auf einen NATO-Konvoi im Süden Afghanistans sind am 15. Juni zehn Menschen getötet worden, darunter auch fünf Kinder und ein niederländischer Soldat. Der Selbstmordattentäter steuerte sein mit Sprengstoff beladenes Auto in Tirin Kot in der Provinz Urusgan in die Nähe eines gepanzerten Fahrzeugs und sprengte sich in die Luft, teilte der niederländische Verteidigungsminister Eimert van Middelkoop in Den Haag mit. Drei weitere niederländische Soldaten und drei afghanische Zivilpersonen seien verletzt worden.
  • Die NATO will die Zahl der zivilen Opfer in Afghanistan verringern. Das sagten die Verteidigungsminister der 26 Bündnisstaaten am 15. Juni in Brüssel ihrem afghanischen Kollegen Abdul Rahmin Wardak zu, wie NATO-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer sagte. Auch Bundesverteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) plädierte für einen besseren Schutz der Bevölkerung.
  • Bei einem Selbstmordanschlag auf einen NATO-Konvoi in Kabul sind am 16. Juni vier Passanten getötet worden. Vier Menschen seien verletzt worden, unter ihnen ein Ausländer, teilten die afghanischen Behörden mit. Ein Fahrzeug der NATO und sieben zivile Autos seien beschädigt worden. Ein Sprecher der Internationalen Afghanistan-Schutztruppe (ISAF) gab an, die Berichte über den Anschlag würden noch geprüft.
  • Beim bisher blutigsten Anschlag in der afghanischen Hauptstadt Kabul seit dem Sturz des Taliban-Regimes Ende 2001 sind am 17. Juni 35 Menschen getötet worden. Laut dem Polizeichef von Kabul, Esmatullah Dawlazai sprengte sich ein Selbstmordattentäter in einem Bus in die Luft, der Polizeianwärter und -ausbilder zur Polizeischule bringen sollte. Mehr als 50 Menschen wurden verletzt, darunter auch ein südkoreanischer und zwei japanische Passanten.
  • Bei einem weiteren Anschlag sind am 17. Juni in Afghanistan vier Menschen getötet worden. Bei den Opfern handele es sich um drei Soldaten der US-geführten Koalitionstruppen und einen afghanischen Übersetzer, sagte ein Sprecher der Koalition der Nachrichtenagentur AFP. Die Nationalität der Soldaten wurde zunächst nicht mitgeteilt. Der Anschlag ereignete sich demnach in der Provinz Kandahar im Süden des Landes. In der Hauptstadt Kabul waren zuvor 35 Menschen bei einem Anschlag getötet worden.
  • Am 17. Juni begann die Polizeimission der Europäischen Union in Afghanistan (EUPOL) unter deutscher Leitung. Langfristig sollen rund 195 Polizisten aus EU-Mitgliedsländern sowie aus Kanada und Norwegen die Ausbildung afghanischer Kräfte übernehmen. Deutschland stellt mit zunächst 60 Polizisten das größte Kontingent. Sie sind zum größten Teil bereits an Ort und Stelle.
  • Der SPD-Außenexperte Rolf Mützenich erwartet vor der Abstimmung über eine Verlängerung des Afghanistan-Mandates noch eine kontroverse Diskussion. "In der SPD besteht ein großes Bedürfnis nach 15 Jahren Auslandseinsätzen der Bundeswehr eine offene, kritische zurückblickende, aber auch vorausschauende Diskussion zu führen", sagte Mützenich in einem Interview der Nachrichtenagentur AP (17. Juni). Die Frage sei: "Was haben wir bisher mit den Auslandseinsätzen bewirkt". Gleichzeitig verwies er darauf, dass die Bedenken vieler Kritiker in Zusammenhang mit dem Tornado-Einsatz nicht eingetreten seien. "Sehr stark war ja befürchtet worden, dass die Tornados in den unmittelbaren Krieg gegen den Terrorismus eingreifen. Das ist nicht passiert", sagte Mützenich, der auch abrüstungspolitischer Sprecher seiner Fraktion ist. Der SPD-Politiker hielte es für übereilt, jetzt den Bundeswehreinsatz in Afghanistan zu beenden. "Es muss aber geklärt werden, ob diese gewünschte Kopplung zwischen zivilem und militärischem Bedarf funktioniert", sagte er.
Montag, 18. Juni, bis Sonntag, 24. Juni
  • Bei einem Angriff der US-geführten Luftwaffe im Osten Afghanistans sind am Abend des 17. Juni sieben Kinder getötet worden. Wie die von den USA geführte alliierte Allianz am 18. Juni mitteilte, galt der Angriff im Distrikt Sarghun Schah in der Provinz Paktika einer Koran-Schule im Osten des Landes, in der Terrorverdächtige vermutet wurden. Außer den Kindern seien mehrere Aktivisten getötet und zwei weitere festgenommen worden.
  • Angesichts des jüngsten Anschlags auf einen Polizeibus in Kabul hat der FDP-Außenpolitiker Wolfgang Gerhardt davor gewarnt, das Engagement in Afghanistan in Frage zu stellen. "Ein Rückzug aus Afghanistan wäre eine komplette Katastrophe für das Land und für die internationale Völkergemeinschaft", sagte Gerhardt der "Frankfurter Rundschau" (Ausgabe vom 18. Juni). Ein Ende des Engagements würde bedeuten, das Land aufzugeben.
  • Verteidigungsminister Franz Josef Jung hat den Bundeswehreinsatz in Afghanistan gegen wachsende Kritik verteidigt und zugleich mehr Verständnis für die Streitkräfte eingefordert. Zwar verstehe sich Deutschland seit 50 Jahren als Zivilgesellschaft. Aber das weit verbreitete, "freundliche Desinteresse" gegenüber der eigenen Armee und der Sicherheitspolitik reiche angesichts der globalen Bedrohungslage nicht mehr aus, sagte der CDU-Politiker am 18. Juni in Berlin bei einem Treffen von Offizieren aus 35 Staaten. Jung verwies darauf, dass es in Afghanistan trotz mancher Rückschläge auch Erfolge beim Wiederaufbau gebe. So habe sich in den vergangenen Jahren das Pro-Kopf-Einkommen deutlich erhöht, es gebe mehr und bessere Straßen und viel mehr Kinder besuchten Schulen. Zudem arbeite ein demokratisch gewähltes Parlament, in dem ein Viertel Frauen sitzen, unter der Geltung einer Verfassung. Die Auslandseinsätze der Bundeswehr haben nach Jungs Ansicht gezeigt, dass Sicherheit und Entwicklung Hand in Hand gehen.
  • Bei Kämpfen in Südafghanistan sind in den vergangenen vier Tagen afghanischen Angaben zufolge mindestens zehn Zivilisten getötet worden. Das Innenministerium in Kabul gab diese Zahl am 19. Juni bekannt, nachdem am Vortag Provinzvertreter von Dutzenden getöteten Zivilisten, darunter zahlreiche Frauen und Kinder, in der Südprovinz Urusgan gesprochen hatten. Bei den Kämpfen unter Beteiligung der NATO-geführten Afghanistan-Schutztruppe ISAF seien auch bis zu 60 mutmaßliche Taliban und vier Polizisten ums Leben gekommen sagte ein Sprecher der Behörde. Die Zivilisten seien von Taliban getötet worden. Zudem gebe es 18 verletzte Zivilisten. Von unabhängiger Seite gabe es keine Angaben.
  • Taliban-Kämpfer haben im Süden Afghanistans die größte Offensive seit Jahresbeginn gestartet. Die Gefechte mit NATO-Truppen hielten am 19. Juni an. Seit dem Wochenende (16./17. Juni) wurden Schätzungen zufolge mehr als 100 Menschen getötet, darunter offenbar viele Zivilpersonen. Am 18. Juni besetzten die Rebellen den Bezirk Mija Nischin in der Provinz Kandahar, wie der dortige Polizeichef mitteilte. Bereits am 16. Juni hatten mehrere hundert Rebellen Polizeiposten unweit der strategisch wichtigen Stadt Tschora in der Provinz Urusgan angegriffen. Der Provinzgouverneur und der afghanische Präsident Hamid Karsai forderten militärische Unterstützung an, wie der niederländische Generalmajor Jouke Eikelboom mitteilte. Daraufhin wurden auch US-Kampfflugzeuge eingesetzt.
  • In Afghanistan haben einheimische und ausländische Soldaten Hilfsorganisationen zufolge seit Jahresanfang knapp 250 Zivilisten getötet und damit wachsenden Widerstand der Bevölkerung gegen die internationale Truppenpräsenz ausgelöst. Die Truppen übten im Kampf gegen die radikalislamischen Taliban und andere Aufständische "exzessive Gewalt" aus, kritisierte am 19. Juni der Dachverband ACBAR (Agency Coordinating Body for Afghan Relief), ein Zusammenschluss aus rund hundert in- und ausländischen Hilfsorganisationen. Die Soldaten seien oft falsch oder schlecht informiert. Am Wochenende waren bei einem Angriff der US-geführten Luftwaffe im Osten des Landes sieben Kinder getötet worden.
  • Bei einer Explosion in Pakistan unweit der Grenze zu Afghanistan sind am 19. Juni rund 30 mutmaßliche Kämpfer des Terror-Netzwerks El Kaida getötet worden. Unter den Toten in einem Trainingslager in Nord-Waziristan seien zehn bis 15 "Ausländer", sagte ein pakistanischer Armeesprecher. Die Explosionsursache sei unklar, weder pakistanische Soldaten noch US-geführte Koalitionstruppen seien beteiligt gewesen. In dem Lager sei den Kämpfern offenbar die Herstellung von Sprengstoff beigebracht worden, sagte der Sprecher weiter. Augenzeugen berichteten hingegen, aus Afghanistan seien drei US-Raketen auf das Lager gefeuert worden, das nach Angaben von Geheimdienstmitarbeitern der El Kaida gehört.
  • Bei einem Anschlag auf eine NATO-Patrouille im Süden Afghanistans sind drei Soldaten getötet worden. Sie seien in ihrem Fahrzeug von einer am Straßenrand versteckten Bombe in den Tod gerissen worden, teilte die Verteidigungsallianz am 20. Juni mit. Die drei Soldaten gehörten zur NATO-geführten Internationalen Afghanistan-Schutztruppe ISAF. Ihre Nationalität wurde zunächst nicht bekannt gegeben.
  • Bei einer Reihe von Anschlägen in Afghanistan sind am 20. Juni acht Menschen getötet worden. Drei kanadische Soldaten der NATO-geführten Afghanistan-Trupe ISAF starben nach ISAF-Angaben im Süden des Landes, als ihr Fahrzeug von einer am Straßenrand explodierten Bombe zerstört wurde. Angaben über den genauen Ort des Anschlags machte die ISAF nicht. Die radikalislamischen Taliban bekannten sich zu einem Anschlag in der Provinz Helmand, bei dem mehrere ausländische Soldaten getötet worden seien.
  • Die sechs "Tornado"-Maschinen der Deutschen Luftwaffe haben über Afghanistan in elf Wochen 194 Aufklärungsmissionen geflogen. Das geht aus einem Bericht der Bundesregierung hervor, der der Nachrichtenagentur am 20. Juni ddp vorliegt. Die "Tornados" sind seit dem 5. April auf dem deutschen Stützpunkt Mazar-i-Sharif im Norden Afghanistans stationiert. Der Berichtszeitraum der Regierung beläuft sich bis zum 11. Juni. Rund die Hälfte der Flüge absolvierten die Jets über Gebieten, die zum großen Teil von den islam-radikalen Taliban besetzt sind. In Kampfeinsätze seien die "Tornados" nicht verwickelt gewesen, ließ die Bundesregierung wissen. Die "Tornados" hätten niemals pakistanisches Hoheitsgebiet überflogen, wurde weiter mitgeteilt. Die Flugzeuge seien auch nicht zur gezielten Aufklärung des Drogenhandels eingesetzt worden. Der Bundesregierung liegen "keine belastbaren Erkenntnisse" über die Anzahl von Opfern unter der Zivilbevölkerung in Afghanistan vor.
  • Die Bundesregierung hat laut einem ZDF-Bericht vom 22. Juni eine erhöhte Gefahr von Terroranschlägen in Deutschland festgestellt und deshalb die Sicherheitsmaßnahmen verschärft. Innenstaatssekretär August Hanning spreche von einer "neuen Qualität", berichtete der Sender. Die Behörden hätten die Sorge, dass islamistische Selbstmordattentäter für die "allernächste Zeit" Anschläge in Deutschland geplant hätten. An den deutschen Grenzen werde daher strenger kontrolliert. Konkrete Hinweise auf Anschlagsziele gebe es aber nicht.
  • Der SPD-Sicherheitspolitiker Egon Bahr hat Zweifel am Sinn des Afghanistan-Einsatzes der NATO, an dem auch die Bundeswehr beteiligt ist. "Wir reden schon jetzt nicht mehr von Demokratie - sondern vom Aufbau eines sicheren, sich selbst tragenden Staates", sagte Bahr der Online-Ausgabe der "Süddeutschen Zeitung" vom 22. Juni. Dieses Ziel könnte aber "genauso irreal sein wie das erste". Einen Rückzug des Westens schloss er nicht aus: "Ich kann doch keine Position einnehmen, die ignoriert, wenn eine Sache mit den vorhandenen Kräften nicht machbar ist. Das ist doch keine Politik."
  • Bei einem Luftangriff der NATO-geführten Truppen in Afghanistan sind nach afghanischen Polizeiangaben 25 Zivilisten getötet worden. Unter den Opfern seien mehrere Frauen und Kinder, das jüngste sei etwa sechs Monate alt, sagte der Polizeichef in der Südprovinz Helmand, Mohammed Hassan, am 22. Juni. Der Angriff habe sich in der Nacht zum 22. Juni ereignet. Ziel sei das Dorf Adam Chan im Bezirk Gerschk gewesen. Versehentlich seien dabei auch zwei oder drei Häuser von unbeteiligten Zivilisten getroffen worden. Ein Sprecher der NATO-geführten Afghanistan-Schutztruppe ISAF bestätigte auf Anfrage, dass es in der Region bei einem Einsatz mehrere Opfer gegeben habe. "Wir wissen momentan nicht, um wen es sich bei den Zivilisten handelt und wieviele es sind", sagte der Sprecher.
  • Auf einen Fahrzeugkonvoi der deutschen Botschaft in Afghanistan ist bereits am vergangenen Samstag (16. Juni) ein Anschlag verübt worden. Wie das Auswärtige Amt in Berlin am 22. Juni weiter mitteilte, wurde bei dem Angriff in der Nähe der Hauptstadt Kabul aber niemand verletzt. Die Botschaftsmitarbeiter seien alle sicher in die Botschaft zurückgekehrt. Ein Fahrzeug sei jedoch zerstört worden. "Wir sind erleichtert, dass dieser Vorfall ohne Personenschaden abgegangen ist", sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amts. Er versicherte zudem: "Wir werden nichtsdestotrotz an unserem Engagement in Afghanistan festhalten."
  • Die Bundeswehr geht davon aus, dass afghanische Terroristen Gefolgsleute in Deutschland haben, die sie über die hiesige politische Lage informieren. Dies berichtet der "Kölner Stadt-Anzeiger" (Ausgabe vom 23. Juni) unter Berufung auf die Afghanistan-Expertin der Stiftung Wissenschaft und Politik, Citha Maaß, die Anfang der Woche aus der afghanischen Hauptstadt Kabul zurückkehrte und dort auch mit Verantwortlichen des deutschen Truppenkontingents gesprochen hatte. Die Bundeswehr rechnet Maaß zufolge damit, dass die Anschlags-Gefahr wächst, je näher der Tag rückt, an dem der Bundestag über die Verlängerung der Afghanistan-Mandate entscheidet. Sie laufen am 13. Oktober aus. "Die Lage sieht nicht gut aus", sagte Maaß der Zeitung. "Mir wurde gesagt, dass man davon ausgeht, dass es Informanten in Deutschland gibt. Man folgert daraus, dass man vor politisch wichtigen Entscheidungen mit einer erhöhten Anschlags-Gefahr rechnen muss. Von den Taliban werden vor allem jene Truppen stellende Staaten aufs Korn genommen, die dem Einsatz immer kritischer gegenüber stehen: Deutschland, Frankreich und Spanien. Wir müssen uns auf mehr Anschläge einstellen. Daran führt kein Weg vorbei." Allerdings sei dies kein Grund, von dem Afghanistan-Engagement abzulassen.
  • Die NATO wird den Luftangriff des Verteidigungsbündnisses im Süden von Afghanistan untersuchen lassen, bei dem nach afghanischen Angaben in der Nacht zum 22. Juni 25 Zivilisten ums Leben gekommen sind. Dies kündigte NATO-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer am 22. Juni bei einem Besuch in Kanada an. Es sei immer falsch, wenn Zivilisten getötet würden. "Jedes unschuldige zivile Opfer ist eines zuviel", sagte er. "Unglücklicherweise passiert es aber."
  • Bundesverteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) will mit seinem US-Kollegen Robert Gates kommende Woche in Washington über das weitere Vorgehen in Afghanistan sprechen. "In Afghanistan hat die Vermeidung von zivilen Opfern eine hohe Priorität, denn um erfolgreich zu sein, dürfen wir nicht die Unterstützung der afghanischen Bevölkerung verlieren", erklärte Jung nach Angaben seines Ministeriums am 22. Juni in Berlin. Zudem sei es erforderlich, die zur Schaffung eines sicheren Umfelds notwendigen militärischen Operationen besser mit den für den Wiederaufbau erforderlichen zivilen Maßnahmen zu koordinieren.
  • Bei Luft- und Bodenangriffen auf Stellungen der Taliban im Südosten Afghanistans sind bis zu 60 mutmaßliche islamistische Kämpfer getötet worden. Das sagte ein Sprecher der internationalen NATO-Truppe in Afghanistan (ISAF), Major Donald Korpi, am 23. Juni. Die Kämpfe hätten im Distrikt Barmal in der Provinz Paktika nahe der Grenze zu Pakistan stattgefunden.
  • Umfrage:
    Eine deutliche Mehrheit der Bundesbürger ist für einen Abzug der deutschen Soldaten aus Afghanistan. In einer Umfrage im Auftrag des Magazins "Focus" plädierten 61 Prozent dafür. 36 Prozent waren dagegen. Vor allem die Frauen (72 Prozent) befürworteten einen Abzug. Bei den Männern waren 48 Prozent für einen Abzug und 49 Prozent für den Verbleib der Truppen. Das Institut polis/USUMA befragte 1.002 repräsentativ ausgewählte Personen.
  • Beim Einschlag von US-Raketen in einem Hotel in Nordpakistan sind nach Fernsehberichten acht Menschen getötet und drei weitere verletzt worden. Über den Ablauf des Vorfalls an der Grenze zu Afghanistan gab es widersprüchliche Angaben. Nach einem Bericht des Nachrichtensenders Aaj hatten amerikanische Kampfflugzeuge und Hubschrauber aus das kleine Hotel im Shawal-Tal in der Provinz Nord-Waziristan angegriffen. Die pakistanische Armee bestritt, das Hotel sei absichtlich beschossen worden. (dpa, 23. Juni)
  • Bei Luft- und Bodenangriffen auf Stellungen der Taliban im Südosten Afghanistans sind bis zu 60 mutmaßliche islamistische Kämpfer getötet worden. Das sagte ein Sprecher der internationalen NATO-Truppe in Afghanistan (ISAF), Major Donald Korpi, am 23. Juni. Die Kämpfe hätten im Distrikt Barmal in der Provinz Paktika nahe der Grenze zu Pakistan stattgefunden. Ein Sprecher der ISAF in Kabul, John Thomas, sagte, dass mehrere Taliban-Gruppen am Abend des 22. Juni bei der Vorbereitung eines Angriffes auf einen ISAF-Stützpunkt überrascht worden seien. Sie seien daraufhin aus der Luft angegriffen worden.
  • Der afghanische Präsident Hamid Karsai hat die internationalen Streitkräfte in seinem Land außergewöhnlich scharf kritisiert. Angesichts der steigenden Zahl ziviler Opfer warf Karsai der NATO und den US-geführten Koalitionstruppen mangelnde Sorgfalt vor. Dieser Nachlässigkeit fielen Unschuldige zum Opfer, beklagte er am 23. Juni.
    Allein in den vergangenen zehn Tagen kamen bei Militäreinsätzen unter Führung der NATO oder der USA nach Angaben Karsais 90 Zivilpersonen ums Leben. Afghanistan wolle mit der internationalen Gemeinschaft zusammenarbeiten und sei dankbar für deren Hilfe, sagte der Präsident. "Aber das heißt nicht, dass das Leben von Afghanen nichts wert ist", fügte er hinzu.
  • Bei einer Großoffensive der US-geführten Koalitionstruppen gegen die Taliban sind in Afghanistan nach Militärangaben bis zu 80 Radikalislamisten getötet worden. Die Koalitionstruppen an der Grenze zu Pakistan hätten Gruppen bewaffneter Rebellen angegriffen, die einen Anschlag auf einen Stützpunkt in der Provinz Paktika geplant hätten, sagte ein Sprecher der internationalen Afghanistan-Schutztruppe ISAF am 23. Juni. Dabei sollen laut ISAF bis zu 60 Taliban getötet worden sein. Die Koalitionstruppen teilten mit, sie hätten nach mehrstündigen Gefechten in der Provinz Kandahar weitere 20 Taliban getötet. Die Koalitionstruppen hätten die Aufständischen im Distrikt Barmal angegriffen, weil sie "eindeutig bewaffnet" und "eindeutig feindselig" gewesen seien, sagte ISAF-Sprecher Major John Thomas. Zuvor habe die ISAF Aufklärungsflüge unternommen, um den Verdacht auf Anschlagspläne zu erhärten, dabei sei ein Flugzeug der Koalitionstruppen von den Rebellen beschossen worden. Die Soldaten hätten die Rebellen vom Boden und aus der Luft angegriffen. Die Aufständischen hätten versucht, nach Pakistan zu fliehen. Der Einsatz sei mit Pakistan abgestimmt gewesen. Ein ISAF-Sprecher für Ost-Afghanistan sagte, bei dieser größten Offensive gegen Aufständische seit Januar seien "bis zu 60" Taliban-Kämpfer getötet worden.
  • Eine Rakete der Koalitionstruppen schlug nach Angaben des pakistanischen Militärs am 23. Juni in Pakistan ein und tötete neun Zivilisten. Die pakistanischen Zivilisten seien im Dorf Mangreti ums Leben gekommen, als eine Rakete der Koalitionstruppen in ein Haus eingeschlagen sei, sagte ein pakistanischer Militärsprecher: "Wir haben gegen den Vorfall protestiert", fügte er hinzu. Die Truppen der Koalition und die afghanischen Streitkräfte sollten den Vorfall erklärten. Dorfbewohner berichteten, es handle sich um Mitglieder ein und derselben Familien - ein Kind, eine Frau und sieben Männer.
  • Ranghohe Kommandeure der Internationalen Schutztruppe für Afghanistan (ISAF) haben ihr Bedauern über einen Zwischenfall ausgedrückt, bei dem am 22. Juni etliche Zivilisten ums Leben gekommen waren. Offiziere der NATO-geführten Schutztruppe hätten sich in der südafghanischen Provinz Helmand mit Dorfältesten getroffen, um über den Zwischenfall zu reden, teilte das britische Kontingent der ISAF am 23. Juni mit. Die Kommandeure hätten "tiefes Bedauern über diesen tragischen Unfall ausgedrückt". In der Erklärung stand nicht, wie viele Zivilisten ums Leben kamen.
  • Im Süden Afghanistans sind am 23. Juni zwei estnische Soldaten bei einem Raketenangriff ums Leben gekommen. Die beiden Soldaten der NATO-Schutztruppe ISAF seien in der Unruheprovinz Helmand getötet worden, hieß es nach Militärangaben. Der Tod der beiden zeige, wie blind der Zorn der Taliban auf diejenigen sei, die aus Afghanistan einen friedlichen Staat machen wollten, sagte der estnische Präsident Toomas Hendrik Ilves. Der Einsatz der estnischen Truppen in dem Land müsse fortgesetzt werden. Estland hat derzeit 105 Soldaten in Afghanistan stationiert.
  • Einem Zeitungsbericht zufolge ist es in der afghanischen Provinz Ghasni zu Fällen von Folter und Scheinexekution durch US-amerikanische und afghanische Soldaten gekommen. Die beiden Reporter des Magazins "Focus" dokumentierten, wie bei einem Verhör im Dorf Niasollah ein US-Soldat zusammen mit einem afghanischen Kommandanten einen Verdächtigen mit einem Riemen an ein Militärfahrzeug band. Die Soldaten drohten dem an den Händen Gefesselten, ihn übers Geröll zu schleifen. Das hätte für ihn nach wenigen Metern den Tod bedeutet, berichtete "Focus". Der US-Soldat startete den Motor und ließ ihn zwei Minuten laufen. (AFP, 24. Juni)
  • Die Internationale Schutztruppe für Afghanistan (ISAF) hat eingestanden, dass bei Angriffen auf Aufständische im Grenzgebiet zu Pakistan auch Zivilisten ums Leben gekommen sind. Die NATO-geführte Schutztruppe habe im Grenzgebiet zu Pakistan im Südosten des Landes rund sechzig Aufständische getötet, sagte ein Sprecher der ISAF am 24. Juni der Nachrichtenagentur AFP. Im Nachhinein habe sich herausgestellt, dass auch unbeteiligte Menschen unter den Toten seien. Ein Geschoss habe ein Haus getroffen, in dem sich vielleicht mehrere Zivilisten aufgehalten hätten.
  • Die NATO-geführte Schutztruppe für Afghanistan (ISAF) will ihre Kampfeinsätze ändern, damit dabei nicht mehr so viele Zivilisten ums Leben kommen. "Wir werden die Art unserer Einsätze verbessern", kündigte ein Sprecher der ISAF am 24. Juni in der afghanischen Hauptstadt Kabul an. Kein ISAF-Soldat wolle Zivilisten töten. Bei den radikalislamischen Taliban sei das anders: "Sie töten Zivilisten mit Absicht." Afghanistans Präsident Hamid Karsai habe mit seiner Kritik an der ISAF-Armeeführung dennoch recht, sagte der Sprecher. "Karsai hat richtig gelegen. Er hat das Recht, ärgerlich zu sein."
  • Bei Einsätzen ausländischer Truppen in Afghanistan sind seit Beginn des Jahres mehr Bewohner ums Leben gekommen als bei Anschlägen und Überfällen der Taliban-Rebellen. Dies ergab eine Erhebung der Nachrichtenagentur AP (24. Juni). Allein innerhalb der letzten zehn Tage seien mehr als 90 Zivilisten getötet worden, kritisierte am Wochenende der afghanische Präsident Hamid Karsai.
    Bei Militäraktionen der von der NATO geführten Afghanistan-Schutztruppe (ISAF) sowie im Rahmen des von den USA geführten Anti-Terror-Einsatzes gab es seit dem 1. Januar mindestens 203 Tote in der Zivilbevölkerung. Im gleichen Zeitraum wurden 178 Stadt- und Dorfbewohner von Aufständischen getötet. Die AP-Zählung beruht auf offiziellen Angaben afghanischer und internationaler Stellen sowie auf glaubwürdigen Augenzeugenberichten bis 23. Juni. Bis Mai gab es nach Angaben der UN-Mission in Afghanistan sowie der Wiederaufbau-Koordinationsstelle ACBAR etwa ebensoviele Todesfälle in der Zivilbevölkerung durch ausländische Soldaten wie durch Aufständische.
  • Bei einem Anschlag auf ein britisches Militärfahrzeug im Süden Afghanistans ist am 24. Juni ein Soldat getötet worden. Vier wurden verletzt, wie das Verteidigungsministerium in London mitteilte. Die Soldaten sicherten eine Gruppe von Militärfachleuten, die auf dem Weg zu einem Straßenbauprojekt in der Region Babadschi waren. Ihr Geländefahrzeug wurde bei Laschkar Gah von der Explosion eines Sprengsatzes erfasst. Kurz danach wurde ein Mann erschossen, der den Angaben zufolge eine nach dem Anschlag errichtete Straßensperre missachtet hatte. Seit November 2001 kamen in Afghanistan 61 britische Soldaten ums Leben.
  • Stümper am Werk?
    Der Bundeswehr ist laut einem Magazinbericht ihr gesamter Bestand an Geheimdienstinformationen aus den Jahren 1999 bis 2003 abhanden gekommen. Die geheimen Berichte über die Auslandseinsätze der Bundeswehr seien "Ende 2004 verlorengegangen", zitierte "Report Mainz" am 24. Juni aus einem Schreiben von Verteidigungsstaatssekretär Peter Wichert an den Verteidigungsausschuss des Bundestages. Der Ausschuss hatte Unterlagen aus dem Jahr 2002 angefordert, um den Umgang der Eliteeinheit KSK mit dem aus Bremen stammenden Türken Murat Kurnaz im US-Lager Kandahar in Afghanistan aufzuklären. Laut dem ARD-Magazin erläuterte Wichert in dem Schreiben, von den geheimen Unterlagen sei "auf Grund der Speicherkapazität des Datensicherungsroboters" nur einmal eine Sicherungskopie abgelegt worden. "Der Datensicherungsrobotor erlitt nach der Archivierung der Daten einen technischen Defekt." In einem anderen Gerät sei ein Teil der entsprechenden Bandkassetten nicht mehr lesbar gewesen. Der Versuch, diese Kassetten in einem Ersatzgerät auszulesen und somit die Daten wieder zugänglich zu machen, sei gescheitert. Daraufhin seien die nicht mehr lesbaren Kassetten am 4. Juli 2005 vernichtet worden.
Montag, 25. Juni, bis Samstag, 30. Juni
  • In einem Gefecht um einen Polizeiposten in der südafghanischen Provinz Kandahar sind 13 Taliban-Kämpfer und drei Polizisten getötet worden. Die Taliban griffen die Wache im Distrikt Zehri am Morgen des 24. Juni an, woraufhin afghanische und NATO-Soldaten den Polizisten zu Hilfe kamen, wie ein Polizeichef der Provinz am 25. Juni mitteilte. Die Kämpfe, bei denen auch ein hochranginger Taliban ums Leben gekommen sei, dauerten demnach den ganzen Tag an. Zwei Polizisten seien verletzt worden.
  • Die große Koalition streitet über die Afghanistan-Politik der Bundesregierung. In einem Interview der "Frankfurter Rundschau" (Ausgabe vom 25. Juni) forderte der SPD-Außenpolitiker Nils Annen ein Ende der "Operation Enduring Freedom" (OEF) zur Bekämpfung des Terrorismus. Stattdessen müsse die internationale Friedenstruppe ISAF gestärkt werden, die den zivilen Aufbau des Landes sichere, sagte Annen. Wenn die Truppenpräsenz "auf Dauer mehr Probleme bringt, als sie löst, stimmt etwas nicht", erklärte er. Dem widersprach der CDU-Außenpolitiker Eckart von Klaeden: "Die Trennung von OEF und ISAF in der deutschen Debatte ist künstlich", sagte er der Zeitung. Auch die Friedenstruppe ISAF habe "den Auftrag, militärisch gegen Aufständische vorzugehen, um die Sicherheit des Aufbaus zu gewährleisten". Die Auseinandersetzung könne mit der Sitzung der SPD-Bundestagsfraktion zu Afghanistan am 4. Juli an Schärfe gewinnen, hieß es in dem Bericht weiter.
  • Die NATO-geführte Internationale Schutztruppe für Afghanistan (ISAF) hat nach einem deutschen Magazinbericht zu Misshandlungsvorwürfen gegen US- und afghanische Soldaten eine Untersuchung eingeleitet. Wie der örtliche ISAF-Kommandeur Martin P. Schweitzer am 25. Juni in Kabul mitteilte, wurden ein US-Soldat und mehrere afghanische Soldaten nach der Veröffentlichung eines Berichts im "Focus" vom Dienst suspendiert. "Wir nehmen die Vorwürfe sehr ernst", betonte Schweitzer. Die US-Armee werde über ein mögliches strafrechtliches Vorgehen gegen den US-Soldaten entscheiden. Diese Untersuchung könnte sich den Angaben zufolge aber über Monate hinziehen.
  • Im vergangenen Jahr haben sich erstmals Konsum und Anbau von Drogen weltweit nicht ausgeweitet. Zu diesem Ergebnis kommt der aktuelle UN-Drogenbericht. Die jüngsten Zahlen zeigten, dass der Drogenmissbrauch rückläufig sei, sagte UNODC-Direktor Antonio Maria Costa in Genf. Bei den meisten Drogen wie Kokain, Heroin, Cannabis und Amphetaminen seien Produktion, Handel und Konsum im Jahr 2006 stabil geblieben. Dagegen bleibe die Opiumproduktion in Afghanistan weiterhin eines der gravierendsten Probleme.
  • Die US-Armee hat über Fälle von Folter und Scheinexekutionen durch amerikanische und afghanische Soldaten eine Untersuchung eingeleitet. Laut dem Magazin "Focus" hatten zwei Reporter beobachtet, wie bei einem Verhör ein US-Soldat zusammen mit einem afghanischen Kommandanten einen Verdächtigen an ein Militärfahrzeug gebunden hatte, berichtet dpa am 25. Juni. Die Soldaten hätten dem an den Händen Gefesselten gedroht, ihn übers Geröll zu schleifen."Wir nehmen diese Vorwürfe sehr ernst" sagte Oberst Martin Schweitzer von der US-Army.
  • Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) hat ein klares Bekenntnis zum Einsatz deutscher Soldaten in Afghanistan abgelegt. "Ohne den Schutz der Bundeswehr würde es gar keinen Wiederaufbau geben. (...) Wer etwas anderes behauptet, betreibt billigen Populismus, der mit der Wirklichkeit in Afghanistan nichts zu tun hat." Das sagte Steinmeier laut dpa vom 26. Juni in einem Interview der SPD-Zeitung "Vorwärts" (Juli/August-Ausgabe) mit Blick auf Kritik der Partei Die Linken am Afghanistan-Einsatz. "Ohne die Bundeswehr würden wir Afghanistan nicht den Afghanen überlassen, sondern dem Bürgerkrieg und den Taliban."
  • Die Drogenclans in Afghanistan haben ihre Anbaugebiete laut Vereinten Nationen so stark ausgeweitet wie nie zuvor. Die Schlafmohngebiete erstreckten sich nun auf einer Fläche von 104 000 Hektar - das entspricht etwa der Weinanbaufläche Deutschlands. Dies geht aus dem am 26. Juni in Genf veröffentlichen UN-Jahres-Drogenbericht hervor. Die Schlafmohn-Anbaugebiete seien zwischen 2005 und 2006 in Afghanistan um fast 60 Prozent ausgeweitet worden und hätten die größte Ausdehnung erreicht, die jemals in dem Land beobachtet wurde, wird betont. Die größten Anbaufelder mit einer Fläche von 62 Prozent liegen im Süden Afghanistans, wie es heißt. Nur sechs von 34 Provinzen seien frei von Opium-Kulturen, berichtete das UN-Büro für Drogenkontrolle und Verbrechensbekämpfung (UNODC) weiter. Der Anbau habe in Afghanistan ein Ausmaß angenommen, das die Erfolge im Kampf gegen die Drogenproduktion in anderen Ländern praktisch zunichte mache. Weltweit habe Afghanistan bei der Opiumproduktion einen Anteil von 92 Prozent.
  • Der SPD-Verteidigungsexperte Hans-Peter Bartels sieht laut AP vom 27. Juni in seiner Bundestagsfraktion eine Mehrheit für den Ausstieg aus der Anti-Terror-Operation "Enduring Freedom" in Afghanistan. "In der SPD-Fraktion zeichnet sich eine Mehrheit dafür ab, die 100 KSK-Spezialkräfte der Bundeswehr aus dem OEF-Mandat herauszunehmen", sagte Bartels der"Welt". Wenn Deutschland diese "Hypothek" nicht mehr übernehme, werde es der Fraktion im Herbst im Bundestag leichter fallen, die Beteiligung an der internationalen Isaf-Schutztruppe in Afghanistan zu verlängern. "Die 100 KSK-Spezialkräfte werden seit dem Jahr 2005 in Afghanistan nicht mehr gebraucht", sagte Bartels. Es mache keinen Sinn, die Teilnahme an einer "virtuellen" Operation zu beschließen.
  • Im Streit um die anstehende Verlängerung der Afghanistan-Mandate haben führende Koalitionspolitiker einen erweiterten Bundeswehreinsatz in Südafghanistan ins Gespräch gebracht "Wir müssen das Mandat der Realität anpassen", sagte der SPD-Verteidigungsexperte Rainer Arnold der Wochenzeitung "Rheinische Post" laut einem Vorabbericht vom 27. Juni. Er fügte hinzu: "Unsere Spezialkräfte werden nicht mehr gebraucht. Aber es fehlen dringend Ausbildungskräfte für die afghanische Armee und Fernmeldetechniker im Süden." Auch der Obmann der Unions-Fraktion im Auswärtigen Ausschuss, Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU), kann sich über den Einsatz der «Tornado-Aufklärungsflugzeuge hinaus ein Engagement der Bundeswehr im Süden Afghanistans vorstellen Der Druck der Verbündeten auf einen Einsatz im Süden sei "unverändert groß geblieben, wenn nicht gar gewachsen", sagte der Politiker dem Blatt. (vgl. hierzu auch: Gestorben wird heute.)
  • Der ehemalige Staatssekretär im Verteidigungsministerium, Walter Kolbow, hält eine Überprüfung der deutschen Beteiligung am Antiterror-Einsatz in Afghanistan für notwendig. Der SPD-Politiker sagte am 28. Juni im ARD-Morgenmagazin, mit dem Antiterror-Mandat Enduring Freedom seien "viele in der Zivilbevölkerung auch zu Schaden gekommen, getötet und verletzt worden". Da habe es Akzeptanzprobleme gegeben. "Und deshalb müssen wir beurteilen, ob dieser Einsatz noch weiter sinnvoll ist."
  • Bei einem Selbstmordanschlag auf einen NATO-Konvoi in der afghanischen Hauptstadt Kabul sind am 28. Juni nach Polizeiangaben zwei US-Bürger getötet worden. Fünf weitere Menschen wurden demnach verletzt, als ein mit Sprengstoff präpariertes Auto neben einem mit Ausländern besetzten Fahrzeug in einem Kabuler Vorort zur Explosion gebracht wurde. Bislang ist nicht bekannt, ob es sich bei den Opfern um Zivilisten oder Armeeangehörige handelte. Ein Sprecher des Innenministeriums machte abweichende Angaben zu den Opfern des Anschlags. Demnach handelte es sich bei den Toten um einen Ausländer und eine Afghanin und bei den Verletzten um fünf weitere Ausländer und drei afghanische Zivilisten. Die NATO-geführte Afghanistan-Schutztruppe ISAF bestätigte zunächst lediglich eine "Explosion bei einem ISAF-Konvoi".
  • Der ISAF-Stabschef in Kabul, Bruno Kasdorf, hat mehr Truppen und Ausrüstung für die Absicherung des Wiederaufbaus in Afghanistan gefordert. Kasdorf sagte am 28. Juni: "Einige tausend Soldaten könnten schon einen großen Unterschied machen." Der ranghöchste deutsche Militär im Afghanistan-Einsatz hält auch den in Deutschland umstrittenen Antiterroreinsatz Enduring Freedom (OEF) für unverzichtbar. "Wir haben zu wenig Kräfte, wir sind auf den Beitrag von OEF angewiesen", sagte er. Die 40.000 ISAF-Truppen, die derzeit in Afghanistan stationiert sind, seien "ganz eng genäht", sagte Kasdorf in einer Live-Schaltung aus Kabul ins Berliner Verteidigungsministerium. Die Forderung nach einer Verstärkung richte sich aber an die Gemeinschaft insgesamt und nicht an ein bestimmtes Land. "Wir melden das an die NATO in Brüssel und sagen: kümmert Euch darum." Kasdorf begründete die Forderung nach mehr Truppen unter anderem damit, dass Taliban-Kämpfer an vielen Stellen wieder einsickerten, sobald Soldaten der internationalen Truppen abgezogen würden. Der Stabschef äußerte zwar die Auffassung, dass die ISAF von den Taliban militärisch nicht besiegt werden könne. Der Erfolg der Mission insgesamt hänge aber vom Willen der Mitgliedstaaten ab, wie viele Ressourcen sie einzusetzen bereit seien.
  • UN-Generalsekretär Ban Ki Moon ist am 29. Juni überraschend zu einem Besuch in Afghanistan eingetroffen. Dort führte er Gespräche mit Präsident Hamid Karsai und dem Kommandeur der Afghanistan-Schutztruppe (ISAF), General Dan McNeill, wie UN-Sprecher Adrian Edwards sagte. Bans erster Besuch in Afghanistan habe zum Ziel gehabt, eine enge Koordination zwischen den UN und der Regierung in Kabul sicherzustellen, sagte Edwards.
  • Angesichts der Kritik aus der SPD-Fraktion an den Afghanistan-Einsätzen der Bundeswehr hat Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) seine Partei vor frühzeitigen Festlegungen gewarnt. Steinmeier empfahl die im Herbst bevorstehenden Abstimmungen über die drei Mandate zum Tornado-Einsatz, zur ISAF-Schutztruppe und zur Anti-Terror-Mission "Enduring Freedom" nicht einzeln zu betrachten. Sie müssten im Gesamtzusammenhang des Engagements in Afghanistan gesehen werden, sagte er am 29. Juni im WDR.
  • Trotz scharfer Kritik des afghanischen Präsidenten Hamid Karsai an der Ungenauigkeit ihrer Angriffe haben die ausländischen Streitkräfte offenbar erneut Dutzende afghanischer Zivilisten bei Luftangriffen getötet. "Unsere Untersuchungen zeigen bislang, dass im Bezirk Gereschk 65 Zivilisten getötet wurden", sagte Bezirkschef Dor Alischah am 30. Juni. Zuvor hatte er angegeben, bei den Angriffen vom 29. Juni seien 30 Zivilisten getötet worden. Die Zahl der getöteten Taliban-Kämpfer gab er mit 35 an. In einer schriftlichen Erklärung bestätigte die US-geführte Koalition, dass es unter den Opfern der Kämpfe "offenbar Zivilisten" gab. An den Luftangriffen waren sowohl die Koalitionstruppen als auch die internationale Afghanistan-Truppe ISAF beteiligt, wie Koalitionssprecher Chris Belcher sagte. Präsident Karsai hatte vor kurzem kritisiert, die Einsätze der ISAF und der Koalition seien vielfach "wahllos und ungenau".


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