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Chronik Afghanistan

April 2006

Samstag, 1. April, bis Sonntag, 9. April
  • Im Süden Afghanistans hat ein Selbstmordattentäter am 1. April einen Anschlag auf einen Konvoi von US- und afghanischen Soldaten verübt. Nach Angaben der afghanischen Armee gab es aber keine Opfer unter den Soldaten. Der Attentäter wurde bei der Explosion seines Autos westlich von Kandahar getötet; die Soldaten erschossen zudem einen Mann, der auf einem Motorrad flüchtete. Er sei der "Koordinator" des Anschlags gewesen. Im Norden Afghanistans töteten Unbekannte den Vorsitzenden des Provinzrates von Tachar an der Grenze zu Tadschikistan.
  • Bewaffnete Taliban-Rebellen haben im Westen Afghanistans einen türkischen Ingenieur erschossen. Nach Angaben der Behörden vom 3. April hielten die Rebellen den Wagen des Mannes auf offener Strecke an, erschossen ihn und verbrannten anschließend seine Leiche. Drei afghanische Mitarbeiter des Türken ließen sie unbehelligt.
  • In Kandahar im Süden des Landes griffen Taliban-Rebellen einen Polizeikontrollpunkt an. Dabei wurden fünf Beamte getötet und drei weitere verletzt. (dpa, 3. April)
  • Der afghanische Präsident Hamid Karsai hat die Freilassung und Ausreise des zum Christentum übergetretenen Afghanen Abdul Rahman verteidigt. "Unsere Gerichte haben unabhängig entschieden, und es ist kein Druck auf sie ausgeübt worden", erklärte das Staatsoberhaupt vor islamischen Rechtsgelehrten am 4. April in Kabul. Rahman war am vergangenen Mittwoch (29. März) nach Italien gebracht worden, wo er Asyl erhalten hat. In Afghanistan hatte ihm wegen seiner Abkehr vom Islam die Todesstrafe gedroht.
  • Bei der Explosion einer Mörsergranate nahe des größten US-Militärstützpunktes in Afghanistan ist am 6. April ein Zivilist getötet worden. Zwei weitere Afghanen wurden verletzt, als die Granate einige hundert Meter von dem Stützpunkt am Flughafen von Bagram entfernt explodierte, wie die Polizei mitteilte. Unklar sei noch, ob der Angriff gegen das nördlich von Kabul gelegene US-Lager gerichtet gewesen sei.
  • Die pakistanischen Sicherheitskräfte haben nach eigener Darstellung bei Kämpfen mit Extremisten 16 Taliban-Anhänger getötet. Die Zusammenstöße hätten sich in Nord-Waziristan an der Grenze zu Afghanistan ereignet, sagte ein Militärsprecher am 5. April. Auslöser war offenbar ein Rebellenangriff im Raum Shawal auf einen Posten von Paramilitärs. Dem Sprecher zufolge wurden daraufhin in der Nacht acht Extremisten und weitere acht bei Kämpfen am 5. April getötet. In die Stammesgebiete von Nord-Waziristan sind seit Anfang 2002 viele Anhänger der in Afghanistan gestürzten radikal-islamischen Taliban und der Extremisten-Organisation Al-Kaida (al-Qaeda) geflüchtet. Bei Zusammenstößen zwischen deren Kämpfern und der pakistanischen Armee sind in den vergangenen Wochen rund 200 Menschen getötet worden. Radikale moslemische Geistliche hatten Anfang des Jahres zu einem verstärkten Widerstand gegen die Regierungstruppen aufgerufen.
  • Bei zwei Anschlägen in Afghanistan sind vier deutsche Soldaten verletzt worden. Ein Afghane sei getötet, mehrere Zivilisten seien verletzt worden, teilte das Bundesverteidigungsministerium in Berlin mit. Beide Vorfälle ereigneten sich am 5. und 6. April im Norden Afghanistans.
    Am späten Abend des 5. April wurde im Gebiet um die Stadt Faisabad ein Erkundungsteam der Bundeswehr angegriffen, wie ein Sprecher des Verteidigungsministeriums sagte. Im Anschluss gab es einen Schusswechsel. Bei der Attacke kam auch eine leichte russische Panzerfaust zum Einsatz. Drei deutsche Soldaten wurden leicht verletzt. Das Team wurde daraufhin zurückverlagert.
    Am Morgen des 6. April wurde ein Sprengstoffanschlag auf eine deutsche Patrouille verübt. Dieser Vorfall ereignete sich dem sprecher zufolge rund 25 Kilometer nördlich der Stadt Kundus. Bei diesem Anschlag wurde ein Afghane getötet. Ein deutscher Soldat wurde verletzt und muss nach Deutschland zurücktransportiert werden. Auch zwei afghanische Zivilisten seien verletzt worden.
  • Im Süden Afghanistans hat ein Selbstmordattentäter am 7. April einen Anschlag auf einen britischen Militärkonvoi verübt. Nach Angaben der afghanischen Polizei in der Provinz Helmand wurden zwei britische Soldaten verletzt, als sich der Attentäter mit seinem Auto in der Nähe eines Militärstützpunkts in der Provinzhauptstadt Lashkar Gah in die Luft sprengte. Ein britisches Fahrzeug sei beschädigt worden, hieß es.
  • Am 8. April starben drei Menschen bei einem Selbstmordanschlag mit einem Sprengstoff-Auto nahe dem Sitz des italienischen regionalen Aufbauteams (PRT) im westafghanischen Herat. Der Attentäter riss einen afghanischen Wachmann und einen Passanten mit in den Tod. Sieben Menschen wurden verletzt.
  • Die Geheimdienste CIA und BND vertraten am Wochenende (8./9. April) in Kabul die Einschätzung, dass der Terror im Irak auf Afghanistan übergreife. Die Taliban operierten jetzt nach derselben Methode „hit and run“ (zuschlagen und wegrennen). Auch die Machart der Anschläge deuteten auf den Irak hin. Es habe sich herausgestellt, dass die Taliban ihre Leute mittlerweile zur Ausbildung in den Irak schickten. Beunruhigend sei ferner, dass die Taliban offenbar im ganzen Land bei der Bevölkerung Rückhalt fänden. Dazu hätten die Mohammed-Karikaturen und der Fall Abdul Rahman beigetragen. Ein BND-Experte sagte, die Situation habe sich für die ISAF „sehr verschlechtert“. Sehr gefährlich werde die Situation am neuen Logistikstützpunkt der Bundeswehr im nordwestafghanischen Mazar-i-Sharif. Hier sollen von Juni an 1.500 Soldaten stationiert werden.
  • In der südlichen Provinz Kandahar explodierte am 9. April neben einer afghanischen Patrouille eine Bombe. Elf Menschen erlitten Verletzungen.
Montag, 10. April, bis Sonntag, 16. April
  • Am 10. April sind bei Anschlägen acht Menschen getötet worden.
    In der Provinz Badghis seien nach Mitteilung des dortigen Gouverneurs fünf afghanische Krankenhausmitarbeiter erschossen worden. Die Täter hätten die Klinik in Brand gesetzt.
    Zwei Polizisten wurden bei der Explosion einer Bombe am Straßenrand in der südlichen Provinz Helmand getötet.
    Unbekannte haben einen Fahrer umgebracht, der mit einem Lastwagen einen ausländischen Militärstützpunkt beliefern wollte.
  • Beim Einschlag einer Rakete in einem Schulhof in Assadabad, 170 km nordöstlich von Kabul, sind am 11. April sieben Kinder getötet und 34 weitere Menschen, darunter ein Lehrer, verletzt worden. Die Rakete traf die Schule während der Unterrichtszeit. Die Schule liegt in der Nähe eines US-amerikanischen Militärstützpunkts. Ein zweites Geschoss schlug auf freiem Feld ein. Ein Polizeisprecher machte die Taliban für den Angriff verantwortlich.
  • Bei einem stundenlangen Schusswechsel zwischen mutmaßlichen Taliban-Rebellen und der Polizei sind im Süden Afghanistans 47 Menschen getötet worden. Der Kampf südwestlich von Kandahar habe den ganzen Freitag (14. April) angedauert, sagte der Gouverneur der Region, Assadullah Chalid. US-Hubschrauber hätten die Rebellenstellungen mit Raketen beschossen. Bei dem Kampf seien 41 mutmaßliche Taliban und sechs Polizisten getötet worden. Es habe zahlreiche Verletzte gegeben. 13 Verdächtige seien festgenommen worden.
  • Mutmaßliche Taliban-Kämpfer haben in der Nacht zum 16. April im Südosten Afghanistans fast zeitgleich drei Polizeiposten überfallen. Die Gefechte hätten etwa eine halbe Stunde lang gedauert, sagte der Polizeichef der Provinz Sabul, Mohammed Nabi. Insgesamt seien 14 Angreifer getötet oder verletzt worden. Polizisten seien nicht zu Schaden gekommen. Ein Sprecher der Taliban sagte dagegen, es seien zwei Angreifer und neun Polizisten getötet worden. Eine unabhängige Überprüfung der Angaben war nicht möglich.
  • Die US-geführten Koalitionstruppen töteten bei zwei Vorfällen vier Taliban-Kämpfer, wie die US-Armee am 16. April mitteilte. In einem Fall hätten fünf Rebellen mit Schusswaffen und Panzerabwehrraketen in der Provinz Urusgan eine Patrouille überfallen. Die Soldaten hätten drei der Angreifer getötet. Über den zweiten Vorfall lagen vorerst keine Einzelheiten vor.
Montag, 17. April, bis Sonntag, 23. April
  • Bei einem Gefecht zwischen ausländischen Truppen und Taliban-Rebellen sind nach US-Angaben in Afghanistan sieben Zivilisten ums Leben gekommen. Bei den Kämpfen in der Provinz Kunar hätten die Koalitionstruppen Kampfflugzeuge und Artillerie eingesetzt, teilte die US-Armee am 17. April mit. "Erste Erkenntnisse lassen vermuten, dass sieben Zivilisten in der Nähe der Kämpfe getötet und drei weitere verletzt wurden", heißt es in der Erklärung. "Wir bedauern den Verlust unschuldigen Lebens zutiefst." Es sei eine Untersuchung zu dem Vorfall eingeleitet worden. Den Angaben zufolge wurden bei den Kämpfen auch mehrere Rebellen getötet.
  • Afghanistan hat das Nachbarland Pakistan am 18. April zu einem härteren Vorgehen gegen Terroristen in der Grenzregion aufgerufen. "Wir fordern mehr und bessere Zusammenarbeit von Pakistan und auch von der internationalen Gemeinschaft", sagte ein Sprecher von Präsident Hamid Karsai. Das pakistanische Außenministerium entgegnete, Pakistan unternehme mehr als genug und forderte im Gegenzug, Afghanistan müsse seinen Teil beitragen.
  • Soldaten der US-Armee haben im Süden von Afghanistan ein Neugeborenes und die Mutter des kleinen Mädchens verletzt. Die Frau wurde nach der Entbindung von Angehörigen nach Hause gebracht, als die Soldaten in der Provinz Chost auf das Fahrzeug schossen, wie Polizeichef Mohammed Ajub am 18. April mitteilte. Die Frau habe einen Brustschuss erlitten. Zwei weitere Frauen seien bei dem Zwischenfall am Vorabend ebenfalls verletzt worden. Der Polizei zufolge schossen die Soldaten auf den Wagen, weil der Fahrer an einer Straßensperre nicht angehalten hatte.
  • Im Streit um die Pachtzahlungen für den US-Luftwaffenstützpunkt Manas in Kirgisien hat Präsident Kurmanbek Bakijew den USA ein Ultimatum gestellt. Sollten die Verhandlungen bis zum 1. Juni ohne Ergebnis bleiben, könnte Kirgisien den USA das Recht zur Nutzung der für den Afghanistan-Einsatz benötigten Basis entziehen, sagte Bakijew am 19. April in einer Fernsehansprache.
  • Eine schwere Rakete ist am Abend des 19. April in der Nähe des Hauptquartiers der NATO-geführten Internationalen Afghanistan-Schutztruppe ISAF und der US-Botschaft in Kabul explodiert. Nach Angaben eines Polizeisprechers schlug die Rakete auf dem nahen Gelände eines Fernsehenders ein. Splitter seien hunderte Meter weit geflogen. Es ist bislang unklar, ob es Opfer gab. Aus Polizeikreisen verlautete, ein Wachmann auf dem Sendergelände sei verletzt worden. ISAF-Soldaten hätten die Umgebung abgesperrt.
  • Insgesamt 558 Namen von Häftlingen des US-Gefangenenlagers Guantanamo stehen auf einer am 19. April veröffentlichten Liste, die das Pentagon auf Grund einer Klage der Nachrichtenagentur AP freigegeben hat. Die Insassen stammen aus insgesamt 41 Länder. Die größte Zahl, 132, kommt aus Saudi-Arabien, danach folgen als Herkunftsländer Afghanistan mit 125 Insassen und Jemen mit 107. Viele der Insassen in dem international umstrittenen US-Stützpunkt an der Südostküste Kubas werden seit über vier Jahren festgehalten. Entsprechend den Bestimmungen des Gesetzes zur Informationsfreiheit hatte das US-Verteidigungsministerium bereits am 3. März rund 5.000 Seiten von Anhörungsprotokollen der Öffentlichkeit übergeben. Dabei handelte es sich zumeist um Verfahren zur Überprüfung des Status' als "feindlicher Kombattant".
  • Bei einem Überfall auf einen Armeekonvoi sind im pakistanischen Grenzgebiet zu Afghanistan sieben Soldaten getötet und 22 weitere verletzt worden. Von einem Versteck in den Hügeln bei Miranshah in der Provinz Nord-Waziristan hätten die Angreifer die Soldaten beschossen, die auf einer Routine-Patrouille unterwegs gewesen seien, sagte Armeesprecher Shakat Sultan am 20. April der Nachrichtenagentur AFP. Bei einem anschließenden Gefecht seien vier bis sechs der Rebellen erschossen worden. Ihre Leichname seien von den Angreifern mitgenommen worden. Die Streitkräfte setzten Armeehubschrauber ein, um die Täter aufzuspüren.
  • Afghanistan hat einen neuen Außenminister: Der 51-jährige Rangin Dadfar Spanta erhielt am 20. April im Parlament in Kabul die nötige Zustimmung einer Mehrheit der Abgeordneten. Spanta lebte mehr als 20 Jahre lang in Deutschland. Er erhielt nach Angaben der Heinrich-Böll-Stiftung 1982 in Deutschland politisches Asyl und studierte und promovierte in Politischer Wissenschaft mit einem Stipendium der Stiftung. Bis Ende 2004 war er in Aachen Universitätsdozent für Politikwissenschaft und Vorstand der "Allianz für Demokratie in Afghanistan", einem Bündnis von Exil-Parteien und -Gruppierungen. Zudem war er dort als Mitglied von Bündnis 90/Die Grünen kurzzeitig Mitglied der grünen Ratsfraktion. Ende 2004 kehrte Spanta als außenpolitischer Berater von Präsident Hamid Karsai nach Afghanistan zurück.
    Das afghanische Parlament hat am 20. April fünf der 25 von Präsident Hamid Karsai im Zuge einer Kabinettsumbildung nominierten Ministerkandidaten abgelehnt. 20 Kandidaten fanden die Zustimmung der Parlamentarier, darunter der künftige Außenminister Rangin Dadfar Spanta. Unter den fünf abgelehnten Kandidaten ist die einzige Frau unter den Nominierten, Suraja Rahim Sabarnag. Sie war als Frauenministerin vorgesehen.
  • Sechs afghanischen Polizisten wurden am 20. April im Süden des Landes von Aufständischen erschossen. Vier der Leichen wurden anschließend in Brand gesetzt, was den Regeln des Islams widerspricht. Um der Gewalt in den südlichen Provinzen Herr zu werden, sollen dort bis Ende Juli mehr als 9.000 NATO-Soldaten stationiert werden. In Afghanistan sind bereits 18.000 US-Soldaten im Einsatz.
  • Bei einem Gefecht in Afghanistan sind am 21. April ein US-Soldat getötet und ein afghanischer Soldat verletzt worden. Das teilten die US-Streitkräfte mit. Zu dem Zusammenstoß mit Rebellen sei es während der Durchsuchung eines Waffenlagers in der Provinz Urusgan südwestlich von Kabul gekommen.
    Infolge des US-Militäreinsatzes in Afghanistan sind seit Ende 2001 in dem Land selbst sowie in den Nachbarstaaten Pakistan und Usbekistan insgesamt 224 US-Soldaten ums Leben gekommen. Etwa 141 von ihnen wurden bei Gefechten oder Anschlägen getötet.
  • Ein früherer Botschafter der Taliban hat die US-Regierung zu Verhandlungen mit den gestürzten Machthabern in Afghanistan aufgefordert. Nur so könne das Blutvergießen beendet werden, sagte Abdul Salam Saif, der die Taliban einst in Pakistan vertrat und später mehr als drei Jahre lang im US-Gefangenenlager Guantanamo auf Kuba festgehalten wurde, laut AP am 21. April. Saif erklärte, ein militärisches Vorgehen gegen die Aufständischen werde die Gewalt nicht eindämmen. Nur Verhandlungen könnten eine Lösung bringen. Dies lehnte der Sprecher der US-Streitkräfte in Afghanistan, Tom Collins, jedoch umgehend ab. Man verhandele nicht mit Terroristen, betonte er.
  • Bei der Explosion eines am Straßenrand versteckten Sprengsatzes sind in Afghanistan vier kanadische Soldaten ums Leben gekommen. Die Soldaten befanden sich auf einer Patrouille im Dorf Gomboth in der südlichen Provinz Kandahar, wie ein Sprecher der kanadischen Streitkräfte am 22. April mitteilte. In Kandahar ist ein Großteil der 2.200 Soldaten stationiert, die die kanadische Regierung 2002 nach Afghanistan entsandte. Mindestens 16 Kanadier haben dort seither ihr Leben gelassen.
  • Der arabische Nachrichtensender Al-Dschasira hat am 23. April eine Tonbandbotschaft ausgestrahlt, die von Terroristenführer Osama bin Laden stammen soll. Darin wird der westlichen Welt vorgeworfen, einen "Kreuzzug gegen den Islam" zu führen. Als Beispiele werden unter anderen die Konflikte im Irak, Pakistan, dem Sudan und Tschetschenien genannt. Außerdem bezog sich der männliche Sprecher der Botschaft auf die Entwicklung im Nahen Osten. Zuletzt war im Januar eine angeblich von Osama bin Laden stammenden Tonbandbotschaft aufgetaucht.
  • Bei einem stundenlangen Feuergefecht mit Regierungstruppen sind am 23. April im Süden Afghanistans drei Kämpfer der Taliban ums Leben gekommen. Der Gouverneur der Provinz Ghasni, Dadschi Scher Alam, erklärte, die Sicherheitskräfte hätten ein Dorf umstellt, in dem sich die Rebellen versteckt hätten. Auch ein Polizist sei getötet worden.
  • Der britische Verteidigungsminister John Reid sagte bei einem Besuch in Kabul am 23. April, die Offensive gegen die Taliban müsse fortgesetzt werden, um ihre Rückkehr an die Macht zu verhindern. "Die größte Gefahr für das Volk in Afghanistan und das Volk im Vereinigten Königreich wäre, wenn Afghanistan je wieder unter die Herrschaft eines Taliban-Regimes geriete, das bereit wäre, Al Kaida oder terroristische Gruppen zu schützen", sagte Reid. Besonders in der Provinz Helmand sei die Lage schwierig. Reid deutete an, die britischen Truppen würden noch mindestens drei weitere Jahre in Afghanistan bleiben.
Montag, 24. April, bis Sonntag, 30. April
  • Bei einem Flugzeugunglück im Süden Afghanistans sind am 24. April mindestens fünf Menschen ums Leben gekommen. Das zweimotorige Flugzeug vom Typ Antonow-32 schoss auf dem Flughafen der Ortschaft Laschkargha über die Rollbahn hinaus und zerstörte mehrere Nomadenzelte und Häuser, wie ein Sprecher der kanadischen Truppen in Afghanistan mitteilte. Den Angaben zufolge wurden zehn Menschen verletzt, fünf weitere wurden noch vermisst. Die genaue Unglücksursache war zunächst unklar. Das Flugzeug russischer Bauart war den Angaben zufolge von einer US-Behörde zur Drogenbekämpfung gechartert worden und befand sich auf einem Routineflug von Kabul nach Laschkargha. Von den 16 Insassen wurden zwei bei dem Unglück getötet; mindestens drei afghanische Zivilisten starben, als das Flugzeug in ihre Häuser und Zelte raste. Nach Angaben der afghanischen Behörden befand sich unter den Todesopfern auch ein dreijähriges Kind. Es wurde befürchtet, dass die vermissten fünf Menschen unter den Trümmern der zerstörten Häuser oder dem Flugzeug begraben wurden.
  • In der südafghanischen Provinz Helmand griffen am 24. April Kampfflugzeuge mit zwei Raketen und einer Bombe ein Lager der Taliban-Rebellen an, wobei am drei Aufständische ums Leben kamen.
  • Fünf weitere "Extremisten" und ein Polizist wurden bei einem Überfall von rund 50 Taliban-Kämpfern auf einen Kontrollposten der Polizei 80 Kilometer nördlich von Kandahar getötet. Die Gefechte dauerten bis zum Morgen des 25. April an. Die Rebellen seien schließlich zurückgeschlagen worden, teilte ein Behördensprecher mit.
  • Bei der Explosion einer am Straßenrand versteckten Bombe wurden im Osten des Landes vier afghanische Soldaten getötet. Der Angriff richtete sich gegen eine amerikanisch-afghanische Patrouille.
  • Die britischen Besatzungstruppen im Süden Afghanistans sollen künftig offensive Kampfaufgaben wahrnehmen, die weit über das "friedenssichernde" UNO-Mandat der ISAF (International Security Assistance Force) hinausgehen. Wie die Tageszeitungen Independent und Daily Telegraph am 25. April berichteten, sprach der britische Verteidigungsminister John Reid bei seinem Besuch in Kabul von "Überschneidungen" zwischen den Aktionen der britischen ISAF-Einheiten und der US-geführten Operation Enduring Freedom. Die "Selbstverteidigung" gegen "Taliban und Terroristen" könne auch "präventive Aktionen" einschließen, räumte Reid ein.
  • Spanien verstärkt aus Sicherheitsgründen seine Truppen in Afghanistan. Verteidigungsminister José Antonio Alonso sagte dem Radiosender Cadena Ser am 25. April, bei einem Besuch der Truppen habe er feststellen müssen, dass eine Aufstockung notwendig sei. Spanien hat 540 Soldaten der Internationalen Schutztruppe ISAF in Afghanistan stationiert, rund die Hälfte in Herat im Westen des Landes, die andere Hälfte in Kala-i-Now weiter nördlich. Medienberichten zufolge sollen 140 bis 150 Soldaten dazukommen. Alonso kündigte an, er werde das Parlament am 9. Mai um die Zustimmung zur Entsendung zusätzlicher Truppen bitten. Oppositionsführer Mariano Rajoy von der konservativen Volkspartei habe schon zugestimmt.
  • Die NATO-Staaten müssen sich nach den Worten von Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer auf weitere Opfer in Afghanistan einstellen. Es wäre unrealistisch, davon auszugehen, dass es keine weiteren Zwischenfälle und Toten geben werde, sagte er am 25. April in Brüssel. "Es ist eine gefährliche Mission, aber die NATO kann es sich nicht erlauben, zu scheitern."
  • US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld hat die US-geführten Militäreinsätze in Afghanistan und im Irak als Mittel verteidigt, um den Iran in Schranken zu halten. "Ein Erfolg in Afghanistan und ein Erfolg im Irak sind entscheidend, um die extremen Anstöße im Zaum zu halten, die wir vom Iran ausgehen sehen", sagte Rumsfeld im Gespräch mit dem ministeriumseigenen Fernsehsender. Das Letzte, was die iranische Führung wolle, seien erfolgreiche Regierungen, politische Systeme mit gewählten Volksvertretern sowie freie Menschen in Afghanistan und im Irak. Wer der Ansicht sei, dass die US-Einsätze in den beiden Ländern zu teuer seien oder zu lange dauerten und dass die USA davon ablassen sollten, der solle sich überlegen, was dies für den Iran bedeuten würde. Es sei zu bedenken, wie sehr dies dem Anliegen der iranischen Führung nützen würde, "und ihr Anliegen ist eines, das für die Welt gefährlich ist", sagte Rumsfeld. (AFP, 25. April)
  • Mit einer Botschaft an die Muslime und US-Präsident George W. Bush hat sich der Anführer der El-Kaida-Terroristen im Irak, Abu Mussab al-Sarkawi, erstmals per Video zu Wort gemeldet. Der jordanische Top-Terrorist erklärt in der am 25. April im Internet veröffentlichten Aufnahme, die nach seinen Angaben vom vergangenen Freitag stammt, Bush hätte das "Waffenstillstandsangebot" von Osama bin Laden annehmen sollen. "Dies hätte ihm und anderen genutzt, aber seine Arroganz hat ihn daran gehindert", fuhr er fort.
  • Terrorgruppen in Afghanistan setzen laut einem Zeitungsbericht Kopfgelder für die Tötung deutscher Soldaten aus. Aufgerufen werde dazu auf Flugblättern, Plakaten und durch Mund-zu-Mund-Propaganda, schreibt das "Hamburger Abendblatt" am 26. April. Das Blatt beruft sich auf Bundeswehrkreise. Demnach sind die Kopfgelder gestaffelt: 500 US-Dollar für einen Bundeswehr-Offizier, 300 Dollar für einen Unteroffizier und 100 Dollar für Mannschaftsdienstgrade. Zur Zeit befinden sich rund 2.200 deutsche Soldaten in Afghanistan.
  • Der CIA-Untersuchungsauschusses im Europaparlament sieht eine Mitschuld europäischer Regierungen an den Gefangenenflügen des US-Geheimdiensts CIA. Der italienische Berichterstatter des Ausschusses, Giovanni Claudio Fava, warf am 26. April den Regierungen "schuldhafte Untätigkeit" vor. Aus den Daten der europäischen Flugüberwachung Eurocontrol gehe hervor, dass es über Europa "mehr als tausend CIA-Flüge" gegeben habe, ohne dass sich die Regierungen dafür interessiert hätten.
  • Die Außenminister der 26 NATO-Staaten haben die Entschlossenheit des Bündnisses bekräftigt, das militärische Engagement in Afghanistan auszuweiten. "Die NATO-Truppen werden das robuste Mandat nutzen, das sie haben", sagte NATO-Sprecher James Appathurai in Sofia am Rande des NATO-Ministertreffens am 28. April. "Die Minister haben noch einmal bestätigt, dass die Afghanistan-Schutztruppe ISAF in den Süden und später auch in den Osten des Landes ausgeweitet wird." Die ISAF erhöht derzeit ihre Truppenstärke von knapp 10.000 auf etwa 17.000, um im Laufe des Sommers auch den Süden Afghanistans zu kontrollieren. Bisher waren die Soldaten lediglich im Norden und Westen eingesetzt. Bis Anfang kommenden Jahres soll die ISAF auch im Osten, in dem bisher die USA allein für die Jagd auf Terroristen zuständig sind, stationiert werden.
  • Taliban-Kämpfer haben in Afghanistan einen indischen Ingenieur entführt und getötet. Die enthauptete Leiche des dreifachen Familienvaters wurde nach Polizeiangaben am 30. April in der südlichen Provinz Sabul gefunden, wo der Mann am 28. April verschleppt worden war. Er sei bei einem Fluchtversuch erschossen worden, teilte ein Taliban-Sprecher mit. Am 29. April hatten die Entführer mit der Ermordung der Geisel gedroht, sollten nicht alle indischen Staatsbürger innerhalb von 24 Stunden Afghanistan verlassen. Der indische Ministerpräsident Manmohan Singh und der afghanische Präsident Hamid Karsai verurteilten die Ermordung des Ingenieurs, die zweite einer indischen Geisel im Süden Afghanistans innerhalb von sechs Monaten. "Feinde Afghanistans" seien für die Tat verantwortlich, erklärte Karsai. Der etwa 40 Jahre alte K. Suryanarayana arbeitete seit Januar für eine Telefongesellschaft in Afghanistan. Nach Behördenangaben wurde er am 28. April auf einer Schnellstraße in Sabul mit Waffengewalt zum Anhalten gezwungen und entführt.


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