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Chronik Afghanistan

August 2005

Montag, 1. August, bis Sonntag, 7. August
  • Ein Sprecher des deutschen Verteidigungsministeriums sagte am 1. August, die Zusammenarbeit mit Usbekistan verlaufe problemlos. Es gebe derzeit keine Gefährdung für den Bundeswehrstützpunkt im usbekischen Termes, der einzigen Versorgungsbasis für den deutschen Einsatz in Afghanistan.
  • Gelassen regaiert die US-Regierung auf die Aufkündigung des Stützpunkts in Usbekistan. Ein US-Militärsprecher sagte am 1. August: "Unsere Fähigkeit, Kampfeinsätze in Afghanistan durchzuführen, wird durch diese Entscheidung nicht beeinträchtigt." Weiter hieß es aber, dass der Stützpunkt Karschi-Chanabad (kurz "K-2" genannt) für die USA von strategischer Bedeutung sei. Man wolle K-2 nicht verlieren. Man wolle aber nicht auf die Forderung nach Reformen in Usbekistan und nach einer Untersuchung des Massakers vom 13. Mai verzichten.
  • Eine amerikanische Militärermittlerin ist wegen Misshandlung eines afghanischen Gefangenen degradiert worden. Dies entschied das Militärgericht in Fort Bliss am 4. August. Der afghanische Gefangene war von ihr getreten und geschlagen worden und starb nach weiteren Misshandlungen durch andere Soldaten.
  • Die USA wollen schrittweise fast alle afghanischen Gefangenen aus ihrem Gewahrsam an die Regierung in Kabul übergeben. Das betreffe die Häftlinge der US-Stützpunkte in Bagram und Kandahar sowie etwa 100 Insassen in Guantánamo, hieß es in einer Erklärung der beiden Länder am 4. August.
  • Nach der Vereinbarung mit Afghanistan streben nun die USA ähnliche Abkommen mit Jemen und Saudi-Arabien an. Dies sagte der "Regierungsbeauftragte für die Ahndung von Kriegsverbrechen", Pierre-Richard Prosper am 5. August der "Washington Post". Derzeit sind noch 510 Häftlinge auf Guantánamo, darunter 107 jemenitische und 129 saudische. Ziel sei es, künftig nur noch einen harten Kern von Häftlingen auf unbegrenzte Zeit in Guantánamo zu behalten.
  • Bei einem Bombenanschlag im Süden Afghanistans wurde ein US-Soldat getötet, zwei weitere Soldaten wurden verletzt, verlautete am 5. August aus Militärkreisen. Allein in diesem Jahr sind in Afghanistan 37 US-Soldaten ums Leben gekommen.
  • Im Süden des Landes erschossen afghanische und US-Soldaten bei einem Gefecht am Wochenende (6./7. August) zehn mutmaßliche Rebellen.
  • Der mutmaßliche Entführer der Italienerin Clementina Cantoni ist unmittlebar nach seiner Festnahme wieder frei gelassen worden. Zunächst war er zusammen mit zwei Komplizen am 6. August in der Provinz Parwan von eienr Spezialeinheit der Polizei gefasst worden. Wenige Minuten später habe ein örtlicher Armeegeneral die Polizeieinheit angegriffen, entwaffnet und die drei Verdächtigen befreit. Möglicherweise ist der General von den Entführern bestochen worden.
Montag, 8. August, bis Sonntag, 14. August
  • Am 8. August teilte das Verteidigungsministerium mit, dass Peter Struck am 28. August Afghanistan besuchen wolle, um sich über die Arbeit der NATO-geführten Wiederaufbauteams (PRT) in Feisabad und Kundus zu informieren.
  • Der verteidigungspolitische Sprecher der Union, Christian Schmidt (CSU), forderte am 9. August, nicht auf einen Beschluss des UN-Sicherheitsrats zu warten, bis der Bundestag über den weiterebn Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan beschließt. Das Mandat läuft am 13. Oktober aus. Der neue Bundestag könne nicht rechtzeitig die nötigen Ausschüsse bilden, sagte er. Politiker von FDP, SPD und Grünen lehnten den Vorschlag ab.
  • Bei schweren Kämpfen im Süden Afghanistans sind mindestens 16 Aufständische und ein US-Soldat getötet worden. Eine Gruppe aus amerikanischen und afghanischen Soldaten sei während einer Aktion gegen Rebellen in der Provinz Sabul in einen Hinterhalt geraten und mit Schusswaffen und Raketenwerfern angegriffen worden, teilte die US-Armee am 9. August in Kabul mit. Der Vorfall habe sich bereits am 8. Aug. im Bezirk Deh Tschopan ereignet. Kampfflugzeuge der US-geführten Koalition seien zur Unterstützung angefordert worden und hätten über einen längeren Zeitraum Positionen der Angreifer bombardiert. Zivilisten seien bei dem Einsatz nicht zu Schaden gekommen, teilte die US-Armee weiter mit.
  • Bei einem Verkehrsunfall in Afghanistan sind ein Soldat der Bundeswehr getötet und drei weitere Soldaten verletzt worden. Wie das Bundesverteidigungsministerium am 10. Aug. in Berlin bestätigte, ereignete sich der Vorfall demnach bereits am 7. August. Bei den Verletzten handele es sich um zwei weitere Deutsche und eine ungarische Soldatin. Ein Geländefahrzeug der Bundeswehr vom Typ "Wolf" sei etwa neun Kilometer südöstlich von Kabul in Spurrillen geraten und habe sich überschlagen. Die vier Soldaten gehörten demnach zu einer Wiederaufbaugruppe. Die Verletzten würden in einem Feldlazarett behandelt. Eine Rückführung in die Heimatländer sei aufgrund der Art und Schwere ihrer Verletzungen nicht erforderlich.
  • Die radikalislamischen Taliban haben in der südafghanischen Provinz Sabul eine Frau erschossen, die sie der Spionage für das US-Militär bezichtigten. Ein Rebellen-Sprecher sagte, die Frau sei gemeinsam mit zwei Verwandten gefangen genommen worden. Die beiden anderen Geiseln seien weiter in der Gewalt der Taliban. Der örtliche Polizeichef bestätigte am 10. August die Ermordung der Frau. Bewaffnete Rebellen hätten das Haus des Opfers mitten in der Nacht gestürmt.
  • Bei einem US-Luftangriff im Süden Afghanistans sind nach Angaben von Ärzten und Augenzeugen drei afghanische Zivilisten getötet worden. Sechs weitere Menschen seien verletzt worden, als US-Kampfflugzeuge im Anschluss an ein Gefecht mit Taliban-Kämpfern in der Nähe des Dorfes Mara in der Provinz Sabul in das Kampfgeschehen eingegriffen hätten, sagte Abdul Halim, der Verwandte eines Verletzten, am 10. August. Die Bombardierungen fanden demnach am Dienstag statt. Die Bomben hätten zwei zivile Wohnhäuser zerstört, fügte Halim hinzu. Der Beschuss habe um 08.00 Uhr morgens (Ortszeit) begonnen und bis Sonnenuntergang gedauert.
  • Bundesverteidigungsminister Peter Struckhat davor gewarnt, dass Deutschland wegen des weltweiten Einsatzes seiner Soldaten zunehmend ins Visier von Terroristen geraten könnte. "Es wäre ein Irrtum anzunehmen, nur weil wir nicht am Irak-Krieg teilgenommen haben, würden wir verschont bleiben", sagte Struck der "Welt am Sonntag" (Ausgabe vom 14. August). "Wir sind keine einsame Insel." Deswegen seien Terroranschläge in Deutschland "nicht auszuschließen".
  • Die Einwohner von Kabul können die Polizei künftig per kostenloser Notrufnummer um Hilfe rufen. Die einheitliche Rufnummer 100 und die dazugehörige Einsatzleitstelle wurden von drei deutschen Polizeibeamten technisch eingerichtet, wie das Bundesinnenministerium am 14. August mitteilte. Die Nummer werde in den kommenden Tagen in Betrieb genommen und könne von mehr als drei Millionen Menschen in der Provinz Kabul genutzt werden. Später soll der Service auch auf Gegenden außerhalb der afghanischen Haupstadtprovinz ausgedehnt werden. Bundesinnenminister Otto Schilynannte den Aufbau des Polizeinotrufsystems einen "Meilenstein im Polizeiaufbau des Landes".
Montag, 15. August, bis Sonntag, 21. August
  • Bei einem Hubschrauberabsturz in Afghanistan sind 17 spanische Soldaten ums Leben kommen. Der Hubschrauber der NATO-geführten Schutztruppe ISAF stürzte am Morgen des 16. August nahe der Stadt Herat im Westen des Landes ab, wie der spanische Rundfunk unter Berufung auf das Verteidigungsministerium meldete. Nach Angaben von ISAF-Mitarbeitern in Kabul werden außerdem fünf Soldaten vermisst. Die Ursache des Unglücks ist bisher nicht bekannt. In Afghanistan sind 850 spanische Soldaten im Einsatz. Sie sind Teil der internationalen Schutztruppe ISAF, die derzeit die Sicherheit vor den Parlamentswahlen am 18. September zu garantieren versucht.
    Der gestrige Absturz eines spanischen Militärhubschraubers in Afghanistan ist wahrscheinlich auf einen Unfall und nicht auf feindlichen Beschuss zurückzuführen. Es gebe keine Anzeichen dafür, dass der Helikopter der Internationalen Schutztruppe ISAF von Aufständischen beschossen wurde, teilte das spanische Verteidigungsministerium am 17. August mit. Möglicherweise habe eine heftige Windböe die Maschine aus dem Gleichgewicht gerissen.
  • Bei einem Bombenanschlag in Afghanistan sind am 18. August zwei US-Soldaten ums Leben gekommen. Zwei weitere Soldaten wurden verletzt, als ein Sprengsatz nahe Kandahar im Süden des Landes unter ihrem gepanzerten Fahrzeug explodierte, wie ein US-Armeesprecher mitteilte. Das Fahrzeug gehörte zu einer Patrouille, die ein Straßenbauprojekt zwischen Kandahar und der Nachbarprovinz Urusgan bewachen sollte.
  • In Pakistan ist ein hochrangiger Vertreter des 2001 gestürzten afghanischen Taliban-Regimes festgenommen worden. Wie am 18. August von Mitgliedern der Sicherheitskräfte in Peschawar mitgeteilt wurde, erfolgte der Zugriff bereits vor einer Woche im Norwesten Pakistans. Bei dem Festgenommenen handelt es sich demnach um Maulwi Mohammed Jasir, der vor dem Sturz des Taliban-Regimes unter anderem Chef des Kulturrates in Kabul war. Jasir war ein Weggefährte des Rebellenchefs Abdul Rab Rasul Sajjaf, der mit seiner Gruppe "Islamische Einheit" in den 80er Jahren gegen die sowjetische Besetzung Afghanistans kämpfte. Als dieser sich jedoch mit den USA verbündete, schloss Jasir sich den Taliban an.
  • Bei fast der Hälfte aller in Afghanistan geschlossenen Ehen sind die Frauen unter 16 Jahre alt. Knapp 45 Prozent aller Bräute in dem Land seien jünger als vom afghanischen Gesetz vorgeschrieben, teilte der UN-Bevölkerungsfonds (UNFPA) am 19. August in Kabul mit. Viele von ihnen würden von ihren Familien verschenkt oder verkauft, um örtliche Konflikte zu lösen. Die häufige Verheiratung von Mädchen sei einer der Hauptgründe für die hohe Sterblichkeitsrate von Müttern in dem Land. Die Lebenserwartung in Afghanistan beträgt laut dem UN-Entwicklungsprogramm (UNDP) bei Männern 45 Jahre, bei Frauen 44 Jahre. Sie ist damit so niedrig wie in kaum einem anderen Land der Welt.
  • Australische Soldaten, die auf ihren Einsatz in Afghanistan vorbereitet werden, trainieren laut einem Pressebericht den Umgang mit Foltermethoden. Die von Verteidigungsminister Robert Hill persönlich genehmigte Ausbildung solle der Tatsache Rechnung tragen, dass immer mehr Gegner in Konflikten die Genfer Konventionen über den Umgang mit Kriegsgefangenen ignorierten, berichtete die Zeitung "The Weekend Australian" am 20. August. Bei der Übung werden den Soldaten der Luftwaffenspezialkräfte (SAS) den Angaben zufolge die Augen verbunden und sie müssen sich nackt ausziehen. Drei Stunden lang werden sie so von Militärhunden bedroht, die Maulkörbe tragen und an der Leine gehalten werden. Sie müssen sich die Androhung von Gewalt, auch sexueller Gewalt, gefallen lassen. Verteidigungsminister Hill sagte dem Bericht zufolge in einer Antwort auf eine parlamentarische Anfrage, die Teilnehmer des Lehrgangs müssten "unter keinerlei Umständen" länger als drei Stunden am Stück nackt ausharren. Mit Blick auf die für den 18. September geplante Parlamentswahl in Afghanistan sollen in einem Monat 190 SAS-Soldaten in Afghanistan stationiert werden.
  • Im Süden Afghanistans sind vier US-Soldaten durch Bombenexplosionen ums Leben gekommen. Wie die US-Armee am 21. August weiter mitteilte, wurden drei US-Soldaten durch die Anschläge am selben Ort im Distrikt Deh Schopan in der Provinz Sabul verletzt. Damit stieg die Zahl der in diesem Jahr in Afghanistan getöteten US-Soldaten auf 74.
    Mutmaßliche Taliban-Rebellen töteten nach einer Meldung von AFP (21. August) in der südlichen Provinz Kandahar zwei moslemische Geistliche. Der Taliban-Sprecher Abdul Latif Hakimi übernahm im Namen der radikalislamischen Organisation die Verantwortung für den Anschlag. Nach Behördenangaben feuerten zwei Männer von einem Motorrad aus Schüsse auf die beiden Mullahs ab, als diese eine Moschee im Distrikt Pandschwaei verließen.
Montag, 22. August, bis Sonntag, 28. August
  • Bei Kämpfen in Afghanistan haben afghanische und US-Truppen binnen drei Wochen mindestens 105 mutmaßliche Taliban getötet. Allein etwa 65 feindliche Kämpfer seien bei Gefechten nahe Deh Tschopan im Süden des Landes ums Leben gekommen, sagte eine US-Armeesprecherin am 22. August. Weitere 40 Rebellen seien bei Einsätzen in der östlichen Provinz Kunar getötet worden. In Kunar hatten Taliban-Kämpfer im Juni einen US-Militärhubschrauber abgeschossen. Dabei kamen alle 16 Insassen ums Leben.
  • Tätliche Angriffe, Einschüchterungsversuche und ähnliche Übergriffe prägen nach Angaben der Vereinten Nationen bislang den Wahlkampf in Afghanistan. Zwischen 4. Juni und 16. August seien "mehr als 150 Zwischenfälle" gemeldet worden, hieß es in einem am 22. August in Kabul vorgestellten Gemeinschaftsbericht der UN-Mission in Afghanistan (UNAMA) und des unabhängigen afghanischen Menschenrechtsausschusses. In mindestens 44 Fällen davon sei dies "gerechtfertigt", 57 Fälle würden noch untersucht, andere hätten sich als haltlos erwiesen oder nicht nachgeprüft werden können.
  • Die Lage am Hindukusch wird von westlichen Geheimdienste und Militärs für die nächsten Wochen als "besonders gefährlich" eingeschätzt. Befürchtet wird, dass Al-Qaida und Taliban "alles daran setzen werden", um die historischen afghanischen Parlaments- und Provinzwahlen am 18. September "massiv zu stören oder gar zu vereiteln". Übereinstimmend erklärten Offiziere der Bundeswehr und Vertreter des Bundesnachrichtendienstes (BND) am 22. August in der afghanischen Hauptstadt Kabul: "Wir rechnen mit dem Schlimmsten". Vor allem die Taliban hätten sich im afghanisch-pakistanischen Grenzgebiet wieder gesammelt, um ihre Angriffe nach Afghanistan "hineintragen zu können". Die Terroristen würden von Teilen des pakistanischen Geheimdienstes ISI unterstützt. Wie gefährlich die Situation in den nächsten vier Wochen am Hindukusch ist, macht ein Hinweis in einer vertraulichen Lagebeurteilung des Verteidigungsministeriums in Berlin klar. Darin heißt es: "Radikal-islamische Terrorgruppen in Afghanistan koordinieren nach Angaben des Verteidigungsministeriums in Kabul ihre Angriffe, um die bevorstehende Parlamentswahl zu stören."
  • Polen hat eine vorübergehende Verstärkung seines Kontingents bei der internationalen Afghanistan-Schutztruppe ISAF angekündigt. Von August 2007 bis Januar 2008 solle die Truppenstärke der polnischen Soldaten in der Mission von 900 auf 1000 erhöht werden, teilte die Regierung in Warschau am 23. August mit. Die Erhöhung bezieht sich auf den Zeitraum, in dem turnusgemäß ein gemeinsamer deutsch-polnisch-dänischer Stab die ISAF leiten soll.
  • Der UN-Sicherheitsrat ist besorgt über die Zunahme der Gewalttaten von Extremisten in Afghanistan vor den anstehenden Wahlen. Der Sicherheitsrat sei "tief besorgt" über die Angriffe von Taliban-Kämpfern, der Terrororganisation El Kaida und weiterer extremistischer Gruppen, die in den vergangenen Monaten zugenommen hätten, erklärte der japanische UN-Gesandte und derzeitige Ratsvorsitzende Kenzo Oshima am 23. August am Sitz der Vereinten Nationen in New York. Das UN-Gremium verurteile Versuche, "den politischen Prozess durch Terroranschläge oder andere Formen von Gewalt zu stören". Alle Beteiligten, besonders die Kandidaten und ihre Unterstützer, müssten sich dafür einsetzen, dass die bevorstehenden Wahlen "friedlich und ohne Einschüchterungen" stattfinden könnten.
  • Die NATO hat die Verstärkung ihrer Präsenz in Afghanistan um rund 2 000 Mann so gut wie abgeschlossen. Die zusätzlichen Truppen werden spätestens am 31. August an Ort und Stelle sein. Sie sollen die für den 18. September geplanten Parlaments- und Regionalwahlen sichern. Das teilte ein Sprecher des Nordatlantischen Bündnisses am 25. August in Brüssel mit.
  • Die USA müssen ihre Luftwaffenbasis in Usbekistan endgültig räumen. Das Oberhaus des Parlaments in Taschkent entschied am 26. August, den USA die Nutzungsrechte für den Stützpunkt in Karschi Chanabad zu entziehen, wie die stellvertretende Senatsspräsidentin Sarruchka Muchudinowa mitteilte. Mit der Entscheidung des Senats kann das entsprechende Gesetz in Kraft treten.
  • Die Bundeswehr erwägt nach einem Bericht des Nachrichtenmagazins "Spiegel" die Entsendung von Tornado-Jets nach Afghanistan. Zur Unterstützung der NATO-geführten internationalen Friedenstruppe (ISAF) könnten vier bis sechs Maschinen des Aufklärungsgeschwaders 51 aus Jagel bei Schleswig an den Hindukusch abkommandiert werden, berichtete das Magazin am 27. August vorab. Konkrete Konzepte für den Einsatz der Tornados gebe es derzeit allerdings nicht. Auch ein Sprecher des Verteidigungsministeriums sagte, es gebe im Moment keine Planungen, Tornados nach Afghanistan zu schicken.
  • In Afghanistan ist erneut ein Politiker getötet worden, der sich bei der Parlamentswahl am 18. September um einen Sitz bewerben wollte. Radikalislamische Taliban erschossen Hadschi Hatikullah in der südafghanischen Provinz Urusgan, wie deren Gouverneur Dschan Mohammed Khan am 28. August mitteilte. Die Taliban hätten das Auto des Politikers am 26. August angegriffen; seine zwei Begleitpersonen seien verletzt worden. Es war bereits der vierte Mord an einem Kandidaten vor der Wahl; auch fünf Wahlhelfer wurden in diesem Jahr bereits getötet. Afghanische Verantwortliche beklagen ein Klima der Einschüchterung.
  • Verteidigungsminister Peter Struck reist am 28. August nach Afghanistan. Am 29. August will er Soldaten der beiden deutschen Wiederaufbauteams im nördlichen Kundus und Feisabad besuchen. Der Minister will sich ein Bild von der Sicherheitslage vor der Parlamentswahl in Afghanistan am 18. September machen.
  • Unmittelbar vor dem Besuch von Bundesverteidigungsminister Peter Struck (SPD) in Afghanistan ist im Lager des Wiederaufbauteams in Faisabad eine Granate eingeschlagen. Wie ein Sprecher des Verteidigungsministeriums mitteilte, war das Geschoss "fehlgeleitet"; niemand sei verletzt worden. Die Granate sei am Abend des 27. August etwa eine Stunde vor Mitternacht in dem Lager der Bundeswehr im Norden Afghanistans eingeschlagen, ein unbewohntes Zelt habe Feuer gefangen. Es sei nur geringer Schaden entstanden.
Montag, 29. August, bis Mittwoch, 31. August
  • Verteidigungsminister Peter Struck hat die Sicherheitslage für die Bundeswehrsoldaten in Afghanistan als bedrohlich bezeichnet. Vor der Parlamentswahl in dem Land am 18. September "ist mit weiteren Anschlägen gegen ausländische Soldaten zu rechnen", sagte Struck am 29. August bei seinem Besuch in Feisabad. Trotz der Gefahr sei es aber zu verantworten, dass die Bundeswehr in Afghanistan bleibe.
  • Die Bundesregierung hat einen Zeitungsbericht über die baldige Verlegung von in Kabul stationierten deutschen Soldaten in den Norden von Afghanistan zurückgewiesen. Derzeit gebe es "keine konkreten Vorbereitungen", sagte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums am 29. August in Berlin. Bei einer möglichen Truppenverlegung handle es sich um "langfristige Pläne", die mit den anderen beteiligten Truppenstellern in Afghanistan abgestimmt würden. Noch sei nicht entschieden, ob es zu einer Verlagerung komme, wenn andere Nationen in Kabul mehr Verantwortung übernähmen.
  • Rund drei Wochen vor der Parlamentswahl in Afghanistan hat die NATO die von ihr geführte internationale Schutztruppe ISAF in dem Land um 2.000 Soldaten verstärkt. Die zusätzlichen Truppen sollten im Norden und Westen des Landes eine sichere Stimmabgabe gewährleisten, sagte ein NATO-Sprecher am 29. August in Kabul. Damit umfasst die ISAF-Schutztruppe nun fast 11.000 Soldaten. Die 2.000 neuen Soldaten kommen aus zehn NATO-Ländern. Die Parlamentswahl in Afghanistan ist für den 18. September angesetzt.
  • Struck lehnte es erneut ab, die Bundeswehr mit dem Kampf gegen Drogenanbau und -handel zu betrauen. Auch nach der Erneuerung des vom Bundestag erteilten Einsatzmandats - das derzeitige läuft am 13. Oktober aus - werde die Bundeswehr nur "logistische Hilfe" für die einheimischen Behörden leisten. Die Drogenbekämpfung sei "nationale Aufgabe der afghanischen Armee". (AFP, 29. August)
  • Ein Vogel im Triebwerk seines Flugzeugs hat Bundesverteidigungsminister Peter Struck (SPD) zu einer unfreiwilligen Übernachtung im Bundeswehrlager im usbekischen Termes gezwungen. Eine halbe Stunde nach dem Start in Termes, wo Struck auf dem Rückflug von Afghanistan nach Deutschland am 29. August zwischengelandet war, geriet ein Vogel ins Triebwerk und beschädigte dieses so schwer, dass die Maschine umkehren musste und nicht weiterfliegen konnte. Da keine Ersatzmaschine bereit stand, muss der Minister nun mitsamt seiner Delegation ausharren, bis ein Flugzeug aus Deutschland eintrifft. Übernachtet wird zünftig in Zelten und Schlafsäcken.
  • Erstmals seit dem Sturz des Taliban-Regimes ist die Opium-Produktion in Afghanistan in diesem Jahr gesunken. Die Anbaufläche sei im Vergleich zu 2004 um 21 Prozent zurückgegangen, der Gesamtertrag um 2,4 Prozent, sagte der UN-Beauftragte Antonio Maria Costa am 29. August der Nachrichtenagentur AFP in Kabul. Dennoch bleibe Afghanistan mit einem Weltmarktanteil von 87 Prozent der Hauptproduzent von Opium, aus dem Heroin gewonnen wird. Die Anbaufläche von Opium in Afghanistan hatte noch 2004 um 64 Prozent zugenommen, die Menge des Opiums um 15 Prozent. Die Zahlen beruhen auf Hochrechnungen, für die Satelittenbilder ausgewertet und 2200 Dörfer besucht wurden.
  • FDP-Fraktionschef Wolfgang Gerhardt hat eine Befristung der Einsätze deutscher Soldaten im Ausland angemahnt. "Ein Auslandseinsatz der Bundeswehr ist erst dann wirklich ein Erfolg, wenn er auch einmal wieder beendet werden kann", sagte Gerhardt der "Berliner Zeitung" (Ausgabe vom 30. August). Die FDP sei dafür, bei internationalen Friedenseinsätzen unter UN-Mandat Verantwortung zu übernehmen. "Wichtig ist allerdings, dass solche Militäreinsätze immer nur die Suche nach politischen Lösungen flankieren dürfen und nicht zum Politik-Ersatz werden."


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