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Chronik des Krieges gegen Afghanistan

November 2004

Montag, 1. November, bis Sonntag, 7. November
  • Die Kidnapper dreier in Kabul entführter Ausländer haben ihr Ultimatum an die UN und Großbritannien bis Freitag verlängert, sich aus Afghanistan zurückzuziehen. Ansonsten würden die Geiseln getötet, sagte ein Sprecher der Entführer am 1. Nov. der Nachrichtenagentur AP. Sie würden getrennt an verschiedenen Orten festgehalten. Sollte eine der Geiseln gefunden und gerettet werden, würden die anderen beiden sofort getötet, sagte Sprecher Ischak Mansur über Satellitentelefon. Die Entführer, eine Taliban-Splittergruppe namens Dschamiat Dschaisch al Muslimin (Armee der Muslime), fordern den Abzug der britischen Soldaten und der Vereinten Nationen aus Afghanistan sowie die Freilassung aller muslimischen Gefangenen aus US-Gefängnissen.
  • Bei einem Rebellen-Angriff im Südosten Afghanistans sind am 1. Nov. ein US-Soldat getötet und zwei weitere verletzt worden. Die US-Patrouille sei am Nachmittag im Bezirk Urgun in der an Pakistan grenzenden Provinz Paktika angegriffen worden, sagte ein US-Armeesprecher. Weitere Einzelheiten seien nicht bekannt. Die beiden verletzten US-Soldaten wurden den Angaben zufolge in ein Krankenhaus gebracht, sie sind nicht in Lebensgefahr. Erst im Oktober waren in dem Grenzgebiet bei verschiedenen Anschlägen zwei US-Soldaten getötet und drei weitere verletzt worden.
  • Mögliche Unregelmäßigkeiten bei der Präsidentschaftswahl in Afghanistan sind nach Einschätzung der zuständigen Experten nicht so erheblich gewesen, dass sie den Wahlsieg von Amtsinhaber Hamid Karsai in Frage stellen. Zu diesem Ergebnis kam die internationale Expertenkommission nach der Überprüfung der Beschwerden zahlreicher unterlegener Kandidaten, wie die Wahlkommission am 2. Nov. in der Hauptstadt Kabul mitteilte.
  • Gut drei Wochen nach der ersten Präsidentenwahl in der Geschichte Afghanistans ist der amtierende Übergangspräsident Hamid Karsai offiziell zum Wahlsieger erklärt worden. Der Chef der Wahlbehörde in Kabul verkündete am 3. Nov. das amtliche Endergebnis. Karsai gewann demnach 55,4 Prozent der Stimmen und konnte sich so bereits im ersten Wahlgang den Sieg sichern. (Siehe auch unsere Analyse Wahlfarce am Hindukusch.)
    Die wichtigsten Herausforderer des afghanischen Präsidenten Hamid Karsai haben dessen Wahlsieg anerkannt. Junus Kanuni, der bei der Präsidentenwahl vor knapp vier Wochen den zweiten Platz erreicht hatte, sagte am 4. Nov., er werde das Ergebnis akzeptieren und wünsche Karsai Erfolg. Die Betrugsvorwürfe gegen Karsai hielt er jedoch aufrecht. Auch zwei weitere unterlegene Kandidaten, Mohammed Mohakek und Abdul Raschid Dostum, erkannten Karsais Sieg an.
  • Bei der Explosion eines Sprengsatzes im pakistanischen Grenzgebiet zu Afghanistan sind mindestens sechs Soldaten getötet und zehn verletzt worden. Die Bombe sei explodiert, als ein pakistanisches Armeefahrzeug darüber gefahren sei, teilten die Streitkräfte am 4. Nov. mit. Die pakistanische Armee sucht im halbautonomen Stammesgebiet an der afghanischen Grenze nach El-Kaida- und Taliban- Kämpfern. Die Soldaten werden dabei immer wieder das Ziel von Angriffen.
  • Bei einer Bombenexplosion im Südosten Afghanistans sind am 4. Nov. vier Menschen getötet worden. Wie die US-Streitkräfte mitteilten, ereignete sich der Anschlag in der Nähe der Stadt Orgun an der Grenze zu Pakistan. Offenbar seien die vier Zivilpersonen mit ihrem Wagen hinter einem afghanischen Militärkonvoi gefahren, als der am Straßenrand versteckte Sprengsatz explodierte.
  • Die Bundeswehr hat eine neue Luftbrücke nach Afghanistan gestartet. Vom mecklenburgischen Fliegerhorst Trollenhagen aus laufen nach Angaben des Luftwaffeninformationszentrums vom 5. Nov. jetzt regelmäßig Versorgungsflüge zum Bundeswehr-Einsatzort Kunduz. Nachdem eine gecharterte "Antonov-12" bereits am Mittwoch als erste Maschine gestartet war, stand am Freitag der Abflug eines Großraumtransporters vom Typ "IL-76" auf dem Programm, um neben Lebensmitteln, Bekleidung, Ersatzteilen und Ausrüstung auch einen Schneepflug nach Afghanistan zu bringen. Bis zu fünf Versorgungsflüge wöchentlich sollen bis auf weiteres von Trollenhagen zu den von der Bundeswehr im Rahmen der ISAF-Operationen unterhaltenen Wiederaufbauteams in Kunduz starten, wie das Luftwaffen-Informationszentrum weiter mitteilte. Zwischenlandungen der Versorgungsflugzeuge, die für eine Strecke etwa sieben Stunden in der Luft sind, seien jeweils im russischen Baku vorgesehen.
  • Die Entführer der drei in Afghanistan verschleppten UN-Wahlhelfer stehen nach eigenen Angaben unmittelbar vor Verhandlungen über die Freilassung ihrer Geiseln. Die Gespräche sollten noch im Laufe des Tages beginnen, sagte ein Sprecher der "Armee der Moslems" der Nachrichtenagentur AFP am 6. Nov. in Kabul. Dabei sollten Vertreter der Gruppe direkt mit afghanischen Regierungsvertretern verhandeln. Der Ort des Treffens werde von unabhängigen Vermittlern bestimmt. Zudem werde nun mehr Zeit für Verhandlungen eingeräumt. Der Sprecher machte deutlich, dass die "Armee der Moslems" ihre Geiseln am Leben lassen wolle.
    Die ursprünglich für den 6. Nov. erwarteten Gespräche über die Freilassung der drei in Afghanistan verschleppten UN-Wahlhelfer sind um einen Tag verschoben worden.
  • Der afghanische Präsident Hamid Karsai und sein pakistanischer Kollege Pervez Musharraf haben ein gemeinsames "offensives" Vorgehen im Kampf gegen den Terrorismus angekündigt. "Wir werden den Terrorismus offensiv bekämpfen und auf alle Arten zusammenarbeiten, um erfolgreich zu sein", sagte Musharraf am 6. Nov. vor Journalisten bei einem Besuch in Kabul. Erfolge in dem Vorgehen kämen beiden Nachbarländern gleichermaßen zugute. Beide Staatschefs erörterten auch weitere Fragen der beiderseitigen politischen und wirtschaftlichen Beziehungen.
  • Vertreter der afghanischen Regierung und die Entführer der verschleppten UN-Wahlhelfer haben am 7. Nov. zwei Stunden lang über das Schicksal der Geiseln verhandelt. Ein weiteres Gespräch sei für Dienstag geplant, sagte ein Sprecher der Entführer der Nachrichtenagentur AFP. Die Kidnapper der Gruppe "Armee der Moslems" hätten der dreiköpfigen Regierungsdelegation eine Liste mit 26 Gefangenen übergeben, deren Freilassung sie fordern. Die Regierungsvertreter hätten daraufhin eine Frist von zwei Tagen gefordert, um zu überprüfen, ob die Gefangenen überhaupt in Afghanistan inhaftiert sind.
Montag, 8. November, bis Sonntag, 22. Nov.
  • Das erfolglose Vorgehen der Internationalen Schutztruppe ISAF gegen den Drogenanbau in Afghanistan stellt europäische Drogenfahnder vor wachsende Probleme. 90 Prozent der in Europa sichergestellten Heroinmenge stamme mittlerweile aus Afghanistan, sagte die Drogenexpertin des Bundeskriminalamts, Bettina Fehlings, am 11. Nov. am Rande einer dreitägigen Expertenkonferenz der internationalen Ständigen Arbeitsgruppe Rauschgift (StAR) in Potsdam. Nach ihren Angaben haben afghanische Drogenbauern ihre Anbaufläche für Schlafmohn im vergangenen Jahr erneut um acht Prozent ausgeweitet. Das aus den Schlafmohnkapseln gewonnene Rauschgift gelange auf zwei Hauptrouten über GUS-Staaten oder den Balkan von Afghanistan nach Deutschland und in andere EU-Mitgliedsstaaten.
  • Mit überwältigender Mehrheit hat der Bundestag der Verlängerung des Bundeswehr-Einsatzes im Rahmen der US-geführten Antiterror-Operation "Enduring Freedom" zugestimmt. Diese Mission sei "auch weiterhin von herausragender Bedeutung für die Sicherheit Deutschlands und aller Staaten, die durch den internationalen Terrorismus bedroht werden", sagte Verteidigungsminister Peter Struck (SPD) bei der Debatte am 12. Nov. in Berlin. Die Verlängerung des Einsatzes, dessen Schwerpunkt zunächst Afghanistan war, betrifft derzeit in erster Linie die Überwachung des Schiffsverkehrs am Horn von Afrika sowie im Mittelmeer. Dazu kommt die Bereitstellung von Sanitätssoldaten. Die Verlängerung gilt für zunächst ein Jahr. Die Kosten werden mit 114 Millionen Euro veranschlagt. Unabhängig von dieser Mission bleiben die deutschen Soldaten der internationalen ISAF-Truppe in Afghanistan stationiert. Erwägungen etwa in den USA für eine Zusammenlegung dieser Mission mit der Operation "Enduring Freedom" erteilte Struck eine strikte Absage. "Stabilisierungsaufgaben und aktive Terroristenbekämpfung sollten aus politischen, rechtlichen und praktischen Erwägungen getrennt bleiben", sagte der Minister. Eine Zusammenlegung würde nach seinen Worten den Rückhalt für die ISAF-Soldaten in der afghanischen Bevölkerung in Frage stellen und diese damit zusätzlichen Gefahren aussetzen.
    Für die Verlängerung der Beteiligung an "Enduring Freedom" stimmten im Bundestag 550 Abgeordnete von Koalition und Opposition; es gab zehn Gegenstimmen unter anderem von der PDS. Derzeit sind nach Angaben Strucks etwa 290 deutsche Marine-Soldaten
  • Der flüchtige Talibanführer Mullah Mohammed Omar hat seine Anhänger zur "Befreiung Afghanistans von den USA" aufgerufen. Wie die in Pakistan ansässige afghanische Nachrichtenagentur AIP am 13. Nov. meldete, erklärte Omar in einem ihr zugeschickten Fax, die USA wollten die islamische Kultur "unter dem Deckmantel von Wahlen zerstören". Die Regierung in Kabul bestehe aus "amerikanischen Marionetten".
  • Im Süden Afghanistans haben mutmaßliche Taliban-Kämpfer bei Angriffen und Anschlägen insgesamt zehn Polizisten getötet, wie die Behörden am 17. Nov. mitteilten. In der Provinz Helmand wurden nach Angaben des stellvertretenden Provinzgouverneurs am 16. Nov. bei einem Angriff auf einen Polizeiposten sechs Beamte getötet. Bei den anschließenden Gefechten sei auch ein Angreifer umgekommen.
  • Afghanistan droht nach Einschätzung einer UN-Organisation zu einem Drogenstaat zu werden. Grund dafür sei der rasante Anstieg der Opium-Produktion in diesem Jahr, hieß es in dem am 18. Nov. in Brüssel vorgelegten Bericht des UN-Büros für Drogen und Kriminalität (UNODC). Demnach nahm der Anbau von Schlafmohn mit einer Fläche von 131.000 Hektar um 64 Prozent gegenüber 2003 zu. Der Wert der daraus hergestellten Opiate von 2,8 Milliarden Dollar entspreche über 60 Prozent des BruttoinlandsproduktsAfghanistans. UNODC hält diese Zahlen wegen der engen Verbindungen zwischen dem Drogenhandel und dem Terrorismus für alarmierend.
  • Die internationale Präsenz in Afghanistan ist nach Einschätzung seines Präsidenten Hamid Karsai noch mehrere Jahre lang erforderlich. Im Deutschlandradio Berlin bat Karsai am 19. Nov. die internationale Gemeinschaft, so lange in Afghanistan präsent zu bleiben, bis Armee und Polizei aufgebaut und die privaten Milizen aufgelöst sind. Dies werde "noch einige Jahre" dauern, aber "keine 15 Jahre", fügte der afghanische Präsident hinzu. Er dankte zugleich Amerika und den Europäern für ihr Engagement, insbesondere "dem alten Freund Deutschland", mit dem Afghanistan seit mehr als 100 Jahren intensive Beziehungen pflege. "Wir sind den Deutschen schon jetzt unglaublich dankbar für ihre Hilfe. Ohne die Hilfe der Deutschen und anderer Freunde hätten wir nicht erreichen können, was wir schon erreicht haben: die Wahlen, eine neue Verfassung, der Wiederaufbau, die Stabilität", betonte Karsai.
  • Tausende verloren oder gestohlen geglaubte Kunstobjekte aus Afghanistan sind nach Angaben eines US-Archäologen wieder aufgetaucht. Die wertvollen Zeugnisse von rund 5000 Jahren Geschichte, die im früheren Museum von Kabul ausgestellt worden waren, hätten sich größtenteils im Präsidentenpalast der afghanischen Hauptstadt befunden, sagte Fredrik Hiebert von der Universität Pennsylvania. Das Museumspersonal habe die Objekte während der sowjetischen Invasion vor 25 Jahren in Sicherheit gebracht. Die Objekte, darunter kleine Elfenbein-Statuen, Buddhas, Goldmünzen und Schmuck, seien fein säuberlich in Papier eingewickelt und in dutzende Kisten verpackt worden. "Die meisten Ausstellungsstücke, darunter Meisterwerke, sind noch erhalten", sagte Hiebert. Die meisten Stücke waren nach der Invasion der sowjetischen Armee in Afghanistan 1979 verschwunden. Einige waren von den Taliban, die 1996 die Herrschaft ergriffen, als anti-islamisch betrachtet und daher zerstört worden. Insgesamt seien aber rund 22.500 Objekte gerettet worden, sagte der US-Archäologe. Leider seien die meisten Verantwortlichen für die Versteckaktion nicht mehr aufzufinden. (AFP, 19.11.2004)
Montag, 22. November, bis Sonntag, 28. November
  • Bei einem Bombenanschlag auf eine US-Patrouille und einem anschließenden Feuergefecht ist in Afghanistan ein US-Soldat verletzt und ein Rebell getötet worden. Der Sprengsatz sei am 22. Nov. nahe der Stadt Dschalalabad explodiert, teilte die US-Armee mit. Der verletzte Soldat sei behandelt worden und könne seinen Dienst weiter versehen. Nach der Explosion hätten Rebellen die Patrouille mit leichten Feuerwaffen angegriffen. Nach dem Schusswechsel seien drei der Angreifer festgenommen worden.
  • Auf der Suche nach den drei entführten UN-Wahlhelfern haben afghanische und US-Einsatzkräfte am frühen 22. Nov. ein Haus in Kabul gestürmt. Afghanische Geheimdienstmitarbeiter seien in das Privathaus im Südwesten Kabuls eingedrungen, während US-Kampfhubschrauber Raketen abfeuerten, teilte die afghanische Polizei mit. Mindestens ein Haus sei getroffen worden; verletzt wurde demnach niemand. Nach Angaben eines afghanischen Geheimdienstmitarbeiters sollen mehrere Verdächtige verhört werden.
    Die drei vor fast einem Monat in Afghanistan entführten ausländischen UN-Wahlhelfer sind wieder frei. Das sagte ein hochrangiger Vertreter des afghanischen Innenministeriums am 23. Nov. in Kabul. Die Wahlhelfer aus Nordirland, dem Kosovo und den Philippinen waren am 28. Oktober in Kabul verschleppt worden.
    Bei der Freilassung der drei Wahlhelfer hat es nach Darstellung des afghanischen Innenministers keinen Handel mit den Entführern gegeben. Ali Ahmed Dschalali sagte auf einer Pressekonferenz am 23. Nov., es seien im Gegenzug weder Gefangene freigelassen noch Lösegelder gezahlt worden. Keine Forderung der Entführer sei erfüllt worden.
  • Zwei Monate nach der Wahl in Afghanistan wird Hamid Karsai am 7. Dezember als erster frei gewählter Präsident seines Landes sein Amt antreten. Das teilte ein Sprecher des amtierenden Übergangspräsidenten am 24. Nov. in der Hauptstadt Kabul mit. Karsai, der als Kandidat besonders der USA galt, hatte bereits im ersten Wahlgang 55,4 Prozent der Stimmen und damit die absolute Mehrheit gewinnen können. Die Wahl war von Unregelmäßigkeiten überschattet worden, die nach Ansicht der Wahlbehörde aber nicht schwerwiegend waren.
  • Bei der Explosion einer Bombe in Afghanistan sind am 24. Nov. zwei US-Soldaten getötet worden. Ein weiterer US-Soldat wurde bei der Detonation des Sprengsatzes bei Deh Rawood in der Zentralprovinz Urusgan verletzt, wie ein Militärsprecher am Mittwoch sagte. Genauere Angaben machte er nicht. Deh Rawood ist eine Rebellenhochburg. Die Aufständischen im Süden und Südosten des Landes greifen US- und afghanische Truppen regelmäßig an.
  • Das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen, UNICEF, hat China, Indien, Russland und die USA eindringlich aufgefordert, dem Vertrag zum Verbot von Anti-Personen-Minen beizutreten. Anlass ist der am Sonntag in Nairobi beginnende Weltgipfel "Für eine minenfreie Welt". Gleichzeitig appellierte UNICEF am 25. Nov. in Köln an die internationale Gemeinschaft, mehr Mittel zur Aufklärung der Bevölkerung in minenverseuchten Gebieten und für medizinische Hilfe bereit zu stellen. Nach UNICEF-Angaben werden trotz der weltweiten Ächtung von Landminen jedes Jahr zwischen 15.000 und 20.000 Menschen bei Minenexplosionen verletzt oder getötet; jedes fünfte Opfer ist ein Kind. "Auch viele Jahre nach dem Ende von Konflikten sind Landminen eine permanente Bedrohung für die Zivilbevölkerung in zahlreichen Entwicklungsländern", hieß es. Die am stärksten verminten Länder seien heute Afghanistan, Angola, Kambodscha und der Irak.
  • Bei einem Bombenanschlag auf eine Bundeswehr-Patrouille in Afghanistan sind drei deutsche Soldaten leicht verletzt worden. Die Bombe sei bei einer Routine-Patrouille von zwei Bundeswehr-Fahrzeugen in der Nähe des Flughafens von Kundus in Nordafghanistan am Straßenrand explodiert, sagte der örtliche Polizeichef Mutalib Bik am 27. Nov. Er gehe von einer Täterschaft der radikalislamischen Taliban aus. Die Bundeswehrsoldaten kamen nach der ferngezündeten Explosion in ein Krankenhaus, weil sie über Hörprobleme klagten, wie die Internationale Afghanistan-Schutztruppe ISAF mitteilte. Laut Einsatzführungskommando der Bundeswehr in Potsdam erlitten die Soldaten leichte Verletzungen wie etwa Hautabschürfungen. Sie blieben zunächst weiter zur Beobachtung im Bundeswehr-Rettungszentrum in Kundus. Nahe des Unglücksortes wurde ein Schreiben gefunden. Daraus gehe jedoch nicht eindeutig hervor, dass das Attentat gezielt gegen die ISAF oder das deutsche Kontingent gerichtet gewesen sei, sagte ein Sprecher des Einsatzführungskommandos. In dem Schreiben sei von einem Angriff "gegen die Ungläubigen" die Rede. Die Untersuchungen liefen noch. Das Patrouillenfahrzeug wurde schwer beschädigt. - Später hieß es, die Taliban hätten sich zu dem Bombenanschlag bekannt.
  • Die afghanische Polizei hat im Nordosten des Landes sechs Drogenlaboratorien und neun Tonnen Rauschgift vernichtet. Bei der Aktion in zwei Tälern in der Provinz Badakhshan wurden vor drei Tagen zwei Verdächtige festgenommen, teilte das Innenministerium in Kabul am 27. Nov. mit. Zudem sei eine Tonne an Chemikalien für die Drogenherstellung vernichtet worden.
  • Mutmaßliche Talibankämpfer haben am 28. Nov. das Büro einer afghanischen Hilfsorganisation gestürmt und drei Beschäftigte getötet. Bei einer anschließenden Schießerei mit Sicherheitskräften wurden nach Polizeiangaben vier Beamte verletzt. Die etwa 30 Täter seien in sechs Fahrzeugen vor dem Büro in Delaram in der südwestafghanischen Provinz Nimros vorgefahren, sagte ein Polizeisprecher weiter. Die Toten seien ein Koch, ein Wachmann und ein weiterer Beschäftigter, die in dem Haus geschlafen hätten, erklärte ein Sprecher der Freiwilligen Vereinigung für die Rehabilitation Afghanistans, Nadschamuddin Modschaddedi. Ein weiterer Wachmann werde vermisst. Seine Organisation prüfe, sich aus der Region zurückzuziehen, wo sie seit 14 Jahren an landwirtschaftlichen Projekten arbeitet, sagte Modschaddedi. In Delaram verteilt die Gruppe Saatgut im Auftrag des UN-Welternährungsprogramms (WFP) und baut mit niederländischer und italienischer Unterstützung Schulen und Brunnen.
    In diesem Jahr kamen in Afghanistan mehr als 40 Mitarbeiter von Hilfs- und Wiederaufbauorganisationen ums Leben.
Montag, 29. November, bis Dienstag, 30. November
  • Bei einem Bombenanschlag in Afghanistan sind zwei US-Soldaten verletzt worden. Wie die US-Streitkräfte am 29. Nov. mitteilten, wurde ihr Geländewagen bei dem Anschlag vom Vortag in Orgun in der Provinz Paktia an der Grenze zu Pakistan zerstört. Der Sprengsatz habe aus einer Antipanzermine bestanden.
  • Der El-Kaida-Vizechef Aiman el Sawahiri hat die USA gewarnt, sie würden an ihrem Umgang mit Moslems in aller Welt gemessen. Der Ausgang der US-Präsidentschaftswahl sei für El Kaida nicht entscheidend, sagte Sawahiri in einer am 29. Nov. vom arabischen Fernsehsender El Dschasira ausgestrahlten Videobotschaft. Wichtig für die Terrororganisation sei vielmehr, "wie die Vereinigten Staaten mit Moslems umgehen".
  • Die US-Armee hat eine Suchaktion wegen eines über Afghanistan vermissten Flugzeugs gestartet. An Bord der Maschine vom Typ Casa-212 befanden sich drei zivile Besatzungsmitglieder und drei US-Soldaten, wie die Armee am 30. Nov. mitteilte. Die Maschine verließ demnach am 27. Nov. den Flughafen Bagram außerhalb von Kabul, ohne am vorgesehenen Landeplatz anzukommen. Zuletzt sei ein Signal aus einer Bergregion im Zentrum Afghanistans empfangen worden. Dort werde nun am Boden und von der Luft aus verstärkt nach dem Flugzug gesucht.
    Am 30. Nov. wurde das Wrack des vermissten US-Flugzeugs im Hindukusch-Gebirge gefunden. Offenbar hat niemand der sechs Insassen den Absturz überlebt. Wie ein Polizeisprecher mitteilte, wurden mehrere Leichen geborgen und zum US-Luftwaffenstützpunkt Bagram nördlich von Kabul gebracht.
  • Tausende US-Soldaten bereiten sich in Afghanistan auf eine Winteroffensive gegen Aufständische vor. Damit soll einer fürs Frühjahr erwarteten Offensive von Rebellen zuvorgekommen werden, die die für April geplante Parlamentswahl torpedieren könnte, wie Generalmajor Eric Olson am 30. Nov. der Nachrichtenagentur AP sagte. Die Operationern würden um den 7. Dezember herum beginnen, wenn der im Oktober gewählte Präsident Hamid Karsai seinen Amtseid ablegt.


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