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"Trotz des Primats des Militärischen ist Afghanistan nicht sicherer geworden"

Caritas und die Soldatenvereinigung Darmstädter Signal kritisieren Afghanistanpolitik der Bundesregierung. Im Wortlaut



Afghanistan: Caritas fordert Erhöhung der Mittel für den Aufbau in Afghanistan

Arbeitsmöglichkeiten für Hilfsorganisation drastisch verschlechtert

Freiburg, 6. Oktober 2008. Grundsätzlich unterstützt Caritas international, das Hilfswerk der deutschen Caritas, die Fortführung des ISAF-Mandates, sofern sich der Auftrag des Militärs auf den Schutz der afghanischen Zivilbevölkerung und die Sicherung der Stabilität des Landes konzentriert. Skeptisch wird jedoch die geplante Truppenerhöhung bewertet. Für die afghanische Bevölkerung entstehe so der Eindruck, dass der Westen als Besatzungsmacht fungiere. Notwendig sei aber, Vertrauen zurück zu erlangen. „Mit militärischen Mitteln ist die Auseinandersetzung in Afghanistan nicht zu gewinnen. Vielmehr muss der zivile Wiederaufbau losgelöst von militärischen Prioritäten flächendeckend vorangebracht werden“, so Peter Neher, Präsident des Deutschen Caritasverbandes.

Die Caritas lehnt deshalb die Verlängerung der Mandate für die Terrorbekämpfung im Rahmen der „Operation Enduring Freedom“ (OEF) und für den Tornado-Einsatz ab. Beide Mandate, über die am Dienstag im Bundestag debattiert wird, dienen weniger der Sicherheit und dem Schutz der afghanischen Zivilbevölkerung als vielmehr den Sicherheitsinteressen der NATO, so die Caritas.

Caritas international fordert deshalb, die Mittel für humanitäre Hilfe, Wiederaufbau und Entwicklungszusammenarbeit auf das gleiche Niveau zu heben wie den Etat für den Bundeswehreinsatz. Derzeit werden von der Bundesregierung jährlich rund 460 Millionen Euro für den Militäreinsatz ausgegeben, aber nur 140 Millionen Euro für die Erreichung der zivilen Ziele eingesetzt. Trotz dieses Primats des Militärischen ist Afghanistan jedoch nicht sicherer geworden. Im Gegenteil: Seit 2007 hat sich die Sicherheitslage nach Beobachtung der Caritas-Mitarbeiter in Afghanistan drastisch verschlechtert. Die Arbeitsmöglichkeiten für Hilfsorganisationen wie Caritas international sind aufgrund der ausufernden Gewalt mittlerweile sehr eingeschränkt.

Caritas international unterstützt Hilfsprojekte in Afghanistan seit den 80er Jahren und ist seit 2002 mit eigenem Büro vor Ort. Im Kabuler Caritas-Büro sind ein internationaler und 15 afghanische Mitarbeiter beschäftigt. Caritas international fördert in Afghanistan zahlreiche Projekte lokaler Partner und hat bis heute mehr als 10 Millionen Euro in den Aufbau des Landes investiert. Schwerpunkte der Arbeit sind die Nothilfe in Dürregebieten des zentralen Hochlandes, der Bau von Kliniken, Straßen und Trinkwasserleitungen sowie die Behandlung von Kriegstraumatisierten.

Für ihre Hilfsprogramme ruft Caritas international zu Spenden auf. Spenden mit Stichwort „ Afghanistan “ werden erbeten auf:
Caritas international, Freiburg, Spendenkonto 202 bei der Bank für Sozialwirtschaft Karlsruhe BLZ 660 205 00 oder online unter: www.caritas-international.de


Arbeitskreis Darmstädter Signal
München/Swisttal, den 04.10.2008

P R E S S E M I T T E I L U N G

Abzugsplan statt weiterer Eskalation im Krieg am Hindukusch!

Mehr Geld für Aufbau und Entwicklung statt Geld für noch mehr deutsche Soldaten!

Der Krieg in Afghanistan nimmt immer dramatischere Ausmaße an. Die Zahl der zivilen Opfer, die den Anschlägen des afghanischen Widerstandes sowie den regelmäßigen Angriffen der NATO-Kampfflugzeuge zum Opfer fallen, steigt von Tag zu Tag. Insgesamt sind dem Krieg am Hindukusch seit dem Einmarsch der USA und ihrer Verbündeten schätzungsweise bis zu 50.000 Menschen zum Opfer gefallen. Sehen so Demokratie und Menschenrechte, Wiederaufbau und Entwicklung nach westlichem Muster aus?

Wir, Offiziere und Unteroffiziere des Arbeitskreises DARMSTÄDTER SIGNAL, fordern die Bundesregierung und die Abgeordneten des Deutschen Bundestages erneut zu einem Strategiewechsel hinsichtlich ihrer auf breiter Front gescheiterten Afghanistan-Politik auf. Nehmen Sie Abschied von der Illusion, daß die Bundeswehr im Norden Afghanistans für Wiederaufbau und Entwicklung sorgen könnte, während die USA den Krieg an der "zentralasiatischen Front" (Zbigniew Brzezinski) aus geostrategischen Gründen immer weiter verlängern. US-Terror-Management in Afghanistan und Pakistan durch CIA und das US-Folterlager in Bagram vertragen sich nicht mit der bundesdeutschen Friedensmission am Hindukusch!

Deshalb fordern wir die Bundesregierung und alle Abgeordneten des Bundestages auf:
  1. Benennen Sie unverzüglich einen Sonderbeauftragten der Bundesregierung für Afghanistan.
  2. Sorgen Sie dafür, daß das Budget für den zivilen Aufbau in Afghanistan genauso hoch ist wie der Aufwand für den Bundeswehreinsatz.
  3. Erarbeiten Sie unverzüglich einen Stufenplan für den schnellstmöglichen Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan. Eine deutliche Mehrheit der Bürger unseres Landes erwartet das von Ihnen!
  4. Fordern Sie besonders die Regierungen der USA und Großbritanniens sowie aller truppenstellender Länder auf, ihre Besatzungsarmeen unverzüglich aus Afghanistan abzuziehen.
  5. Wirken Sie darauf hin, daß der NATO-Einsatz beendet wird und stattdessen die UNO die Mission in Afghanistan im Einklang mit der Charta der Vereinten Nationen übernimmt, unter Einbindung neutraler, vorrangig islamischer Länder.
Wer Frieden in Afghanistan will, darf dort nicht Krieg führen, sondern muss mit friedlichen Mitteln die Herzen und Köpfe der Afghanen gewinnen! Die Bundeswehr ist längst schon nicht mehr Teil der Lösung, sondern Teil des Problems in Afghanistan. Mit jedem getöteten Afghanen steigen Terror und Gewalt - deshalb Schluss mit diesem irrsinnigen Krieg am Hindukusch!


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