Die Antragsteller sind "nicht befugt", "Rechte des Bundestages geltend zu machen"
Bundesverfassungsgericht lehnt Eilantrag gegen Tornado-Einsatz ab - Pressemitteilung des BVerfG im Wortlaut
Am 9. März 2009 beschloss der Bundestag, zusätzliche Tornado-Aufklärer nach Afghanistan zu entsenden (siehe: Bundestag beschließt Tornado-Einsatz). Zwei Abgeordnete von CDU/CSU klagten mittels Eilantrags vor dem Bundesverfassungsgericht dagegen. Drei Tage später hatte das höchste deutsche Gericht entschieden: Die Klage wurde abgewiesen. Inhaltlich ließ sich das Gericht nicht auf den Sachverhalt des Tornadoeinsatzes selbst ein. Es lehnt die Klage lediglich aus formalen Gründen ab: Die Antragsteller seien "nicht befugt", "Rechte des Bundestages geltend zu machen".
Wenige Zeit nach dem Urteilsspruch des Zweiten Senats des BVerfG wurde bekannt, dass die Linksfraktion nun ihrerseits die Organklage übernehmen wolle. Zumindest mit dieser Klage wird sich das BVerfG auseinandersetzen müssen, denn eine Fraktion ist durchaus befugt, Rechte des Bundestages geltend zu machen.
Wir dokumentieren im Folgenden den Richterspruch vom 12. März 2007.
Bundesverfassungsgericht - Pressestelle -
Pressemitteilung Nr. 29/2007 vom 12. März 2007
Zum Beschluss vom 12. März 2007 – 2 BvE 1/07 –
Eilantrag gegen Tornado-Einsatz abgelehnt
Am 9. März 2007 stimmte der Deutsche Bundestag dem Antrag der
Bundesregierung zur Entsendung von Aufklärungsflugzeugen des Typs
Tornado nach Afghanistan zu. Hiergegen richtet sich die Organklage
zweier Bundestagsabgeordneter, verbunden mit dem Antrag auf Erlass einer
einstweiligen Anordnung. Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts
hat den Eilantrag mit Beschluss vom heutigen Tage abgelehnt. Für eine
einstweilige Anordnung ist kein Raum, da die in der Hauptsache
gestellten Anträge unzulässig sind. Soweit die Antragsteller mit ihrer
Klage Rechte des Bundestages geltend machen, sind sie hierzu nicht
befugt. Soweit sie die Verletzung eigener Rechte rügen, haben sie eine
Verletzung oder Gefährdung ihrer Statusrechte als Abgeordnete nicht
dargetan.
Der Entscheidung liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zu Grunde:
Soweit die Antragsteller geltend machen, die Bundesregierung habe Rechte
des Bundestages aus Art. 59 Abs. 2 und Art. 20 Abs. 2 GG verletzt, indem
sie es unterlassen habe, einem „das Zustimmungsgesetz zum NATO-Vertrag
überschreitenden stillen Bedeutungswandel von Art. 1 NATO-Vertrag
entgegenzuwirken“, und sich „aktiv an diesem Bedeutungswandel beteiligt“
habe, setzt die Zulässigkeit des Antrags voraus, dass die Antragsteller
befugt sind, Rechte des Bundestages im Wege der Prozessstandschaft
geltend zu machen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts
ist der einzelne Abgeordnete aber nicht befugt, solche Rechte im
Organstreit als Prozessstandschafter geltend zu machen.
Soweit die Antragsteller eine Verletzung eigener Rechte durch Maßnahmen
oder Unterlassungen der Bundesregierung geltend machen, fehlt es bereits
an der schlüssigen Darlegung eines die Antragsteller und die
Bundesregierung umschließenden Verfassungsrechtsverhältnisses. Der
Vortrag der Antragsteller, die Bundesregierung verletze sie in ihren
Rechten, indem sie an einer Änderung des NATO-Vertrages ohne formelle,
gemäß Art. 59 Abs. 2 GG einen Gesetzesbeschluss des Bundestages
erfordernde Vertragsänderung mitwirke, ist nicht geeignet, ein
derartiges Rechtsverhältnis darzulegen. Die Frage nach dem
verfassungsrechtlichen Erfordernis eines Zustimmungsgesetzes nach Art.
59 Abs. 2 GG betrifft die Abgrenzung der Kompetenzen von Bundestag und
Bundesregierung und berührt nicht den Status des einzelnen Abgeordneten.
Mit ihrer Rüge, der Bundestag habe durch seinen Beschluss vom 9. März
2007 über den Antrag der Bundesregierung einen Militäreinsatz
ermöglicht, der nur nach Änderung des NATO-Vertrages unter
parlamentarischer Beteiligung in Form eines Zustimmungsgesetzes hätte
ermöglicht werden dürfen, haben die Antragsteller eine mögliche
Verletzung oder Gefährdung eigener Statusrechte ebenfalls nicht
dargetan. Der Status der Antragsteller wird nicht von der Frage berührt,
ob ein Beschluss des Bundestages rechtswirksam ist oder nicht. Das
Organstreitverfahren dient dem Schutz der Rechte der Staatsorgane im
Verhältnis zueinander, nicht einer allgemeinen Verfassungsaufsicht.
Quelle: Website des Bundesverfassungsgerichts; www.bundesverfassungsgericht.de
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