Geberländer müssen ihre Verantwortung für die Menschenrechte ernst nehmen
Pressemitteilung von amnesty international Deutschland zur Internationalen Afghanistan-Konferenz in Berlin
Im Folgenden dokumentieren wir eine Pressemitteilung von ai vom 30. März anlässlich der bevorstehenden Afghanistan-Konferenz in Berlin.
Internationale Afghanistan-Konferenz in Berlin
ai: Geberländer müssen ihre Verantwortung für die Menschenrechte ernst nehmen
Berlin, 30. März 2004 - Afghanistan ist an einem kritischen Moment
des Wiederaufbauprozesses angelangt. Die Perspektiven des Landes
werden sich erst verbessern, wenn die internationale Gemeinschaft die
Menschenrechtsanliegen ernst nimmt, erklärt amnesty international in
einem offenen Brief, den die Organisation an die Konferenzteilnehmer
versandt hat.
Zwar sind beim Aufbau der Polizei, im Bereich der Justiz und des
Strafvollzugs Verbesserungen erzielt worden. Diese sind jedoch
lediglich in Kabul spürbar, während im übrigen Land die
Menschenrechtslage nach wie vor sehr angespannt bleibt.
In ihrem offenen Brief fordert amnesty international die
Internationale Gemeinschaft dringend auf, Maßnahmen zur Verbesserung
der Sicherheitslage und des Strafjustizsystems sowie gegen Gewalt
gegen Frauen zu ergreifen. ai-Experten haben in diesen Bereichen vor
Ort im Februar 2004 einige der schwerwiegendsten
Menschenrechtsverletzungen festgestellt.
amnesty international begrüßt zwar, dass die Gleichberechtigung von
Männern und Frauen in der neuen Verfassung Afghanistans
festgeschrieben ist. Dennoch treten in dem Wiederaufbauprozess die
Rechte der Frauen zunehmend in den Hintergrund. "Die Lage der Frauen
in Afghanistan ist auch zwei Jahre nach dem Sturz der Taliban
verheerend. Vor allem familiäre Gewalt gehört für vielen Frauen und
Mädchen zum Alltag, " erklärt Verena Harpe, die für Afghanistan
zuständige ai-Länderreferentin.
amnesty international kritisiert, dass in dem von Afghanistan und der
Internationalen Gemeinschaft gemeinsam ausgearbeiteten Dokument
"Securing Afghanistan's Future" die Belange von Frauen und
Genderaspekte kaum erwähnt werden. Dieser Bericht wird aber die
Grundlage für die Budgetverhandlungen im Rahmen der Berliner
Regierungskonferenz bilden. "Wenn die Stärkung der Stellung der Frau
ein zentrales Thema im Wiederaufbauprozess sein soll, muss sich dies
auch konkret in der Budgetplanung widerspiegeln", sagt ai-Sprecherin
Verena Harpe.
Zudem hält ai den Zustand des Strafjustizwesens nach wie vor für
Besorgnis erregend. Insbesondere in den Provinzen außerhalb Kabuls
fehlt es an Haftanstalten; in den bereits Existierenden entsprechen
die Haftbedingungen nicht den internationalen Mindeststandards.
Auch Straflosigkeit bleibt ein drängendes Problem in Afghanistan.
Eine Aufarbeitung der über Jahrzehnte begangenen schwerwiegenden
Menschenrechtsverletzungen findet bisher nicht statt. Solange eine
konsequente Verfolgung dieser Straftaten aber nicht erfolgt und die
Täter oft sogar noch wichtige Positionen innehaben, wird es weiterhin
zu gravierenden Verstößen kommen.
amnesty international erkennt die zahlreichen Herausforderungen an,
mit denen Afghanistan nach wie vor konfrontiert ist. Die nachhaltige
und koordinierte Unterstützung durch die Geberländer ist ein
Schlüsselfaktor für einen erfolgreichen Wiederaufbau. Die
Menschenrechte müssen jedoch integraler Bestandteil dieses Prozesses
sein.
amnesty international ruft die Bundesregierung als Gastgeber der
Internationalen Afghanistan-Konferenz dazu auf, sich für dieses
Anliegen einzusetzen.
Quelle: www.amnesty.de
Zu weiteren Beiträgen über Afghanistan
Zur Presse-Seite
Zurück zur Homepage