Gefangenenbehandlung in Guantánamo höhlt Menschenrechte aus
Amnesty International legt Memorandum vor
Im April 2002 veröffentlichte die Gefangenenhilfsorganisation amnesty international ein Memorandum, in diem die USA schwerer Menschenrechtsverletzungen bezichtigt werden. Gegenstand des Gutachtens ist die Behandlung der gefangenen mutmaßlichen Al-Qaida- und Taliban-Terroristen auf Guantánamo Bay. Das Memorandum kann als pdf-Datei in englischer Sprache heruntergeladen werden: Memorandum
Die Homepage von ai ist so zu erreichen:
amnesty international, deutsche Sektion
Wir dokumentieren im Folgenden eine Presseerklärung der deutschen Sektion von ai zu der Herausgabe des Memorandums.
Pressemitteilung
Bonn, 15. April 2002 - Die USA haben ihre wiederholte Versicherung,
sie würden sich bei der
Behandlung von Gefangenen, die im Zusammenhang mit ihrem Kampf gegen
die Taliban und
Al-Quaida festgenommen wurden, an internationale Rechtsstandards
halten, bisher nicht in die
Tat umgesetzt. Das belegt amnesty international in einem heute
veröffentlichten Memorandum
an die US-Regierung.
"Die Regierung in Washington muss sicherstellen, dass die Behandlung
der Gefangenen in
Afghanistan und Guantanamo internationalen Gesetzen und Standards
entspricht. Wenn
Gerechtigkeit walten soll und dies auch nach außen deutlich werden
soll, dürfen die
Menschenrechte der Gefangenen nicht ausgehöhlt werden", sagte der
USA-Experte der
deutschen Sektion von amnesty international, Sumit Bhattacharyya.
In dem Memorandum erneuert amnesty international die Forderung nach
Zugang zu den rund
300 im Camp X-Ray auf Guantanamo Bay Inhaftierten. Bis heute hat die
Organisation von den
US-Behörden keine Antwort auf ihre am 22. Januar 2002 gestellte
Anfrage erhalten. Ende des
Monats sollen die Gefangenen in ein neu erbautes Lager auf der
Marinebasis verlegt werden.
Im Einzelnen zeigt das Memorandum, welche international anerkannten
Rechte der Gefangenen
durch das Vorgehen der Behörden in den USA gefährdet sind. So ist
amnesty international
besorgt, dass die US-Regierung:
-
Menschen unter Bedingungen fest hält, die einer grausamen,
unmenschlichen und
erniedrigenden Behandlung gleichkommen und Mindeststandards für
Haftbedingungen
verletzen;
-
den Gefangenen rechtlichen Beistand versagt hat, obwohl die
anhaltenden Verhöre zu
strafrechtlicher Verfolgung führen können;
-
den Gefangenen verwehrt hat, die Rechtmäßigkeit ihrer Inhaftierung
gerichtlich überprüfen zu
lassen;
-
in vielen Fällen die Auskunft verweigert hat, wo und unter welchen
Umständen die Betroffenen
fest genommen wurden;
-
den Schutz der Menschenrechte in den Fällen missachtet hat, in denen
Menschen außerhalb
Afghanistans festgenommen und nach Guantanamo Bay überführt wurden. So
wurden sechs
algerische Staatsbürger in Bosnien festgenommen und in das Camp X-Ray
überführt. Dabei
wurden offensichtlich bosnisches und internationales recht gebrochen;
-
die Unschuldsvermutung durch öffentliche Äußerungen über die Schuld
der Gefangenen in
Guantanamo Bay aushöhlt;
-
ein Zweitklassen-Justizsystem etablieren will, das Ausländer in
bestimmten Fällen vor
Militärtribunale stellt, die nicht unabhängig von der Exekutive sind,
Todesurteile verhängen
dürfen und keine Berufungsmöglichkeit vor einem unabhängigen und
unparteiischen Gericht
vorsehen;
- die Möglichkeit schaffen könnte, dass Gefangene ohne Anklage oder
Prozess zeitlich
unbefristet in Haft gehalten, nach einem Freispruch vor einem
Militärtribunal weiterhin fest
gehalten oder abgeschoben werden, auch wenn ihnen im Heimatland Gefahr
für Leib und Leben
droht;
- Vorwürfe, dass es bei der Festnahme von afghanischen Dorfbewohnern
durch US-Soldaten zu
Menschenrechtsverletzungen gekommen sei, nicht durch eine
unparteiische und umfassende
Untersuchung widerlegen konnte.
Bisher hat die US-Regierung sich geweigert, die Gefangenen in
Afghanistan und Guantanamo
Bay als Kriegsgefangene anzuerkennen oder die strittigen Fälle gemäß
der Genfer Konvention
von dem jeweils zuständigen Gericht klären zu lassen.
"Das Rosinenpicken der USA bezüglich der Genfer Konvention ist genauso
wenig akzeptabel wie
ihr mangelnder Respekt vor fundamentalen internationalen
Menschenrechtsstandards", betonte
USA-Experte Sumit Bhattacharyya.
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