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Moskau will ISAF-Abzug absichern

Unterstützung für Nachbarländer angeboten

Von Irina Wolkowa, Moskau *

Russland will helfen, Sicherheit beim und nach dem Abzug der Koalitionstruppen aus Afghanistan 2014 zu schaffen. Man habe ja Erfahrungen mit dem Abzug aus diesem Land, so Verteidigungsminister Sergej Schoygu. Gemeint war der 1989 beendete etappenweise Rückzug der Sowjetarmee, die 1979 auf Ersuchen der Regierung in Kabul einmarschiert war.

Am 18. Juni dieses Jahres hatte das Kommando der NATO-geführten Afghanistan-Schutztruppe ISAF die Sicherheitsverantwortung für Afghanistan komplett an einheimische Sicherheitskräfte übergeben. Zwar gibt es Pläne für eine Fortführung der internationalen Stabilisierungsmission am Hindukusch, diese könnten jedoch am Komplettabzug der USA scheitern, mit dem Barack Obama wegen Differenzen mit Afghanistans Präsident Hamid Karsai gedroht hat. Derartige Perspektiven, so der russische Verteidigungsminister Schoygu, würden vor allem bei jenen Ex-Sowjetrepubliken Besorgnis hervorriefen, die an Afghanistan grenzen: Tadshikistan, Usbekistan, Kirgistan und Turkmenistan. Deren Regierungen hätten bereits gebeten, »die Sicherheit in der Region zu verstärken«. Moskau könne diese Bitte »nicht außer acht lassen«.

Tadshikistan und Kirgistan sind Mitglieder der Organisation des Vertrags für kollektive Sicherheit (OVKS), des von Russland dominierten Verteidigungsbündnisses der UdSSR-Nachfolgegemeinschaft GUS. Beide Staaten hatten Moskau schon während des afghanischen Bürgerkrieges Mitte der 1990er Jahre ersucht, sie mit Soldaten und Technik beim Schutz ihrer Grenzen zu unterstützen. Damit sollte international vernetzten Banden von Drogen- und Waffenschmugglern das Handwerk gelegt und das Eindringen islamischer Extremisten verhindert werden. Diese Gefahren, so befürchten Moskau und die Ex-Sowjetrepubliken, drohen nach dem Abzug der NATO erneut und könnten den instabilen Regimen in Zentralasien den Todesstoß versetzen. Und wegen der nach wie vor mehr oder minder ungesicherten Grenzen Russlands zu den UdSSR-Nachfolgestaaten könnte dadurch auch die Lage im vorwiegend muslimischen russischen Nordkaukasus erneut destabilisiert werden.

Deshalb will Russland die Sicherheit an den ehemaligen sowjetischen Grenzen in Zentralasien, aber auch an den eigenen im Süden bis Jahresende mit umfangreichen Maßnahmen verstärken.

Dazu sollen vor allem OVKS-Kräfte herangezogen und mit modernen russischen Waffen ausgestattet werden. So beschloss es Ende Mai ein Gipfel des Bündnisses in der kirgisischen Hauptstadt Bischkek auf Vorschlag von Russlands Präsident Wladimir Putin.

Parallel dazu bemüht sich Moskau um Klärung des Formats einer ISAF-Nachfolgemission in Afghanistan selbst. Aus Russlands Sicht ist ein UN-Mandat wie 2001, als der Antiterrorfeldzug am Hindukusch anlief, unerlässlich.

* Aus: neues deutschland, Samstag, 10. August 2013


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