"Bundesrepublik hintertreibt Chancen für Dialog und politische Verständigung im türkisch-kurdischen Konflikt"
Kritik aus der Friedensbewegung am Verbot von Özgür Politika
Im Folgenden dokumentieren wir eine Presseerklärung der "Kooperation für den Frieden" zum ministeriellen Verbot von Özgür Politika.
Friedensorganisationen protestieren gegen das Verbot der kurdischen Zeitung Özgür Politika
Die Kooperation für den Frieden verurteilt das Vorgehen Innenminister Schilys gegen die kurdische Tageszeitung Özgür Politika als nicht hinzunehmenden Eingriff in die Pressefreiheit und „friedensfeindlich".
Die Bundesrepublik hintertreibt durch das Verbot Chancen für Dialog und
mögliche politische Verständigung im türkisch-kurdischen Konflikt.
Auf persönliche Weisung von Bundesinnenminister Otto Schily wurde am 5.
September die Redaktion der kurdischen Tageszeitung in Deutschland von
Polizisten gestürmt, das gesamte Inventar und Vermögen eingezogen und die
Zeitung verboten. In der Verbotsbegründung heißt es u.a.: Die Zeitung sei
„nachweislich in die Organisationsstruktur des Kongra Gel eingebunden." In
der Begründung wird wiederholt von „innerer Sicherheit" und „Staatsschutz"
gesprochen. „Ein Verbot des Kongra Gel-Presseorgans zum jetzigen Zeitpunkt
auszusprechen, ergibt sich aus der in den letzten Wochen und Monaten
eskalierenden Sicherheitslage in der Türkei."
Die Friedensorganisationen, die in der "Kooperation für den Frieden"
zusammen geschlossen sind, halten dieses Verbot für friedensfeindlich. Es
arbeitet den Kräften in der Türkei in die Hände, welche die kurdische
Bevölkerung ihrer kulturellen Identität berauben wollen und, statt den Dialog
für eine friedliche Lösung zu suchen, die gewaltsame Eskalation des türkisch-
kurdischen Konflikts betreiben. Zusätzlich wird durch dieses Verbot, die
kurdisch-stämmige Bevölkerung in Deutschland ihrer einzigen Tageszeitung
beraubt.
Das Vorgehen Schilys gegen die kurdische Zeitung wird bereits von der
Regierung in Ankara zum Anlaß genommen, um auch auf das Verbot anderer
kurdischer Einrichtungen in Europa, so zum Beispiel des Sender Roj-TV in
Dänemark, hin zu arbeiten.
Die Friedensorganisationen fordern den Innenminister auf, seinen Erlaß
sogleich zurückzunehmen. Zur Begründung:
-
Die Zeitung setzt sich für eine zivile und politische Lösung des türkisch-
kurdischen Konflikts ein und tritt gegen eine Eskalation von Gewalt auf. Sie
gibt den kurdischen Politikern und Intellektuellen eine Stimme.
- Sie berichtet über die schweren Menschenrechtsverletzungen gegenüber der
kurdischen Bevölkerung in der Türkei, die auch immer wieder von der EU
angeprangert werden.
- Özgür Politika berichtet seit über 10 Jahren ohne jemals strafrechtlich
angeklagt worden zu sein. Das Verbot ist ein schwerer Eingriff in die
Pressefreiheit hier, während die EU gleichzeitig die Verwirklichung der
Pressefreiheit in der Türkei fordert.
Wenn die Sicherheitslage in der Türkei in den letzten Monaten wieder eskaliert,
so liegt dies in hohem Maße daran, dass die türkische Seite einen
friedenspolitischen Dialog und die erforderlichen Vertrauen bildenden
Maßnahmen verweigern. Hierauf zu drängen, ist die wichtigste Aufgabe für
eine deutsche Friedenspolitik. Der Bundesinnenminister bewirkt mit seinem
Verbot genau das Gegenteil.
Wir warnen: Wer auch in Deutschland die kurdisch-stämmige
Bevölkerung ihrer demokratischen Möglichkeiten und Rechte beraubt und
damit als verlängerter Arm der reaktionären Kräfte der Türkei dient,
macht Deutschland nicht sicherer, sondern zerstört die Möglichkeiten zu
friedlichen Lösungen.
(Kongra Gel ist eine politische Organisation aus dem PKK-Zusammenhang)
Für Rückfragen: Andreas Buro
f.d.R.: Manfred Stenner
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