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Für Referendum - gegen Verfassungsoktroi

Friedensbewegung startet "Europa-Initiative"

In die Debatte um die EU-Verfassung und deren Ratifizierung durch Parlamente oder durch Volksabstimmungen ist Bewegung gekommen. Nachdem inzwischen 10 EU-Mitgliedsstaaten Referenden angekündigt haben, gibt es auch hier zu Lande in allen Parteien Befürworter eines Referendums. Nur der Kanzler scheint sich wieder einmal festgelegt zu haben: Eine Abstimmung durch das Volk sei in der Verfassung nicht vorgesehen (hier irrt Schröder), also dürfe das auch nicht sein.
Im Folgenden dokumentieren wir eine Presseerklärung des Bundesausschusses Friedensratschlag zu diesem Thema.



Pressemitteilung des Bundesausschusses Friedensratschlag
  • Für Referendum - gegen Verfassungsoktroi
  • "Ja zu Europa - Nein zur Militärverfassung!"
  • Friedensbewegung startet "Europa-Initiative"
Kassel, 19. Juli 2004 - Der Bundesausschuss Friedensratschlag hat auf seiner letzten Wochenendtagung vor der Sommerpause beschlossen, die Informationskampagne über die EU-Verfassung zu verstärken. Die gegenwärtige Diskussion zwischen Regierung und Opposition hält der Sprecher des Bundesausschusses für "völlig daneben". Die rot-grüne Bundesregierung, die schon 1998 versprochen hatte, sich für Volksabstimmungen auf Bundesebene stark zu machen, blockt jede demokratische Beteiligung beim EU-Verfassungsprozess ab, während in Kreisen von CDU und CSU - sonst nicht eben plebiszitär gesonnen - laut über ein Referendum nachgedacht wird.

Die Friedensbewegung setzt sich für ein Referendum ein, weil die europäische Einigung nur gelingen wird, wenn sie von unten mitgetragen wird. Ein Verfassungsoktroi ist der beste Weg, die Europamüdigkeit und Politikverdrossenheit der Bürgerinnen und Bürger zu verstärken und die Kluft zwischen "Brüssel" und dem "einfachen Volk" zu vertiefen.

Wenn der Bundeskanzler wiederholt darauf hinweist, dass das deutsche Grundgesetz Volksabstimmungen nicht zulasse, dann entspricht das nicht der ganzen Wahrheit. In Artikel 20 Abs. 2 heißt es nämlich: "Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und die Rechtsprechung ausgeübt." Ein einfaches Gesetz würde also ausreichen, um den Weg für ein Referendum über die EU-Verfassung frei zu machen.

Die Friedensbewegung erinnert an die gemeinsame Erklärung der führenden Europapolitiker Cox, Prodi, Straub, Vidal-Quadras und Vitorino, wonach es darauf ankomme, "im Rahmen einer großen demokratischen Debatte über die Zukunft der Europäischen Union Europa den Bürgern näher zu bringen". "Dieses Europa", so heißt es weiter in der Erklärung, kann "nur mit Zustimmung und Mitwirkung der Bürger entstehen".

Der Bundesausschuss Friedensratschlag erinnert auch daran, dass eine evtl. Ablehnung der Verfassung keineswegs das Ende des europäischen Projekts bedeutet. Es kann auch bedeuten, dass sich die Bürgerinnen und Bürger eine Europäische Union wünschen, die bürgernäher und demokratischer ist als das jetzt zusammengezimmerte Verfassungsungetüm aus undurchsichtigen Zuständigkeiten. Es kann ferner bedeuten, dass die Menschen kein militarisiertes Europa und kein Europa wollen, das sich noch mehr den Privatisierungs- und Deregulierungswünschen der Konzerne ausliefert. Das Nein der Friedensbewegung zur Aufrüstungsverpflichtung und zu den europäischen Interventionstruppen ist also gleichzeitig ein Ja zu einem friedlichen und zivilen Europa.

Friedensbewegung und andere soziale Bewegungen werden in den ersten Septembertagen Umfragen über die EU-Verfassung in der Bevölkerung organisieren. Dies wird der Beginn unserer Europa-Initiative sein, die unter dem Motto steht: "Ja zu Europa - Nein zu dieser Verfassung!"

Für den Bundesausschuss Friedensratschlag:
Peter Strutynski (Sprecher)

Siehe auch:
Die Fakten der EU-Verfassung
Eine Handreichung für die öffentliche Diskussion - Mit wichtigen Textauszügen aus der Verfassung (19. Juli 2004)
Abstimmungszettel
Die Friedensbewegung will im Herbst die Bevölkerung zur EU-Verfassung befragen


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