Aktionsschwerpunkte für die Friedensbewegung im Frühjahr 2004
Pressemitteilung des Bundesausschusses Friedensratschlag
Am Wochenende traf sich der Bundesausschuss Friedensratschlag in Kassel
und verabschiedete Vorschläge für Aktionsschwerpunkte der
Friedensbewegung im Frühjar 2004. Darin enthalten ist auch ein Aufruf,
sich an den friedlichen Protesten gegen die Münchner
"Sicherheitskonferenz" am kommenden Wochenende zu beteiligen. Die
Vorschläge sind Teil einer umfangreichen Erklärung "Schluss mit Krieg
und Besatzung - Abrüstung statt Sozialabbau", die den lokalen
Initiativen und bundesweiten Organisationen der Friedensbewegung zur
Orientierung für ihre Arbeit in den kommenden Wochen und Monaten dienen
soll.
(Die ganze Erklärung ist im Wortlaut im Internet dokumentiert:
www.uni-kassel.de/fb10/frieden/rat/erklaerung2004.html)
Irak:
Breiten Raum nimmt in der Erklärung des "Friedensratschlags" die
"desaströse Lage im Irak" ein. Sie sei "zuallererst Resultat eines
völkerrechtswidrigen und politisch verheerenden Krieges" und somit von
der Kriegsallianz unter Führung der USA zu verantworten. Aus Sicht der
Friedensbewegung liegen die Alternativen zu einer weiteren Verschärfung
des Gewaltkonflikts im Irak im Abzug der Besatzungstruppen und einer
Übertragung der nächsten Aufgaben an die Vereinten Nationen. Unter ihrer
Aufsicht sollten so schnell wie möglich demokratische Wahlen
stattfinden.
Aktionsvorschläge:
Einem Appell des Europäischen Sozialforums in Paris vom November 2003
und des Weltsozialforums in Mumbai (Bombay) vom Januar 2004 folgend,
ruft die Friedensbewegung am 20. März, dem ersten Jahrestag des Beginns
des Irakkriegs, im ganzen Land zu vielfältigen Aktionen des Protests
gegen Besatzung und Krieg auf. Der "Friedensratschlag" schlägt vor, dass
an diesem Tag im ganzen Land um 12 ein Zeichen des Widerstands gegen die
Kriegspolitik gesetzt wird: Wir "wider-setzen" uns, indem wir uns
niedersetzen - überall!
Die Friedensbewegung soll ihre Veranstaltungen und Hearings im Rahmen
der Vorbereitung eines Kriegs-Tribunals fortsetzen. "Die
Verantwortlichen für den Irakkrieg müssen auf die Anklagebank."
Außerdem soll die Friedensbewegung am 15. Februar 2004 (an diesem Tag
demonstrierten vor einem Jahr Millionen Menschen in der ganzen Welt
gegen den drohenden Irakkrieg) lokale Veranstaltungen
(Informationsveranstaltungen bis hin zu Friedensfesten) durchführen.
Naher Osten:
Die Proteste der Friedensbewegung am 20. März richten sich auch gegen
die Hardliner im Nahen Osten, die eine friedliche Regelung des
israelisch-palästinensischen Konflikts hintertreiben. Der
Friedensratschlag unterstützt die Kampagne gegen die Mauer im besetzten
Westjordanland, einem der größten Hindernisse für den Friedensprozess.
Die Scharon-Regierung blockiert mit ihrer Besatzungspolitik alle ernst
zu nehmenden Initiativen. "Alles erscheint besser als die Fortsetzung
des Kriegszustands, der Besatzung, des Mauerbaus, des Landraubs und der
Attentate", heißt es in der Erklärung.
Präventivkriege und Atomwaffen:
Der Bundesausschuss Friedensratschlag weist in seiner Erklärung auf die
Warnungen des Präsidenten der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA),
Mohamed el Baradei, hin. Am Wochenende hat el Baradei in dramatischen
Worten die Gefahr eines Atomkriegs für "noch nie so groß wie heute"
beschrieben. Baradei: "Ein Atomkrieg rückt näher, wenn wir uns nicht auf
ein neues internationales Kontrollsystem besinnen". El Baradei warnte
zudem davor, dass die von den USA derzeit entwickelten "Mini-Nukes" die
Hemmschwelle für einen Angriff mit Atomwaffen senken könnten. Dies sei
der Fall, weil die neue US-Militärdoktrin den Einsatz von Atomwaffen
auch in "Präventivkriegen" im Rahmen seines "Krieges gegen den Terror"
vorsieht.
Der "Friedensratschlag plädiert für aktiven Widerstand gegen die
Nuklearpolitik der USA - auch an den deutschen Stationierungsorten
Ramstein und Büchel.
Unterstützung findet auch der "friedliche Protest" gegen die
NATO-"Sicherheitskonferenz" am 6./7. Februar 2004 in München. Die
Münchner "Sicherheitskonferenz" ist längst kein unverbindlicher
Meinungsaustausch von Verteidigungsministern und Außenpolitikern aus
NATO- und Nicht-NATO-Staaten. Auf und am Rande der Konferenz werden auch
Verabredungen getroffen und Weichen gestellt für die militärische
Neuordnung der Welt im Interesse transnationaler Konzerne und der großen
Rüstungsindustrie. Dagegen müsse man sich zur Wehr setzen.
EU-Militarisierung:
Äußerst bedenklich erscheint in der Analyse des "Friedensratschlags"
auch die Entwicklung der Europäischen Union. Die Annahme der
"Europäischen Sicherheitsstrategie (ESS)" durch den EU-Gipfel im
Dezember und die - nur vorübergehend gestoppte - EU-Verfassung bedeuten
eine "historische Wende" der EU von einer Zivilmacht zur "militärischen
Interventionsmacht" mit globalen Ambitionen.
Der Militarisierung Europas setzt die Friedensbewegung die Zivilisierung
der EU entgegen. In der Erklärung heißt es: "Wir sagen Ja zu Europa,
aber Nein zur Militärverfassung. Wir treten für ein Europa ein, das sich
dem Krieg verweigert und sich dem Sozialabbau widersetzt." Aufgerufen
wird zu einem europaweiten "Aktionstag für ein anderes Europa" am 9. Mai
2004 sowie zu Initiativen anlässlich der Wahlen zum Europäischen
Parlament im Juni.
Abrüstung statt Sozialabbau:
Scharf ins Gericht geht die Erklärung des Friedensratschlags auch mit
den Bundeswehrplänen von Verteidigungsminister Peter Struck. Danach soll
die Bundeswehr fit gemacht werden für weltweite Militäreinsätze. Die
angeblichen "Einsparungen" in Höhe von 26 Mrd. Euro sind reine
Augenauswischerei. In Wirklichkeit werden alle relevanten
Beschaffungsprogramme "vordringlich" weiter verfolgt.
Der Bundesausschuss Friedensratschlag rät dazu, sich dieser Entwicklung
"mit aller Kraft (zu) widersetzen: auch mit Aktionen an Stationierungsorten oder - wie im Fall des "Bombodroms" - an Truppenübungsplätzen". Der Friedensratschlag unterstützt vor allem auch die europaweiten Aktionen und
Massendemonstrationen von Gewerkschaften, sozialen und
globalisierungskritischen Bewegungen am 2. und 3. April. Davor (und
danach beispielsweise mit den Ostermärschen) soll die Friedensbewegung
Aktionstage mit vielfältigen örtlichen Veranstaltungen durchführen. Der
Appell "Abrüstungs statt Sozialabbau" soll "hunderttausendfach"
unterschrieben werden.
Für den Bundesausschuss Friedensratschlag:
Peter Strutynski (Sprecher)
Kassel, den 26. Januar 2004
Die Erklärung im Wortlaut:
Bundesausschuss Friedensratschlag: Schluss mit Krieg und Besatzung - Abrüstung statt Sozialabbau
Aktionsschwerpunkte für die Friedensbewegung Frühjahr 2004 (Dokumentation) (25. Januar 2004)
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