"Prozesse der Entfeindung und Versöhnung in Gang setzen"
Friedenspilger aus Europa im Nahen Osten
Pressemitteilung, 16.4.2002
Vom 8.-13. April besuchte eine ökumenische Delegation von Friedenspilgern
aus fünf europäischen Staaten israelische und palästinensische
Friedensorganisationen. Mitglieder des Internationalen Versöhnungsbundes,
von Pax Christi International und des friedenskirchlichen Netzes "Church and
Peace" drückten mit diesem Besuch ihre Solidarität mit denjenigen Kräften
aus, die für die Einhaltung von Menschenrechten und die Überwindung von
Gewalt mit friedlichen Mitteln eintreten.
Gesprächspartner der Gruppe waren u.a. der lateinische Patriarch der
katholischen Kirche und Präsident von Pax Christi International, Michel
Sabbah, der Sprecher der Rabbiner für Menschenrechte, Jeremy Milgrom,
Vertreterinnen und Vertreter der Kommission für Gerechtigkeit und Frieden in
Jerusalem, des Begegnungszentrums "open house" in Ramle bei Tel Aviv, des
Komitees gegen die Zerstörung von Häusern, der Frauenkoalition für einen
gerechten Frieden, "check-point watch", "Peace now", der beiden Zentren für
Konfliktlösung und Versöhnung in Bethlehem und des arabischen
Erziehungsinstituts, ebenfalls in Bethlehem.
Die derzeitige Situation ist von Verzeiflung, Angst und dem Kampf um das
tägliche Überleben in den besetzten Gebieten gekennzeichnet. Ohne
Perspektive für eine hoffnungsvollere Zukunft ist die derzeitige Situation
nicht zu überwinden.
In ihren Gesprächen erfuhren die Gäste aus Europa bei israelischen und
palästinensischen Friedensgruppen viele Übereinstimmungen.
Als grundlegende Ursache der derzeitigen Situation wurde immer wieder die
Besetzung der palästinensischen Gebiete und deren Folgen genannt, ohne deren
Beendigung auch Israel keine Sicherheit erlangen könne.
Die Gewalt gegen die palästinensische Bevölkerung wurde ebenso verurteilt
wie die Gewalt an Israelis durch Selbstmordattentate.
Friedensgruppen bezeichneten den Gazastreifen als "großes Gefängnis",
inzwischen seien auch die Menschen im Westjordanland Gefangene.
Die Spirale der Gewalt müsse unterbrochen werden.
Unmittelbar nach einem Waffenstillstand müsste ein politischer Friedensplan
umgesetzt werden. Für die palästinensische Seite, deren Würde verletzt würde,
ginge es "um Sein oder Nichtsein".
Nach einem Waffenstillstand müsse sich die israelische Armee aus dem
Westjordanland und dem Gazastreifen zurückziehen. Die grundlegende
Perspektive für beide Seiten liege in einer Zweistaatenlösung in jeweils
sicheren Grenzen mit Jerusalem als Hauptstadt sowohl des Staates Israel als
auch des neuen Staates Palästina. Dazu sei internationale Hilfe von außen in
Form einer UN-Mission unumgänglich.
"Wir brauchen eine win-win-Lösung", sagte ein Mitglied der Kommission für
Gerechtigkeit und Frieden in Jerusalem, bei der keiner das Gesicht verliert.
Um dies zu erreichen fordern viele Friedensgruppen ein Waffenembargo,
Wirtschaftssanktionen und einen Stopp des Ausbaus jüdischer Siedlungen in
den besetzten Gebieten.
Probleme der wirtschaftliche und soziale Ungleichheit zwischen der
israelischen und palästinensischen Gesellschaft müssen schrittweise abgebaut
werden, um zu einer dauerhaften Lösung zu kommen.
Yehezkel Landau vom jüdisch-christlich-muslimischen Begegnungszentrum "open
house" in Ramle vertrat die Ansicht, nach all dem, was in den letzten Wochen
geschehen sei, reichten noch so vernünftige Friedenspläne nicht aus.
Schmerz, Verzweiflung und Misstrauen seien so stark, dass Menschen mit
Fähigkeiten in einfühlsamem Zuhören, gewalfreier Kommunikation und
Konfliktvermittlung gefragt seien, um psychische Barrieren zu überwinden
und Prozesse der Entfeindung und Versöhnung in Gang zu setzen. "Wir brauchen
eine Entgiftung der Sprache", sagte Landau.
Die Friedensorganisationen vor Ort betonten immer wieder, wie wichtig
Solidaritätsbesuche gerade jetzt seien und drückten ihre Dankbarkeit über
die Anwesenheit internationaler Friedensgruppen im Land aus.
Der ökumenischen Friedensgruppe gehörten Dr. Hildegard Goss-Mayr
(Wien/Österreich), Eherenpräsidentin des Internationalen Versöhnungsbundes,
Paul Lansu (Brüssel/Belgien), Mitarbeiter im Internationalen Sekretariat von
Pax Christi, Minke de Vries (Neuchatel/Schweiz), langjährige Leiterin der
ökumenischen Gemeinschaft Grandchamp, Dr. Christian Renoux
(Paris/Frankreich), Mitglied des Vorstandes des französischen Zweiges des
Versöhnungsbundes und Clemens Ronnefeldt (Krastel/Deutschland), Referent für
Friedensfragen beim deutschen Zweig des internationalen Versöhnungsbundes,
an.
Die Gruppe wurde unterstützt von mehreren hundert Personen, die in
verschiedenen Teilen der Welt durch Gottesdienste, Mahnwachen und
Fastenaktionen die Delegation der Friedenspilger unterstützt haben.
Zur Presse-Seite
Zur
Seite "Kirche und Friedensbewegung"
Zur Nahost-Seite
Zurück zur Homepage