Der Trägerkreis zur Demonstration am 13. Oktober
Erklärung zur Pressekonferenz am 11. Oktober in Berlin
Stoppt den Krieg! Stoppt den Terror!
Aufstehen für den Frieden - Für Solidarität und soziale Gerechtigkeit!
Sehr geehrte Damen und Herren,
heute fand in Berlin die Pressekonferenz des Trägerkreises der
bundesweiten Demonstrationen am 13.10. in Berlin und Stuttgart statt.
Von Seiten des Trägerkreises, dem 36 Organisationen aus dem ganzen
Bundesgebiet und Berlin angehören, nahmen
Philipp Hersel (Attac - D), Jens-Peter Steffen (IPPNW), Peter Strutynski
(Bundesausschuss Friedensratschlag) und Laura von Wimmersperg (Berliner
Friedenskoordination) teil.
Für den Trägerkreis erläuterte Dr. Peter Strutynski die politischen
Ziele der Friedensbewegung wie folgt:
Der Krieg gegen Afghanistan wird den internationalen Terrorismus nicht
beenden. Im Gegenteil: Es werden neue Terrororganisationen in anderen
Ländern entstehen und die Welt wird noch unsicherer werden.
Dem Krieg gegen Afghanistan sollen nach einer Ankündigung von
US-Präsident Bush weitere Kriege gegen andere Länder folgen. Jeder
dieser Kriege ist ein weiterer Schritt in die Eskalation der Gewalt, vor
der die Friedensbewegung seit den entsetzlichen Terroranschlägen am 11.
September gewarnt hat.
Schon nach wenigen Tagen Krieg hat sich herausgestellt, dass die Bomben-
und Raketenangriffe keineswegs nur die vermuteten Terrornester treffen.
Betroffen ist auch die Zivilbevölkerung, die schon zahlreiche Todesopfer
zu beklagen hat. Selbst die am 9. Oktober getöteten UN-Mitarbeiter haben
die kriegführende anglo-amerikanische Allianz nicht veranlasst, ihre
Bombardierungen auch nur vorübergehend einzustellen.
Schon durch den gewaltigen Militäraufmarsch der USA und die Erklärung
des Krieges wurde ein Flüchtlingsdrama in Afghanistan ausgelöst.
Millionen Menschen sind auf der Flucht. Hunderttausenden droht der
Hungertod. Die Bomben und Raketen erzeugen neuen Hass und neuen Terror.
Die Gefahr von Bürgerkriegen in der Region, z.B. im Atomwaffenstaat
Pakistan, wird immer größer und hätte unabsehbare Folgen für den Frieden
in der Welt.
Die Politik der USA und ihrer NATO-Verbündeten einschließlich der
Bundesregierung unterwirft sich ganz der militärischen "Logik", die auf
den Terror nur mit Krieg, auf den Massenmord vom 11. September nur mit
der "kollateralen" Tötung unschuldiger Menschen antwortet. Am Ende
triumphiert die "Logik der Gewalt". Zu befürchten ist, dass sich die
Spirale aus Terror und Krieg, Gewalt und Gegengewalt weiter drehen wird.
Auch die Beispielwirkung des Krieges ist fatal. Ausgerechnet die größte
Macht der Welt führt im Namen der Zivilisation einen Vergeltungskrieg.
Der in Jahrhunderten entstandene zivilisatorische Fortschritt der
Menschheit beruht aber gerade darauf, dass der Gedanke an Rache und
Selbstjustiz und das Pochen auf das Faustrecht des Stärkeren durch
Prinzipien der Rechtstaatlichkeit und der nicht-militärischen Lösung von
internationalen Konflikten abgelöst wurden. Der Krieg gegen Afghanistan
verstößt gegen beide Prinzipien.
Die Friedensbewegung in der Bundesrepublik hat stets vor einer
unkontrollierbaren Eskalation bei einem Militäreinsatz gewarnt und eine
grundsätzlich andere Politik angemahnt. Eine solche Politik besteht im
Kern darin, dem Terrorismus den Nährboden zu entziehen, auf dem er
gedeiht. Dazu müssen die politischen, sozialen und wirtschaftlichen
Ursachen von Elend, Verzweiflung und Ausgestoßensein beseitigt, soziale
Gerechtigkeit hergestellt und den Menschen überall in der Welt
Mitwirkungsrechte an der Gestaltung ihres Lebens gegeben werden. Dies
ist die langfristige Perspektive.
Aber auch kurzfristig hat es Alternativen zum Krieg gegeben. Ein
Auslieferungsantrag an das Regime in Afghanistan hätte wirkungsvoller
vorgetragen werden können, wenn man ihn über die Arabische Liga oder
über die islamischen Staaten gestellt hätte. Die Friedensbewegung
fordert etwa auch, eine "Allianz gegen den Terrorismus" bei der UNO
unter gleichberechtigter Mitwirkung der islamischen Staaten anzusiedeln.
Zur Aburteilung von überführten terroristischen Straftätern soll der -
von den USA bisher nicht unterstützte - Internationale Gerichtshof
ermächtigt werden.
Die Friedensbewegung warnt auch vor den innenpolitischen Auswirkungen
der teils beschlossenen, teils diskutierten Antiterror-Maßnahmen. Eine
Stigmatisierung des Islam, ein Generalverdacht gegen islamische
Gruppierungen und die Diskriminierung von Moslems ist das Gegenteil von
Terrorismusbekämpfung. Schnellschüsse aus der Mottenkiste der "Inneren
Sicherheit" sind untaugliche Mittel im Kampf gegen den Terrorismus. Sie
gefährden aber die freiheitlichen Bürger- und Menschenrechte und
vergiften das innenpolitische Klima. Der Freiheit ist es nie gut
bekommen, wenn zu ihrem angeblichen Schutz Freiheitsrechte abgebaut
werden.
Mit der vom Bundeskanzler versprochenen "vorbehaltlosen" Unterstützung
des Krieges missbraucht die Bundesregierung die Gefühle der Anteilnahme
und Solidarität, die in der Bevölkerung während der letzten Wochen mit
den Opfern und Angehörigen der Terroranschläge von New York und
Washington so eindrucksvoll geäußert wurden. Es darf nicht zugelassen
werden, dass diese Menschen in die schlichte Frontstellung des
US-Präsidenten eingespannt werden, wonach alle, die nicht "für die USA"
sind, "für die Terroristen" seien. Die Friedensbewegung besteht darauf,
den Terrorismus ohne Wenn und Aber abzulehnen, gleichzeitig aber auch
den Krieg der USA als untaugliches Mittel im Kampf gegen den Terrorismus
kritisieren zu dürfen.
Am Samstag werden Zehntausende von Demonstranten in Berlin und Stuttgart
erwartet. Eine dritte Kundgebung, die auch am 13. Oktober in München
stattfindet, hat sich ebenfalls mit den Zielen der bundesweiten
Friedensbewegung solidarisch erklärt.
Insgesamt unterstützen den Aufruf zu den bundesweiten
Friedensdemnonstrationen bisher neben dem Trägerkreis (36
Organisationen) 100 weitere Friedensgruppen, Kampagnen,
Parteiorganisationen, Gewerkschaften, Dritte-Welt-Gruppen und kirchliche
Organisationen. Zuletzt haben sich auch die Bundesvorstände der Grünen
Jugend und der Jungsozialisten hinter die Demonstration gestellt. Zu den
Unterstützern gehört auch der Freiwillige Zusammenschluss der
Studierenden (FZS), der Dachverband von über 80 Allgemeinen
Studentenausschüssen. Die vollständige Liste des Trägerkreises und der
Unterstützerorganisationen kann folgenden Homepages entnommen werden:
http://www.friedensratschlag.de
http://www.demo1310.de
http://www.gewaltspirale.de
http://www.friedensnetz.de (für die Unterstützer der Demo in Stuttgart).
Dort erhalten Sie auch die aktuellen Angaben über den Ablauf und
Zeitplan der Demonstrationen und Kundgebungen.
Ich bitte höflichst um Veröffentlichung vorstehender Mitteilungen und
verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Dr. Peter Strutynski (Kassel, Bundesausschuss Friedensratschlag)
Berlin, 11. Oktober 2001
Für Rücksprachen:
P. Strutynski, Tel. 0561/804-2314 (Freitag bis 12 Uhr)
e-mail: strutype@hrz.uni-kassel.de
oder Aktionsbüro in Berlin: Tel.: 030/2093-1743
e-mail: demo1310@web.de
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