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Keine Munitionsfabrik und keine Panzer in die Türkei!

Bundessicherheitsrat abschaffen - Friedensbewegung bereitet Aktionen vor

Erklärung des Bundesausschusses Friedensratschlag

Der Bundesausschuss Friedensratschlag hat die Entscheidung des Bundessicherheitsrats, wonach die Türkei eine Produktionsanlage für Gewehrmunition erhalten soll, mit Entsetzen zur Kenntnis genommen. Mit dieser Entscheidung verstößt die Bundesregierung gegen den Koalitionsvertrag vom Oktober 1998 sowie gegen die von ihr selbst verabschiedeten Richtlinien zur Rüstungsexportpolitik vom Januar 2000. Hierin war festgelegt worden, dass bei Entscheidungen über Waffenlieferungen die Menschenrechtssituation im Empfängerland als Kriterium herangezogen werde.

Noch vor wenigen Wochen ist die Türkei vom Europäischen Gerichtshof wegen Folter rechtskräftig verurteilt worden. Die Menschenrechtssituation hat sich nach Auskunft von amnesty international und von Human Rights Watch und selbst nach einem Lagebericht des Bundesaußenministeriums seither nicht zum Besseren geändert. Sogar Verteidigungsminister Scharping erklärte vor kurzem, nach dem gegenwärtigen Stand käme eine Lieferung von Leopard-Panzern nicht in Frage.

Es ist nicht einzusehen, warum Panzer zur Zeit nicht lieferbar erscheinen, eine Munitionsfabrik dagegen tolerierbar sein soll. Durch Waffenlieferungen jedweder Art in die Türkei unterstützt die Bundesregierung, gewollt oder ungewollt, die türkischen Machthaber in ihrem andauernden Krieg gegen das kurdische Volk. Waffenlieferungen signalisieren der türkischen Regierung, dass sie mit ihrer Unterdrückungspolitik im Inneren und mit ihren permanenten Angriffen auf die so genannte Schutzzone im Norden des Irak fortfahren kann, ohne dass ihr daraus internationale Nachteile entstehen.

Die Friedensbewegung fordert die Abschaffung des Bundessicherheitsrats. Dieses Gremium, das über den Export von Waffen und anderen Kriegsgütern entscheidet, ist ein vordemokratisches Gremium, das geheim tagt und keinerlei parlamentarischer Kontrolle unterworfen ist. Derart in der Öffentlichkeit umstrittene Entscheidungen wie die vorgesehenen Rüstungsexporte in die Türkei gehören nicht in ein fünfköpfiges Geheimgremium, sondern in den Bundestag!

Die Friedensbewegung wird ihre Kampagne gegen den Rüstungsexport in die Türkei fortsetzen. Am Antikriegstag (1. September), der von Gewerkschaften und Friedensgruppen überall im Land mit Veranstaltungen, Mahnwachen und Kundgebungen begangen wird, werden überall Unterschriften gegen den Panzerexport gesammelt. (Zur Unterschriftenliste geht es hier). Am 23. September plant die Friedensbewegung zusammen mit anderen sozialen Bewegungen in Berlin Aktionen, mit denen sie auf die negative Bilanz der rot-grünen Bundesregierung bei Halbzeit der Legislaturperiode hinweisen wird. Zu diesem Zweck wird der Bundesausschuss Friedenratschlag Zehntausende von Unterschriften gegen den Panzerexport in die Türkei beim Außenministerium übergeben.

Für den Bundesausschuss Friedensratschlag:
Dr. Peter Strutynski (Sprecher)
Kassel, 30. August 2000

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