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Friedensbewegung in USA so stark wie nie

Hunderttausende gegen geplanten Angriff auf Irak

Im Folgenden dokumentieren wir zwei Berichte aus hiesigen Zeitungen, die etwas ausführlicher über die großen Demonstrationen vom 18. Januar 2003 berichteten.


Monika Krause, Washington

Während die amerikanische Regierung unter Präsident George W. Bush ihr Truppenaufgebot in der Golfregion weiter verstärkt, formiert sich in den USA eine Friedensbewegung, wie sie das Land seit den Zeiten des Vietnamkrieges nicht gesehen hat: Am Samstag protestierten Hunderttausende in Washington D.C. und anderen amerikanischen Städten gegen den drohenden US-Angriff auf Irak. Darüber hinaus protestierten Kriegsgegner weltweit gegen Bushs Feldzugspläne.

Mit Bannern wie "Stoppt den Krieg" und "Kein Blut für Öl" sowie "Unterstützt unsere Truppen - laßt sie zu Hause" versammelten sich die Demonstranten in Washington vor dem Kongreßgebäude. Unter den Rednern befanden sich der Bürgerrechtler Jesse Jackson, der demokratische Abgeordnete im Repräsentantenhaus, John Conyers, der ehemalige Justizminister Ramsey Clark und die Filmschauspielerin Jessica Lang.

Die Organisatoren der Kundgebung schätzten die Zahl der Demonstranten in Washington auf 500000. Das wären mehr als doppelt so viele Teilnehmer wie bei der letzten Antikriegsdemonstration am 26. Oktober des vergangenen Jahres. Der Chef der Polizei in Washington, Charles Ramsey, sagte: "Es war eine der größten Demonstrationen, die wir hier je hatten, sicherlich in den letzten Jahren." In ihrer offiziellen Schätzung sprach die Polizei von 30000 bis 50000 Teilnehmern.

Die Kriegsgegner kamen mit Bussen aus 45 Bundesstaaten von der West- bis zur Ostküste. Viele hatten eine Anreise von bis zu 27 Stunden in Kauf genommen. Die Demonstranten trotzten der eisigen Kälte bei Temperaturen von unter minus fünf Grad und marschierten im Anschluß an die Kundgebung vor dem Kapitol in einem kilometerlangen Zug zu einem Marinequartier im Südosten der Hauptstadt.

Zu der Demonstration aufgerufen hatte das Bündnis International ANSWER, eine Organisation, die wenige Tage nach dem 11.September 2001 als Antwort auf die Kriegspolitik und den verschärften Rassismus der US-Regierung entstanden ist. Mit der Wahl des Protestdatums erinnerten die Organisatoren an den Beginn des Golfkrieges vor zwölf Jahren. In den USA wird an diesem Wochende außerdem der Geburtstag des ermordeten Bürgerrechtlers Martin Luther King gefeiert.

Parallel zum Protest in der Hauptstadt versammelten sich Zehntausende Demonstranten in San Francisco und in anderen Städten im ganzen Land. In Tampa, Florida, protestierten Kriegsgegner vor den Toren eines Stützpunktes der Luftwaffe. "Die Antikriegsbewegung hat jetzt eine neue Stufe erreicht", sagte Tony Murphy von International ANSWER. "Wir sprechen nun von einer Kraft, die den Krieg wirklich beenden kann. Es ist nicht mehr nur eine fromme Hoffnung. Wir haben das Gefühl, daß es wirklich möglich ist."

Kundgebungen gab es am Samstag auch in Europa, Asien, dem Nahen Osten und Lateinamerika. In der syrischen Hauptstadt Damaskus zogen mehr als 15000 Menschen in einem Protestzug vor das Parlament. In Japan demonstrierten tausende Menschen in mehreren Städten gegen einen Krieg und eine Beteiligung ihres Landes daran. In mehreren pakistanischen Großstädten beteiligten sich ebenfalls Tausende an Protesten gegen den Krieg. Vor der amerikanischen Botschaft in Moskau versammelten sich Hunderte Menschen und riefen "Hände weg von Irak". In Frankreich riefen die Sozialistische Partei und rund 40 Organisationen, darunter mehrere Gewerkschaften, zu einer Großkundgebung in Paris auf. In der schwedischen Hafenstadt Göteborg beteiligten sich etwa 6000 Menschen an einem Protestmarsch. In der niederländischen Stadt Uden wurden 90 Pazifisten beim Versuch festgenommen, auf einen Luftwaffenstützpunkt vorzudringen. Auch in Großbritannien, Irland und Italien gab es Proteste. Vor dem Hauptquartier der US-Truppen in Heidelberg nahmen am Samstag rund 2000 Menschen an einer Blockade teil.

Für die kommenden Wochen hat International ANSWER weitere Demonstrationen angekündigt: Am heutigen Montag, dem US-amerikanischen Feiertag zu Ehren Martin Luther Kings, hat die Organisation Black Voices for Peace (Schwarze Stimmen für den Frieden) zu einer Kundgebung in Washington aufgerufen. In der Woche vom 13. bis zum 21. Februar sollen die Proteste landesweit einen neuen Höhepunkt erreichen.

Aus: junge Welt, 20. Januar 2001


Größte Proteste seit Vietnamkrieg

(...) In den USA protestierten bei den größten Friedenskundgebungen seit dem Vietnamkrieg Hunderttausende von Amerikanern gegen den Kriegskurs der Bush-Administration. Allein in der Hauptstadt Washington versammelten sich nach Angaben der Organisatoren bei eisiger Kälte bis zu 500000 Demonstranten. Zu der Kundgebung hatten die Organisation ANSWER (Act Now to Stop War & End Racism) und eine breite Koalition aus Studenten, Kirchen und Gewerkschaften aufgerufen. Ein Gewerkschaftsführer warf Bush vor, die Trauer der Amerikaner über die Anschläge vom 11. September ausgenutzt zu haben, um sie auf einen Kriegskurs zu führen. Die Demonstranten trugen Schilder mit Aufschriften wie "Kein Blut für Öl" und skandierten: "Kein Krieg gegen Irak". Auch in mehreren anderen Städten wie San Francisco und Tampa protestierten Zehntausende gegen den Kurs ihrer Regierung. Allein in San Francisco sprachen die Organisatoren von über 80000 Teilnehmern.

In Deutschland gingen aus Protest gegen einen möglichen Irak-Krieg am Sonnabend über 10000 Menschen auf die Straße. Zu den Protesten in Rostock, Tübingen, Heidelberg und München hatten örtliche Bündnisse aus Friedensgruppen, Globalisierungsgegnern und Gewerkschaftsverbänden sowie die PDS aufgerufen. In Rostock schlossen sich nach Angaben der Veranstalter rund 5000 Menschen dem Demonstrationszug durch die Innenstadt und der anschließenden Kundgebung an. Zum Protest aufgerufen hatten die PDS in Mecklenburg-Vorpommern und das Friedensbündnis Rostock. Auch die drei PDS-Minister der rot-roten Landesregierung - Sozialministerin Marianne Linke, Arbeitsminister Helmut Holter und Umweltminister Wolfgang Methling - nahmen an der Demonstration teil. Rund 3000 Demonstranten mahnten in Tübingen, ein weiterer Krieg gegen Irak würde tausende zivile Opfer fordern und Millionen Flüchtlinge zur Folge haben. In Heidelberg zogen die Demonstranten durch die Innenstadt, nach Veranstalterangaben versammelten sich rund 2000 am Abend vor dem Hauptquartier der US-Armee zu einer Abschlusskundgebung. An den Protesten beteiligten sich auch einzelne Politiker der Grünen und der SPD, darunter der SPD- Bundestagsabgeordnete Lothar Binding. In München nahmen nach Polizeiangaben rund 600 Menschen an einer Demonstration tei.

Unter dem Motto "Nein zu einem Krieg gegen Irak, ja zu Frieden und Gerechtigkeit im Nahen Osten und in der Welt" demonstrierten in Frankreich 200000 Menschen. Auch in Großbritannien und Irland protestierten Tausend gegen einen möglichen Irak-Krieg. Zur größten Demonstration in Liverpool kamen 2500 Menschen. In Irland demonstrierten nach Polizeiangaben etwa 1000 Menschen vor dem Flughafen Shannon gegen dessen geplante Nutzung als wichtigster Stützpunkt zum Auftanken für USA-Militärflugzeuge.

In Brüssel versammelten sich am Sonntag 6000 Menschen, um gegen eine militärische Intervention in Irak zu protestieren. Sie folgten einem Aufruf mehrerer Organisationen, die sich auch gegen jede Beteiligung Belgiens an einem Krieg wenden.

Aus: Neues Deutschland, 20.01.03


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