"... nicht in Deutsche und Nichtdeutsche spalten lassen"
Nazile Özer, DIDF, beim Ostermarsch 2002 in Nürnberg
Wir dokumentieren die folgende Ostermarschrede in der uns übermittelten Fassung.
Liebe Freundlnnen und liebe Freunde
Nach dem 11. September war die ganze Welt schockiert. Aber vielmehr
schockiert und entsetzt sind die Menschen über den jetzigen Zustand in
Afghanistan. In Afghanistan starben bis heute über 15.000 Menschen an den
Folgen der militärischen Vergeltungsschläge seitens der USA. Diese
Vergeltungsschläge wurden als "Kampf des Guten gegen das Böse" oder
Kampf der Kulturen" bezeichnet. Dieser "Kampf der Kulturen" trieb
Hunderttausende massenhaft in die Flüchtlingslager nach Pakistan etc. In
Afghanistan wurde nicht gegen Terror angegangen! Nein; im Gegenteil
haben alle westlichen Mächte versucht die eigenen politischen,
wirtschaftlichen und militärischen Interessen durchzusetzen.
Liebe Freundinnen und liebe Freunde,
In allen Ländern wurde unter dem Vorwand, terroristische Organisationen
und Strukturen bekämpfen, verhindern und ausrotten, massiv in die
demokratischen Grundrechte eingegriffen. "Die Welt nach der Wände sollte
eine Welt ohne Kriege und Armut sein." Aber alle westlichen Mächte
zeigen ein sehr grosses Interesse daran, bei zukünftigen Kriegen
mitzumischen.
Nach dem 11. September hat die Bundesregierung, der US-Regierung direkt
uneingeschränkte Solidarität zugesichert. Der Bundestag hat darüber
entschieden Soldaten nach Afghanistan zu schicken . Diese Solidarität
ist aber bestimmt nicht im Interesse der in Deutschland lebenden
Menschen. Kriege bringen nur Tod, Armut, Arbeitslosigkeit und Hass mit
sich.
Liebe Freundinnen und Freunde.
Nachdem tage- und wochenlange Hetze gegen Muslime und Ausländer in
Deutschland und überall auf der Welt betrieben wurde, begann man die
"innere Sicherheit" großzuschreiben. Die 30.000 potenziellen
Flugzeugentführer, die unter uns sind, sollen ausfindig gemacht werden.
So wurden unter anderem die Rasterfahndung wiedereingeführt. Die Politik
und Medien sagten aus, dass die Sicherheitsmassnahmen gegen den
Terrorismus nicht ausreichend genug wären. Die Bevölkerung wurde in
Angst und Schrecken versetzt. So wurde versucht einerseits die
Kriegsstimmung zu legitimieren und andererseits den Überwachungsstaat
auszudehnen. Die Ausweitung der Bundeswehreinsätze auch im Inneren des
Landes, die Verschärfung des Ausländer- und des Asylgesetzes, die
Abschaffung der Datenschutzgesetze etc. sind als Folge eingetreten.
Nichtdeutsche wurden mit den gesetzlichen Neuregelungen diskriminiert
und für die Abschaffung der demokratischen Rechte missbraucht. Das
friedliche, gleichberechtigte, tolerante und solidarische Zusammenleben
wird mit diesen Sicherheitspaketen plattgetreten. Die "Ausländer", die
in Deutschland leben, werden wieder einmal zu Sündenböcken und
potenziellen Terroristen erklärt und demokratische Rechte, die von der
Gesamtgesellschaft beansprucht werden, werden abgeschafft. Ausländer und
Deutsche müssen jetzt mehr zusammenhalten. Wir dürfen nicht zulassen,
dass wir noch einmal gegeneinander ausgespielt werden.
Liebe Freundinnen und Freunde.
Wir dürfen uns jetzt nicht in Deutsche und Nichtdeutsche spalten lassen,
sondern müssen uns geschlossen und entschlossen gegen Kriege, die
Beteiligung der Bundeswehr an diesen, gegen Sozialabbau,
Arbeitslosigkeit und den Abbau unserer demokratischen Rechte
aussprechen. Auch die türkische Lobby missbraucht die Entwicklungen in
Deutschland, um die Bevölkerung in Deutsche und türkisch stämmige
aufzuteilen. Sie versucht, die Abkapselung und Isolierung der
türkischstämmigen Menschen zu vollenden. Diese sollen sich von den
gesellschaftlichen Geschehnissen fernhalten, die Kontakte zu der
deutschen Bevölkerung abbrechen. Auch der Krieg und die
Anti-Terrorpakete erfüllen eine die Gesellschaft spaltende Funktion. Da
wir aber die gleichen gesellschaftlichen Probleme wie Arbeitslosigkeit
usw. teilen , rufen wir alle dazu auf, sich in den Betrieben und
Gewerkschaften, Schulen und Universitäten und in den Städten und
Bezirken noch aktiver gegen die Kriegspolitik und -propaganda und gegen
die Abschaffung der demokratischen Rechte einzusetzen.
Wir fordern
-
Kein Krieg in Afghanistan oder sonst wo!
- Geld für Arbeits- und Ausbildungsplätze, statt für die Rüstung!
- Keinen Abbau von demokratischen Rechten in Deutschland!
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