Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

"... nicht in Deutsche und Nichtdeutsche spalten lassen"

Nazile Özer, DIDF, beim Ostermarsch 2002 in Nürnberg

Wir dokumentieren die folgende Ostermarschrede in der uns übermittelten Fassung.


Liebe Freundlnnen und liebe Freunde
Nach dem 11. September war die ganze Welt schockiert. Aber vielmehr schockiert und entsetzt sind die Menschen über den jetzigen Zustand in Afghanistan. In Afghanistan starben bis heute über 15.000 Menschen an den Folgen der militärischen Vergeltungsschläge seitens der USA. Diese Vergeltungsschläge wurden als "Kampf des Guten gegen das Böse" oder Kampf der Kulturen" bezeichnet. Dieser "Kampf der Kulturen" trieb Hunderttausende massenhaft in die Flüchtlingslager nach Pakistan etc. In Afghanistan wurde nicht gegen Terror angegangen! Nein; im Gegenteil haben alle westlichen Mächte versucht die eigenen politischen, wirtschaftlichen und militärischen Interessen durchzusetzen.

Liebe Freundinnen und liebe Freunde,
In allen Ländern wurde unter dem Vorwand, terroristische Organisationen und Strukturen bekämpfen, verhindern und ausrotten, massiv in die demokratischen Grundrechte eingegriffen. "Die Welt nach der Wände sollte eine Welt ohne Kriege und Armut sein." Aber alle westlichen Mächte zeigen ein sehr grosses Interesse daran, bei zukünftigen Kriegen mitzumischen.
Nach dem 11. September hat die Bundesregierung, der US-Regierung direkt uneingeschränkte Solidarität zugesichert. Der Bundestag hat darüber entschieden Soldaten nach Afghanistan zu schicken . Diese Solidarität ist aber bestimmt nicht im Interesse der in Deutschland lebenden Menschen. Kriege bringen nur Tod, Armut, Arbeitslosigkeit und Hass mit sich.

Liebe Freundinnen und Freunde.
Nachdem tage- und wochenlange Hetze gegen Muslime und Ausländer in Deutschland und überall auf der Welt betrieben wurde, begann man die "innere Sicherheit" großzuschreiben. Die 30.000 potenziellen Flugzeugentführer, die unter uns sind, sollen ausfindig gemacht werden. So wurden unter anderem die Rasterfahndung wiedereingeführt. Die Politik und Medien sagten aus, dass die Sicherheitsmassnahmen gegen den Terrorismus nicht ausreichend genug wären. Die Bevölkerung wurde in Angst und Schrecken versetzt. So wurde versucht einerseits die Kriegsstimmung zu legitimieren und andererseits den Überwachungsstaat auszudehnen. Die Ausweitung der Bundeswehreinsätze auch im Inneren des Landes, die Verschärfung des Ausländer- und des Asylgesetzes, die Abschaffung der Datenschutzgesetze etc. sind als Folge eingetreten. Nichtdeutsche wurden mit den gesetzlichen Neuregelungen diskriminiert und für die Abschaffung der demokratischen Rechte missbraucht. Das friedliche, gleichberechtigte, tolerante und solidarische Zusammenleben wird mit diesen Sicherheitspaketen plattgetreten. Die "Ausländer", die in Deutschland leben, werden wieder einmal zu Sündenböcken und potenziellen Terroristen erklärt und demokratische Rechte, die von der Gesamtgesellschaft beansprucht werden, werden abgeschafft. Ausländer und Deutsche müssen jetzt mehr zusammenhalten. Wir dürfen nicht zulassen, dass wir noch einmal gegeneinander ausgespielt werden.

Liebe Freundinnen und Freunde.
Wir dürfen uns jetzt nicht in Deutsche und Nichtdeutsche spalten lassen, sondern müssen uns geschlossen und entschlossen gegen Kriege, die Beteiligung der Bundeswehr an diesen, gegen Sozialabbau, Arbeitslosigkeit und den Abbau unserer demokratischen Rechte aussprechen. Auch die türkische Lobby missbraucht die Entwicklungen in Deutschland, um die Bevölkerung in Deutsche und türkisch stämmige aufzuteilen. Sie versucht, die Abkapselung und Isolierung der türkischstämmigen Menschen zu vollenden. Diese sollen sich von den gesellschaftlichen Geschehnissen fernhalten, die Kontakte zu der deutschen Bevölkerung abbrechen. Auch der Krieg und die Anti-Terrorpakete erfüllen eine die Gesellschaft spaltende Funktion. Da wir aber die gleichen gesellschaftlichen Probleme wie Arbeitslosigkeit usw. teilen , rufen wir alle dazu auf, sich in den Betrieben und Gewerkschaften, Schulen und Universitäten und in den Städten und Bezirken noch aktiver gegen die Kriegspolitik und -propaganda und gegen die Abschaffung der demokratischen Rechte einzusetzen.

Wir fordern
  • Kein Krieg in Afghanistan oder sonst wo!
  • Geld für Arbeits- und Ausbildungsplätze, statt für die Rüstung!
  • Keinen Abbau von demokratischen Rechten in Deutschland!


Zurück zur Seite "Ostermarsch 2002"

Zurück zur Homepage