"Arbeit am Frieden: nachhaltig – demokratisch - zivil"
Bernhard Nolz*, Lehrer, beim Ostermarsch 2002 in Duisburg
Wir dokumentieren die folgende Ostermarschrede in der uns übermittelten Fassung.
Liebe Freundinnen und Freunde,
vor drei Jahren verbrachten wir die Osterferien mit
Freunden auf Ibiza in einer Finca, deren
Stromversorgung über selbst gebaute Sonnenkollektoren
erfolgte. So konnte ich tagsüber, wenn die Sonne
schien – und die schien fast immer - mein Handy mit meinem
Notebook verbinden, um im Internet nach
kritischen Informationen über den Nato-Krieg gegen
Jugoslawien zu suchen. Der Bild-Propaganda am
spanischen Zeitungskiosk wollte ich etwas entgegen zu
setzen haben.
Da geht es mir wie euch: Die Arbeit für den Frieden ist
zur Lebensaufgabe geworden. Sie hört auch in den
Ferien nicht auf.
Per E-Mail erhielten wir viele Anfragen, was denn die
Pädagoginnen und Pädagogen für den Frieden, deren
Sprecher ich bin, gegen die Rechtsbrüche der Nato und der
Bundesregierung unternehmen würden.
Aus Protest gegen den Nato-Krieg in Jugoslawien
formulierten wir den PPF-Aufruf "Gewöhnt euch nicht an
den Krieg!" Wir bekannten uns zu unserer
friedenspädagogischen Verantwortung, den Krieg zu ächten und
zusammen mit den Kindern und Jugendlichen für eine Zukunft
ohne Gewalt und ohne Krieg zu arbeiten.
Wir forderten die Politiker auf, Schluss mit der
Kriegspolitik zu machen und stattdessen für Frieden und
Gerechtigkeit in der Welt zu sorgen.
Pädagogisches Handeln, aber auch politisches, ist auf eine
nachhaltige Wirksamkeit angelegt.
Nachhaltigkeit aber ist ohne Frieden und ohne soziale
Gerechtigkeit undenkbar. Vor diesen Aufgaben aber
versagt die Politik. Sie flüchtet sich in Menschen
verachtende Kriege.
Wenn Frieden und soziale Gerechtigkeit nicht garantiert
sind, bleiben alle Bildungsbemühungen
weitestgehend wirkungslos. Das lehrt uns die PISA-Studie
des Jahres 2002 auf sehr deutliche Weise.
Etwas ist schief in Deutschland:
-
wenn die Bundesregierung nach Welt-Kriegsherrschaft
strebt, als gäbe es den Verfassungsauftrag
Frieden nicht;
-
wenn Sicherheitsgesetze in Kraft treten, die den Weg
in den Polizeistaat ebnen;
-
wenn rechtsradikale Parteifunktionäre von staatlichen
Geheimdiensten bezahlt werden;
-
wenn Minderheiten und Andersdenkende mit kräftiger
Hilfe der Medien ausgegrenzt werden;
-
wenn Parteien von Schmiergeldzahlungen leben;
-
wenn Arbeitssuchende der Profitgier privater
Vermittler ausgeliefert werden;
-
wenn soziale, kulturelle und Bildungsprojekte überall
dem Rotstift zum Opfer fallen.
Anlässlich des Nato-Angriffs auf Jugoslawien vor drei
Jahren stellten die Pädagoginnen und Pädagogen für
den Frieden fest: Krieg ist kein Mittel zur
Konfliktlösung! Krieg darf nicht länger Mittel der Politik sein!
Dieser Satz galt 1999. Er gilt für den Krieg in
Afghanistan und er wird in Zukunft Gültigkeit haben. Er ist im
Übrigen dem Erlass zur Friedenserziehung in den Schulen
Nordrhein-Westfalens aus dem Jahr 1985
entnommen. Krieg darf nicht länger Mittel der Politik
sein!
Dieses NEIN zum Krieg habe ich am 18. September 2001, eine
Woche nach den Anschlägen von New York, in
einer Rede vor 3000 Schülerinnen und Schülern in Siegen
wiederholt. Dafür wurde ich für drei Monate vom
Dienst suspendiert und dann zwangsversetzt.
Ohne die Solidaritätsaktionen, die insbesondere auch von
Duisburg ausgegangen sind, würde ich heute hier
nicht selbstbewusst und voller Optimismus stehen.
Optimismus, weil wir im Protest gemeinsam stark sind.
Optimismus, weil wir basisdemokratisch organisiert sind.
Optimismus, weil wir Widerstand leisten.
Optimismus, weil wir Zivilcourage beweisen.
Optimismus, weil wir Partei nehmen für die Ohnmächtigen.
Wir lassen uns nicht abbringen davon, dass unsere Vision
von einer nachhaltig, demokratisch und zivil
gestalteten Welt Wirklichkeit werden kann.
* Bernhard Nolz ist Sprecher der
Pädagoginnen und Pädagogen für den Frieden (PPF) und
Geschäftsführer des Zentrums für Friedenskultur (ZFK)
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