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Petra Lehmann, ATTAC, auf dem Ostermarsch 2002 in Aschaffenburg

Wir dokumentieren die folgende Ostermarschrede in der uns übermittelten Fassung.


Liebe Friedenskämpferinnen und Friedenskämpfer!
Mein Name ist Petra Lehmann, ich bin Vorsitzende der DKP Aschaffenburg und spreche hier im Namen der Gründungsinitiative für ATTAC Aschaffenburg.

ATTAC hat sich den Kampf gegen die kapitalistische Globalisierung auf die Fahnen geschrieben, gegen die Institutionen, die Ausdruck dieser Form der Globalisierung sind wie die Weltbank, der Internationale Währungsfond und die G7-Treffen. Doch immer mehr zeigt sich, daß die Völker dieser Erde nicht nur von ihnen aufgezwungenen Krediten und deren Zins und Tilgung drangsaliert werden, nicht nur, indem der größte Teil der Staaten in Unterentwicklung gehalten wird, man sie zwingt, für den Weltmarkt statt für den eigenen Bedarf zu produzieren und ihnen diese Produkte auch noch für einen lächerlichen Preis abpreßt. Nein, die Bedrohung wird für immer mehr noch direkter, noch brutaler, es ist noch weniger möglich, ihr in irgendeiner Weise auszuweichen. Diese Bedrohung heißt Krieg. ATTAC hat deshalb zusammen mit der Friedenskooperative eine Kampagne unter dem Motto "Die Gewaltspirale durchbrechen" initiiert.

Viele Organisationen hier sind bereits Mitglied bei ATTAC. Doch was bislang fehlt, ist eine eigenständige Ortsgruppe, in der auch Einzelpersonen mitmachen können, die sich bislang noch nicht gegen die kapitalistische Globalisierung organisiert haben. Diese Gruppe soll nun am 16. April gegründet werden, 20 Uhr im DGB-Haus, Ihr findet hier Plakate und Handzettel mit Kontaktadressen.

Ein Problem wird von Krieg zu Krieg immer drängender: Das Problem der Vermittlung. Wie können wir die sich immer mehr weitende Kluft überbrücken zwischen dem, was wir wissen, was wir uns durch eigene Anstrengung an Informationen angeeignet haben, und dem, was die meisten Menschen aus den Medien erfahren?

Es ist ja eigentlich eine sehr schöne menschliche Eigenschaft, anderen zu trauen. Und jetzt kommen da plötzlich ein paar dahergelaufen, Gewerkschafter, Linke, Menschen mit merkwürdigen Freizeitgewohnheiten, wie zum Beispiel hier gemeinsam am Ostermarsch teilzunehmen, sie kommen daher und sagen: Das stimmt so nicht. Was Du da gerade im Fernsehen gesehen hast, was Du da mir gegenüber im Stadtbus in der Zeitung liest, das stimmt nicht, das ist vielleicht gerade mal von den erwähnten Fakten her richtig, aber wessen Wahrheit ist es?

Es ist so schwierig, dem Gegenüber zu sagen: Leg Deine Zeitung weg, guck ins Internet, schau in die Tageszeitung "junge Welt" (die übrigens am Stand der DKP kostenlos ausliegt), lies nach, was hat Milosevic denn wirklich in Den Haag gesagt! Informiere Dich! Was passiert wirklich gerade in Kolumbien? Stimmt es denn, daß die kolumbianische Guerilla am Drogenhandel profitiert? Nein, es stimmt nicht. Sie erheben in den von ihnen befreiten Gebieten Steuern auf die Koka-Anpflanzungen. Aber sie handeln nicht selber mit Drogen. Im Gegensatz zu den Taliban, der Nordallianz und der UCK, zum Beispiel.

Aber so ein bißchen Befremden gegenüber der offenen Kriegstreiberei der US-Regierung scheint sich ja doch breit zu machen und so taucht mit einem Mal die Geschichte von den Irakis wieder auf, die Brutkästen in Kuwait zerstört hätten. Im Gegensatz zu damals diesmal mit dem Hinweis, daß es sich um eine Lügenkampagne handelte, um den Krieg gegen den Irak zu legitimieren.

Also: Weniger Vertrauen in die Medien, die ja mittlerweile zum großen Teil eher Kombattantenstatus haben, die offen Kriegspartei sind, statt zu einer kritischen Öffentlichkeit beizutragen.
Und: Mehr Vertrauen in die Arbeitslose, den Migranten nebenan. Stimmt es denn, daß die wirklich gar nicht arbeiten will? Vielleicht frage ich sie mal, wie das war neulich auf dem Arbeitsamt oder beim Bewerbungsgespräch. Vielleicht erzählt sie mir dann: Beim letzten Mal, da hat der Chef gleich abgewinkt, als ich ihm erzählt habe, daß ich zwei Kinder habe, alleinerziehend. Und diesmal? Ich habe doch nur einen Halbtagskindergartenplatz, mehr kann ich mir ja auch gar nicht leisten. Und dann als Verkäuferin, mit flexiblen Schichten?

Sind das nicht eher unsere Wahrheiten? Wir müssen uns wehren gegen all diese Kampagnen zur Entsolidarisierung, die uns gegen unseren Nachbarn, unsere Kollegin in Stellung bringen sollen, so daß wir gar nicht mehr auf die Idee kommen: Mein Nachbar, meine Kollegin, das sind meine Ansprechparterinnen, meine Verbündeten für meine Interessen! Natürlich geht es bei all diesen Kampagnen wie der Faulenzerdebatte, der Stimmungmache gegen MigrantInnen, natürlich geht es dabei auch um Geld, um "Sparmaßnahmen". Aber vor allem geht es darum: Wir sollen im anderen Menschen nicht mehr den Bruder und die Schwester erkennen, sondern den Gegner! Das dürfen wir nicht zulassen! Das muß raus aus unseren Köpfen!

In dieses Kapitel gehört auch der sogenannte Skandal um die Bundesanstalt für Arbeit. Verwundert konnte man so nebenbei auf allen Kanälen hören, die Hauptaufgabe der BA sei die Vermittlung von Arbeitsplätzen. Nein. Die Hauptaufgabe der Bundesanstalt für Arbeit ist die Verwaltung und Auszahlung des Arbeitslosengeldes und der Arbeitslosenhilfe! Daß es sich dabei um eine gesteuerte Kampagne, um eine abgekartete Sache handelt, wird schon aus der Terminierung deutlich. Im Februar platzte die Sache. Und Anfang April sollen schon die ersten Gesetze geändert werden? Das bei einer Riesenbehörde wie der BA, die einer der größten Arbeitgeber bundesweit sein dürfte? Wer in seinem Betrieb schon einmal eine halbwegs seriöse Umstrukturierung miterlebt hat, der weiß, daß das nicht mit rechten Dingen zugehen kann.

Und gestern erst Gersters Vorstoß, bereits das Arbeitslosengeld degressiv zu gestalten (die Arbeitslosenhilfe wird ja eh schon jedes Jahr um 3 % gekürzt), um den Arbeitsanreiz zu erhöhen! Dabei weiß doch jeder von uns, daß es schlicht und einfach zu wenig Arbeitsplätze gibt.

Was das alles mit Krieg und Frieden zu tun hat? Es ist genauso Teil der Entsolidarisierungskampagne wie die "Faulenzerdebatte".

Das alte Motto "Repression nach innen, Aggression nach außen" gilt natürlich nach wie vor. Aber es ist doch auch schön, wenn man mit weniger Repression auskommt, weil es gar nichts zu unterdrücken gibt, weil die Menschen sich von sich aus nicht mehr wehren.

Wir werden ja mittlerweile auch schon offen verarscht. Als der Krieg losging in Afghanistan, ging ein Rauschen durch den Blätterwald: Die armen Frauen in Afghanistan .... Besonders gegen Linke, die am Sinn diesen Krieges zweifelten, wurde der Hinweis auf die unterdrückten Frauen in Afghanistan als Totschlagsargument benutzt. Früher reichte es, wenn Mann im Sitzen pinkelte. Heute muß er schon einen regelrechten Krieg befürworten, um nicht als Chauvi dazustehen. Das hat selbst Orwell nicht vorausgesehen. Und als hätten wir nicht schon seit Jahren auf die furchtbare Lage der Frauen unter der Taliban-Herrschaft hingewiesen!

Schaltete man nach der Installierung der neuen Regierung in Afghanistan die Glotze an, huschten die selben verschleierten Gestalten durchs Bild. Verhüllen sie sich wegen der Nordallianz? Oder gar wegen der neuen Besatzung? Frau wird ja noch fragen dürfen.

Und wenn die USA in Kolumbien Mrd. $ lockermachen, angeblich zur Bekämpfung des Koka-Anbaus, sieht das in Afghanistan plötzlich ganz anders aus.

Rainer Rupp, manchem hier vielleicht besser bekannt unter dem Decknamen Topas, schrieb in der jW vom 27. Februar: "Die schon chronische Verwicklung der CIA in internationale Drogengeschäfte wurde erst kürzlich wieder beleuchtet, als der pensionierte Chef der DEA, der us-amerikanischen Drogenbekämpfungsbehörde, sich öffentlich darüber beschwerte, daß ihm in seiner Laufbahn kein einziger größerer Drogenfall untergekommen sei, der ihm nicht unter Berufung auf "politische Erfordernisse" von der CIA aus der Hand genommen worden wäre."

Die jahrelangen Sanktionen der USA gegenüber Afghanistan wegen seines Drogenanbaus sind gerade aufgehoben worden, obwohl die Nordallianz mehr produziert als je zuvor – im Gegensatz zu den Taliban, die den Handel zum Schluß fast völlig unterdrückt hatten .

Da ist das Erdbeben vor ein paar Tagen geradezu ein Geschenk des Himmels. Keiner redet mehr vom schmutzigen Krieg, von wahrscheinlich über 10000 zivilen Opfern der Bombardements, von einer höchst zweifelhaften neuinstallierten Regierung. Alle wollen nur noch helfen.

Im letzten Jahr sind 825 Menschen am Arbeitsplatz tödlich verunfallt, jeden Werktag drei. Gab es da auch jedesmal eine einfühlsame Berichterstattung, wurden die Kollegen und die Familie interviewt, wurde gar eine aufwendige Untersuchung eingeleitet, wie es zu dem Unfall kommen konnte? Doch zwei bei ihrer Arbeit verunglückte Soldaten erhalten ein Staatsbegräbnis, füllen die ersten Seiten fast aller bundesdeutschen Tageszeitungen. Im Dienst für das Vaterland gefallen? Ich habe sie nicht geschickt! Meinetwegen mußten sie nicht sterben!

All dieser Medienrummel hat nur eine Funktion: Vorzuspiegeln, daß es sich bei dem Einsatz in Afghanistan um einen "Friedenseinsatz" handelt. Und davon zu schweigen, daß wenige Kilometer vom Ort der Explosion entfernt deutsche Soldaten Krieg führen, nach allen Regeln der Kunst, also dreckig, blutig und hinterhältig. Und von den Tausenden von Opfern zu schweigen, die dieser Krieg bislang in direkten Kampfhandlungen gefordert hat.

Wieso ist ein Einsatz der KSK-Kräfte eigentlich geheim? Den Taliban wird wohl kaum verborgen bleiben, daß sie angegriffen werden. Diese Geheimhaltung dient einzig und allein dazu, in der deutschen Öffentlichkeit keine Unruhe zu erzeugen. Vielleicht könnte ja doch der eine und die andere begreifen, daß Deutschland nicht an einem "Friedenseinsatz", sondern an einem Krieg beteiligt ist.

Und was für ein Krieg!
Kaum bekannt ist, daß bereits bis Dezember letzten Jahres in Afghanistan dreimal mehr radioaktive Munition zum Einsatz gekommen ist als während des gesamten II. Golfkrieges. Uns allen ist mittlerweile das Golfkriegs-Syndrom bekannt. Auch nach dem Krieg gegen Jugoslawien gab es eine breite Debatte in der Öffentlichkeit über die Gefährlichkeit von Munition mit abgereichertem Uran, (hauptsächlich natürlich, weil auch deutsche Soldaten gefährdet waren).

Wer sind hier die Terroristen?
Ich zitiere aus den Bush-Reden nach dem 11. September:
"Ich werde nicht die Ereignisse abwarten, während sich die Gefahren zusammenbrauen."
"Dieser Krieg wird Jahre und Jahrzehnte dauern."

Das heißt aber doch, von nun an wird immer Krieg sein, solange wir dem nicht Einhalt gebieten!

Die aktuellen Kriege wie wahrscheinlich auch die zukünftigen werden jedoch nicht wegen der Menschenrechte geführt, nicht, weil die USA oder einer der anderen westlichen Staaten in irgendeiner Weise von außen bedroht würde. Sie werden einzig und allein aus ökonomischen und geostrategischen Gründen geführt, um den weltweiten freien Zugang zu Rohstoffquellen, vor allem um Öl. Die Bundesregierung scheint dabei nur einen Weg zu sehen, deutsche Interessen zu verteidigen: Mitmachen. Sie ist nicht gebeten worden. Ganz im Gegenteil, sie hat sich aufgedrängt. Vielleicht erinnern Sie sich noch daran, daß der Einsatz der deutschen Einsatzkräfte in Afghanistan immer wieder verschoben werden mußte, weil angeblich keine Landekapazitäten in Kabul frei waren.

Mit dem Setzen auf die blutrote Kriegskarte mißachtet die rot-grüne Bundesregierung all die furchtbaren Erfahrungen unseres Landes mit Krieg und Faschismus.

Doch gegen wen richten sich die Angriffe?
Der Öffentlichkeit werden in Afghanistan ausgesprochene Unsympathen wie die Taliban als Kriegsgegner vorgeführt. Gleichzeitig wird aber unter dem Deckmantel der Terrorismusbekämpfung der Druck gegen alle Befreiungsbewegungen, gegen alle Staaten, die ihre berechtigten nationalen Interessen verteidigen, wie z.B. Venezuela enorm verstärkt.

Jeder Widerstand gegen die Globalisierung, ob bewaffnet oder nicht, soll zerschlagen werden:
  • Gegen Kolumbien haben die USA den Plan Colombia installiert. Angeblich soll der Anbau von Coca damit bekämpft werden. Tatsächlich handelt es sich um Militärhilfe, um Besprühung weiter Areale aus der Luft mit Gift, um einen Angriff also gegen die arme Landbevölkerung und die Befreiungsbewegungen.
  • Massive US-Militärpräsenz wird auf den Philippinen stationiert.
  • Der Annäherungsprozeß zwischen Süd- und Nordkorea ist von der US-Regierung sabotiert worden.
  • Alle Hoffnungen auf Frieden in Palästina werden unter israelischen Panzern zermalmt, finanziert von den USA. (Der größte Feind eines friedlichen, demokratischen und sicheren Israels ist aus meiner Sicht Sharon.)
  • In der Türkei gibt es seit über 500 Tagen Hungerstreik mit mehr als 90 Toten in und außerhalb der Gefängnisse. Doch das interessiert niemanden. Das einzige was interessiert, ist: Unterstützt die Türkei einen Krieg gegen den Irak oder nicht?
Ein besonders schlimmer Aspekt der aktuellen Kriege ist: Sie werden fast ohne eigene Opfer geführt. Und sie sind für die Bevölkerung der kriegführenden Staaten nicht mehr sichtbar. Bereits der II. Golfkrieg soll nur 150 Tote auf Seiten der UN-Truppe gefordert haben. Der Krieg gegen Jugoslawien sogar nur einige Dutzend. Da werden die 300000 Toten auf der anderen Seite als direkte Auswirkung des Golfkrieges gar nicht wahrgenommen, ganz zu schweigen von den 500000 Opfern des Embargos gegen den Irak.

Kamen Mitte der Neunziger noch 400 bis 500000 Flüchtlinge aus Jugoslawien nach Deutschland, waren es 1999 nur noch weniger als 100000. Die bundesdeutsche Bevölkerung erhält kein "Bild vom Krieg".

Ich möchte Euch nun vorlesen, was ein afroamerikanischer Journalist zum Thema Globalisierung und Gewalt denkt. Mumia Abu Jamal sitzt seit zwanzig Jahren in der Todeszelle wegen eines Polizistenmordes, den der wahre Mörder bereits zugegeben hat. Mumia hat jeden Samstag eine Kolumne in der Tageszeitung "Junge Welt" Dies ist der Text vom 10. März:

Globalisierung und Gewalt

Krieg der USA gegen den Terror oder Krieg zur Beherrschung der Welt?

In Zeiten großer und verwirrender Ereignisse ist es manchmal hilfreich, sich einfacheren Dingen zuzuwenden, die ein Licht auf die komplexeren Zusammenhänge werden. Die Ereignisse des 11. September und in der Folge die Bombardierung Afghanistans durch die amerikanische Luftwaffe sind nur der Beginn eines weltweiten militärischen Feldzuges, der droht, gegen Irak, vielleicht Iran, Somalia und sogar die weit entfernten Philippinen gerichtet zu werden.

Man sagt uns, daß dieser Krieg Jahre dauern wird, vielleicht auch Jahrzehnte, und daß er in weit ausgedehnten Gebieten dieser Erde geführt werden wird. Nach den Worten der Bush-Regierung ist es ein "Krieg gegen den Terrorismus", ein "Krieg gegen das Böse" und ein "Kampf der Kulturen". Und natürlich stecken hinter dem königlichen "Wir" die perfekten Guten, "sie", die anderen, das sind ewig Böse. Man fragt sich, wann einer "Terrorist" ist und wann nicht.

Der verstorbene pakistanische Gelehrte Eqbal Ahmad weist darauf hin, wie die Geschichte und die Verhältnisse solche Charakterisierungen verändern können: "Bis etwa um 1930 und 1940 wurde die jüdische Untergrundbewegung in Palästina als ‚terroristisch‘ bezeichnet. Dann geschah etwas: Um 1942, als sich die Nachrichten über den Holocaust ausbreiteten, entstand in der westlichen Welt eine Art liberale Sympathie mit dem jüdischen Volk. Um 1944 wurden die Terroristen in Palästina, die Zionisten, plötzlich ‚Freiheitskämpfer‘ genannt. Wenn man in die Geschichtsbücher schaut, dann kann man wenigstens zwei israelische Ministerpräsidenten finden, die auf Fahndungsplakaten unter der Überschrift ‚Gesuchte Terroristen‘ erscheinen. Die höchste Belohnung, die ich sah, belief sich auf 100000 britische Pfund und war auf den Kopf von Menachem Begin ausgesetzt. Der andere Terrorist war Jitzak Shamir." (Eqbal Ahmad in "Terrorism: Theirs & Ours", New York 2001)

Der Terrorismus von gestern ist zum Nationalismus von heute geworden. Die momentanen Interessen und Ziele der USA und ihrer westlichen Partner richten sich weniger gegen den Terrorismus, sondern vielmehr gegen eine Welt, die gegenüber dem Treiben des neokolonialistischen Konzernkapitalismus stumm und regungslos bleiben soll.

Es geht nicht darum, daß die Demokratie in Gefahr ist, denn wenn es darum ginge, warum unterstützt der Westen dann Regime wie die der Saudis oder der Emirate, die nicht einmal den Anschein einer demokratischen Regierungsform vorzuweisen haben? In Gefahr ist in Wirklichkeit die Kontrolle des Westens über Ressourcen wie Öl und Erdgas. In Gefahr ist die Hegemonie oder die Fortdauer der Vorherrschaft über die sich entwickelnde Welt durch den westlichen Industriekapitalismus unter der Fahne der Globalisierung.

Globalisierung bedeutet die weltweite Anwendung von Gewalt, um lokale, regionale oder nationale Bewegungen zu unterdrücken, die nach Befreiung oder Autonomie streben. Globalisierung bedeutet die weltweite Ausbreitung der Medienmaschinerie der reichen Eliten, um einen ungerechten Status quo zu rechtfertigen. Globalisierung bedeutet Terror im Weltmaßstab, um das herrschende System zu schützen. (Übersetzung: Jürgen Heiser)


Wer zahlt für diese Kriege?

Die Getöteten und Verletzten bezahlen den Krieg mit ihrem Leben und ihrer Gesundheit. Flüchtlinge und Überlebende des Krieges leiden unter Hunger und Elend. Aber auch dort, wo keine Bomben fallen, fordert der Krieg seinen Preis. Es bleibt immer weniger Geld für Bildung und Ausbildung, Sozialhilfe, Gesundheitsversorgung oder Kultur, weil es in Panzer, Flugzeuge und Bomben investiert wird. Von der Bevölkerung wird verlangt, den Gürtel enger zu schnallen, Arbeitslosigkeit und Lohnverzicht zu akzeptieren, um die Kriegsmaschinerie am Laufen zu halten. Bürgerliche Freiheiten und demokratische Recht werden eingeschränkt, denkt an den Otto-Katalog. Während der Sozialstaat immer weiter abgebaut wird, floriert das Geschäft der Rüstungskonzerne.

Für nur etwa 5% des internationalen Militärbudgets, für 40 Mrd $ jährlich, könnten alle Menschen mit Wasser und Kläranlagen versorgt, eine Gesundheitsbetreuung für Schwangerschaften und Geburten organisiert, die Grundversorgung in Nahrung und Gesundheit gewährleistet und die Grundausbildung der Kinder gesichert werden – weltweit!

Wie heißt es in dem Brecht-Gedicht:
Prüfe die Rechnung. Du mußt sie bezahlen.

Doch dabei geht es nicht nur um Geld. Auch die Demokratie nimmt immer wieder Schaden, ob es um nicht nachvollziehbare Geheimhaltungen gibt, um ein Ermächtigungsgesetz, das das Parlament durch eine Generalvollmacht für weitere Einsätze entmachtet oder, indem immer mehr Menschen in diesem Lande in vordemokratische Verhältnisse gezwungen werden. Mit der in Bälde zu erwartenden Abschaffung der Wehrpflicht wird es noch schlimmer werden: Wenn es auch vielleicht etwas formelhaft ausgedrückt ist: Wehrpflichtige müssen sich öffentlich rechtfertigen, wenn sie sich an einem Krieg beteiligen. Eine Berufsarmee muß sich rechtfertigen, wenn sie es nicht tut.

Die deutschen Soldaten kommen doch nicht aus Afghanistan zurück als "Staatsbürger in Uniform". Die kommen zurück, nachdem sie getötet haben, Dörfer mit Frauen und Kindern bombardiert, Gefangene gemacht – oder auch nicht. Und diese Männer – Frauen ja noch nicht so viele – die als Soldaten in das Flugzeug eingestiegen sind, steigen doch hier nicht als Demokraten wieder aus, für die als Mittel der Konfliktbewältigung die Diskussion, das Argument, die Abstimmung gilt. Die haben gelernt: Der Stärkere hat Recht. Wer schneller schießt, lebt länger. Und als Rechtsmaxime: Wer kann, der macht, was ja auch die Kurzfassung des neuen Völkerrechts ist, wer kann, der macht. Die USA können. Die Bundesregierung kann noch nicht so gut, aber sie arbeitet dran.

Und wir sind nicht 500000 wie am 16. März in Barcelona gegen den EU-Gipfel. Wir sind schon gar nicht drei Millionen wie am letzten Wochenende in Rom gegen den Abbau des Kündigungsschutzrechtes. Und statt die Anti-Kriegsbewegung anzuführen, gegen diese Regierung, stellen sich bei uns führende Gewerkschaftsvertreter hin und erklären die SPD-Grüne-Regierung zum verläßlicheren Partner für die kommende Bundestagswahl!

Uns bleibt nur die Wahl, aufzustehen, die Stimme zu erheben und Nein zu sagen und dafür zu kämpfen, daß wir mehr werden

Nein zur neuen deutschen Rolle!
Nein zur NATO!
Nein zum Krieg!
Eine andere Welt ist möglich!


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