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Friedenspolitik

Resolution des Gewerkschaftstags der IG Medien 1999 in Kassel

Resolution des Gewerkschaftstags der IG Medien, 19.-21. November 1999 in Kassel

Auf dem letzten a.o. Gewerkschaftstag in der Geschichte der IG Medien (im Jahr 2001 geht die IG Medien zusamen mit anderen Gewerkschaften in der neuen Gewerkschaft "ver.di" auf) verabschiedeten die Delegierten eine Resolution, die sich noch einmal mit dem NATO-Krieg gegen Jugoslawien und mit anderen Fragen von Krieg und Frieden befasste. Wir dokumentieren den Beschluss im Wortlaut:

Friedenspolitik
  1. Der außerordentliche Gewerkschaftstag der IG Medien verurteilt den mit deutscher Beteiligung geführten NATO-Angriffskrieg gegen Jugoslawien im Frühjahr 1999 und begrüßt, dass zahlreiche Gliederungen unserer Gewerkschaft auf allen Ebenen aktiv gegen den Krieg eingetreten sind.
  2. Wir verurteilen die aktive Unterstützung dieses Krieges durch die Bundesregierung und der sie tragenden Parteien und stellen fest, dass sie weder für einen Angriffskrieg noch für eine Neudefinition der NATO-Ziele ein Mandat der Wählerinnen und Wähler am 27. September 1998 erhalten haben.
  3. Dieser Krieg hat keines der grundlegenden Probleme für die arbeitende Bevölkerung in allen Teilen Jugoslawiens und den anderen Balkanstaaten gelöst, sondern neues Unrecht und neue Vertreibungen ausgelöst. Die Zerstörung von weit über 500.000 Arbeitsplätzen durch NATO-Bomben und die Umweltzerstörungen infolge der Bombardements sind das Gegenteil von dem, was sich viele deutsche Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter unter "rot-grünem" Politikwechsel vorgestellt haben.
  4. Dieser Krieg ist ein weiterer Hinweis darauf, dass künftig USA und NATO im Rahmen der "neuen Weltordnung" auch anderswo militärisch eingreifen könnten, um wirtschaftliche und strategische Interessen durchzusetzen.
  5. Wir bekräftigen die Forderung nach radikaler weltweiter Abrüstung und sofortigem Einstieg in die Abrüstung in der Bundesrepublik Deutschland und nach sofortiger Einstellung aller Waffenexporte aus Deutschland. Forschung und Technologie müssen - statt zu einem wichtigen Teil für die Waffenproduktion - voll für die Lösung ziviler Pobleme eingesetzt werden.
  6. Da solche Kriege auf keinen Fall im Interesse der abhängig Beschäftigten liegen können, fordern wir vom DGB und seinen Mitgliedsgewerkschaften, wie auch von den Gewerkschaften anderer Länder, dass sie sich klar gegen Kriege als Mittel der Politik aussprechen und mit allen verfügbaren Mitteln darauf hinarbeiten, Kriege zu verhindern bzw. zu stoppen. Wir verurteilen die Haltung des DGB-Bundesvorstands, der gleich zu Kriegsbeginn der Bundesregierung Unterstützung für den Krieg signalisierte.
  7. Immer sind es die arbeitenden Menschen der betroffenen Länder, die hinterher für die Kosten aufkommen sollen. Wir fordern bei der Finanzierung des Jugoslawien-Krieges, der Beseitigung der Kriegsschäden und des Wiederaufbaus die strikte Anwendung des Verursacherprinzips: nicht die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer als Steuerzahlerinnen bzw. Steuerzahler, sondern die Entscheidungsträger der betroffenen Länder aus Politik und Militär sowie die Profiteure des Krieges (Rüstungsindustrie und andere) sollen zu 100 Prozent zur Finanzierung herangezogen werden.
  8. Anstatt - wie auch in diesem Krieg geschehen - Bombenterror gegen die Zivilbevölkerung auszuüben und die Zivilisation der betroffenen Staaten um Jahrzehnte zurückzubomben, sollten Gewerkschaften vor allem auf direkte Kontakte mit der Arbeiterbewegung aller Länder setzen. Nicht Bomben von oben, sondern nur Dialog und Hilfe von unten können dazu beitragen, dass die Arbeiterbewegung aller Länder enger zusammenrückt und gemeinsam gegen Nationalismus, Militarismus und neoliberale Kahlschlagspolitik im Interesse des Kapitals vorgeht. Wir begrüßen Ansätze wie die Gewerkschafterinnen/Gewerkschafter-Initiative "Dialog von unten statt Bomben von oben" und fordern von der gesamten IG Medien tatkräftige Unterstützung solcher Projekte.
  9. Wer sich dazu berufen sieht, Menschen anderer Länder bei der Durchsetzung von Menschenrechten zu helfen, muss damit im eigenen Land anfangen und vor der eigenen Haustür kehren. Für die Bundesrepublik Deutschland heißt dies: eine Mitgliedschaft in einem Militärbündnis, dessen Mitgliedsland Türkei seit vielen Jahren im Falle Kurdistan mit NATO-Hilfe permanent schwerste Menschenrechtsverletzungen durchführt, kann von uns nicht hingenommen werden. Wir fordern massiven Druck auf die Türkei, um hier einen grundlegenden Kurswechsel zu erzwingen.


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