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Kiews Ausverkauf

Die Ukraine soll amerikanischer werden *

Washingtons Mann in der ukrainischen Führung, Regierungschef Arseni Jazenjuk, fordert nach dem G-7-Gipfel in Elmau Geld und Waffen für sein Land. »Die politischen Signale sind ziemlich ernsthaft, aber die politischen Signale müssen nun durch finanzielle, wirtschaftliche und militärische ergänzt werden«, sagte der Politiker nach dem Spitzentreffen in Bayern. Einer am Dienstag in Kiew veröffentlichten Mitteilung zufolge hält sich Jazenjuk zu Gesprächen mit Geldgebern in Washington auf. Der Ministerpräsident verlangte demnach erneut vom Westen auch Kriegsgerät. »Diese Waffen sind nicht nur für die Ukraine. Das sind Waffen für die Verteidigung der östlichen Grenzen der EU. Wir schützen heute Europa«, wird Jazenjuk in der Mitteilung wiedergegeben. Der Ukrainer ist in den USA demnach auf der Suche nach Investoren für seinen Pleitestaat. Für den 13. Juni ist den Angaben zufolge eine ukrainisch-amerikanische Konferenz geplant. »Wir wollen den Prozess der Privatisierung beginnen«, so Jazenjuk. »Wir wollen (...) amerikanische Eigentümer auf dem Gebiet der Ukraine sehen.«

Vertreter deutscher Unternehmen warnten am Dienstag derweil vor einer neuen Sanktionsspirale gegen Russland. Der Vorsitzende des Ost-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft, Eckhard Cordes, sagte der Deutschen Presseagentur: »Ich glaube, wir haben genügend Warnzeichen auf dem Tisch, was die Sanktionen anrichten.« Die wirtschaftliche Entwicklung zwischen Russland und Deutschland sei extrem schlecht. »Der deutsche Maschinenbau bricht in Russland geradezu ein.«

Der frühere Metro-Chef Cordes warb dafür, die Kontakte nicht abreißen zu lassen. »Uns wird immer vorgeworfen, ihr habt nur wirtschaftliche Interessen mit Russland im Kopf. Da kann ich nur antworten: Exakt, genau das habe ich im Kopf, aber nicht wegen des schnöden Mammons.« Es gebe keine bessere Friedenssicherung als engste wirtschaftliche Verflechtungen. »Wer gegenseitig wirtschaftlich voneinander abhängt, wird sich nicht bekriegen, in welcher Form auch immer.«

Die vor über einem Jahr vom Westen verhängten Strafmaßnahmen haben laut dpa bei den deutschen Exporten »tiefe Spuren« hinterlassen. So gingen die Ausfuhren nach Russland in den ersten drei Monaten 2015 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um fast 34 Prozent auf knapp fünf Milliarden Euro zurück. Bei den deutschen Ukraine-Exporten lag das Minus bei 30 Prozent.

Die G-7-Industriestaaten hatten beim Gipfel in Elmau Russland mit schärferen Sanktionen gedroht, falls die Führung im Moskau aus Sicht des Westens zu einer weiteren Eskalation des Konflikts in der Ostukraine beiträgt. Die Kiewer Regenten intensivieren derweil unbehelligt die Kriegführung im Donbass.

* Aus: junge Welt, Mittwoch, 10. Juni 2015


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