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UNO: In Syrien scheitert die Gemeinschaft

HDP-Vorsitzender Demirtas: Türkische "Sicherheitszone" soll Kurden stoppen und nicht die Islamisten

Von Karin Leukefeld *

Für ein Ende des Krieges in Syrien nach den Vorschlägen seines Sondervermittlers hat sich der UNO-Generalsekretär ausgesprochen.

UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon hat erneut an den UN-Sicherheitsrat appelliert, alles zu tun, um den Krieg in Syrien auf dem Verhandlungsweg zu beenden. Bei einer Sitzung des Gremiums am Mittwoch forderte Ban den Sicherheitsrat und alle in Syrien involvierten Staaten auf, die vom UN-Sondervermittler Staffan De Mistura vorgelegten Vorschläge zu unterstützen.

Seit März 2015 hatten De Mistura und sein Team in direkten Gesprächen mit bewaffneten und politischen Akteuren des Krieges in Syrien gesprochen, um einen Weg zu finden, wie das Genfer Abkommen von 2012 umgesetzt werden könne. Auch die UN-Vetomächte, die EU und regionale Staaten waren in die Beratungen einbezogen worden.

De Mistura räumte ein, dass es weiterhin tiefgreifende Meinungsverschiedenheiten gebe, wie die politische Zukunft Syriens aussehen solle. Er schlage vor, dass sich die syrischen Akteure auf direkte Gespräche miteinander in »Arbeitsgruppen« einlassen sollten. Ziel sei ein »Rahmendokument« zu formulieren, auf dessen Basis die Syrer über eine Übergangsregierung, einen nationalen Dialog, eine neue Verfassung und Fragen einer »Übergangsjustiz« verhandeln könnten. Als Themen für die Arbeitsgruppen nannte De Mistura »Sicherheit und Schutz für alle, Politik und Verfassung, militärische und Sicherheitsfragen, öffentliche Institutionen, Wiederaufbau und Entwicklung«.

Das seit mehr als vier Jahren andauernde Gemetzel in Syrien sei ein »beschämendes Symbol für die Zerrissenheit und das Scheitern der internationalen Gemeinschaft«, kritisierte der UN-Generalsekretär. Der Sicherheitsrat habe im Juni 2012 einstimmig der Genfer Vereinbarung zugestimmt, erinnerte er.

Der dramatische Appell des UN-Generalsekretärs an alle Akteure, die »weltweit größte humanitäre Krise« in Syrien zu beenden, damit das Sterben und der Exodus der Bevölkerung ein Ende finde, war begleitet von weiteren Luftangriffen der türkischen Armee auf den Norden Syriens und in den kurdischen Gebieten des Nordirak. Über die türkische Tageszeitung Hürriyet war bekannt geworden, dass die Türkei eine »Sicherheitszone« im Norden Syriens plant, um eine von den syrischen Kurden kontrollierte Zone entlang der türkisch-syrischen Grenze zu verhindern.

Die geplante »Sicherheitszone« soll das Gebiet zwischen den Grenzübergangen Jarabulus und Öncüpinar umfassen, einen Grenzabschnitt von etwa 90 Kilometern umfassen und etwa 50 Kilometer tief auf syrisches Gebiet reichen. Jarabulus wird vom IS kontrolliert, Öncüpinar von den »Anhängern der Scharia«. Die kämpfen mit der Nusra Front und Ahrar as-Sham in Aleppo gegen die syrische Regierung.

Jarabulus ist strategisch auch wegen des durchfließenden Euphrats und des südlich gelegenen Assad-Staudamms, der aktuell unter IS-Kontrolle ist, von strategischer Bedeutung. Die Sicherheitszone bedeutet, dass die dort bereits operierenden islamistischen Kampfverbände Trainingslager ausbauen und das Gebiet sichern können. »Die Sicherheitszone soll die Kurden stoppen, nicht den IS«, sagte der Vorsitzende der pro-kurdischen HDP, Selahattin Demirtas, der britischen BBC.

Ähnliche Kritik kam auch vom syrischen Außenministerium, das sich schriftlich sowohl an den UN-Generalsekretär als auch an den UN-Sicherheitsrat wandte. Mehr als vier Jahre habe die Türkei »Terroristen unterstützt, die aus mehr als 100 Staaten durch die Türkei« nach Syrien gekommen seien, um sich den dortigen Terrormilizen anzuschließen. Sich jetzt als Opfer des Terrorismus darzustellen sei unglaubwürdig.

* Aus: neues deutschland, Freitag, 31. Juli 2015


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